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6. Reisetag    15.02.2012 – Jinja

Nach dem wir gestern praktisch den ganzen Tag unterwegs waren, ist heute wieder ein Tag der lokalen Aktivitäten. Wir beginnen den Tag mit einem entspannten Frühstück mit Rührei und Schinken. Dazu gibt es Toast und verschiedene Sorten von Marmelade. Käse und Wurst sucht man hier vergebens auf dem Speiseplan. Dazu gibt es landestypische Früchte wie Ananas und Bananen. Für mich jetzt kein Problem, aber für die richtigen Kaffeetrinker vielleicht schon. In Uganda wird Kaffee angebaut, aber zu kaufen gibt es nur die wasserlösliche Variante.  Gleiches gilt auch für Kakao und Milch, nein stimmt nicht ganz, Milch gibt es auch als H-Milch. Aber anders ist das hier mit der eben nicht sicheren Kühlkette bei dem Klima auch nicht machbar. Auch auf dem Lande sollte man frische Milch wegen der Gefahr der Übertragung von Tuberkulose besser vermeiden. Interessant vielleicht noch, sowohl Kakao als auch Milchpulver sind die gleichen Marken, wie sie mich auch schon im Nachbarland Tansania auf meiner Reise dort stets ein treuer Begleiter waren, es scheint auch nur die jeweiligen Marken zu geben. Aber noch mal kurz zurück zum Kaffee. Kaffee gehört zu den drei größten Exportgütern Ugandas. Angebaut wird vor allem Robusta, etwa 90%, und Arabica, etwa 10%. Insbesondere bei der Robusta gehört Uganda zu den größten Produzenten in der Welt. Doch der Kaffeeanbau in Uganda ist von der Klimaerwärmung bedroht. In den letzten Jahren kommt es zu immer kürzeren Regenzeiten mit dann zum Teil sehr heftigen Güssen, die die Pflanzen zusätzliche schädigen, und dann ausgedehnten Trockenzeiten, die das Wachstum des Kaffee bedrohen. So gab es in den letzten Jahren ungewöhnlich viele Missernten. In Uganda leben etwa 80% der Bevölkerung von der Landwirtschaft, wobei die meisten eben auf kleinen selbst bewirtschafteten Parzellen arbeiten. Bei den Exporten landwirtschaftlicher Güter macht der Kaffee etwa 50% aus, was die Bedeutung des Kaffee natürlich zusätzlich unterstreicht.

Jetzt aber zurück zu unserem Tag. Wir fahren dazu mit den Jeeps in das etwa 11km entfernte kleine Örtchen Bugembe vor den Toren Jinjas. Dabei überqueren wir auch den Victoria Nil, der ja hier bei Jinja entspringt. Aber das wirklich Wichtige dabei ist einer der kaum einen Kilometer voneinander entfernten Staudämme, das heißt beim Owen-Falls-Damm ist es eigentlich nur eine Staumauer, die 1954 fertig gestellt worden ist. Wasserkraft ist im Prinzip die einzige Art Strom im größeren Umfang in Uganda zu produzieren. Aber wie wir ja schon bei unserer ersten Nacht in Uganda feststellen konnten, ist die Stromversorgung eher unsicher. Dazu kommt, dass ohnehin nur 5% der Menschen überhaupt einen Stromanschluss haben, für die normale Bevölkerung ist es schlicht viel zu teuer. Auch unter ökologischen Gesichtspunkten sind die beiden Wasserkraftwerke hier nicht unumstritten. Denn es wird natürlich nur Strom produziert, wenn Wasser durch die Turbinen drückt, und so fällt der Pegel des Victoria See schon seit Jahrzehnten mehr oder weniger gleichmäßig. Zurzeit werden praktisch jedes Jahr neue Rekord Tiefstände gemessen. Aber auch mit den Staaten weiter Nilabwärts kommt es wegen der Wasserregulierung und auch Entnahme Ugandas immer wieder zu Spannungen. Und dann gibt es nur weitere 30km Flussabwärts den noch im Bau befindlichen dritten Staudamm, der das gleiche Wasser praktisch zum dritten Mal nutzt. Bei allen dreien ist es aber so, bzw. dürfte es so sein, das sie sehr viel weniger Energie produzieren, als man bei ihrer Planung annahm. Nichts desto trotz sind sie aber natürlich sehr wichtige Elemente der Infrastruktur Ugandas und werden deshalb auch durch das Militär bewacht. Wie wohl in den meisten Ländern insbesondere in Afrika ist das Fotografieren von militärischen Einrichtungen und solchen die vom öffentlichen Sicherheitsorgane bewacht werden verboten, ja man darf eigentlich nicht mal einen normalen Verkehrspolizisten ablichten.

So nun aber wirklich nach Bugembe, wo uns Augustin empfängt und uns durch seinen kleinen Ort führt. Zuerst sehen wir einen Teil unseres späteren Mittagessens, das bereits auf dem Hof vorbereitet wird. In einer etwas offeneren Ecke einer der Behausungen köchelt auch schon etwas auf dem offen kleinen  Feuer. Wobei man hier beim Kochen auch selbst gleich mal mit geräuchert wird. Vorbei an zwei angepflogten Ziegen gehen wir in Richtung des kleinen Gartens, der zu Augustins Gehöft gehört. Im Garten wachsen verschiedene  Pflanzen vermeintlich durcheinander. Beete oder dergleichen sucht man vergebens. Es gibt neben verschiedenen Sorten von Kartoffeln, rote Bananen – natürlich auch die gelben und grünen Varianten, Maniok, Chili, Passionsfrüchte, Ananas, Papaya, Jackfruit und noch so viel mehr, was ich mir mal wieder nicht alles merken konnte, aber mit den Früchten habe ich es ja ohnehin nicht so. Dazwischen sind auch noch zwei Truthähne und unzählige Hühner unterwegs, wobei mir schon nicht klar ist, wie man hier auseinander hält, wem welches Huhn gehört, denn sie alle bewegen sich frei umher, einzig die beiden Schweine sind in einem Pferch eingesperrt. Kosten können wir noch im Garten von frisch ausgezogenen Erdnüssen. Sie sind etwas größer, als die die man bei uns kaufen kann. Im Nachgang schmecken sie so frisch etwas nach Erbsen. Nur wenig weiter steht auch noch ein Strauch Hanf, der hier nur zu medizinischen Zwecken eingesetzt wird. Uns begegnet bei einem kleinen Rundgang durch das Dorf aber auch Vanille. Hier wird ein Bündel Vanilleschoten von etwa 8 bis 10 cm Durchmesser  um 8 US-$ gehandelt. Hier auch schon eine Menge Geld, aber bis die Vanilleschoten bis zu uns nach Europa kommen, werden sie noch ein gutes Stück teurer. Auf einem anderen Hof im Dorf wird gerade Hirse getrocknet, wir sehen aber auch noch Sojabohnen und natürlich Mais. Wobei dieser eigentlich schon weites gehend abgeerntet ist. Schon gestern auf unserer Bootsfahrt haben wir am Ufer einige Feuer gesehen, dabei wurden die trockenen Strunken des Mais verbrannt. So werden die Felder eben vor der Regenzeit auf die nächste Aussaat vorbereitet und dadurch eben gedünkt. Mais ist hier eines der beiden hauptsächlichen Nahrungsmittel, meist dann als Ugali, eine Art Maisbrei, der zwar praktisch nach nichts schmeckt aber eben sehr nahrhaft ist. Auch dazu hatte ich ja schon mal etwas am Kilimanjaro geschrieben. Das andere wesentliche Nahrungsmittel ist Maniok.  Ihn nutzt man praktisch in allen nur denkbaren Formen. Wobei es zum Beispiel kurz erhitzt als auch roh ebenfalls praktisch nach Nichts schmeckt, in der erhitzten Form erinnert er vielleicht noch am ehesten an rohe Kartoffelchips, wobei wir jetzt nur die Wurzeln gegessen haben.

Als Abschluss unserer kleinen Runde durch das Dorf kommen wir noch an der Schule vorbei. Auch hier fällt wieder auf, wie viele Kinder hier eigentlich sind. Der Ort scheint von seiner Ausdehnung jetzt nicht so riesig, wobei man sich da natürlich auch täuschen könnte, aber es sind auch eben viele Kinder. Wie schon auf Nsadzi Island fällt aber eben auch auf, das es sich ausschließlich um Kinder bis zum Alter von vielleicht maximal 10 Jahren handelt. Dabei gibt es in Uganda eigentlich eine Schulpflicht von mindestens 7 Jahren, wobei die Einschulquote je nach Quelle zwischen 90 und 98% liegen soll.  Jeder hat auch ein Anrecht auf eine Schulausbildung. Es ist aber nicht selbstverständlich, dass die Kinder auch wirklich 7 Jahre wirklich in die Schule gehen können. Viele müssen schon vorher zum Familieneinkommen beitragen oder auch zu Hause auf jüngere Geschwister aufpassen. Oft kommt es auch vor, das es sich die Familien schlicht nicht leisten können ihre Kinder in die Schule zu schicken. Die öffentlichen Schulen sind zwar kostenlos, es kommen aber oft noch Nebenkosten und auch eine Schuluniform dazu. Auch wenn insbesondere die Kinder auf der Insel oftmals in reichlich abgetragener Kleidung, die auch nicht immer gerade einheitlich ist, zu sehen waren. Hier in Bugembe haben die verschiedenen Jahrgänge ganz offensichtlich verschiedene Farben, auf dem Weg hierher sind wir an einer anderen Schule vorbei gekommen, in der alle Kinder die gleiche Uniform an hatten. Wer es sich leisten kann, schickt seine Kinder auch auf Privatschule, da das Unterrichtsniveau dort deutlich besser ist. Die öffentlichen Schulen erhalten vom Staat pro Kind etwa 9000 Schilling oder umgerechnet etwa 4 Euro pro Kind und Jahr für die Ausbildung (Zahlen von 2005). Damit lassen sich natürlich keine großen Sprünge machen. Und seit die öffentlichen Schulen keine weiteren Gebühren mehr erheben dürfen, sinkt leider auch das Bildungsniveau. Auch wenn die Schule über die bereits oben erwähnten Nebenkosten noch ein paar kleinen Nebeneinnahmen haben, reicht das Geld hinten und vorne nicht. Ein Lehrer an einer öffentlichen Schule verdient etwa 120000 Schilling im Monat, umgerechnet etwa 50 Euro. An privaten Schulen werden aber auch durchaus 200000 Schilling mehr gezahlt, was dann natürlich bedeutet, das die besseren und auch motivierteren Lehrer eben an die Privatschulen gehen. Bei beiden sind Klassengrößen von bis zu 100 Schülern dann aber keine Seltenheit. Noch ein paar Worte zu weiterführenden Schulen. Man kann nach der siebenjährigen Grundschule (elemtary school) weitere vier Jahre auf eine weiterführende Schule (secondary school) gehen. Wer dort erfolgreich eine Abschlussprüfung ablegt, ist berechtigt weitere zwei Jahre auf die weiterführende Schule zu gehen und dort einen Abschluss ähnlich unserem Abitur abzulegen, der dazu berechtigt sich bei einer Universität bewerben zu können.

Zurück von unserer kleinen Runde durch den Ort es ist auch schon Mittag, und wir werden eingeladen, einige traditionelle ugandische Gerichte zu probieren. Es gibt Erdnusssauce, eine Bohnensuppe, gestampfte Bananen, Süßkartoffeln, den schon oben erwähnten Maniok, Maisbrei, der hier Ugali in anderen Landesteilen Posho genannt wird, eine Art Kohl, der ein bisschen wie Grünkohl aussieht, und mir auch genauso gut schmeckt wie dieser – eben nicht, und etwas Fleisch. Insbesondere letzteres ist aber eher untypisch, da Fleisch für die meisten hier zu teuer ist, um häufiger welches zu essen. Wobei Schwein, Rind oder auch Ziege hier immer etwas zäh ist, da es keine Kühlhäuser gibt, wo dieses abhängen könnte. Huhn ist dafür meistens eher Haut und Knochen. Hier am Victoria See ist eher schon Fisch als Fleisch bei den einfachen Leuten auf dem Tisch. Wobei Fleisch, wenn es denn welches gibt, eher grob „portioniert“ wird, man muss also immer mit Knochen, manchmal auch nur kleinen Splitter, Knorpel und Sehnen rechnen. Allgemein kann auch gesagt werden, dass es sehr untypisch ist, soviele verschiedene Gerichte zu einer Mahlzeit zu essen, normalerweise gibt es eher maximal zwei davon. Vor der Mahlzeit wäscht man sich die Hände, wozu man uns heute auch etwas Wasser reicht, traditionell wird auch heute noch in sehr ländlichen Landesteilen oder bei den sehr Armen mit den Händen gegessen. Wir bekommen Besteck, was die Sache für uns deutlich leichter machen, denn zum Beispiel die Erdnusssauce etwa mit den dem Maisbrei aufzunehmen ist nicht so einfach wie man meinen sollte, wie ich aus Versuchen bei einer früheren Reise nach Tansania noch weiß.

Vielleicht noch ein kleiner Ausflug zu einer weiteren Regel in manchen Teilen Ugandas beim Essen. Man lebt in Uganda häufig in Großfamilien, in denen der Großvater das Oberhaupt ist. Unter ihm stehen die Väter, die vielleicht auch ein eigenes Haus haben, das sich dann aber oftmals auf dem Gehöft des Großvaters befindet. Wenn jetzt das Oberhaupt des Hauses aufhört zu essen, dürfen auch die anderen nicht mehr nachnehmen. In manchen Landesteilen sitzen sowohl die Frau als auch die Kinder dabei sogar auf der Erde, während das Familienoberhaupt am Tisch sitzt, wenn es denn einen gibt, was gerade bei den Ärmsten nicht unbedingt immer der Fall ist. Verschiedene Großfamilien gehören dann wieder einem Clan an, der ein Totem hat, meistens handelt es sich dabei um Tiere. Die nächste Stufe wären dann die Tripes, von denen es in Uganda zurzeit 59 gibt. Diese Hierarchie basiert auf der alten kulturellen Struktur, neben der heute noch eine politische existiert. Für viele Menschen in Uganda ist die kulturelle aber fast noch wichtiger. Paul, unser Fahrer am heutigen Tag, berichtete in dem Zusammenhang auch von ein paar Unterschieden zwischen den verschieden Landesteilen, was die Respektsbezeugungen innerhalb der Familien und Clans angeht, oder auch das die Kinder bereits mit ein paar Jahren im Prinzip alleine zu Hause zurück gelassen werden. Und wenn ältere Geschwister vorhanden sind, diese wie selbstverständlich auf die jüngeren aufpassen, oder auch eine Nachbarin ein Auge auf die Kleinen hat. Wichtig ist aber, dass sich die Geschwister auch untereinander erziehen, und Aufforderungen etwas zu tun oder zu lassen von den Eltern ohne jegliche Widerworte sofort Folge zu leisten ist. Und so ausgelassen die Kinder zuweilen unterwegs sind, so sieht man dann plötzlich auf eine kleine Andeutung hin sofort auch kleine Kinder ein entsprechendes Verhalten zeigen.

Paul erklärte uns auch was mit „Mazunga“ gemeint ist. Am Straßenrand hört man es zuweilen, gemeint sind damit einfach Menschen mit weißer bzw. heller Haut. Also zum Beispiel wir Europäer. Dabei ist das Wort kein Schimpfwort oder auch nur negativ besetzt wie bei uns etwa Neger. Schwarze heißen dann Mazingi. Und die Menschen in Uganda gehören auf jeden Fall zu den Menschen mit einer sehr dunklen Hautfarbe, so etwa auch Paul. Er stammt hier aus der Gegend um Jinja. Pete(r) , das „r“ klammere ich mal ein, weil sein Rufname eben Pete ist, er aber nach der Schreibweise eigentlich Peter heißt, kommt aus dem Norden von Uganda, und ist noch eine Spur dunkler. Nicht das hier ein falscher Zungenschlag aufkommt, ich halte es hier mit Paul, der uns erklärte, er wäre eben ein „Black People“ wie er es nannte, eben ein Schwarzer weil sein Haut eben eine „Spur“ dunkler ist wie unsere, die wir hier gerade sein Land besuchen dürfen, und damit ist es für ihn auch erledigt. Es geht dabei nicht um irgendeine Art von Diskriminierung.

Während wir zurück nach Jinja fahren, fallen die unzähligen kleinen Mopeds auf. An jeder Ecke stehen junge Männer mit ihren kleinen Maschinen herum, dabei handelt es sich um Motorbike Boda Bodas. Dabei handelt es sich praktisch um die hier üblichen Taxis für den Nahverkehr. Viele der kleinen Maschinen mit vielleicht 125ccm sind liebevoll verziert, oder haben eine besondere Farbkombination bei der Sitzbank, wobei Sitzbank schon das richtige Wort ist, es fahren meist bis zu drei Personen auf den kleinen Kisten, und dazu hält man dann noch irgendwelche Gegenstände in der Hand. Das praktisch alle ohne Helm fahren, ist dabei fast schon eine Selbstverständlichkeit. Interessant ist wieder, dass die Fahrer den Motor bereits kurz vor Erreichen des Ziels abstellen, schlicht um Benzin zu sparen, und lassen das Fahrzeug nur noch so ausrollen. Super kostet hier im Moment rund 3500 Schilling, umgerechnet ist das etwa 1,20 Euro, bei uns waren bei unserer Abreise etwa 1,55 Euro dafür fällig. Trotzdem ist das natürlich für die Einkommen hier ein horrender Preis, denn die Löhne sind hier natürlich viel niedriger als bei uns. Überhaupt gehen hier nur etwa 20% der Menschen im erwerbsfähigen Alter einer regelmäßigen Arbeit im Rahmen eines normalen Arbeitsverhältnisses nach. Die übrigen leben von ihrer kleinen Landwirtschaft, handeln etwas oder versuchen sich mit Gelegenheitsjobs  vielleicht zusammen mit einem kleinen Stück Land sich irgendwie über Wasser zu halten. Die vergleichbare Kaufkraft der Menschen in Uganda beträgt etwas mehr als 100 US$ pro Monat. Wobei ihr tatsächliches Einkommen kaum mehr als die Hälfte ausmacht, der Rest ergibt sich durch zum Teil deutlich geringere Preise für bestimmte Waren, wie wir auch auf dem Markt von Jinja feststellen, an dem wir inzwischen angekommen sind. Insbesondere alle erdenklichen lokalen Früchte sind hier für unser Preisgefühl zu einem Spottpreis zu haben. Es wird aber auch Fisch und Fleisch angeboten, auch wenn es völlig ungekühlt bei  etwa 30°C im Schatten der Stände hängt. Es gibt auch Kleidung, Schuhe und unzählige Gewürze. Es werden aber auch Dienstleistungen angeboten, so sind unzählige Näherrinnen zu finden, die auf ihren bereits gut eingelaufenen Maschinen versuchen etwas Geld zu verdienen. Als wir vor einer von ihnen stehen bleiben, und dabei wohl ziemlich unschlüssig aussehen, fragt sie uns ob wir ein Foto von ihr machen wollten. Was wir bejahen, auch wenn wir es ursprünglich eher auf ihre Maschine abgesehen hatten: ein alte Singer. Sie lachte laut los, und es entspann sich ein kurzer Wortschwall mit gestenreicher  Untermalung mit ihrer gegenüber sitzenden Kollegin, die aber sofort losprustend meinte, sie wollte auf keinen Fall mit auf das Bild. Als sich unserer Näherin etwas gesammelt hatte, machen wir unser Foto. Wir kamen noch in ein Gespräch, in dem sie meinte, dass ihre alte Maschine immer wieder den Faden abreißen würde. Aber er wäre eben nur eine alte chinesische, sie war übrigens schon mehr als ein halbes Jahrhundert alt. Als wir meinten, dass ihre Singer „Made in Germany“ sei, war sie doch ein wenig überrascht. Inzwischen weiß ich, wir lagen wohl beide falsch, Singer ist eigentlich eine amerikanische Firma. So ist das eben, wenn man glaubt klüger zu sein … Gut sagt immer noch nichts darüber aus, wo sie hergestellt worden ist, aber die Garantiezeit ist auf jeden Fall lange abgelaufen, und jetzt steht sie eben mehr oder weniger draußen auf dem Markt von Jinja, lediglich  von einem kleinen Holzdach geschützt.

Wir gehen schließlich vom Markt zur Post um ein paar Briefmarken für Postkarten zu kaufen. Unterwegs kommen wir an ein paar Baustellen vorbei. Ich sage mal so, über die Art und Weise wir man hier ein Gerüst baut, würde bei uns schon keiner mehr lachen, und auch das Einschalen bzw. Abstützen einer Geschossdecke sieht hier etwas anders aus. Aber wir wollen ja auch nur ein paar Briefmarken kaufen. Sie kosten 1700 Schilling also umgerechnet etwa 60 Eurocent. Weiter geht es zu Fuß nur noch über die Straße. Da stehen einige andere öffentliche Verkehrsmittel für uns bereit, nein kein Bus sondern Fahrradtaxis, die hier Boda Bodas heißen. Sie sind hier das billigste Verkehrsmittel für die einfachen Leute überhaupt und für uns eher eine Gaudi. Auch wenn ich ein bisschen Probleme habe, meine Beine unter zu bringen. Auf dem Gepäckträger ist eine etwas breite Sitzgelegenheit angebracht, und als Verlängerung der Narbe des Hinterrads sind ein paar etwa sieben oder acht Zentimeter lange Metallstummel angeschweißt worden – meine Fußrasten. Zum Festhalten bleibt nur die Stange vom Sattel meines Fahrers. Aber mit ihm tauschen möchte ich auch nicht, es geht zuerst mal mächtig einen Berg rauf, da hat er ordentlich zu schnaufen, obwohl er sicherlich fitter ist, als ich es bin. Bergab mache ich mir ein bisschen Sorgen, er nutzt den mühsam erarbeiteten Schwung auf der Abfahrt voll aus. Bei der Fahrt durch einen kleinen Kreisel mit den hier üblichen tiefen Schlaglöchern in der Fahrbahn denke ich lieber nicht weiter darüber nach, ob es eigentlich gut ist, das da allerhand feiner Sand zwischen den Löchern auf der Straße liegt, in dem man wohl nur zu leicht „abschmirgelt“. Aber er hat alles im Griff und wir kommen schnell und sicher an unserem Ziel an. Auch wenn es meiner wie auch die meisten anderen Fahrer etwas leichter hätten, wenn sie ihre Reifen richtig aufpumpen würden. Das fällt mir aber auch erst auf, als wir längst abgestiegen sind.

Abschluss unseres Tages heute soll eine kleine weitere Bootsfahrt werden. Wir wollen zur Quelle des Nils fahren, wobei man wohl genauer sagen müsste zur Quelle des Weißen Nils. Dieser Teil des Nils wird auch als Victoria Nil bezeichnet. Er entspringt am Ausfluss des Victoria Sees. Wobei etwa 75% des Wassers aus einer hier vorhandenen Quelle stammen und nur 25% wirklich aus dem Victoria See abfließen. Genau genommen ist hier eher vor etwa 12000 Jahren der Victoria See übergelaufen und hat sich so mit dem Weißen Nil vereinigt. Der Victoria See wird durch den Kagera Nil gespeist, der seinen Ursprung in zwei Flüssen hat, die aus Ruanda bzw. Burundi kommen, letzterer wird als längster Quellfluss des Nils angesehen, was ihm zu einer Gesamtlänge von 6852km verhilft. Andere Angaben sprechen auch von einer Länge von nur 6671km, das hängt einfach von der Definition der Quelle ab. Von hier wo der Weiße Nil entspringt, was sich durch unzählige Strudel und Strömungen auch an der Wasseroberfläche zeigt, sind es jedenfalls noch rund 5960km bis zum Mittelmeer. Auf dem Weg dorthin vereint er sich noch mit dem Blauen Nil, der zwar deutlich kürzer ist als der Weiße Nil, aber dafür ist er verantwortlich für den fruchtbaren Nilschlamm, den der Blaue Nil zur Regenzeit mit sich führt, nicht zuletzt weil er dann gewaltig anschwillt, dann führt er etwa die fünffache Menge an Wasser wie der Weiße Nil, der aber zu normalen Zeiten etwa die 1,8fache Menge Wasser führt. Noch ein paar Dinge zum Nil, er ist der längst Fluss der Welt, also auch länger als der Amazonas und durchquert als einziger Fluss der Welt den subtropischen Trockenheitsgürtel, in seinem Fall eben die Sahara. Das und verschiedene Wasserentnahmen durch den Menschen sorgen dann aber dafür, das von den etwa 2700cbm Wasser, die am Mittellauf pro Sekunde fließen, nur gut die Hälfte überhaupt das Nil-Delta erreichen, und das Mittelmeer dann nur noch bescheidene 140cbm pro Sekunde. Für die Strecke von der Quelle des Victoria Nils bis zur Mündung braucht das Wasser übrigens noch rund 3 Monate, bis zu unserem Camp sind es von hier mit dem Boot nur noch fünf Minuten. An diesem Teil des Nils kann man unzählige Vögel am Ufer beobachten. So gibt es viele Kormorane oder Ibisse, oder auch so bunte Vögel wie den Senegalliest. Überhaupt gilt Uganda als Paradies für Ornithologen, aber davon konnten wir uns ja auch schon vor ein paar Tagen in den Mabamba Sümpfen überzeugen. Und ab morgen geht es dann in Richtung der etwas dünner besiedelten Teile des Landes, und auch weg von den warmen Duschen, damit wird es ab morgen dann wohl auch für ein paar Tage vorbei sein.