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10. Reisetag         Reine - 20.11.2022

 

Für uns geht es heute zurück zu den Lofoten, geologisch gesehen, übrigens einem der ältesten Teile von Norwegen, auch wenn die Inselkette der heutigen Küstenlinie ein bisschen vorgelagert ist, sind die Küstengebirge sehr viel jünger. Letztere sind etwa 400-500 Millionen Jahre, die Lofoten aber um etwa 3,2 Milliarden Jahre. Damit gehören sie auch weltweit zu den „alten Sachen“. Da die Lofoten weiter südlich liegen, sind auch die Sonnenstunden noch ein bisschen mehr. Der Sonnenaufgang soll 9:45 Uhr sein, und der Sonnenuntergang dann um 13:56 Uhr. Und was soll ich sagen, wir können die Sonne auch heute wieder ihren ganzen Arbeitstag sehen – unglaublich, wir sind bereits 10 Tage unterwegs, und hatten noch keinerlei Regen. Und auch die See ist für die Jahreszeit sehr ruhig.

Ich mache heute eine, wenn auch sehr abgespeckte Variante von einer norwegischen Lebenseinstellung, eigentlich fast schon einer Lebensanschauung: Friluftsliv. Es geht dabei einfach um das Draußen sein. In der reinen Form sich in der Natur zu bewegen, nicht zwangsläufig schon mit einem festen Ziel, irgendwo ein kleines Feuer machen, und dort etwas essen, und sich einfach an der Natur zu freuen. Überhaupt sind die Norweger sehr mit der Natur verbunden. Meine zugegeben extreme Lightversion ist: Ich habe mich zur Wanderung angemeldet. In fast allen Orten, an denen wir Station machen, wird auch eine Wanderung angeboten. Leider ist das nicht immer so einfach mit anderen Aktivitäten zu kombinieren. Und dann habe ich bisher immer auf die Wanderung verzichtet. Es geht von unserem Anlegepunkt in Reine mit dem Bus noch etwa 15 Minuten zum eigentlichen Startpunkt. Wir wandern zum Stuvdalsvatnet, einem kleinen See. Die Eckdaten zur vorab Info waren ca. 150 Höhenmeter, eine Strecke von 3,7 Kilometer, und eine Dauer von insgesamt etwa 3 Stunden. Wie man daran schon sehen kann, ist das nicht so anspruchsvoll, was auch für die meisten anderen Wandertouren gilt, die angeboten werden. Da es in der letzten Nacht gefroren hat, sind die Steine teilweise ein bisschen schlüpfrig, und hier und da gibt es auch ein paar gefrorene Passagen. Es geht über die gesamte Strecke mäßig bergauf, vorbei an einen natürlichen See, aus dem für das unterhalb gelegene Fischerdorf auch das Trinkwasser gewonnen wird. Entsprechen sind in dem See jegliche motorisierte Aktivität und selbst das Schwimmen verboten. Aber ich würde mal sagen, dafür ist das Wasser die meiste Zeit im Jahr ohnehin eindeutig zu kalt. Für uns geht es noch ein bisschen weiter hoch, bis über eine kleine kaum 2m lange Brücke, über eine der zahlreichen Quellen, die den Trinkwassersee speisen. Als wir dort angekommen sind, kommt auch langsam die Sonne soweit hoch, dass ein Teil der umgebenen Berge angeschienen wird, und scheinbar zu leuchten beginnen. Dort gibt es auf Wunsch Tee, Kaffee und ein bisschen Schokolade. Ich trinke ein bisschen von meinem Wasser, und bin froh, vorhin im Bus gleich noch eine Jacke ausgezogen zu haben. Es ist zwar nur knapp über dem Gefrierpunkt, insbesondere im Schatten, aber ich hatte eindeutig zu viel an. Von dem Rastplatz geht es dann auch auf dem gleichen Weg zurück zu unserem Bus. Für die Wanderungen werden von Hurtigruten Wanderstöcke, in verschiedenen Längen aber nicht verstellbar, und Spikes für das Gelände kostenlos angeboten. Auf die Wanderstöcke habe ich verzichtet, die Spikes wurde dringend empfohlen mitzunehmen, habe ich wie die meisten anderen aber nicht gebraucht. Die Wandergruppen sind auf 30 – 40 Teilnehmer, je nach Tour limitiert. Aber auch das ist dann schon eine ziemlich lange Karawane, mit sehr unterschiedlichen Trittsicherheiten und Kondition der Teilnehmer, und der Anbieter ist natürlich sehr darauf bedacht, dass es für alle zu schaffen ist, und vor allem niemand zu Schaden kommt. In der Werteskala von Hurtigruten war die heutige Tour eine Level 3.

Da wir auf der Wanderung gut in der Zeit geblieben sind, fahren auch wir noch in ein kleines Fischerdorf-Museum, das heute der inkludierte Ausflug für bis zu 4 Stunden war. Ich will es mal so sagen, dann hätte man auch so ziemlich jedes Exponat persönlich begrüßt. In Å, ja der Ortsname ist tatsächlich so kurz und wird etwa wie das deutsche „Öh“ ausgesprochen, stehen die roten Fischerhäuschen direkt am Meer. Wobei die meisten von den historischen längst als Übernachtungsmöglichkeit quasi im Museums-Dorf angeboten werden. Wobei das Inventar der kleinen Häuschen dafür natürlich auf den aktuellen Stand gebracht worden ist, vermute ich mal, zumindest gibt es draußen eine Wallbox zum Laden von E-Autos. Uns bleibt nur eine gute halbe Stunde für ein paar Fotos, aber im Prinzip reicht mir das auch. Und damit geht es dann auch wieder direkt zurück zum Schiff. Ich mache noch schnell ein paar Bilder von der MS Otto Sverdrup vor der traumhaften Kulisse der Lofoten. Mit mir haben noch ein paar andere Wanderer diesen Einfall, und kurz nach uns, wird auch die Gangway wieder eingeklappt, und wir verlassen die Lofoten wieder. Wobei Reine bzw. Å schon fast am äußeren Ende der Inselkette liegt. Unser Kapitän ändert noch ein bisschen die Route, und fährt noch ein kurzes Stück an den teilweise steil in den Himmel ragenden Bergen entlang, bis die Sonne untergeht, was dann auch nicht mehr so lange dauert. Aber trotzdem eine imposante Kulisse. Danach drehen wir dann wieder in Richtung Südosten, um wieder dichter an die Küste zu kommen, die man übrigens wegen des sehr klaren Wetters auch auf unserer Wanderung meist sehen konnte, obwohl wir fast 70 Kilometer entfernt waren.

Die Lofoten sind nicht nur für die steil aufragenden Felsen bekannt, sondern auch wegen ihres Fischreichtums. Überhaupt ist die Fischerei von je Teil der norwegischen Identität, schon bei den Wikingern erlaubte es der Stockfisch sehr weite Strecken auf dem Meer zurücklegen zu können, und sich trotzdem mit nahrhafter und haltbarer Nahrung zu versorgen. Und die Gegend um die Lofoten ist für viele Fisch die Kinderstube, so kommen hier jedes Jahr unzählige Kabeljau auf die Welt. Auch Dorsch ist ein großes Thema für die Fischer. Insgesamt werden in Norwegen jedes Jahr 3,5 Millionen Tonnen Fisch gefangen. Davon kommen allerdings auch etwa 40% aus Aquakulturen, in denen zur Hauptsache Lachs gezogen wird. Die Aquakulturen sind in der Welt durchaus strittig, und auch nicht frei von ungünstigen Nebenwirkungen was den Sauerstoffgehalt und etwa dem Einbringen von Fischfutter in die Weltmeere angeht. Auch wir haben vor allem im Süden von Norwegen aber nicht nur da auch zahlreiche Fischfarmen gesehen. In ihnen wird vor allem Lachs gezüchtet. Dafür werden große Netzkäfige am Meeresboden befestigt. Wichtig ist dabei, dass diese Netzkäfige ständig von frischem Wasser mit Sauerstoff durchströmt werden. Daher besteht die erste Schwierigkeit einen entsprechenden Standort zu finden, und dann dafür auch eine Lizenz für die Lachszucht zu bekommen. Meist sind mehrere dieser Käfige in unmittelbarer Nähe zueinander zu finden, die dann von einer Station überwacht, aber auch die Fütterung gesteuert wird. Das Futter besteht zum überwiegenden Teil aus Soja und Getreide. Außerdem wird Fischmehl aber auch Vitamine zugesetzt. Eigentlich sind Lachse Raubfische, die ihre Farbe über die natürliche Nahrung aufnehmen. Da Zuchtlachse logischerweise nicht mehr jagen, bekommen sie ihre rosa Farbe über synthetische Farbstoffe. Teil des Problems ist dann, dass bis zu 100.000 Lachse in jedem dieser Netzkäfige sind, die logischerweise eine Menge Fäkalien fallen lassen, dazu fällt noch ein geringer Teil des Fischfutters auf den Boden. Das sorgt dann dafür, dass es am Meeresboden unterhalb der Netzkäfige ein enormes Algenwachstum gibt, das alles andere Leben dort verdrängen. Das übrige Leben im und am Meeresboden stirbt ab. Deshalb müssen die Netzkäfige nach der Entnahme der Lachse meist auch den Standort wechseln, um dem Meeresboden zumindest die Chance zu einer gewissen Erholung zu geben. Ein anderes Problem ist, dass die Netze mit entsprechenden Mitteln behandelt werden müssen, damit sich dort nichts ansiedelt, und damit die Menge des Wasserdurchflusses und entsprechend auch die Zufuhr von Sauerstoff reduzieren würden. Auch diese Stoffe werden mit der Zeit aus den Netzen ausgeschwemmt, und gelangen so in Meerwasser. Ein bis heute nicht befriedigend gelöstes Problem sind die Lachsläuse, winzig kleine Krebse, die sich an den Lachsen festbeißen und sich dann langsam hineinfressen. Weder chemische Mittel noch sogenannte Putzfische konnten diesen Parasiten bisher ausreichend zusetzten. Die gab es auch an freilebenden Lachsen, mit der Massenhaltung sind aber auch die Bestände an Lachsläusen explodiert. Und die machen keinen Unterschied zwischen den Zuchtlachsen in den Netzkäfigen, und den freilebenden Lachsen in den Fjorden. Was dann zu einer weiteren Dezimierung des Naturlachsen führte. Deren Bestand in Norwegen hat sich in den letzten 35 Jahren auf etwa 530.000 Exemplare halbiert, im Gegensatz dazu gibt es alleine in Norwegen ca. 400 Millionen Zuchtlachse, die dazu noch nach nur 18 Monaten Schlachtreif sind. Daraus entsteht dann eine Lachsproduktion von etwa 1,2 Millionen Tonnen im Jahr. Auch in Norwegen gibt es zunehmend kritische Stimmen zu der Massenzucht von Lachsen vor der Küste. So experimentiert man inzwischen mit ersten Netzkäfigen weiter draußen im Meer, was vermutlich nur zu einer stärkeren Verteilung z.B. der Fäkalien führen wird, aber das Problem nicht grundsätzlich lösen wird. Außerdem ist dort die Befestigung der Netzkäfige sehr schwierig bzw. teuer. Auf der anderen Seite denkt man über Zuchtanlagen an Land nach. Dafür müssen aber teure Zuchtanlagen gebaut werden, und der Wasserkreislauf geregelt werden, was sehr energieintensiv und damit teuer ist. Wobei kleine Lachse nach dem Schlüpfen zunächst im Süßwasser leben, und auch heute werden die kleinen Zuchtlachse bis zu einem Gewicht von etwa 100gr an Land gezogen. Und erst dann gehen sie ins Salzwasser. Die Größe der Zuchtlachse ist auch ein schwieriger Punkt bei den Netzkäfigen. Sind die Maschen zu groß, entkommen die jungen Lachse. Sind sie zu kleinmaschig, lässt die Durchflussmenge an Meerwasser und damit Sauerstoff nach. Bei den kompletten Zuchtanlagen an Land hat man dann Bedenken, dass die höheren Kosten überhaupt nicht wieder reinkommen würden, zumal es mindestens anfangs natürlich die Zuchtanlagen in den Fjorden mit deutlich günstigeren Produktionskosten gleichzeitig geben würde.

In Norwegen wird der größte Teil der Fische aber nach wie vor in offener See gefangen. Wobei es in Norwegen aber auch zahlreiche kritische Stimmen etwa zu spanischen und portugiesischen Trawlern gibt, die sich angeblich nicht an die Regeln halten, und auch illegal Fisch in den norwegischen Gewässern fangen. Wie weit das stimmt, oder vielleicht auch nicht, kann ich nicht ansatzweise nachvollziehen. Aber dass die Norweger beim Fischfang, der auch immerhin lange die wichtigste Einnahmequelle des Landes war, empfindlich sind, wird schnell klar. Viele Norweger sagen übrigens auch, sie könnten niemals in die EU gehen, weil sonst die andern EU-Länder ihre Fischgründe leer fischen würden. Aber warum gibt es überhaupt so viel Fisch vor Norwegen. Da ist zunächst mal die lange Küste, alleine die Küstenline des Festlandes ist etwa 29.000 km lang, nimmt man die Inseln vor der Küste hinzu, kommt man auch annähernd 100.000 Kilometer. Wenn man die ganzen Verschlingungen weglassen würde, wäre die Küstenline immer noch rund 2500 Kilometer lang. Aber warum gibt es jetzt so viele Fische? Vor der Küste Norwegens verläuft der Golfstrom. Dabei kühlt sich das Wasser aufgrund der geografischen Nähe zum Nordpol deutlich ab, und sinkt zum Meeresboden ab. Gleichzeitig gibt es kalte Meeresströmungen, die von Grönland herüberkommen. Dadurch kommt es in großen Tiefen zu Verwirbelungen, die wiederum den Meeresboden aufwirbeln und Nährstoff in höhere Wasserschichten transportieren. Diese bilden die Nahrungsgrundlage von Kleinstlebewesen wie Plankton. Plankton gibt es übrigens in einer unzähligen Vielfalt, gemein ist Plankton nur, dass er nur mit der Strömung schwimmen kann. Plankton ist dann wieder die Nahrungsquelle von Fischen, die auch wieder die Nahrungsquelle von größeren Fischen sind. Wobei auch die größten Lebewesen auf unserem Planeten – die Wale – sich teilweise von Plankton also winzig kleinen Lebewesen ernähren. Dazu kommen in Norwegen noch die unzähligen teilweise sehr tiefen Fjorde, die zwar mit Meerwasser gefüllt sind, aber aufgrund der norwegischen Küste relativ geschützt liegen, und für zahlreiche Fische idealer Kinderstuben abgeben. Dazu ist das Wasser insbesondere in den Fjorden sehr sauber, man kann zuweilen viele Meter bis auf den Grund durch absolut klares Wasser sehen. So sind auch viele Norweger mit der Angel unterwegs, das gehört quasi zu den häufigen Hobbys. Noch dazu leben 80% aller Norweger nicht weiter als 10 Kilometer Luftlinie vom Meer entfernt. Und doch ist das Angeln, anders als etwa das freie Campen, streng limitiert. Für illegales Fischen gibt es empfindliche Strafen, und im gewerbsmäßigen Fall kann das nach einer Gesetzesverschärfung im Jahre 2021 sogar mit bis zu 5 Jahren Gefängnis bestraft werden.

Aber zurück zu unserem Tag. Am Nachmittag werden wieder verschiedene Vorträge angeboten, das Wissenschaftsteam stellt die Ergebnisse ihrer Meeresproben vom Vormittag vor. Und es werden Aufnahmen eines kleinen Unterwasserboots gezeigt, und erklärt was man sieht, und zu welchen Familien die Exemplare gehören. Eigentlich ziemlich spannend, nur habe ich leider bisher so gar keine Ahnung davon. Von daher kann ich mir vieles leider nur schlecht merken. Am Abend nach dem Abendessen bekommen wir, kurz bevor wir über den Polarkreis fahren, noch einmal wieder Polarlichter zu sehen. Und wieder ist der Himmel komplett wolkenlos. Im Vorfeld hatte ich, wie viele andere Mitreisende, darauf gehofft, überhaupt welche sehen zu können, und jetzt zeigen die sich praktisch täglich am Himmel – ein Wahnsinn. Und wenn es welche am späteren Abend gibt, werden die nicht mal mehr durchgegeben. Ansonsten werden solche Durchsagen über die auf dem ganzen Schiff verteilten Lautsprecher, aber auch über die Telefone auf den Kabinen durchgegeben. Wobei die Telefonansagen immer ein paar Sekunden zeitverzögert sind.