• Braunohrarassari
    Brasilien

    Braunohrarassari

  • Marokko
    Marokko

    Terrassenwirtschaft im Hohen Atlas

  • Marokko
    Marokko

    Unterwegs im Hohen Atlas

  • Jaguar im Pantanal
    Brasilien

    müder Jaguar

  • Oryx Antilope
    Südliches Afrika

    Oryx Antilope

10. Reisetag        Brasilia - 11.08.2024

 

Am Morgen machen wir unsere letzte Vogelbeobachtungsfahrt mit dem Beiboot. Das bedeutet wie immer Aufstehen gegen 5:30 Uhr und Abfahrt um 6:00 Uhr. Heute sind wir in einem der kleinen Zuflüsse zum Rio Negro unterwegs, der aber gleichzeitig auch mit dem Amazonas, auch wenn er hier eigentlich noch Solimoes heißt, verbunden ist. Das bedeutet, dass die Fließrichtung eigentlich von den Wasserständen der beiden anderen Flüsse abhängt. Und das Wasser eines der beiden Flüsse in diesen Arm hineindrückt. Heute haben wir mit unseren Beobachtungen noch einmal Glück, und sehen relativ viele Vogelarten. Aber auch ein paar Brüllaffen und eine größere Gruppe Totenkopfäffchen können wir beobachten. Zugegeben locken wir letztere auch mit ein paar Stückchen Bananen ziemlich dicht ans Boot an.

Gegen 8:30 Uhr sind wir zurück am Boot. Während wir noch frühstücken, geht es zurück in Richtung Manaus, oder genauer gesagt unser Ausstiegstelle am Hotel Tropical, wo unsere Reise auf dem Amazonas auch begonnen hat. Von dort geht es zum Flughafen, wo wir unseren etwa dreistündige Inlandsflug in die Landeshauptstadt Brasilia antreten. Dort landen wir gegen 19:45 Uhr Ortszeit, wobei wir uns wieder in einer anderen Zeitzone befinden, und die Uhren eine Stunde vorstellen müssen. Nach einer kleinen Komplikation mit dem Transfer zum Hotel kommen wir dort gegen 21:20 Uhr an. Die Straßen sind auf der Fahrt zum Hotel erstaunlich leer, so dass die Fahrt selbst ziemlich zügig verläuft.

An der Stelle noch ein bisschen was zu Brasilia, die landläufig als Hauptstadt von Brasilien bezeichnet wird. Dabei wird der Begriff durchaus vielfach mit verschiedenen Bedeutungen gebraucht. Offiziell ist es die Bezeichnung der Gemeinde, die praktisch identisch mit dem Distritro Federal ist, aber nicht eine durchgehende Ortschaft bezeichnet. Um das zu verstehen, muss man vielleicht einen kleinen Ausflug zur Entstehung machen. Ursprünglich war ab Gründung 1549 Salvador da Bahia die Hauptstadt, das wechselte dann 1763 zu Rio de Janeiro. Dort wurde die Stadt schließlich als Distro Federal aus dem dortigen Bundesstaat herausgelöst, und stellte eine eigene Verwaltungseinheit dar. Im Jahr 1891 schrieb man schließlich in die Verfassung, dass im Zentrum des Landes eine neue Hauptstadt auf einer Fläche von 14.400 Quadratkilometer zu bauen sei. Damit brach man damit, dass praktisch alle wichtigen Orte des Landes an der Küste lagen. Dazu trug bei, dass man glaubte, die Stadt Rio de Janeiro im Falle eines Angriffs nicht gut verteidigen zu können, und außerdem das Zentrum des Landes bzw. das Hinterland allgemein besser entwickeln zu wollen. Ein Jahr später suchte man den Ort relativ dich dem geografischen Zentrum des Landes aus und vermaß die Fläche, auf der die neue Stadt entstehen sollte. Der Ort lag auf rund 1100m über dem Meeresspiegel und hat ein relativ angenehmes Klima. Bis 1922 geschah praktisch nichts mehr, dann legte man den Grundstein für die Hauptstadt. Weiter geschah aber zunächst nichts. 1956 dann beschloss der frisch gewählte Präsident Juscelino Kubitschek die Stadt wirklich zu bauen, und sich damit ganz nebenbei auch ein Denkmal in der Geschichte des Landes – mit gigantischen körperlichen Ausmaßen - zu setzen. Tatsächlich gibt es heute auch ein Monument und ein Museum für ihn und die Entstehung der Stadt in Brasilia. Beauftragt mit der Umsetzung wurden schließlich Lucio Costa mit der Stadtplanung, Burle Marx mit der Landschaftsplanung und Oscar Niemeyer mit dem Bau der wichtigsten staatlichen Gebäude. Costa ist es zu verdanken, dass Brasilia den Grundriss eines Flugzeugs mit dem Rumpf und den beiden Flügeln ähnelt. Ursprünglich wollte man die Form eines Kreuzes, wie eine Markierung auf der Karte, die geografischen Verhältnisse ließen dann aber die jetzige Form des Flugzeugs entstehen. Er legte die Straßen nach dem Vorbild Washingtons schachbrettartig an. Er schuf Bezirke mit den staatlichen Gebäuden, einen für Hotels, ein Geschäftsviertel und schließlich das Wohnviertel. Wobei die wichtigsten nationalen Gebäude auf einer Achse im Zentrum angesiedelt wurden. Bereits 1957 begann dann die Bauarbeiten, an denen zeitweise mehr als 30.000 Arbeiter beteiligt waren. Vor Ort gab es zwar Kies und Sand, aber sonst praktisch nichts. Bauholz, Stahl praktisch alle anderen Baumaterialien mussten rangeschafft werden. Die nächste Bahnstrecke war 125km entfernt, der nächste Flugplatz 190km. Eine befestigte Straßenverbindung gab es zu dem Zeitpunkt gar nicht, die nächste feste Straße war über 600 Kilometer entfernt. Man begann einen provisorischen Flughafen zu bauen, und schuf eine Luftbrücke. Bereits 1000 Tage später weihte man die Stadt ein, das Parlament, der Sitz des Präsidenten, der des Obersten Gerichts des Landes und die ersten Ministerien waren fertig. Bei der Planung ging man davon aus, dass die Stadt im Jahre 2000 etwa 500.000 Einwohner haben würde, tatsächlich sind es heute fast drei Millionen im Großraum. Heute leben viele der Einwohner in den Trabantenstädten um die Stadt herum unter erbärmlichen Zuständen, gleichzeitig hat die Stadt eine der höchsten Durchschnitteinkommen des ganzen Landes, was die auch im übrigen Brasilien unfassbar ungleiche Einkommensverteilung widerspiegelt. Aber bis die Stadt wirklich von den wichtigen und einflussreichen Brasilianern angenommen wurde, brauchte es ein bisschen. Man fühlte sich in Rio de Janeiro wohl, und wollte nicht ins „Niemandsland“, gefühlt jenseits der Zivilisation, und ohne die Vorzüge der Weltstadt umziehen. Im Jahre 1960 wurde Brasilia trotzdem zur Hauptstadt ernannt, und der Distrito Federal wechselt nach Brasilia. In der Folge wurden weitere Ministerien gebaut, 1962 die Universität, fünf Jahre später der Fernsehturm, 1970 die Kathedrale, 1977 das Postamt und 1981 die Zentralbank. 1987 wurde die Stadt dann UNESCO Weltkulturerbe. Sie ist als künstliche Retortenstadt in der Form einmalig in der Welt. Und der gezielte Ausbau geht bis heute weiter, so wurde etwa 2001 der erste Abschnitt der Metro eingeweiht. Aber die Menschen mussten anfangs per Gesetz praktisch her befohlen werden. Nach der Einweihung der Hauptstadt machte man ein Gesetz, das alle Staatsbeamten dazu verpflichtete, eine Wohnung in Brasilia zu nehmen, andernfalls wurden sie entlassen. Diplomanten wurden ebenso verpflichtet, wollten sie nicht ihre Immunität verlieren. Als Stichtag wurde der 07.09.1972 festgelegt. Das führte dann zu einer großen Verknappung des Angebotes von freien Wohnungen unmittelbar vor dem Stichtag und geradezu zu einer Explosion der Bevölkerung. Im Jahre 1950 lebten rund 36.000 Menschen an dem Ort, der laut Verfassung mal Hauptstadt werden sollte. Zehn Jahre später zur Einweihung der Hauptstadt waren es immerhin schon 140.000. Im Jahre 1972 war man bereits bei knapp 600.000 Einwohnern. Aber zurück zu Brasilia. Wie oben schon erwähnt, ist es eigentlich ein Bundesbezirk, in dem viele verwaltungstechnischen Einheiten ähnlich denen der anderen 26 Bundesstaaten Brasiliens organisiert sind, einige aber auch direkt der Bundesregierung und ihren Verwaltungseinheiten unterstehen. Die Bundesregierung und alle wichtigen Nationalen Institutionen und Verwaltungseinheiten liegen heute im Plano Piloto de Brasilia, der Keimzelle von Brasilia, die den eigentlichen Kern der Hauptstadt stellen. In ihr leben heute etwa 200.000 Einwohner, die alle zur gehobenen Mittelschicht bzw. zur Oberschicht zu zählen sind. In einer internationalen Untersuchung ist der Bereich Plano Piloto de Brasilia eigenständig untersucht worden, und hat laut der Studie mit den angelegten Grünflächen und der Infrastruktur die angenehmste Lebensqualität in ganz Brasilien, aber das gilt eben nicht für den ganzen Distrito Federal mit den Satellitenstädten der einfacheren Leute.