12. Reisetag Pocone (Pantanal) - 13.08.2024
Nach dem Frühstück um 7:00 Uhr geht es mit einem Pickup gegen 8:00 Uhr los zu unserer ersten Tierbeobachtungsfahrt. Auf der Ladefläche haben 18 Personen Platz, anders als bei vergleichbaren Aktivitäten in Afrika ist also ein Platz außen nicht garantiert. Wir sehen vor allem ein paar Vögel, zwei Sumpfhirsche, einer davon mit zwei schon ziemlich großen Sprösslingen, und eine Kuh. Zwischen den Zeilen liest man schon, man sieht nicht so wirklich viel. Das liegt vor allem an dem sehr unübersichtlichen buschigen Geländer. Aber auch daran, dass wir für so eine Aktivität eigentlich viel zu spät unterwegs sind, jedenfalls für mein laienhaftes Verständnis. Denn in anderen warmen / heißen Gegenden sind die Tiere eher zum Sonnenaufgang und dann wieder zum Abend hin unterwegs, wenn es kühler ist. Das sollte hier vermutlich genauso sein. Wobei es heute am Morgen zugegeben mit 15°C unerwartet kühl war. Das ändert sich dann allerdings auch schnell, für den Tag sind heute 35 °C vorhergesagt, tatsächlich knacken wir im Verlauf des Tages auch die 40°C.
Das man Kühe sieht, ist im Pantanal übrigens alles andere als ungewöhnlich. Insgesamt soll es hier etwa 16 Millionen Rinder geben, die meisten stammen übrigens von den ursprünglich aus Indien kommenden Zebus ab, da sie gut an das warme bzw. feuchtwarme Klima angepasst sind. Die Rinderzucht steht für knapp 2/3 der Wirtschaftsleistung im Pantanal, wobei der Tourismus auf dem Vormarsch ist, auf den Farmen häufig auch kombiniert mit der Rinderzucht betrieben wird. Der WWF schätze bereits vor 10 Jahren, dass etwa 80% der Fläche des Pantanal landwirtschaftlich und dabei nahezu ausschließlich zur Rinderzucht genutzt wird. Wobei die einzelnen Farmen durch die Aufteilung bei der Vererbung an folgenden Generationen zunehmend kleinteiliger werden. Um dann noch davon leben zu können, wurden in der Folge zunehmend mehr Rinder auf der gleichen Fläche gehalten, was dann zu einer intensiveren Beweidung führte. Was dann wieder Auswirkung auf die Pflanzen aber auch auf das Klima hat. Es regnet hier heute deutlich weniger als noch vor 20 oder 30 Jahren. Auf den Fazendas, wie die Farmen hier heißen, wurden völlig legal große Flächen abgeholzt, was dann teilweise zu einer Versteppung führte, in der nicht mehr so viel Wasser vom Boden aufgesogen wird. Außerdem wurden teilweise Fläche umgepflügt, um sie mit ertragreicheren Gräsern anzusäen, was die Biodiversität einschränkte. Zusätzlich wird der Boden durch die vielen Rinder stärker als in der ursprünglichen Fauna verdichtet. Insbesondere im Jahr 2020 kam es zu riesigen Bränden, die den Bewuchs in großen Teilen des Pantanal in Mitleidenschaft zogen, mindestens teilweise wurden die von Menschen gelegt, um die erneute Verbuschung der Weiden zu verhindern, gerieten wegen der besonders großen Trockenheit in dem Jahr dann aber vielfach außer Kontrolle. Das Pantanal gilt mit seiner ursprünglichen Sumpflandschaft als riesiger Kohlenstoffspeicher. Mit den riesigen unkontrollierten Bränden wurden diese dann teilweise neben den eigentlichen Feuern zusätzlich in die Atmosphäre freigesetzt. Inzwischen ist Brandrodung auch hier verboten, wurde aber insbesondere unter der Regierung von Bolsonaro auch kaum verfolgt. Gehalten werden die Rinden heute in riesigen eingezäunten Weiden, die Zeiten der Cowboys, die mit den Herden umherziehen, sind hier schon lange vorbei. So verlaufen heute beidseitig der Transpantaneira endlose Zäune. Es steht mir nicht zu, das Verhalten vieler Farmer zu kritisieren, immerhin ist es zumeist Privatbesitz, und sie müssen wirtschaften. Aber das Pantanal ist in großen Teilen der Fläche eben auch nicht mehr unbedingt das heile Tierparadies aus dem Reiseführer. Auch wenn es immer noch eine hohe Biodiversität aufweist, wie es nicht viele auf der Erde gibt.
Ein paar von uns unternehmen nach der Rückkehr mit dem Pickup noch einen kleinen Spaziergang am Ufer des Rio Pixaim. Da haben wir Glück, und sehen eine Gruppe von Riesenottern. Die ziehen gerade den Fluss hoch, was die unzähligen Kaimane am und auf dem Ufer aber scheinbar nicht als lohnenswerte Ziel sehen. Von denen regte sich gar keins. Außerdem sehen wir noch einige Reiher, einen Flussbussard und ein paar Wasserschweine. Letztere machen ordentlich Krach, als sie mit kaum einer Handvoll Tieren durch das Unterholz brechen. Dabei gehören die Wasserschweine, anders als es der Name suggeriert, eigentlich gar zur Gattung der Schweine. Sie sind die größten Nagetiere der Welt. Ausgewachsene Wasserscheine haben übrigens auch nichts mehr von Kaimanen zu befürchten, da diese ihre Beute nicht zerkauen, und üblicherweise auch nicht zerbeißen. Und die Wasserschweine sind für die Kaimane schlicht zu groß, um sie im Stück runter zu schlucken.
Vom Fluss geht es dann noch zu einem kleinen inzwischen fast ausgetrockneten See an der Lodge, auf der wir hier im Pantanal wohnen. Auch hier sind vor allem Vögel zu sehen. Unter anderem sehen wir Sittiche, ein paar Tangare wie etwa die Schwarzkehltangare, einen knallroten Rubintyrann, oder auch ein paar Rotstirn-Blatthühnchen, die mir ihren riesigen Füßen über den relativ dichten Pflanzenbewuchs auf dem See hinweg starken, also quasi über das Wasser laufen. Insgesamt ist es auch in diesem Jahr wieder sehr trocken, und der See wird nur noch durch hinein gepumptes Grundwasser überhaupt vor dem Austrocknen bewahrt. Trotzdem ist der Wasserstand wie auch am Fluss ungewöhnlich niedrig für die Jahreszeit. Außerdem ist heute die Sicht relativ schlecht, und dazu liegt im Tagesverlauf ein zunehmender Brandgeruch in der Luft. Auch wenn man uns sagt, dass es jedes Jahr natürliche Feuer im Pantanal gibt, so bleiben im Hinterkopf doch leichte Zweifel daran, und eher die Annahme, dass mindestens das alte Gras vor der Regenzeit ab etwa Mitte September noch abgebrannt wird, um dann mehr frisches Gras für die Rinder zu haben. Aber vielleicht liege ich auch ganz falsch damit.
Nach dem Mittagessen machen wir zunächst eine Siesta. Weiter geht es erst gegen 16:00 Uhr mit einer Bootsfahrt auf dem vor der Lodge liegenden Rio Pixiam. Es geht vorbei an unzähligen Kaimanen, wo man sich schon fast fragt, wie unglaublich viel Fisch in dem Fluss sein muss, damit die sich alle davon satt fressen können. Darüber hinaus sehen wir wieder ein paar Wasserschweine vor allem aber Vögel. So waren da Cocoireiher, ein paar Marmorreiher, ein Blaureiher, eine Cayenneralle, eine Sonnenralle, ein Grüner Ibis, ein Glattschnalbelani, eine Amazonasfischer und ein Rotschwanz Glanzvogel und andere mehr zu beobachten. Ganz zum Schluss sehen wir dann auch noch eine kleine Gruppe Kapuzineraffen. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit sind wir zurück an der Lodge, wo es auch schon bald Abendessen gibt. Danach machen wir uns noch mal mit dem Pickup auf den Weg zu einer Nachbeobachtungsfahrt. Dabei geht es logischerweise vor allem um die nachaktiven Tiere. Um die überhaupt finden zu können, haben wir einen starken Scheinwerfer mit an Bord. Eigentlich erscheint mir das Unterfangen relativ aussichtslos, da wir aufgrund der Vegetation im Umfeld der Lodge schon am Tage kaum Säugetiere gesehen haben, und in der Nacht sind die noch viel schwieriger zu finden. Wir sehen drei junge Füchse und einen kleinen Sumpfhirsch, das war es aber auch schon. Dafür ist es auf der Pritsche ziemlich staubig und zunehmend auch frisch um die Nase herum. In der Nacht nehme ich mir, wie schon in der letzten Nacht, die Wolldecke dazu, da die eigentliche Bettdecke nur aus einem Laken besteht, und das ist mir bei wieder angesagten 15°C dann doch zu frisch, und das Fenster schließt auch nur eher mittelmäßig.