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29.10.2009      12. Reisetag - Rub-Al-Khali


Da wir heute etwas später losfahren wollen, bleibt mehr als genug Zeit sich für den Sonnenaufgang auf die Lauer zu legen. Wenn der auch bei weitem nicht so spektakulär wie der gestrige Sonnenuntergang ist, so ist es doch immer wieder ein schöner Moment das Hier und Jetzt zu genießen. Es gibt ja auch jeden Tag zu Hause einen Sonnenaufgang und einen Sonnenuntergang, und doch „gönnt“ man sich das Farbspiel nur im Urlaub. Sonst ackert man nur in der alltäglichen Tretmühle, dabei wäre es eigentlich nicht mal so schwierig sich dafür hin und wieder ein bisschen Zeit frei zu räumen. Hier im morgendlichen Salalah lege ich jedenfalls noch mit einem morgendlichen Bad im Indischen Ozean nach. Das Wasser hat eine schöne Brandung und eine angenehme Temperatur. Die Kälte treibt einen jedenfalls nicht raus.

Am Vormittag ging es dann wieder mit Jeeps in Richtung Norden aus Salalah hinaus. Dazu muss man zuerst über die Berge, denn Salalah liegt, wie ja schon mal gesagt, auf einer von etwa 800m hohen Bergen umgebenen fruchtbaren Ebene, die andere Seite der Stadt wird dann auch schon vom Meer begrenzt. Auch hinter den Bergen ist das Land noch erstaunlich bewachsen, auch wenn das Gras inzwischen braun geworden ist. Diesen Bewuchs verdankt die Gegend einem Phänomen, dass es auf der arabischen Halbinsel nur hier gibt: Monsun Regen. In den Sommermonaten liegt die Gegend in einem mehr oder weniger andauernden Nebel. Ein Schauspiel, das in diesen Monaten viele Touristen aus den arabischen Ländern anzieht. Für den Mitteleuropäer ist das eher nicht die optimale Reisezeit, es ist neben der hohen Luftfeuchtigkeit auch noch für uns unerträglich heiß. Auf jeden Fall bekommen wir wegen des Monsuns hier etwas anderes zu sehen, als nur karge mehr oder weniger unbewachsene Berge. Die Berge sind hier auch deutlich runder geformt, und haben durch die einher gehende Erosion ihre Ecken und Kanten bereits eingebüsst. Überhaupt geht man davon aus, dass die Berge im Oman bei ihrer Entstehung deutlich höher gewesen sind, die Schätzungen gehen von bis zur doppelten Höhe aus. In den Täler und Einschnitten gibt es hier einen fast deckenden Bewuchs, zu dem auch eine Reihe von Büschen beitragen, etwas was wir bisher eher in den Wadis gesehen haben, aber nicht an den Bergen. Durch den Bewuchs grasen hier auch deutlich mehr Tiere, dabei sind es neben den Kamelen nur relativ wenige Ziegen, dafür aber deutlich mehr Rinder. Unter denen sind auch einige, die fast als Schwarzbunte durchgehen könnten.

Nach einer Zeit halten wir noch mal an einer Tankstelle, um noch einmal Benzin aufzunehmen, dabei passte laut Tankanzeige kaum etwas hinein. Kurz hinter der Tankstelle kommt noch ein Hinweis: Nächste Tankstelle 200km, dabei sind wir hier auf der wichtigsten Verbindungsstraße von Salalah nach Muscat. Die Landschaft geht auch schon in ein Wüstenpanorama über. Hier, aber etwas abseits von der Straße nur noch wegen der großen Silos sichtbar, lebt auch ein Millionenvolk, genauer gesagt werden hier in insgesamt neun Anlage gleichzeitig etwa 1,6 Millionen Hähnchen gemästet. Dazu hat man eine eigene Futtermühle, die etwa 15t Futter in der Stunde für die Tiere produziert. Man hat diesen Platz gewählt, da es kaum bis keine anderen Tiere in der Gegend gibt und hier auch keine Route von Zugvögeln verläuft, die etwaige Krankheiten einschleppen könnten. Gleichzeitig hat man eine eigene Wasserversorgung und durch die noch neue Teerstraße eine relativ gute Verkehranbindung. Man produziert hier etwa 25% des Bedarfs vom Oman. Natürlich werden dann die Tiere gemäß der islamischen Scharia von Hand geschlachtet.

Nach einigen weiteren Kilometern verlassen wir auch die Straße, um auf einer Piste tiefer in die Rub-Al-Khali hinein zu fahren. Sie gilt als die größte Sandwüste der Erde, und bedeckt einen großen Teil der südlichen arabischen Halbinsel, mal abgesehen von einem schmalen Küstenstreifen. Sie wird als das leere Viertel bezeichnet. Und dem kleinen bedeutungslosen Menschen wird auch schnell klar, wie passend der Name ist. Es ist an dieser Stelle einfach eine unglaubliche Weite randvoll gefüllt mit „Nichts“, absolut Nichts. Man freut sich fast schon über eine Bodenwelle, und selbst die sind selten. So fahren wir mit knapp 100km/h über die Wüstenpiste. Es wächst kein Strauch oder auch nur Grasbüschel, es liegen praktisch keine Steine herum, es ist einfach nichts da, bis zum Horizont nicht mal eine Sandverwehung. In einiger Entfernung vielleicht mal eine Windhose, aber ansonsten ist vor uns nur der aufgewirbelte Staub des vor uns fahrenden anderen Jeeps.

Nächster Halt ist dann Shisr. Man entdeckte hier die Ruinen von Ubar, das Atlantis der Wüste. Der Ort hat eine sichere Quelle, was auch in der Umgebung zu sehen ist. Es gibt zahlreiche bewässerte Rundfelder. Sie werden von großen Beregnungsanlagen, die eben im Kreis laufen, künstlich grün gehalten. Wirtschaftlich macht das sicherlich keinen Sinn, aber man hat hier eben den Anspruch sich selbst mit landwirtschaftlichen Produkten versorgen zu können. Das wirklich besondere an diesem Ort ist aber eigentlich die Vergangenheit. Hier war einer der wichtigen Verkehrsknotenpunkt, von dem die großen Karawanen mit dem ehemaligen Reichtum der Gegend starteten: Weihrauch. Ubar war die letzte Oase, in der man die großen Karawanen von vermutlich 150 – 400 Kamelen, andere Quellen berichten von bis zu 2000 Tieren, mit Wasser versorgen konnte, bevor sie ihre mehr als zweimonatige Reise durch die Wüste begannen. Außer den Kamelen und natürlich den Händlern war vermutlich auch häufig eine kleine Streitmacht dabei, um sich vor den räuberischen Überfällen der Beduinen aus den Wüstenstämmen zu schützen. Andere Angaben sprechen von ca. 10000 Kamelen, die jedes Jahr ihre Fracht durch die Wüste trugen, bei einer Traglast von etwa 250kg ergeben sich daraus 2500t, oder anders ausgedrückt 100 LKW Ladungen. Die hier beginnende Weihrauchstraße ist mit etwa 5000 Jahren eine der ältesten und bekanntesten Handelswege der Welt. Dabei gab es eigentlich nicht nur eine Straße, sondern mehrere Wege, einer führte bis ins heutige Bahrain, ein anderer über das jordanische Petra. Anfangs war der Weihrauchhandel als Tauschhandel organisiert. Weihrauch war im alten Ägypten und auch in Rom sehr kostbar. Er wurde in seine Hochzeit von etwa 600 v. Chr. bis etwa 500 n. Chr. in Gold aufgewogen. Im Oman kosten 1kg Weihrauch heute je nach Qualität umgerechnet nur etwa 10 Euro. So konnten sich damals nur Kaiser, höhere Beamte und reiche Kaufleute das begehrte Harz leisten. Sowohl von Ägypten als später auch von den Römern gab es Expeditionen um die Herkunft des Stoffes zu erfahren, und so möglichst den Handel oder noch besser gleich das ganze Land unter die eigene Kontrolle zu bringen. Beide scheiterten schon bei der Ermittlung der Herkunft. Wozu sicherlich auch die reichlich lebensfeindlichen Wüsten auf der arabischen Halbinsel ihren Teil beigetragen haben. So gibt es zum Beispiel in der Rub-Al-Khali keine nennenswerten Oasen. Selbst für die Araber machte erst die Domestizierung des Kamels eine Wüstenquerung überhaupt möglich. Und die Frage der Orientierung und der Gluthitze am Tage tun ein Übriges. Auch die Händler verrieten nie den Ursprung ihrer Reisen. Geerntet wurde und wird der Weihrauch vom gleichnamigen Baum. Sie gibt es nur neben dem omanischen Dhofar, im Jemen, in Indien und am Horn von Afrika. Der etwa drei Meter hohe Baum wächst in Höhenlagen bis etwa 1200m. Er bevorzugt karge und heiße meist am Rande von Wüsten gelegene Lagen. Geerntet wird das Harz in den Sommermonaten durch das Anschneiden des Weihrauchbaums. Es tritt dann eine anfangs weiße harzig-klebrige Flüssigkeit aus. Nach ein paar Tagen kann dieser angeschabt werden. Diese Prozedur wird mehrer Male wiederholt. Mit jedem neuen Schnitt verbessert sich die Qualität. Nach der Ernte wird der Baum für mehrere Jahre nicht mehr geschnitten. Früher wurde der Weihrauch nicht nur durch Verbrennen als Duftstoff benutzt, in Ägypten wurde er auch bei der Einbalsamierung der Pharaonen verwand. Außerdem besitzt er noch bis heute ein weites Einsatzgebiet in der Naturmedizin. Ubar muss zu ihrer Hochzeit eine sehr wohlhabende Stadt gewesen ein. Auch dürfte bei ihrer Entstehung das Klima hier noch etwas gemäßigter gewesen sein. Warum die Stadt später aufgegeben wurde, ist bis heute nicht ganz klar. Es gibt Vermutungen, das sie durch ein Erdbeben zerstört worden ist, andere gehen auch davon aus, das eventuell der Einsturz einer riesigen Kalksteinhöhle, die Zerstörung der Stadt ausgelöst haben könnte, wobei noch heute Reste dieser Höhle zu finden sind. Möglich auch das das erste das zweite ausgelöst hat. Im Koran steht jedenfalls geschrieben, dass die Erde eine Stadt, deren Beschreibung durchaus auf Ubar passen könnte, verschlungen hat, da sie zu reich und lasterhaft geworden war. Lange war sie dann fast vergessen, und lebte nur in den vermutlich immer mehr ausschmückenden Geschichten der Araber weiter. Lawrence von Arabien prägte später den Begriff „Atlantis der Wüste“, wobei er es selbst, wie man heute weiß, mit der Wahrheit auch nicht immer zu genau nahm.

Nach unserer Mittagspause geht es weiter, wir halten noch kurz an einer kleinen Behausung, mit einer kleinen Tankstelle, einer einfachen Werkstatt und der Möglichkeit ein Getränk zu kaufen. Wer hier lebt, muss ein einsames Leben führen. Auf unserem ganzen Weg auf der Piste an diesem Tag, ist uns lediglich ein Fahrzeug entgegen gekommen, und das über Stunden. An einer Stelle konnten wir noch eine kleine Kamel-Karawane in einiger Entfernung sehen, aber ansonsten keine Menschenseele. Nach einiger Zeit der Fahrt beginnt sich die Landschaft langsam zu wandeln – nein keine blühenden Gärten, sondern erste Sanddünen. Wir besuchen noch kurz die Quelle von Al-Hasman. Hier finden sich auch noch ein paar Kamele, wobei die meisten schwarz sind. Dabei gilt je heller das Fell, desto wertvoller ist das Kamel. Eines der Kamele hatte sogar eine graue Farbe, bisher dache ich immer die Tiere gäbe es nur in Brauntönen, aber man lernt eben nie aus. Kamele sind im Oman sehr beliebt und gelten fast schon als Statussymbol. Auf dem Weg hier her sind wir auch an einer Kamelrennbahn vorbei gekommen. Der Islam verbietet aber das Wetten, so ist es auch hier verboten. Auch die Preisgelder sind eher gering, es geht dabei eher um Ruhm und Ehre. So werden hier die Kamele auch noch von Kindern geritten, was ja zum Beispiel in den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht mehr der Fall ist. Dort sitzen kleine Roboter auf den Tieren, die Emiratis sind auch die Möglichkeit mehr als nur Ruhm und Ehre an den Kamelen zu verdienen. Sie zahlen zum Teil horrende Summen für gute Rennkamele.

Wir sind aber ja nicht auf Kamelen in der Wüste unterwegs, sondern mit Jeeps. Und unser Ziel, die Dünen der Rub-Al-Khali sind schon fast zum Greifen nah. Unsere Fahrer lassen keine Luft aus den Reifen, und so gibt es schon nach kurzer Wegstrecke ein Problem. Einer der beiden Jeeps bleibt bei der Überquerung einer kleinen Düne stecken. Genau dieses Malheur ist auch der Grund, warum man eigentlich niemals mit nur einem Fahrzeug in die Wüste fahren sollte. Von ausreichend Benzin und Wasser will ich da jetzt auch gar nicht anfangen. Sie sagten kurz vorher noch, bei ihnen wäre der Sand anders als in anderen Wüsten. Er wäre sehr „soft“. Und da bräuchte man den Reifendruck nicht absenken, und wir würden ja auch nicht tief in die Dünen hinein fahren. Jedenfalls schlagen wir schon bald unser Nachlager hier auf. Aber zuerst müssen wir natürlich noch nach Geoden suchen. Dabei handelt es sich um aus Sand gepresste Steinkugeln. Sie sehen von der Oberflächestruktur etwa wie Blumenkohl aus. Schlägt man sie aber auf, sind sie auf der Innenseite mit Quarzkristallen besetzt. Darüber hinaus sind sie hohl, was auch ihr geringes Gewicht erklärt. Man findet sie in mitnahmefreundlichen Größen von wenigen Zentimetern Durchmesser, aber auch in Fußballgröße gibt es welche. Bis heute ist nicht ganz klar, wie und warum sie entstanden sind. Überhaupt gibt es sie nur hier in der südlichen Rub-Al-Khali.

Heute gibt es einen Hauch von Abenteuer. Wer im Zelt schlafen möchte, schlägt dieses auf und legt zur Befestigung einfach sein „Wüstengepäck“ hinein. Denn eine Verankerung mit Heeringen ist im Wüstensand verständlicherweise ein bisschen schwierig. Während dessen kochen unsere Fahrer das Abendmahl – heute ist Kamelfleisch mit dem obligatorischen Reis im Angebot. Als Besonderheit des Speiseplans gibt es heute zusätzlich Nudeln, was ich bisher noch nirgends auf einer hiesigen Speisekarte gesehen habe, aber vielleicht habe ich auch nur nicht sorgfältig genug hingesehen. Mit dem mitgebrachten Holz wird ein kleines Lagerfeuer entzündet. Das macht die ruhige Wüstenstimmung perfekt. Dazu ein paar entspannte Gespräche am Feuer. Aber fast noch schöner fand ich es später im Schlafsack zu liegen, und um mich herum förmlich die Stille zu hören. Es brennt kein Licht, niemand der irgendwo herum werkelt oder auch nur einen Laut von sich gibt, kein Telefon, niemand will etwas. Einfach nur absolute Stille. Ein Ort an dem man auch gut mit sich allein sein kann, jedenfalls unter so gesicherten Verhältnissen wie hier bei uns. Über mir ein fast voller Mond und die hell funkelnden Sterne. OK, in Jordanien hatte ich im sehr einfachen Schlafsack plus Zelt nachts gefroren wie ein Schneider, hier hatte ich eine wärmere Variante von Schlafsack und kein Zelt dabei, und habe praktisch im eigenen Saft gelegen. Aber man kann eben nicht alles haben. Überhaupt war es hier in der Oktobernacht deutlich wärmer als im April in Jordanien.