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9. Reisetag        NIrkt - 25.09.2023

 

Die Zeiten sind wie gestern, also um 8:00 Uhr Frühstück und dann gegen 8:30 Uhr gehen wir los. Wie immer bei der Wanderung ist das Gemeinschaftszelt bereits abgebaut. Während wir noch frühstücken, bauen die Maultiertreiber auch schon unsere kleinen Zelte ab. Zunächst gehen wir eine kleine Anhöhe hinauf, wo auch ein Schäfer seine Herde hat. Die beiden Hunde geben uns unmissverständlich zu verstehen, dass die Herde unter ihrem Schutz steht. Der kleine Junge, der uns gestern Nachmittag besucht hat, ist hier zu Hause, und beobachtet aus einiger Entfernung, wie wir vorbei gehen. Hinter der Anhöhe gelangen wir in das Quzighimt Tal. Auch in diesem Teil fließt wieder ein Fluss, an dessen Ufer ein alter Speicher aus Stampflehm steht. Der Speicher wird augenscheinlich nicht mehr genutzt und entsprechend auch nicht mehr in Stand gehalten. So setzt ihm die Verwitterung durch Wind und vor allem Niederschlag schon ziemlich zu. Der Lehm schafft zwar ein gutes Raumklima, wirkt feuchtigkeitsregulierend und hält die Wärme gut ab, aber gleichzeitig muss er auch regelmäßig in Stand gehalten werden, ansonsten zerlaufen die Wände buchstäblich.

Kurz nach dem Speicher erreichen wir auch das erste Dorf am heutigen Tage, wo uns unsere Begleitmannschaft neben der ganzen Ausrüstung, Verpflegung und unserem Gepäck auf den Maultieren sitzend, wieder überholt. Gleich am Ortseingang ist ein kleiner Laden mit einer selbstgemalten Werbung für eine schwarze Brause, auch ohne den obligatorischen geschwungenen Schriftzug ist bei dem Rot klar, um wen es da geht. Von hier dauert es auch nur wenige Minuten, bis uns eine größere Zahl von kleinen Kindern lautstark begrüßt. Es dauert aber auch nicht lange, bis sie nach Kugelschreibern, Süßigkeiten oder gar Geld fragen. Das ist zwar verständlich, macht die Sache aber nicht besser, und ist ein starker Kontrast zu dem kleinen Jungen, dem Sohn des Schäfers, der gestern in unser Camp kam. Ab hier beginnt das Tal dann deutlich grüner zu werden. Es werden auf Terrassenfeldern Kartoffeln, Kürbisse, Zucchini, Wurzeln und Mais angebaut, auch letzte Reste vom Getreide stehen noch. Dazu gibt es Äpfel, die aber aktuell scheinbar nicht geerntet werden. Dabei hängen die Bäume übervoll davon. Dafür ist man gerade dabei, die Walnüsse zu ernten. Wir bekommen von mehreren der Bauern ungefragt welche geschenkt. Wenn Sie die Walnüsse verkaufen, erhalten sie abhängig von der Qualität für 1000 Nüssen etwa 200 Dirham, ein Gegenwert von etwa 19 €. Gemessen wird logischerweise nicht in Stück, sondern in Eimern, die dann durchschnittlich eine bestimmte Anzahl enthalten. Die Terrassenfelder werden mit unzähligen Bewässerungsgräben auf den entsprechenden Teilflächen bewässert. Diese Bewässerungsgräben sind meist in den Boden gegraben, teilweise bestehen insbesondere die größeren aber auch Beton. In jedem Jahr werden die Gräbe durch die Dorfgemeinschaft in Stand gesetzt. Dieses System nutzt man schon seit vielen Generationen, die verschiedenen Terrassen sind Eigentum der verschiedenen Familien im Dorf. In jedem Dorf ist jemand für die Zuleitung des Wassers zuständig. Dieser ist auch dafür zuständig, dass das Wasser gerecht verteilt wird. Dafür wird er dann auch von der Gemeinschaft bezahlt. Während wir durch die Felder gehen, sieht man viele Leute bei der Feldarbeit. Dabei werden ganz unterschiedliche Ernten eingebracht. Es werden Kartoffeln geerntet, aber auch Mais geschlagen, natürlich alles per Hand. Es werden auch Futterpflanzen geschnitten, die getrocknet später im Winter als Viehfutter dienen. Das Futter wird in kleinen gebauten Unterständen, teilweise aber auch unter Felsvorsprüngen, bis zum Winter gelagert. In den Unterständen, an denen wir vorbeikommen, liegt schon Heu, aber auch ausgedroschene Getreidegaben. Der Mais wird hier teilweise als zweite Frucht noch nach dem Getreide angebaut. Dieser ist dann auch kaum mal größer als 1,50m. Je höher wir noch sind, desto kleiner ist der Mais. Immerhin gibt es hier auch Winter, mit Temperaturen im Bereich des Gefrierpunkts. Die meisten Dinge werden in den Tälern vor allem für den Eigenbedarf angebaut. Ausnahme sind etwa die Äpfel und Nüsse. Wobei die Vermarktung erst durch die Straßen wirklich ermöglicht wird, die in den letzten Jahren bis in viele Orte geteert worden sind. Oftmals werden auch mehrere Früchte gleichzeitig „durcheinander“ auf einem Terrassenfeld angebaut. Oder es wachsen die kleinen Apfelbäume zwischen den Kartoffeln und Kürbissen. Wobei die Menschen in den Bergen auf ihren Terrassenfeldern pro Quadratmeter sehr hohe Erträge haben, aber sich natürlich schwer gegen die großen Flächen der Großgrundbesitzer in den Ebenen tun. Auch verschiedene Agrarreformen haben letztlich nicht viel daran geändert, dass die großen Flächen in den Ebenen in den Händen relativ weniger Großgrundbesitzer liegen. Hier oben ist alles Handarbeit, während man in den Ebenen natürlich deutlich stärker auf Maschinen setzt. So sind die Äpfel und Nüsse auch ein Ausweg für die hiesigen Bauern, ein paar Einkünfte zu erzielen, da diese Früchte immer mit viel Handarbeit verbunden sind, und hier die Bedingungen dafür günstig sind. Insgesamt leben heute noch rund 40% der Marokkaner von der Landwirtschaft, erwirtschaften dabei aber nur 17% des Bruttosozialproduktes. Damit ist die Landwirtschaft trotzdem immer noch der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Im Rif-Gebirge, im Norden des Landes, wird übrigens ganz legal auf einer Fläche von etwa 250000 ha Cannabis zur Produktion von Haschisch angebaut. Traditionell wurde dort schon lange für den Eigenverbrauch produziert. Später wurde es dann in größeren Mengen illegal für den Export produziert. Man ging dann gegen die Bauern vor, was dann oftmals die Korruption förderte. Den wirklichen Profit streichen und strichen aber die Zwischenhändler ein, die den Export vor allem nach Europa organisierten. Später wurde der Anbau dann legalisiert, was dann noch zu einer weiteren Ausweitung der Produktion führte. Heute werden im Jahr etwa 3000 t Haschisch völlig legal produziert. Und es leben etwa eine Millionen Marokkaner davon. So stammen etwa 70% des in Europa gehandelten Haschisch aus Marokko. Laut dem Koran ist die Nutzung von Rauschmittel und damit auch der Konsum von Cannabis übrigens eigentlich nicht erlaubt.

Stolz ist man darauf, dass inzwischen jedes Dorf im Land über eine Stromversorgung verfügt, was hier in diesem Tal teilweise aber noch nicht lange der Fall ist. So ist in einige Fundamente für die Strommasten eine 2017 eingeritzt. Aber natürlich ein riesiger Fortschritt für die Menschen auf dem Land, und auch gleichzeitig ein Versuch, dafür zu sorgen, dass die Landflucht eingedämmt wird, in dem man versucht die Lebensverhältnisse zumindest ein bisschen anzugleichen.

Aber zurück zu unserem Tag. Wir erreichen unseren heutigen Rastplatz für das Mittagessen gegen 13 Uhr. Wir befinden uns am Rande eines Dorfes zu den Terrassenfeldern hin, unterhalb einiger größere Walnussbäume im Schatten. Genau dort im Schatten bleiben wir auch wieder bis gegen 15 Uhr. Von dort geht es dann noch ein bisschen weiter talwärts. Unterwegs machen wir noch einen kurzen Stopp an einem kleinen Laden, wo es neben Dingen für den täglichen Bedarf auch ein paar kalte Getränke gibt. So sorgen wir gleich mal für ein bisschen Umsatz. Hier in den Bergtälern sind die Geschäfte nicht zwangsläufig geöffnet. Man erkennt sie eher an einer Werbetafel, die Tür ist oft zunächst geschlossen. Klopft man, öffnet der Besitzer, wenn er denn gerade zu Hause ist. Ansonsten kommt man eben später noch mal wieder. Wir gehen weiter bis zur Ortschaft N’Irkt, wo auf einem Hof unsere Zelte bereits aufgeschlagen sind. Den ganzen Tag geht es meist mehr oder weniger sanft ein bisschen auf- und abwärts. Insgesamt befinden wir uns auf rund 2000m über dem Meeresspiegel, und damit etwa 300m tiefer als am Morgen. Insgesamt haben wir in einer Gehzeit von 5 Stunden etwa 19,5 Kilometer zurückgelegt. Da einige von uns, ich auch, langsam mit dem Trinkwasser auf den Rest zu gehen, wird ein Junge damit beauftragt, uns zu einer Quelle zu führen. Die Stelle erscheint uns nicht wirklich geeignet, dort hat sich eher Wasser gesammelt. Das mag für die vermutlich deutlich robusteren und daran gewöhnte Verdauungstrakte der Marokkaner kein Problem sein, aber wir dürften damit unserem Verdauungstrakt vor allem deutlich mehr Dynamik verleihen. So zeigt man uns später noch eine andere Stelle, an der wir unsere Flaschen an einer Quelle mit frischem Wasser auffüllen können. Insgesamt ist man diesbezüglich sehr umsichtig mit uns, und riskiert nichts. So zeigt man uns immer frische Quellen, die es während der Wanderungen immer wieder gibt. Man muss nur wissen, wo die sind. Und sogar in den meisten Städten rät man uns, Mineralwasser zum Zähneputzen zu nutzen. Als wir zurück bei den Zelten sind, ist gerade ein mobiler Hufschmied dabei, die Eisen bei den Maultieren zu wechseln. Wobei die Hufeisen sehr viel einfacher als bei uns bei Pferden sind. Maultiere entspringen übrigens der Kreuzung einer Pferdestute mit einem Eselhengst. Im umgekehrten Fall spricht man von Mauleseln. Damit sind es Hybriden, die selbst meist unfruchtbar sind. Nur sehr selten gibt es Stuten, die Geschlechtsreif sind. Von der Statur ähneln Maultiere eher Pferden als Eseln, sind aber kleiner als Pferde. Sie gelten als gutmütig und willensstark. Sie sind weniger scheu als Pferde, können aber über lange Strecken und lange Zeiträume ausdauernd große Lasten tragen. Dazu erholen sie sich deutlich schneller als Pferde von größeren Anstrengungen. Sie sind auch auf sehr steinigen Untergründen sehr trittsicher, was sich hier auf den teilweisen relativ steilen Pfaden als besonders günstig erweist. Dazu kommt, dass ihre Haut deutlich dicker als bei Pferden ist, das macht sie unempfindlicher gegen Witterungseinflüsse inklusive größeren Temperaturschwankungen, so kommen sie auch sehr gut mit sehr tiefen und auch hohen Temperaturen zurecht. Ihre Zähne sind deutlich härter als die von Pferden, was ein breiteres Angebot an Futter zulässt. Auch die Hufe sind übrigens deutlich härter als bei Pferden. Außerdem sind sie deutlich unempfindlicher gegen Insekten und Parasiten als Pferde. Ihr Fluchtverhalten ist deutlich weniger ausgeprägt als bei Pferden, es gibt auch durchaus Berichte, dass sie es mit einzelnen Raubtieren wie etwa Wölfen in Europa, und Pumas in Amerika bewusst aufnehmen. Dabei können die Tritte aller vier Beine für das Raubtier tödlich enden. Maultiere können ein Alter von etwa 45 bis 50 Jahre erreichen.