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13.02.2010      14. Reisetag - Mweka Gate (Kilimanjaro)

Heute gönnen wir uns wieder mehr oder weniger auszuschlafen. Um 7.30 Uhr ist offizielles Wecken, um 8.45 Uhr geht es dann los. Unsere heutige Strecke sind noch mal rund 1450 Höhenmeter, oder 3-4 Stunden als normale Gehzeit für 10 km Wegstrecke. Vielleicht noch eine kleine Anmerkung zum Essen von gestern Abend, es gab ein traditionelles tansanisches Reisgericht. Darin enthalten war „frisches“ Rindfleisch, das ein Porter gestern von unten angeliefert hat, als er uns praktisch auf der Mweka Route entgegen gekommen ist. Die Anzahl der Porter ist damit auf 18 angewachsen. Bei sechs zahlenden Gästen, kommen wir damit bereits auf ein Verhältnis von 3:1, dazu kommen noch Guide und Hilfsguide. Also insgesamt sorgen 20 Personen für unser Wohl.

Das Mweka Camp, das wir jetzt verlassen, liegt noch im Hochmoor, so ist der Boden eine Mischung aus Moor und Waldboden. Heute erreichen wir aber schon nach kurzer Zeit die Baumgrenze, damit wird es dann immer mehr zu weichem Waldboden. Auch wenn der Pfad natürlich verdichtet worden ist und auch zahlreiche Treppenstufen angelegt worden sind, so ist es heute doch sehr viel gelenkschonender als gestern auf dem Steinen. Safiri, oder eigentlich heißt er ja MSafiri, was soviel wie „der Reisende“ bedeutet, legt auch heute wieder auf den Gefällestücken ein ziemlich flottes Tempo an den Tag. Überhaupt ist es unglaublich mit welcher Leichtigkeit er und vor allem die Porter abwärts stürmen. Je tiefer wir kommen, desto schlüpfriger wird der Weg. Das veranlasst sie aber noch lange nicht, ein bisschen Tempo raus zu nehmen. Dazu vielleicht noch eine Zahl, wir haben für die Abstieg heute 2 Stunden gebraucht, Regelzeit wie gesagt 3-4 Stunden, trotzdem haben uns zahlreiche Porter unterwegs noch locker überholt. Auffällig ist aber, dass die Porter unterwegs praktisch niemals miteinander schwatzen, abends dann aber endlose Gespräche miteinander führen. Da fragt man sich schon, was die noch zu bereden haben, schließlich leben sie tagelang zusammen, kommen in der Saison oft nur einen Tag zu ihren Familien, und sind dann wieder zusammen unterwegs. Insgesamt konnten wir an unseren sieben Tagen am Kilimanjaro nur drei Porter überholen und auch dauerhaft hinter uns lassen, gefühlt sind wir aber von 100000 überholt worden. Und wie ja schon gesagt, wir tragen nur den Tagesrucksack, und sie neben dem eigenen Gepäck eine Last von zusätzlichen 20kg. Das zeigt schon welche ungeheure Leistung sie erbringen. Und die normale Bezahlung dafür ist für unsere Verhältnisse mehr als beschämend. So bekommt der Koch unserer Crew für die sieben Tage am Kilimanjaro 40000 TSH, dazu kommt dann noch das Trinkgeld. Noch mal zur Verdeutlichung die 40000TSH entsprechen einem Tagesverdienst von rund 3,20 Euro. Und das für jemanden, der schon eine gehobene Stellung im Team hat. Das am Gesamtendgeld für das Team nicht unwesentliche Trinkgeld wird nach einem nicht festgelegten Schlüssel vom Guide verteilt. Wobei der Guide wohl den Löwenanteil einstecken dürfte. Und trotz allem wird die Arbeit eines Porters, die natürlich nur auf Anforderung anfällt, und bei der es auch keinerlei Ausgleich in der Regenzeit gibt, landestypisch insgesamt gut bezahlt und ist begehrt. So sind im Team von Safiri eigentlich nur Verwandte oder Freunde von ihm. Und für die Porter hängt eine Teilnahme an der nächsten Tour von der Anzahl der Gäste und vor allem von Safiri ab. So ist er auch der uneingeschränkte Chef im Team. Der zweite Mann in seinem Team ist klar James, der Hilfsguide. Die beiden Teilen sich auch ein Zelt, wie uns eins zur Verfügung gestellt wird. Alle anderen schlafen in einem Gemeinschaftszelt, in dem auch gekocht wird. Vielleicht noch zwei Begebenheiten auf unserer Kilimanjaro-Tour, die die Hierarchie verdeutlichen. An einem Abend war der Salzstreuer leer geworden, einer von uns bat diesen doch für den nächsten Tag wieder aufzufüllen. Daraufhin rief Safiri Richard, der gerade zum Hilfsguide ausgebildet werden soll. Er erschien auch im Laufschritt, ihm wurde der „Befehl“ erteilt, das Salz aufzufüllen. Er verschwand wieder im Laufschritt um augenblicklich mit dem Salz wieder zu erscheinen. Dass wir unsere Mahlzeit schon vorher beendet hatten, und Safiri nur zur Besprechung des nächsten Tages bei uns war, spielte überhaupt keine Rolle. Ein anderes Mal „bat“ Safiri James um seinen Tabakbeutel, James sprang praktisch auf, um ihn eilends zu holen und wortlos zu übergeben. Wenn Safiri ein normales Gespräch mit einem seiner Leute führt ist seine Stimme weich und in normaler Lautstärke, aber seine Befehle werden im Kasernenton raus geschrien. Die sind in keiner Weise diskussionsfähig. Safiri selbst bekommt von Afromaxx als Veranstalter einen festen Satz für die Tour, wie er dann seine eigene Kalkulation aufstellt ist seine Sache. Die Zelte stammen dabei von Afromaxx, zumindest bei Safiri gehören die Küchengegenstände aber schon ihm. Eigentlich ist Safiri Lehrer, hat den Job aber an den Nagel gehängt, weil er hier einfach mehr verdient. Wobei natürlich niemand als Guide anfängt. Los geht es als Porter, dann kann man irgendwann Hilfsguide und anschließend Guide werden. Safiri hat zum Beispiel bereits mit uns seine 117te erfolgreiche Kilimanjaro Besteigung durchgeführt. Das zeigt auch schon wie oft sie in der Saison rauf gehen. In der Regenzeit werden sie von staatlichen Stellen unterrichtet, um weiter als Guide arbeiten zu dürfen. Darüber hinaus lernt Safiri in der Regenzeit noch Deutsch, da er nur noch für Afromaxx arbeitet, und hier die Gäste nahezu komplett deutschsprachig sind. Dabei versteht er bereits sehr gut deutsch und spricht es auch schon recht gut, jedenfalls wahrscheinlich besser als ich englisch. Vielleicht kann ich auch gleich noch etwas zu den Namen hier sagen. Ich hatte ja schon gesagt, das Safiri eigentlich MSafiri heißt. Safiri wurde vor 39 Jahren in einem Zug geboren, daher bekam er den Namen Safiri – Reisender, das führende „M“ erweitert die Bedeutung dann auf „der Reisende“. Wobei die meisten hier mehrere Namen haben. James benutzt etwas seinen christlichen Taufnamen. Eigentlich heißt er Eror und sein Clan PankPank.

So nun aber zurück zu unseren letzten Metern am Kilimanjaro. Am Gate sind schließlich die letzten formalen Dinge zu klären. Wir tragen uns wieder in eines der dicken Bücher ein. Unter anderem wird dabei die Passnummer abgefragt. Beim Start am Londorossi Camp habe ich eine Phantasienummer eingetragen, hier nehme ich zur Abwechslung mal die richtige. Außerdem möchte man noch wissen, welche Zeit man für seine Ankunftszeit am Gipfel hält, und welcher Gipfel, Uhuru, Stella Point oder Gillmans Point, es überhaupt war. Wie man dann, wie in meinem Fall, wieder runter gekommen ist, interessiert hier keinen. Safiri enthält dann dafür eine entsprechende Anzahl Urkunden ausgehändigt, die er dann später selbst ausfüllt. Ob das nun normal ist, oder nur bei uns so war, kann ich aber nicht sagen. Am Mt. Meru wurde die Urkunde immerhin noch von einem Ranger ausgefüllt.

Aber ich schweife schon wieder ab. Wir verlassen das Gate mit einem DalaDala. Die Beinfreiheit ist sagen wir mal etwas knapp bemessen. Ich hoffe nur, dass niemals ein Verantwortlicher der Lufthansa damit fährt und erkennt, dass die Sitze im Flugzeug noch ein gutes Stück zusammen geschoben werden könnten. Ich bin froh, dass in unserem nur wir sechs Gäste, James, der Fahrer und sein Helfer, der das Zusteigen und Bezahlen regelt, sitzen. So kann ich meine Beine ein bisschen in den Gang schieben. Außerdem haben wir noch unser eigenes Gepäck dabei, ansonsten sind in dem Gefährt 17 Sitze und dann noch ein Notsitz für den Helfer, aber bei einer normalen Fahrt hängt der ohnehin die meiste Zeit mit seinem Oberkörper aus der Seitenscheibe der Schiebetür, um neue Fahrgäste aufzulesen. Am Abend sollte ein anderer Gast im Basecamp davon berichten, das bei einem DalaDala, mit dem sie unterwegs war, während der Fahrt die Seitentür heraus gefallen ist. Dabei stellte der Fahrer erst nach kurzem ambulanten Reparaturversuch, der aber nicht erfolgreich war, den Motor ab. Überhaupt zeichnen sich die etwa VW-Bus großen Fahrzeuge durch eine aggressive Fahrweise mit einer etwas freien Auslegung der Verkehrsregeln aus. Gleichzeitig wickeln sie aber den gesamten mehr oder weniger öffentlichen Nachverkehr ab. Am Wegesrand hinter dem Gate bis praktisch in den Ort gibt es hier übrigens eine große Kaffee-Plantage, die mit dem deutschen Großröster Tchibo verbandelt ist.

Im Basecamp angekommen, gab es für uns erst einmal eine richtige Dusche, die erste nach sieben Tagen. Etwa eine Stunde nach unserer Rückkehr gehen wir mit Safiri und begleitet von James und einem weiteren Porter zu einer lokalen Küche, als Restaurant kann man es wohl kaum bezeichnen. Nicht weit vom Basecamp entfernt, biegen wir dazu in eine kleine Seitengasse ab, um dort durch eine unscheinbare Metalltür, die Teil eines Tores ist, auf einen Innenhof zu gelangen. Von außen sieht man kein Plakat oder Anschlag, das auf den Innenhof hinweist. Im Innenhof sitzen wir unter einem Benjamin, was in Deutschland kaum mehr als ein mehr oder weniger kümmerliches Gewächs ist, hat hier locker die Dimension eines großen Obstbaums. Hier treffen wir ein letztes Mal unsere Helfer der Bergtouren. Ein kleiner Teil war auch schon am Mt. Meru dabei. Alle anderen zumindest am Kilimanjaro. Das heißt, der zusätzliche Porter vom Londorossi Gate ist längst verschwunden. Wobei man sie alle nur „zufällig“ unterwegs gesehen hat. Es gibt dabei eine unüberbrückbare Hürde zwischen den Tansaniern bzw. den Portern und uns. Das liegt sicherlich zumeist an der sprachlichen Barriere, sie sprechen oft kein bzw. kaum Englisch, und wir auch jetzt kaum mehr als 20 Worte Suaheli. Aber auch andere Porter begegneten uns unterwegs und in den Camps fast schon mit Demut. Dabei sind sie die eigentlichen Helden des Kilimanjaro und nicht die Touristen, die für ein blödes völlig nutzloses Diplom den Berg rauf hecheln, es sieht nicht mal wirklich schön aus. Praktisch jede Gruppe hat ein kleines Radio dabei, dadurch hört man sie unterwegs manchmal schon lange bevor sie auflaufen. Wenn sie dann aber Gäste sehen, wird das Radio sehr leise gedreht oder sogar ausgestellt. Ähnlich verhält es sich mit dem Rauchen. Die meisten von ihnen rauchen, aber wir Gäste kriegen das nie zu sehen. Ich habe nur Safiri einmal rauchen sehen, als er sich von James den Tabak bringen lassen hat. Ansonsten nie auch nicht einen Porter einer anderen Gruppe.

Heute essen wir alle zusammen ein traditionelles lokales Essen. Ugali, jene Art Maisbrei, den unsere Helfer auch am Berg essen, dazu Ziegenfleisch mit einer Chilisauce und Salz, und dazu ein paar Scheiben Gurken und Tomaten. Das Essen beginnt und endet mit einer symbolischen Waschung der Hände. Das Essen selbst wird in Schalen auf dem Tisch gereicht. Daraus bedienen wir uns dann alle mit den Fingern. Dabei fällt auf, das die Einheimischen, wie es im Islam Gebot ist, nur mit der rechten Hand essen. Dabei sind die meisten hier auch christlich getauft. Auch Safiri, der eigentlich Linkshänder ist, isst mit Rechts. Auffallend ist auch, dass es praktisch keine Reste gibt. Für unsere Verhältnisse waren die Portionen reichlich bemessen, zumal insbesondere das Ugali sehr nahrhaft und auch sättigend ist, aber es findet sich offensichtlich immer ein Magen, der noch etwas aufnehmen kann. Ansonsten an den Bergen scheinen die Porter nur zweimal am Tage etwas zu Essen. Wobei die als Vorspeise vor ihrem Ugali noch verputzen, was bei uns übrig geblieben ist. Dabei essen sie lieber ihr Ugali, wie man uns von anderer Seite berichtete, aber sie lassen eben auch nichts umkommen.

So klingt für mich die Besteigung des Kilimanjaro harmonisch und glücklich langsam aus, die wenn man ehrlich ist, für mich auch noch sehr viel dramatischer hätte ausgehen können. Dabei mache ich mir nicht mal Vorwürfe mich leichtsinnig und uninformiert in ein Abenteuer gestürzt zu haben. Das liegt auch gar nicht in meiner Natur, aber es ist eben nicht alles im Leben planbar, was auch gut so ist. Auch über die Straße gehen kann in Deutschland gefährlich sein, selbst wenn da keine DalaDala fahren. Dazu als letzten Satz für heute noch das: No hurry in Afrika (Kein Stress in Afrika). Genau so leben die Menschen hier auch. Eine Gelassenheit und Zufriedenheit mit dem was man hat, die uns manchmal auch gut tun würde.