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28.10.2007      11. Reisetag - Wavecrest

Wir verlassen Mbotyi und fahren in Richtung Umtata weiter, beziehungsweise durch eine gerade einsetzende Welle von Namensänderung hier in Südafrika heißt es jetzt Mhata. Wobei Hinweisschilder an der Straße noch immer die alten Namen tragen. Eine Zeit lang nach dem Ende der Apartheid war es auch eine Übereinkunft aller politischen Kräfte, nichts mit politischen Namen zu benennen. Inzwischen wird diese Übereinkunft aber immer mehr aufgeweicht. Im Fall der Stadt ist das eine aber die alte Bezeichnung der weißen Siedler, und der neue Name wieder die Beschreibung des Platzes, an der heute die Stadt ist, in der Sprache der hier vorher ansässigen Schwarzen. Im Prinzip ist das Städtchen auch ein inzwischen wieder unbedeutendes Örtchen geworden. Zwischenzeitlich war es mal die Hauptstadt der Transkei, dem ersten von Südafrika ausgegliederten Homeland, aber inzwischen wieder Teil des Landes. Aber der eigentliche Grund warum wir hierher gekommen sind, ist ein Museum über Nelson Rolihlahla Mandela, der übrigens auch nicht weit der Stadt heute sein Haus hat.

Mandela ist in dieser Gegend 1918 geboren worden und war ein Verwandter des hiesigen Königs, welcher ihn auch im Prinzip adoptiert hatte, als sein Vater starb. Zu diesem Zeitpunkt war Mandela etwa acht bis neun Jahre. Sein Adoptivvater schickte ihn unter anderem auch in die Missionsschule, damit er lesen und schreiben lernte. Hier bekam er, wie viele andere Kinder auch, den westlichen Vornamen. Bei ihm war es eben Nelson, da die unterrichttende Nonne seinen richtigen Vornamen schlicht nicht aussprechen konnte, da er typische Klick- beziehungsweise Schnalzlaute aus der Sprache der Xhosa enthält. Nach dem Abschluss der Schule ginge er nach Hare an die Universität um Jura zu studieren. Nach dem ersten Jahr ließ er sich, da er schon damals politisch sehr interessiert war, für die Wahlen der Studentensprecher aufstellen und wurde prompt gewählt. Ältere Studenten störten sich daran, dass so ein „Neuer“ sie vertretern sollte und gingen zum Rektor der Schule. Dieser gab ihnen Recht und forderte Mandela auf zurückzutreten, und bei den fälligen Neuwahlen sich nicht wieder zur Wahl zu stellen. Mandela weigerte sich und wurde prompt von der Universität verwiesen. Daraufhin ging Mandela nach Johannesburg um in den Goldminen zu arbeiten und bekam auch eine Anstellung als Wachmann. Als sein Stiefvater davon hörte, sorgte dieser dafür, das Mandela entlassen wurde und hoffte das dieser zurück nach Hause käme. Zu dieser Zeit suchten die Goldminen ständig Arbeiter unter den Schwarzen. Sein Stiefvater drohte nun damit, seinen Stammesangehörigen zu verbieten in die Minen zu gehen, sollte Mandela nicht entlassen werden. Doch Mandela kehrte nicht zurück. Sondern fand durch Glück eine Stelle als Praktikant in einer jüdischen Rechtsanwaltskanzlei in Johannesburg. Dies ermöglichte ihm dann auch sein Jurastudium fortzuführen und schließlich auch abzuschließen. In dieser Zeit entstanden auch die ersten einschneidenden Apartheidgesetze, gegen die die benachteilige Volksgruppen zusehends rechtlichen Beistand suchten, der für sie auch erschwinglich war. Nelson Mandela gründete mit einem Partner die erste Schwarze-Rechtsanwaltskanzlei in Johannesburg. Schon bald war es ihm verboten. Johannesburg zu verlassen. Er gründete mit einigen Mitstreitern die Jugendorganisation des ANC (des African National Congress). 1961 war er Mitautor Charter of Freedom, worauf hin er, wie die 155 anderen auch verhaftet und wegen Landesverrat angeklagt worden ist. Wobei aber keine der Beschuldigten von einem Gericht verurteilt worden ist, da die Gesetzeslage dies zu diesem Zeitpunkt noch nicht hergab. Daraufhin verschärfte die zwischen 1948 und 1996 durchgängig zumindest mitregierende National Party die Apartheidgesetze weiter drastisch. Nelson Mandela und einige andere sprachen sich jetzt für den bewaffneten Kampf gegen die Regierung aus und gründete die Umkhonto we Sizwe (Speer der Nation, allgemein als MK bekannt). Mandela reiste um für seinen Kampf Unterstützung zu suchen unter anderem nach Angola, Moskau und Ost-Berlin. Der damalige Ostblock unterstützt auch durch Geld und Ausbildung den Kampf, nicht zuletzt da die Regierung politisch, finanziell und auch wirtschaftlich durch den Westen unterstützt wurde. Diese Stellvertreterkriege gab es in ganz Afrika in allen möglichen Variationen.

1964 wurde Mandela dann, nach dem man jahrelang nach ihm gesucht hatte, in der Nähe von Pietermaritzburg verhaftet. Man vermutet, dass er verraten worden ist. Beweise dafür gibt es bis heute aber keine. Zu dieser Zeit hielt Nelson Mandela im ganzen Land Reden. Er wurde anfangs zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, da er gegen die Passgesetze verstoßen hatte, die es ihm nicht erlaubten Johannesburg zu verlassen. Später fand man dann auf einer Farm in der Nähe von Johannesburg Unterlagen der Umkhonto we Sizwe (Speer der Nation), die nachwiesen, dass er dessen Vorsitzender war. Daraufhin wurde er neben einigen anderen auch zu lebenslanger Haft verurteilt. Südafrika baute das Gefängnis auf Robben Island direkt vor Kapstadt aus, beziehungsweise ließ es von den späteren Insassen ausbauen. Wobei hier nur schwarze politische Gefangene inhaftiert wurden. Sie mussten im Steinbruch Kalk abbauen, was bei vielen wegen der grellen Sonne auf dem weißen Gestein zu starken Schäden der Augen führte. Bei Nelson Mandela wurden die Tränendrüsen fast völlig zerstört. Erst 1994 sollte durch eine neuartige medizinische Operationsmöglichkeit dieses Leiden behoben werden. Südafrika hat aber noch etwas ungewöhnliches, dieses Mal für die Inhaftierten, getan. Man gestattete den Gefangenen ihre Schulausbildung oder ihr Studium fortzusetzen beziehungsweise zu verbessern. So konnten einige erst im Gefängnis ihren Schulabschluss nachmachen. Nelson Mandela erarbeitete sich seine höchsten Jura-Abschlüsse auf Robben Island. Einige Beobachter sagen heute, schon damals war sich die Regierung nicht darüber im klaren, ob sie die Apartheid dauerhaft durchsetzen würden können und da waren ihnen ein gebildeter möglicher Verhandlungspartner lieber als ein Ungebildeter.

In Südafrika kam es 1976 zu großen Schülerprotesten, da die Regierung Afrikaans offiziell als einzige Landessprache durchsetzen wollte. Bei diesen Protesten wurden anfangs Wasserwerfer eingesetzt, als auch das nicht half, forderte man die Menge auf sich zu zerstreuen, da es ein Versammlungsverbot für Schwarze gab und drohte andernfalls auch den Schusswaffengebrauch an. Als die Menge sich nicht zerstreute wurde mit scharfer Munition geschossen. Es gab über 60 tote Kinder. In der Folgezeit kam es zu fast bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Land.

In den achtziger Jahren wurde P.W. Botha Regierungschef in Südafrika. Er sah, dass er neue Wege gehen musste, wenn er die Spirale der Gewalt durchbrechen wollte, obgleich er dieses Vorhaben nur halbherzig anging. Zumal er die Macht für die Weißen gleichzeitig erhalten wollte. Er schlug vor jeweils Parlamente für die Weißen, die Inder, die Mischlinge und die Schwarzen zu schaffen. Insbesondere die Schwarzen wehrten sich gegen dieses Vorhaben. Als Botha einen leichten Herzinfarkt erlitt, enthob ihn seine National Party seines Amtes als Regierungschef. Sein Nachfolger de Klerk hob dann die Verbote aller Parteien wie etwa des ANC, der PAC und der kommunistischen Partei auf. Damit nahm er vielen Protestbewegungen die Hauptforderung. In einem folgenden Referendum unter den bis dahin Wahlberechtigten (den weißen Männern), ließ er darüber abstimmen, ob die Verhandlungen mit den oppositionellen Parteien, vor allem damit dem ANC als Vertreterin der Bevölkerungsmehrheit, fortsetzen sollte. 80% stimmten dafür. Damit hatte er quasi einen Freibrief von den Wählern erhalten. Und hier, genauer gesagt im Jahre 1990, kommt Nelson Mandela wieder ins Spiel. De Klerk ließ ihn und alle anderen politischen Gefangenen frei. In Zusammenarbeit mit allen politischen Kräften wurde eine neue Verfassung ausgearbeit. In dieser Verfassung wurden alle Punkte der Charter of Freedom von 1955 eingearbeitet. Am 27. April 1994 wurden dann die ersten freien Wahlen in Südafrika abgehalten. Der ANC gewann mit überragender Mehrheit. Schon im Vorfeld war abgesprochen worden, alle politischen Parteien gemäß ihrem Stimmenanteil an der Regierung zu beteiligen. Der erste frei gewählte Regierungschef im neuen Südafrika wurde Nelson Mandela. Nach nur einer Amtszeit ließ er sich nicht wieder für dieses Amt aufstellen, sondern unterstützte seinen späteren Nachfolger Beki, was diesen für viele dadurch vor der Wahl unangreifbar machte.

Auch heute noch wird Nelson Mandela von vielen der vorher „ benachteiligen Volksgruppen“ verehrt. Sein Wort hat, obwohl er keinerlei politische Ämter mehr innehat, sondern zur Zeit „nur“ noch im Kampf gegen Aids mitwirkt, großes Gewicht. Dazu mal ein Beispiel: Als ich die eine Nacht in Johannesburg im Hotel übernachtet hatte, brachte mich ein Angestellter zu meinem Zimmer. Wir kamen so ins Gespräch woher ich käme, wohin ich denn wohl in Südafrika reisen würde... Ich nannte einige Stationen, die mir so einfielen. Er fragte noch nach, ob ich nicht auch dieses Museum in Mhata besuchen würde, als ich das bejahte strahlte er förmlich übers ganze Gesicht.

Das Museum als solches ist sicherlich nicht gerade der Inbegriff eines modernen Museums und auch nicht gerade eine sensationelle Ausstellung, aber es ist eine Ehrerbietung an einen Mann, der die Geschichte dieses Landes maßgeblich beeinflusst hat. Noch gleich eine Anmerkung zu einer Besonderheit hier: Museen sind am Sonntag grundsätzlich geschlossen in Südafrika. Da wir angemeldet worden sind, standen drei Wachen und eine Angestellte schon vor dem Gebäude, als wir dort ankamen - trotz Sonntag. Beides in Deutschland undenkbar.

Das Museum war auch nur ein Zwischenziel für diesen Tag. Es ging weiter nach Wavecrest, wie auch Mbotyi von wo wir ja kamen, ein Ort am Indischen Ozean, aber genauso auch irgendwo im Nichts. Beide Orte sind übrigens wegen der Straßenverhältnisse nur mit Kleinbussen zu erreichen. Dem entsprechend sieht man auf dem Weg dorthin auch sonst immer weniger touristische Aktivitäten, je näher man ihnen kommt. Wavecrest liegt übrigens an den südlichsten Mangroven in Afrika, in die wir gegen Abend noch mit kleinen Booten hinein gefahren sind. Wobei die Lage nur durch eine besondere Strömung des Indischen Ozeans möglich wird. Der an der Küste entlang laufende Meeresstrom hat zurzeit eine Temperatur von 21°C, also deutlich wärmer als die beiden Flüsse, die ins Meer münden, dadurch dass das warme salzige Meerwasser hier hinein läuft, können überhaupt erst Mangrovenwälder entstehen. Es gibt hier weiße Mongroven-Bäume, die das Salz aus dem Wasser in einen Ast schicken, der dann abstirbt, doch die anderen Äste und damit den Baum so überleben lässt. Die andere Variante sind die schwarzen Mongroven-Bäume, die das Salz in den Blättern einlagern und diese später abwerfen. Anschließend sprießen einfach neue Blätter. Jetzt in der Abendszeit beginnen auch viele Vögel ihre Melodien zu singen. Es ist eine sehr friedliche Stimmung, wenn man so ruhig durch die Flusslandschaft gleitet.