9. Tag 17.08.2013 – Bajan Zag (Flaming Cliffs)
Heute geht es wieder weiter, so verlassen wir die „Singenden Dünen“. So gelten wieder die normalen Zeiten – 7 Uhr Frühstück, Zelte abbauen und das ganze Equipment in den Fahrzeugen verstauen. Alles läuft inzwischen rund und so sind wir um 8 Uhr bereits unterwegs. Auf dem Plan steht heute nur eine Strecke von 150km, aber was heißt das schon in diesem Land. Denn die Qualität der Pisten entscheidet über das Tempo, und die Pisten sind meist eigentlich gar keine im engeren Sinne. Eher eine Fahrspur, die vorher schon von anderen Fahrzeugen genutzt bzw. angelegt worden ist. Eine wie auch immer geartete Befestigung sucht man vergebens. Die Qualität der Pisten ist also immer auch ein bisschen Glückssache. Und die Fahrer vergleichen bei ihrer Einschätzung der Zeiten immer ein bisschen mit ihrer Fahrt beim letzten Mal, aber heute kann die Situation eben auch wieder ganz anders sein.
Gegen Mittag kommen wir in die Bezirkshauptstadt, ihre Einwohnerzahl wird mit 12000 Menschen angegeben. Wo die wohnen sollen, ist beim Anblick der Stadt nicht ganz klar, aber bei den Zahlen ist immer zu berücksichtigen, dass dabei die Nomaden in der Umgebung mitgezählt werden. Wir finden schnell ein wieder aufgebautes Kloster und in der unmittelbaren Umgebung das „Geschäftsviertel“, eigentlich eher eine Häuserzeile mit einigen Geschäften. Die meisten sind die landestypischen Supermärkte. Das Warenangebot umfasst wieder zahlreiche Marken, die wir von zu Hause kennen. Und natürlich auch gleich mit der deutschen Beschreibung der Inhaltsstoffe. Neu sind hier aber die Eigenmarken wie „Gut und Günstig“ oder auch Original „Edeka Studentenfutter“. Das Sortiment der in direkter Nachbarschaft befindlichen Läden ähnelt sich sehr stark. Nur einer fällt etwas raus, neben dem typischen Warenangebot gibt es auch Sämereien. Wofür hier natürlich nur ein sehr enges Zeitfenster vorhanden ist. In der freien Steppe sind wir auf unserer bisherigen Reise nur an zwei Stellen überhaupt an zwei Anbauflächen von Gemüse vorbei gekommen. Eine war staatlich organisiert und mit ein paar Bäumen bzw. Büschen umstanden, die den Wind etwas abmildern sollten, sie war vielleicht 200x200m groß oder besser klein. Die andere war ein Foliengewächshaus in einem Ort, irgendwo im Nirgendwo in dem wir eines der Fahrzeuge bzw. dessen Reifen reparieren lassen haben. Insgesamt gibt es in der Mongolei kaum Ackerbau. Das hängt zum Einen mit den geringen Niederschlagsmengen zusammen. Aber auch der Boden hat nur wenige Nährstoffe. Und auf dem Lang leben die Menschen wegen den Weidegründen für ihre Tiere als Nomaden, ziehen also umher, was sich natürlich schlecht mit Ackerbau verbinden lässt. Alles im Leben der Landbevölkerung ist auf die häufigen Umzüge ausgerichtet. Den einzigen Luxus aus Tradition sind die Kamele, die früher als Transportmittel gebraucht wurden, heute hat man kleine Hyundai Pritschenwagen. Die Kamele sind nur noch Lieferant für Wolle und Fleisch, oder eben als Reittier für Touristen. Alles andere ist bewusst wenig und sehr funktionell.
Aber zurück zu unserem Tag, Wir fahren weiter zu den Flaming Cliffs, den brennenden Klippen. Während unsere mongolische Begleitmannschaft das Mittagessen vorbereitet, machen wir dort schon mal eine kleine Stippvisite. Das Gebiet sieht eigentlich bei der Anfahrt wie eine große Ebene aus. Als wir näher kommen erkennt man aber die geschätzt 25m hohe Kante. Der Hang besteht aus rotem Lehm oder auch weichem Sandstein. Insgesamt ist die Sedimentschicht etwa 400m dick. In ihr wurden bereits zahlreiche Fossile wie Muscheln, Schnecken, Amphibien, Krokodile, Schildkröten und vor allem Dinosaurier gefunden. Im Jahr 2006 gab es eine Meldung, dass man hier auf einen Schlag Skelette von 67 Dinosauriern gefunden hat. Das große fast vollständige Dinosaurier-Skelett in der Hauptstadt Ulan Bator stammt auch aus dieser Gegend. Die ersten Skelette fand Roy Chapman-Andrews bereits 1923. Sie alle sind Zeugnisse aus längst vergangenen Tagen. Wissenschaftler gehen davon aus, das die Gegen in der Kreidezeit, also vor 70 bis 140 Millionen Jahren von einem großen Binnensee geprägt wurde, und das Klima feuchtwarm war. Heute ist es bei wieder strahlendem Sonnenschein nur warm, dazu vielleicht noch die Information, heute ist die in dieser Gegend die Jahresniederschlagsmenge etwa 130ltr pro Quadratmeter. In der gleißenden Mittagssonne sind die roten Abhänge – die Flaming Cliffs - nicht so wirklich imposant. Wir planen deshalb später noch mal zurück zu kommen.
Zuerst geht es zum Mittagsessen, dazu haben sich unsere mongolischen Begleiter einen Platz auf einer fast endlos erscheinenden Ebene ausgesucht, aber eigentlich stimmt das nicht ganz. Nicht weit von hier ist ein Wald – auch wenn Wald bei diesem Klima natürlich ein bisschen anders aussieht wie in Mitteleuropa. Da wir aber die heutige Strecke recht zügig bewältigt haben, gönnen wir uns nach dem Essen erst einmal eine Ruhepause. Der Bewuchs ist eher spärlich, trotzdem weht kaum Sand umher, anders als noch an den Dünen gestern. So liege ich im Zelt, habe auf Durchzug gestellt und genieße die Muße in einem seichten Lüftchen. Das Leben könnte schlimmer sein.
Am Nachmittag gehen wir hinüber zum Saxaulwald. Saxaulbäume sind im Gebiet Ural, Iran über Kasachstan bis hin in die Mongolei verbreitet. Sie werden maximal 4m groß, hier erreichen sie nur etwa 2,5m und sind fast schon einen Mischung zwischen Baum und einem Busch. Ihre Blätter sind sehr kein, ähneln eigentlich fast schon Nadeln, dabei sind diese aber sehr weich. Die Wuchsform dient natürlich der Verringerung der Wasserverdunstung. Die Stämme sind weiß, was sie auch wegen der wenigen kleinen „Blättern“ fast ein bisschen wie abgestorben aussehen lässt. Unter der etwas schwammigen Rinde speichert der Saxaulbaum etwas Wasser. Ansonsten ist sein Holz sehr hart. Da er sehr gut an die klimatischen Bedingungen angepasst ist, wird er in Zentralasien auch als Schutz gegen die zunehmende Verwüstung großer Landstriche gepflanzt. Saxaulbäume kommen auch natürlich oft in großer Zahl an einem Ort vor, was eben die typischen Saxaulwälder schafft.
Nach einer kurzen Fahrt sind wir dann wieder an den Flaming Cliffs. Jetzt wo die von Wasser- und vor allem Winderosion geschliffenen Kanten in der abendlichen Sonne liegen, ist ihre Farbe auch von einen etwas verwaschenen in ein deutlich intensiveres Rot gewechselt. Durch die vielen Versprünge und dadurch entstehenden Schatten sind sie dann auch sehr viel reizvoller als zur Mittagszeit.