7.Tag Kluane Lake – 05.06.2015
Heute geht es wieder gemütlich in den Tag. Es geht schon mal damit los, dass wir nicht packen müssen. Stattdessen können wir in Ruhe duschen. So richtig mit warmem Wasser, einem Waschbecken und einer Toilette mit Spülung in einem Sanitärgebäude. In der Nähe des Büros gibt es sogar WLAN. Letzteres habe ich nicht genutzt, da ich mich bis wir wieder Anchorage erreichen einstweilen allen modernen Informationsmedien entsage. Wir sind hier auf dem privaten Cottonwood Campground. Cottonwood ist eine Baumart, die zu den Pappeln zählt. Da sie sich relativ leicht bearbeiten lässt und leicht ist, haben die früheren hiesigen Native Nations sie zum Bau von Kanus verwand. Es gebe auf dem Campingplatz sogar ein paar Bahnen, um Minigolf zu spielen, auch wenn der Filz dem Klima schon ein bisschen Tribut zahlen musste. Der ganze Stolz der Frau des Besitzers sind aber die Blumenbeete. Auch sonst gibt es Rasenflächen und zwischen den einzelnen Stellplätzen natürliche Sichtbarrieren durch Büsche und kleinere Bäume. Insgesamt eine sehr gepflegte Anlage. Dabei ist der Besitzer nur in der Zeit von Mai bis September überhaupt hier, ansonsten lebt er in der Provinz Ontario, Tausende Kilometer entfernt in einem gemäßigterem Klima. Hier in Kanada rechnet man ja anders als in Alaska in Kilometern und nicht in Meilen. Alle unsere bisherigen Campingplätze sind eigentlich eher für Wohnmobile bzw. entsprechende Aufbauten und Anhänger ausgelegt. Viele Kanadier und Amerikaner fahren im Rentenalter mit großen Wohnmobilen durch ihr Land. Dazu verkaufen sie meist ihr gesamtes Hab und Gut und investieren in ihr Mobilheim. Dabei gibt es durchaus Fahrzeuge, die die Ausmaße eines europäischen Reisebusses haben. Nicht selten ziehen sie damit sogar ihren eigenen kleinen PKW hinter sich her. Diese Fahrzeuge können natürlich nur die großen Highways befahren. Mehr Möglichkeiten hat man da schon mit den sogenannten Campern, dabei handelt es sich um Aufbauten auf einem Pickup. Dieser ist deutlich kleiner, dafür hat das Träger-Fahrzeug in der Regel Allradantrieb, und ist damit auch auf den kleineren Straßen und Wegen zu Hause. Eine Zwischenlösung mit mehr Komfort wie bei den Campern, und gleichzeitig einer besseren Mobilität als bei den großen Wohnmobilen sind die, die hinter ihrem Pick-up einen Wohnwagen Auflieger ziehen. Dieser liegt auf einem Drehkranz, wie man es bei uns von Lkw Aufliegern kennt. Gleichzeitig hat man aber die Vorteile des Pickups, der auch für sich alleine natürlich für die kleineren Fahrten genutzt werden kann. Im Zelt wie wir, sind eigentlich nur europäische Touristen unterwegs. Und die haben dann zuweilen ein bisschen Probleme, ihre Heringe von den Zelten im Boden zu verankern, der natürlich für die Wohnwagen/Wohnmobile mit einem Schotterbett befestigt ist.
Am Morgen fahren wir dann einige Kilometer am Kluane Lake entlang. Wir wollen heute den Sheet-Trail gehen, inklusive Mittagspause sind dafür etwa viereinhalb Stunden geplant. Bevor es aber überhaupt losgeht, werden noch einmal die Sinne zum Thema Bärensicherheit geschärft. Es gilt als Gruppe zusammen zu bleiben, und auch die vier vorhandenen Bärensprays gleichmäßig in der Gruppe verteilt. Dabei handelt es sich eigentlich um Pfefferspray. Bei dem Einsatz gilt es natürlich die Ruhe zu bewahren und auf die Windrichtung zu achten. Also kommt der Bär aus der falschen Richtung, ist man eh blöd dran. Laut der Beschreibung auf dem Bärenspray hat dieser eine Reichweite von bis zu 9 m. Außerdem werden wir angehalten ein bisschen Krach zu machen, damit uns die Bären frühzeitig hören und nicht von unserer plötzlichen Anwesenheit überrascht werden. Das Ganze ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass man in diesem Gebiet schon auf Bären treffen kann. Ein gutes Stück entfernt, also deutlich außerhalb unserer Reichweite, ist auch vor ein paar Tagen eine Bärin mit Jungen gesehen worden. Insbesondere ihr sollte man besser aus dem Weg gehen, da sie vielleicht eine gewisse Aggressivität zum Schutz ihres Nachwuchses an den Tag legt, während im allgemeinen die Bären den Menschen eigentlich eher aus dem Weg gehen. Auf unserem Weg geht es anfangs durch den Wald, dabei gewinnt man schon einige Höhenmeter. Insgesamt sind es 427m auf dem gesamten Weg, verteilt auf einer Strecke von etwas mehr als 5 km. Die gleiche Strecke gilt es dann anschließend auch wieder zurück zu gehen. Nach dem Wald windet sich der Pfad noch ein bisschen an ein paar Hügeln entlang, die bei weitem von einigen Felsmassiven überragt werden. Weit oberhalb von uns sieht man auch ein paar „weiße Pünktchen“, die sich langsam vorwärts schieben: Dallschafe. Ein paar aus unserer Gruppe nehmen nach unserer Rückkehr noch für etwa 2 Stunden einen weiteren Pfad, der sich anfangs durch ein weitgehend ausgetrocknetes Flussbett zieht. Dabei sind zwei kleinere Wasserläufe zu überwinden. Sie werden von höher gelegenen Gletschern gespeist. Aufgrund der kalten Gletscher und der hier sonst schon deutlich höheren Temperaturen zieht ein kalter Wind von den Bergen hinunter, der auch eine riesige Staubwolke bis weit auf den See hinaus treibt. Auch wenn wir nicht durch die Staubwolke gehen müssen, so knirscht es doch etwas zwischen den Zähnen.
Zurück im Camp ist mehr als genug Zeit für eine zweite Dusche an einem Tag - fast schon ein bisschen Luxus. Und auch für das Wäsche waschen bleibt noch genug Zeit, um diese bei schönstem Sonnenschein und einem frischen Wind trocknen zu lassen.
Wie schon in Alaska ist auch in Kanada natürlich alles ein bisschen größer. Der Kluane Lake, an dem wir uns hier befinden, hat eine Länge von etwa 70 km und eine Fläche von knapp über 400qkm. Interessant dabei ist eigentlich, dass er heute über den Kluane River in den Yukon und damit schließlich ins Beringmeer fließt. Vor 300 - 400 Jahren sah das noch anders aus. Damals schob sich der Kaskawulsh Gletscher weiter ins Tal und blockierte den Slims River, über den das Schmelzwasser und auch der Kluane Lake früher in den Pazifik flossen. Heute fließt der Slims River in umgekehrter Richtung in den Kluane Lake. Dieser stieg durch die Rückstauung dabei um 10 m an und entleert sich eben heute über den Kluane River. Dabei ist dessen Flussbett inzwischen so weit ausgespült worden, dass der See heute wieder seine alte Wassertiefe hat. Auch der Kaskawulsh Gletscher hat heute etwa wieder seine frühere Ausdehnung, und hat das Tal wieder freigegeben. Trotzdem hat sich am Wasserlauf nichts geändert. Ein schönes Beispiel, an dem man sehen kann, wie die Natur bis heute die Landschaft formt.