• Marokko
    Marokko

    Terrassenwirtschaft im Hohen Atlas

  • Wolken ziehen über den Kilimanjaro
    Tansania

    Wolken ziehen über den Kilimanjaro

  • Streifenkehl-Schattenkolibri nascht vom Nektar einer Blüte
    Costa Rica

    Streifenkehl-Schattenkolibri nascht vom Nektar einer Blüte

  • Jaguar im Pantanal
    Brasilien

    müder Jaguar

  • Eisvogel
    Uganda

    Eisvogel 

23. Tag    Brooks Lodge – 21.06.2015

Heute heißt es fast schon ausgeschlafen. Das Frühstück haben wir für uns um 7:30 Uhr geplant. Davor noch schnell eine warme Dusche. OK, zuerst kam es noch sehr kalt, und der erste Einhandmischer, den wir hier in Alaska sehen, ist nur schwer auf eine angenehme Temperatur einzustellen. Aber mit einer regelmäßigen Dusche am Morgen, findet man langsam wieder in normale Gewohnheiten zurück. Nur das Rasieren beschränke ich weiterhin auf Anchorage. Also am Tag als wir hier wirklich unserer Reise in Alaska begonnen haben, und dann vorgestern, als wir den ersten Teil der Reise abgeschlossen haben. Und dann steht es für übermorgen wieder auf dem Plan, der Tag an dem wir Abschied von Alaska und das nordwestliche Kanada nehmen müssen.

Der erste und eigentlich einzige richtige Programmpunkt am heutigen Tag ist eine Tour zum Valley of 10000 Smokes. Dazu treffen wir uns um 8:30 Uhr an der ersten Plattform zu Bärenbeobachtung, müssen also nur kurz über die Brücke, was ein Fußweg von lediglich etwa 5 Minuten von unseren Hütten auf dem Lodge-Areal ist. Geplante Abfahrt ist dann erst um 9:00 Uhr, so haben wir mehr als reichlich Zeit um den Blick noch ein bisschen schweifen zu lassen. Es verzögert sich dann noch ein paar Minuten, da noch zwei Personen am Morgen mit dem Wasserflugzeug von Anchorage rüber kommen sollen, und noch nicht da sind. Als es dann wirklich losgeht, sehen wir schon nach kaum 15 Minuten zwei Wölfe auf der Straße. Immerhin einen erwische ich noch mit dem Fotoapparat, den ich dazu eiligst aus dem Rucksack vorkramen muss. Der erste reguläre Halt ist dann ein Fotopunkt, an dem man in eines der typischen Täler hier auf der Katmai Halbinsel von oben hinein sehen kann. Geformt sind diese Täler von den Gletschern früherer Zeiten. An der Stelle kann man auch direkt an der Piste gut an einem Baum die Territoriumsmarkierungen eines Bären sehen. Auf der einen Seite fehlen große Teile der Rinde, die er mit den Tatzen herausgerissen hat. Auf der anderen Seite des Baumes kann man deutliche Schürfstellen an der Rinde erkennen, an denen sich der Bär nur auf den Hinterläufen aufrecht stehend mit dem Rücken gescheuert hat. Dazu einige deutliche Fußspuren eines oft wiederholten „Cowboygangs“. Bei denen der männliche Bär unter großen Hüftschwung sein Hinterteil dominant in Position bringt, und damit demonstriert, was für ein „mächtiger“ Kerl er doch ist.

Weiter geht es zum nächsten Aussichtspunkt um noch mal einen Blick über ein Tal zu bekommen. Beim letzten dominierte noch Wald, jetzt sind es Wiesen mit unzähligen Tümpeln und kleinen Wasserläufen, in einiger Entfernung sieht man auch schon das Valley of 10000 Smokes, wohin wir auch direkt von hier aus fahren, was noch mal etwa 20 Minuten dauert. Dazu durchqueren wir noch drei kleinere Flussläufe, in denen wir mit unserem etwas erhöhten Bus über die rundgewaschenen Felsen rumpeln. Als wir etwas oberhalb des Valley of 10000 Smokes schließlich an dem Aussichtspunkt den Bus verlassen, bietet sich uns ein großartiger Blick über die Folgen eines gewaltigen Vulkanausbruchs. Bevor wir ins Tal hinunter gehen, machen wir noch unsere Mittagspause. In den 30 Minuten hat man auch die Möglichkeit eine kleine Ausstellung dort anzusehen, die sich mit der Eruption des Novarupta im Jahre 1912 beschäftigt. Ihr ging eine Reihe von mehr oder weniger kleinen Erdbeben voraus. Die eigentliche Eruption begann am 6. Juni und dauerte etwa 60 Stunden bis zum 8. Juni. Insgesamt wurden 13-15 Kubikkilometer Magma ausgeworfen, begleitend entstanden 17 Kubikkilometer Flugasche und 11 Kubikkilometer Aschetuff. Aus dem Vulkan selbst wurden dabei insgesamt rund 30 Kubikkilometer Material ausgeworfen. Die Umgebung des Novarupta ist dabei teilweise bis zu 200m dick mit Asche bedeckt worden. Anfangs glaubte man, dass der Mount Katmai, auch er ist ein bekannter, wenn auch seit sehr langer Zeit inaktiver Vulkan, dafür verantwortlich war. Erst vier Jahre später konnten die ersten Wissenschaftler das Gebiet besuchen. Sie entdeckten auch die eingestürzte Caldera des Mount Katmai, die einen Durchmesser zwischen 3 und 4,5km hat. In deren Zentrum befindet sich ein ca. 250 m tiefer Kratersee. Insgesamt ist der Krater fast 1000 m tief. Das Tal wird aber von den riesigen Mengen an Magma- und Ascheauswurf geprägt, woraus auch der Namen Valley of 10000 Smokes entstand, da aus der völlig verwüsteten Kraterlandschaft unzählige Fumarolen aufstiegen. Fumarole sind Ausgasungen von Wasserdampf und vulkanischen Gasen, die zum Teil so toxisch sein können, dass deren Einatmung tödlich sein kann. Hauptbestandteil ist aber Wasser, das aufgrund der großen Hitze verdampft. Die Fumarolen waren in diesem Gebiet noch weit über zehn Jahre aktiv. Bei der Expedition im Jahre 1918 berichteten die Forscher, dass die Erde unter ihren Füßen noch immer warm war. Das hatte auch Einfluss auf die Pflanzen in dem Gebiet. Bei der Eruption wurden alle niederen Pflanzen im Umfeld Meter dick mit Asche bedeckt. Die Bäume wurden durch die Asche buchstäblich verkohlt. Jedoch in einiger Entfernung wuchsen die Bäume aufgrund der erhöhten Temperaturen deutlich schneller, noch dazu wurden auch dort die niederen Pflanzen durch die Asche bedeckt und fielen als Nahrungskonkurrenten aus. Erst im Jahre 1950 entdeckte man, dass nicht der Mount Katmai ausgebrochen war, sondern der bis dahin nahezu unbekannte Novarupta. Man geht heute davon aus, dass die Eruption des Novarupta so gewaltig war, dass dabei die zuvor vermutlicch nicht verbundene Magmakammer des Mount Katmai buchstäblich leer gesaugt worden ist, was dann zum Einsturz des Mount Katmai führte, und zur Bildung seiner heutigen Caldera. Damals wie heute ist das direkte Umfeld des Novarupta nicht von Menschen bewohnt, weshalb auch bei der Eruption nur zwei Menschen ihr Leben verloren. Aber die direkten Folgen waren gewaltig. So ist ein Bericht eines Fischers wie folgt überliefert: „Wir erwarten hier jede Minute den Tod. Wir sind von Asche verschüttet - an manchen Stellen über 2 m hoch. Tag und Nacht brennen die Lampen. Wir sehen kein Tageslicht … Und wir haben kein Trinkwasser. Alle Flüsse sind mit Asche bedeckt. Es ist Dunkelheit und die Hölle, Donner und Getöse. Es ist entsetzlich. Wir beten“. Dabei war der Fischer auf einer Insel der Aleuten viele Kilometer entfernt. Die Insel Kodiak lag in der Windrichtung der Aschewolke, dort berichteten Augenzeugen, dass sie die Straßenlampen wegen der Asche kaum auf 2 m sehen konnten. Kodiak liegt bereits etwa 200 Kilometer vom Novarupta entfernt. Selbst in Kalifornien konnte man mehrere Tage die Sonne durch die Aschewolke nicht sehen. Gleiches wurde auch von New York gemeldet, die Asche konnte schließlich bis hin nach Algerien nachgewiesen werden. In der Liste der größten Vulkanausbrüche  der Geschichte auf Wikipedia rangiert der Novarupta auf Platz fünf. Zum Vergleich ist der Magmaausfluss des Mount St. Helen im Jahre 1980 lediglich bei einem Zehntel gewesen. Der größte Vulkanausbruch überhaupt war der Tambora auf Indonesien im Juli 1812. Seine Eruption brachte 160 Kubikkilometer Material hervor. Da sein Umfeld relativ dicht besiedelt war und ist, kamen direkt 11.000 Menschen um, durch den „ausgefallenen“ Sommer auf der Nordhalbkugel und dadurch bedingten Missernten weitere ca. 50.000 Menschen durch Hunger und Seuchen, die direkt mit dem Vulkanausbruch in Verbindung gebracht werden. Viele der sehr großen Vulkanausbrüche haben gemein, dass die dazugehörigen Vulkane Teil des pazifischen Feuerrings sind. Er erstreckt sich über insgesamt etwa 40.000 km an den östlichen, nördlichen und westlichen Rändern des Pazifiks. Hier schieben sich verschiedene Erdplatten übereinander, was zu gewaltigen Spannungen in der Erdkruste führt, die sich dann durch Erdbeben oder eben Vulkanausbrüche entlädt.

Damit soll es dann aber auch genug sein mit den abstrakten Zahlen und Erklärungen. Wir starten von der Anhöhe eine Wanderung zu den Wasserfällen des Utak Rivers. Er hat sich direkt durch die Kraterlandschaft ein neues Flussbett gegraben. Teilweise verläuft es in einer Art kleinen Canyon, mit bis zu 30 m hohen zu Stein gewordenen Ascheablagerungen. Da wir gut in der Zeit sind, machen wir auch noch einen kleinen Abstecher zu einem anderen Aussichtspunkt in der Nähe. Man sieht hier unten wie sich die Natur langsam wieder Raum auf diesem sehr lebensfeindlichen Untergrund schafft. Aber mehr als 100 Jahre nach dem Ausbruch sind immer noch große Teile des Tales völlig unbewachsen und bieten das zugegeben großartige Schauspiel dieser Mondlandschaft. Und heute noch dazu wieder in der Sonne, was die etwas rötlichen Ascheablagerungen fast leuchten lässt. Überhaupt haben wir schon wieder Glück mit dem Wetter, insgesamt sind nur etwa 20 % der Sommertage auf Katmai trocken. Wir haben schon den zweiten Tag von zwei und auch der morgige ist laut Wetterbericht ein solcher. Was dann aber natürlich zur Folge hat, dass ich auf dem Rückweg, der auf dem gleichen Pfad wie auf dem Hinweg verläuft, ordentlich ins Schwitzen komme, als es zurück auf die Anhöhe geht. Insgesamt ist der Weg etwa 2 Meilen lang, also nicht gerade eine Langstrecke. Wobei man aber auch sagen muss, dass in der heutigen Ausflugsgruppe ganz offensichtlich auch einige nicht so sehr geübte Wanderer dabei sind.

Gegen 15:00 Uhr geht es mit unserem geländegängigen Bus dann zurück zur Brooks Lodge, die etwa 25 Meilen entfernt liegt in diesem Bereich von Katmai gibt es praktisch nur sehr wenige Straßen die entweder zum Valley of 10000 Smokes oder nach King Salmon führen. Gäste werden aber immer per Wasserflugzeug zu den wenigen Lodges, die es hier gibt, gebracht, was vielleicht noch das „Abendteuer“ hier her zu kommen etwas unterstreichen soll. Kurz bevor wir die Brooks Lodge schließlich erreichen, läuft noch ein großer männlicher Bär auf dem Weg vor uns. Da die Piste einspurig ist, gäbe es auch, selbst wenn wir wollten, kein Vorbeikommen. Und der Bär stört sich ein paar 100 m vor uns auch nicht weiter daran. Er ist selbstbewusst genug, uns mehr oder weniger komplett zu ignorieren. Irgendwann biegt er dann aber doch ins Unterholz ab. Vor dem Abendessen machen wir noch einen kleinen Abstecher zur zweiten Plattform, wo wir unter anderem beobachten können, wie ein großes Bärenmännchen einen Lachs fängt, sich damit genüsslich ans Ufer der kleinen vorgelagerten Insel begibt, um ihn dort in wenigen Augenblicken zu verputzen. Als wir später nach dem Abendessen noch mal herkommen, können wir bis zu fünf Bären gleichzeitig im Umfeld der zweiten Plattform an dem kleinen Wasserfall beobachten. Unter anderem sind zwei Weibchen darunter, die vor einem großen Männchen ans Ufer und dann ins Unterholz flüchten. Dieser setzt ihnen jedoch nach. Auch die beiden anderen Männchen haben offensichtlich inzwischen genug und verschwinden in unterschiedliche Richtungen. So beschließen auch wir zurück zur Lodge zu gehen. Aber bereits 150 m nach dem Ausgang der Plattform befindet sich eines der Weibchen am Wegesrand. Auch unsere Geräusche veranlassen die Bären nicht weg zu gehen. Wie heißt es so schön, der Klügere gibt nach. Also ziehen wir uns zunächst einmal auf die Plattform zurück. Wir warten etwa 10 Minuten und versuchen es zusammen mit anderen in einer größeren Gruppe noch einmal. Dieses Mal kommen wir deutlich weiter, das Weibchen ist inzwischen verschwunden. Dafür kommt uns direkt auf dem kleinen Pfad ein großes Männchen entgegen. Er schlendert ziemlich gelassen genau auf unserem Weg entlang. Also noch mal zurück in Richtung der Plattform. Das Männchen biegt schließlich etwa 15 m vor dem Eingang zur Plattform, bzw. des Steges auf die Plattform mit der dazu gehörigen Klappe, nach rechts ab. So richtig Schutz bietet der Steg eigentlich auch nicht. Die Begrenzung ist keine 1,30m hoch, steigt dann wegen der Pfahlbauweise der Konstruktion zwar weiter an. Aber für einen Bären ist das Überwinden wohl nicht wirklich auch nur im Ansatz eine Hürde. Und man sah dem Bären auch deutlich an, dass er sich als der stärkere sah, womit er auch nur zu richtig liegt. Als er schließlich abgezogen und aus unserem Blickfeld verschwunden ist, versuchen wir es ein drittes Mal. Jetzt auch mit Erfolg, wir erreichen sicher die Lodge.