• Lichtspiele in den Blue Mountains
    Australien

    Lichtspiele in den Blue Mountains

  • Marokko
    Marokko

    Unterwegs im Hohen Atlas

  • Potthols in den Drakensbergen
    Südafrika

    Potthols in den Drakensbergen

  • Die Kata Tjutas im Sonnenuntergang
    Australien

    Die Kata Tjutas im Sonnenuntergang

  • Schutzhuette am Hvitarvatn
    Island

    Schutzhuette am Hvitarvatn

04.11.2007      18. Reisetag - Kapstadt

Am Morgen geht es zu einer der neueren Attraktionen von Cape Town, wie Kapstadt hier heißt, der Victoria & Albert Waterfront. Sie ist *der* angesagte Einkaufsbereich der Stadt. Die Malls und anderen Geschäfte sind um zwei Hafenbecken arrangiert, in denen neben der super teuren Yacht noch halb verrostete Fischkutter liegen. Da die Geschäfte noch zu sind ist natürlich auch nichts los, auch wenn es keine Ladenschlusszeiten wie in Deutschland gibt. Aber wir wollten ohnehin nur einen ersten kurzen Eindruck gewinnen. Weiterging es zum Rathaus, dem Parlament, dem alten Sklavenhaus und einigen anderen nach übrig gebliebenen historischen Gebäuden der Stadt. Und es gibt eigentlich nur ein paar wirklich wichtige historische Gebäude mehr aber auch nicht. Hier reißt man die eher ab und baut etwas Neues an der gleichen Stelle. Erst jetzt geht man ein bisschen davon ab und entkernt wieder alte Häuser und baut sie zu Apartments um. Anders als in den anderen Städten, die wir in Südafrika gesehen haben, beginnt wieder der Zug in die City, auch wenn die Mieten beziehungsweise die Eigentumswohnungen für südafrikanische Verhältnisse gigantische Summen kosten. Aber der Arbeitsweg dauert sonst für viele gut und gerne zwei Stunden pro Tour, und da überlegen eben viel Besserverdienenden sich das wieder. Auch an der Waterfront schießen die Apartmenthäuser in die Höhe, wer vor ein paar Jahren noch den Hafen gesehen hat, der hat heute drei oder vier Reihen Appartmenthäuser vor sich. Wie man überhaupt sagen kann, hier wird überall wie verrückt gebaut. Es ist dabei auch eine gigantische Spekulationsblase entstanden, Steigerung von 100% in zwei bis drei Jahren in einem angesagten Vierteln sind hier eher schon eine schlechte Performance. Eine ähnliche Geschichte gibt es auch, wenn auch auf anderem Niveau, in den ehemaligen Townships der Schwarzen.

Zum Mittag sind wir nach Langa, einem der Townships direkt vor den Türen Kapstadts gefahren. Wobei unser großer Bus nicht bis zu dem kleinen Restaurant gekommen ist, da schlicht die Straße zu klein ist. Schon bevor wir ausgestiegen sind, erwarteten uns ein paar Schwarze, die uns sicher an unser Ziel geleiten. Auch die Restaurantbesitzerin hat ihren Nachbarn aufgekauft, da sonst ihr entsprechender Raum in dem mit Glück vielleicht 50 Personen in eng zusammengestellten Reihentischen nicht auf ihr Grundstück gepasst hätte. Auch jetzt kann sie nicht mehr um das Haus herum gehen.

Nach dem Mittag fahren wir mit zwei Kleinbussen weiter in die Siedlung zu einem kleinen Zentrum hin. Hier können zumindestens ein paar Schwarze eine fünfmonatiger Ausbildung zum Beispiel als Töpfer absolvieren. Die gefertigten kleinen Vasen, Teller und Schüsseln werden dann anschließend in dem kleinen Laden verkauft, um die Kosten des Zentrums zu decken. Anschließend gingen wir noch ein kleines Stückchen durch die Siedlung, zum Beispiel an der wieder aufgebauten Polizeistation, die in den Zeiten der Apartheid von den Bewohnern des Stadtteils zerstört und anschließend abgebrannt worden ist. Auch das völlig hinter einem Drahtverschlag liegende Krankenhaus, oder was man hier als ein solches bezeichnet, sehen wir. Gleich hinter dem staatlichen Krankenhaus praktiziert ein privater Arzt. Auf die Frage wieso denn das, meinte unser lokaler Führer, dort würde man wenigstens behandelt wenn man hinkommt. Da würden viele hier lieber etwas bezahlen als nutzlos zu warten. Hier in Langa versucht man auch die Bevölkerung mehr dazu zu ermutigen, den Müll nicht einfach auf die Straße zu werfen. Eine Müllabfuhr gibt es bereits, doch noch immer liegen am Straßenrand unzählige Abfälle herum. Die neueste Aktion ist jetzt für Schrott und Glas den Leuten etwas zu bezahlen, wenn sie sie zu der Sammelstelle bringen. Finanziert wird das Projekt durch den Weiterverkauf der gesammelten Wertstoffe.

Als wir weitergehen besuchen wir eines der Hostels. Zur Zeit der Apartheid wurden hier in acht Räumen jeweils drei Männer zusammengepfercht. Sie durften nur solange bleiben, wie ihre Arbeitskontrakt lief, also meist fünf bis sechs Jahre. Dabei mussten die Familien in ihrer Heimat bleiben. Nach der Aufhebung der Apartheidgesetze sind jetzt viele Familien zu ihren Männern gezogen. Nur waren dort nicht mehr Betten als zuvor. So wurde Langa ursprünglich für etwa 80.000 Menschen geplant. Heute schätzt man, dass dort 250.000 leben, also fast jeder zehnte der 2,9 Millionen Kapstädter. Oder runter gebrochen auf einen der Räume den wir sehen durften, stehen dort drei Betten. In dem ersten schlafen ein Mann mit seiner Frau, die beiden Kinder müssen auf der Erde davor schlafen, im nächsten Bett schläft nur ein Mann, und im dritten Bett schlafen zwei Männer abwechselnd. Jedes dieser Betten kostet 20 Rand Miete im Monat. Der Raum für die insgesamt sieben Personen ist vielleicht 4,5 x 3,5 m. Für das ganze Haus gibt es eine Kochnische, ein Waschbecken (in der Kochnische) und eine Toilette. Strom und Wasser funktionieren, was nicht überall der Fall ist. Fast anachronistisch wirkt es da, als einer der Männer aus dem Haus mit Anzug, Hemd und Krawatte entgegen kommt, als wir gerade auf die Straße treten wollen - alles blitzsauber. Ganz in der Nähe stehen auch schon die neuen Wohngebäude, hier hat eine Familie die Möglichkeit ein 2-Zimmer Apartment für 240 Rand zu mieten, alleinstehenden Männern wird ein Zimmer zu 120 Rand angeboten. Die neuen Häuser sind Teil des Bauprogramms von Südafrika. Man wollte in der gerade ablaufenden Legislaturperiode eine Million neue Wohnungen bauen, 400.000 sind es dann tatsächlich geworden. Viele der alten kleineren Häuschen in Langa werden jetzt auch in den letzten Jahren wieder renoviert oder auch ein bisschen umgebaut. Wobei gerade Letzteres wegen der minimalen Grundstücksgröße natürlich nur begrenzt möglich ist. Seit 1994 werden viele der Häuser den Bewohnern überlassen, wenn sie schon eine Reihe von Jahren darin lebten. Seit dem kümmern sich in die Menschen auch wieder um ihre Behausungen. Vorher wurden sie per Gesetz verpflichtet dort zu leben, hatten aber kein Recht auf eigenen Boden, und damit auch nicht auf ein Haus.

In Richtung des Flughafens gibt es auch das, was die einfachen Bewohner von Langa ihr „Beverly Hills“ nennen. Hier haben sich einige Schwarze, die für den Staat arbeiten, Rechtsanwälte oder andere gut bezahlte Jobs haben, ihre Häuser gebaut. Die sind dann deutlich solider, sehr viel neuer und meist auch mit einem Zaun umgeben. Dass die gerade dort stehen, wo sie stehen, hat auch seinen Grund. Sie wurden zwischen dem alten Teil des Townships und der „N2“, der große Straße nach Kapstadt hinein gebaut. Man bezweckte damit, das Elend in Langa etwas zu verdecken. Es dauerte nur nicht lange, bis wieder dichter an der „N2“ sich „informelle Siedlungen“ bildeten. Obwohl die Wellblechhütten kaum größer als die Zimmer der Hostels sind, leben hier Familien bei denen vorher die Männer in den völlig überfüllten Hostels gewohnt haben. Die freuen sich jetzt über etwas mehr Privatsphäre und brauchen auch keine Mittel mehr zahlen. So ein „ Neubau“ kostet etwa 300 Rand für das Material und weitere 100 Rand für das Errichten. Die Menschen müssen dafür dann aber auch hinnehmen, dass an ungünstigen Stellen Regen durch das Dach tropft beziehungsweise als Rinnsal quer durch die Hütte läuft. Aber die Hauptgefahr sind die Parafinöfen. Wenn ein solcher umfällt brennt sofort die ganze Hütte, und da die Hütte oft sehr dicht gedrängt beieinander stehen, kann es schnell passieren, das eine solche „informelle Siedlung“ komplett abbrennt und die Menschen einfach alles verlieren. Dicht bei den Hütten, die wir besuchen, sehen wir unzählige kahle Rinderschädel liegen. Auf die Frage, was es damit auf sich hätte, bekamen wir die Antwort, das wäre das billigste Fleisch. Keine 20m entfernt stehen etwa 40 kleine Wellblechhäuschen, die mobilen „Dixi“-Toiletten für tausende von Menschen, die ein mal in der Woche gelehrt werden. Da ist man fast schon dankbar für das etwa regnerische Wetter, welches an diesem Tag geherscht hat.

Vielleicht noch eine kleine Erklärung wie die informellen Siedlungen überhaupt entstehen. In Südafrika ist es so, wer auch öffentlichem Grund eine Hütte errichtete und dort 14 Tage wohnen bleibt, hat ein Wohnrecht erlangt. Dieses kann nur durch einen richterlichen Beschluss aufgehoben werden.

Damit war unsere kleine Runde durch Langa beendet. Unser lokaler Guide fragte noch, ob er mit einem der Kleinbusse mitfahren könnte, der Unternehmer und einer der Fahrer berieten sich kurz, und machten dann einen Vorschlag, wo sie ihn rauslassen würden, und wo man denn genau lang fahren könnte. So wie es ablief, straft es eigentlich schon die vorherigen Aussagen Lügen, dass die Menschen sich hier über Besuche freuen würden, damit die Welt sieht, in welchen Verhältnissen sie hier immer noch leben müssten. Und wenn man ehrlich ist, kann ich die Kriminalität sogar verstehen. Bei einer Arbeitslosenquote von circa 40% und praktisch keinerlei Unterstützung vom Staat, da geht man für sein Dach über dem Kopf und sei es noch so schäbig und einer Mahlzeit irgendwann jedes Risiko ein. Und die Gefängnisse stehen hier nun wirklich nicht im Ruf Pfadfindertreffen zu veranstalten. Es gibt Gemeinschaftszellen, am Abend wird das Licht gelöscht, die Wachmannschaft schließt alle Türen und erst am nächsten Morgen erscheint wieder Jemand. Da sind Übergriffe unter den Gefangenen fast ein tägliches Vorkommnis.