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13. Tag        21.08.2013 - Orkhon Tal

Heute wird unser Straßenbus gegen zwei geländegängige Fahrzeuge getauscht. Genau genommen ist der Bus gestern schon nachmittags abgefahren. Heute gegen 8 Uhr sollen dann die Ersatzfahrzeuge da sein, die dann auch eher der Reisebeschreibung entsprechen. Für den Tagesablauf bedeutet das dann wieder die normalen Zeiten, also um 7 Uhr Frühstück. Hier im Jurtencamp gab es gestern und auch heute noch die Gelegenheit zu einer mehr oder weniger warmen Dusche. Gestern hatte ich es ausgelassen, schließlich war ich bei unserer Ankunft hier ja schon unter einer „sehr erfrischenden“ Dusche, aber sowas spart ja immer Zeit. Ich bin eigentlich bekennender „Warmduscher“, und nur kalt nötigt mich dann doch schon ziemlich, mich zu beeilen. Aber das ist ein anderes Thema. Heute früh war das Wasser warm, und so hat es eben etwas länger gedauert. Trotzdem habe ich mit den Zeiten keine Probleme und bin rechtzeitig abfahrbereit. Nur sind die neuen Autos noch nicht da. Mit rund einer halben Stunde Verspätung kommen sie an. Anschließend wird alles verladen und es kann los gehen – jedenfalls fast. Wir brauchen noch eine weitere Stunde bis dann alle Fahrzeuge getankt sind, und auch die letzten Besorgungen für die Auffüllung der Küchenvorräte erledigt sind. Etwas nachdenklich stimmt mich dabei, dass der Fahrer des neu dazu gekommenen russischen Kleinbusses, der hier aus Karakhorum kommt, gleich mal bei unserem ersten Halt von einem kleinen Supermarkt hinten die Radmuttern nachzieht. Vielleicht ist er aber auch nur besonders um die Sicherheit bemüht.

Das erste Stück unseres heutigen Weges kennen wir ja schon, auf dem sind wir schon nach Karakhorum gekommen. Auf der Herfahrt war es noch vom Regen in eine Schlammpiste verwandelt worden, jetzt ist es abgetrocknet und wir kommen trotz der Bauarbeiten zur Fertigstellung der Straße gut voran. Auch wenn sich die inzwischen vier Fahrzeuge wieder untereinander versuchen zu überholen, in dem sie die vermeintlich beste Spur zu finden versuchen. Auf der anschließenden Teerstraße sieht man jetzt auch, wie tief die Löcher auf der erst wenige Jahre alten Straße eigentlich sind. Dagegen sind die Löcher in unseren Straßen fast schon lächerlich. Aber der harte lange Winter mit dem extremen Frost setzt den Straßen hier schon ziemlich zu, im Grunde ist die Strecke hier schon wieder sanierungsbedürftig, obwohl sie noch gar nicht ganz fertig gestellt worden ist. Etwas besser ist es meist an den Stellen, an denen Wasserunterführungen eingerichtet worden sind. Dort scheint auch das Schotterbett einfach besser verfestigt worden zu sein, und oben besteht die Straße dann statt aus Teer aus einer dicken Betonschicht.

Wir fahren jedoch nicht ganz zurück bis Khujirt, sondern verlassen die Straße vorher in Richtung des Orkhon Tals. Die Abzweigung ist nicht weit von ein paar Rapsfeldern entfernt. Auf Nachfrage meinte eine unsere Begleiterinnen, es müsste wohl Korn sein, aber sie hätte so etwas noch nie zuvor gesehen. Meine eigentliche Frage ging eher dahin, ob man davon Speiseöl oder Benzinzusätze machen würde. Aber nein Benzin wäre hier Benzin, und das 95 und 92 wäre nur die Reinheit. Naja, stimmt irgendwie auch. Allgemein kann man aber sagen, die Gegend hier gilt als eine der fruchtbarsten der ganzen Mongolei. Und so sind die Rapsfelder auch die ersten wirklich als „Felder“ zu bezeichnenden landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen.

Der Weg, den wir hier eingeschlagen haben, hält ein paar Besonderheiten bereit, die wir bisher so noch nicht hatten. Durchquerungen von mehreren Metern breiten Wasserläufen, die auch gut und gerne 40 – 50 cm tief sind. Der Weg ist auch aufgrund seiner Auswaschungen etwas unwegsamer. So bin ich recht froh, dass wir inzwischen nur noch für dieses Gelände geeignete Fahrzeuge haben. Nach etwa zwei Stunden kommen wir an einen Schlagbaum, der die Grenze in den hiesigen Nationalpark darstellt. Wenn man wollte, hätte man den mit einem kleinen Umweg auch locker umfahren können. Einen Zaun oder ähnliches sucht man vergebens. Auch sonst ändert sich praktisch nichts, es gibt Viehwirtschaft, fast noch mehr als zuvor, als wir von der Straße abgefahren sind. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es hier schon früh im Jahr regnet, auch schon vor der eigentlichen Regenzeit im Juli. So gibt es auch schon früh relativ üppiges Grün. Direkt am Checkpoint gibt es einen schönen Ausblick. Man fährt hier an einer Bergflanke ein bisschen aufwärts, und direkt unterhalb des Weges schlängelt sich ein kleiner Nebenarm des Orkhon entlang. Und über dem nutzen zahlreiche Milane die günstige Thermik, um sich in die Höhe zu schrauben.

Im folgenden Gebiet gibt es an zahlreichen Stellen Gestein, das aus dem Boden aufragt und leicht den Unterboden der Fahrzeuge aufreißen könnte. So gilt es ein bisschen Slalom zu fahren. Erschwerend kommt noch dazu, dass es hier und da immer wieder feuchte Stellen gibt. Da sich die Fahrzeuge in der Mongolei traditionell auch immer mal wieder neue Wege suchen, bilden sich hier und da auch immer wieder kleine Schlammlöcher, die es auch möglichst zu umfahren gilt. Denn niemand kann ahnen, wie tief die dann wirklich sind. Auch wenn die Fahrzeuge hier zurzeit ein bisschen mehr zusammen bleiben, will sich natürlich auch keiner der Fahrer eine Blöße geben und wohlmöglich stecken bleiben. Ansonsten bewegen wir uns auf einer großen flachen Ebene, die links und rechts jeweils von einem Bergrücken eingerahmt wird. In dieser Landschaft machen wir auch unsere Mittagspause. Während unsere Mahlzeit zubereitet wird, gehen wir ein wenig in der Landschaft spazieren. Vor einem etwas höheren Berg sehen wir einen Viehstall, der sich in einer kleinen Senke vor dem Wind duckt. Von dort hört man auch irgendwo in der Nähe etwas rauschen. Nicht weit hat sich ein weiterer Nebenarm der Orkhon tief ins Gestein gearbeitet. An dessen Ufer stehen auch einige Büsche und Bäume. Die sind hier eigentlich schon fast die Attraktion, und nicht die unzähligen Ziegen und Schafe, die wir hier überall in großen Herden umherziehen sehen. Zurück bei den Fahrzeugen gibt es auch Mittag, über uns finden sich dazu auch die ersten Milane ein. Wenig später wird auch klar, auf was sie es abgesehen haben. Einer schnappt sich ein paar Nudel aus den Resten der Suppe, und schnappen ist durchaus wörtlich zu nehmen, er greift sich im Flug so viele, wie er eben zu fassen bekommt. Aber die größere Beute sind natürlich die Knochen einer richtigen mongolischen Mahlzeit. Unsere Fahrer beginnen ihre Mahlzeit meist damit, mit einem großen Messer das Fleisch von einem Knochen zu lösen, und dazu gibt es dann: Nichts. Mongolen essen eben viel Fleisch, und das auch schon mal pur.

Bis ca. 16 Uhr erreichen wir unseren heutigen Zeltplatz. Wobei auffällt, dass hier im Orkhon Tal die Menschen wieder mehr auf Pferden unterwegs sind. Ansonsten sind es oft die kleinen Mopeds aus chinesischer Produktion. Doch hier ist das Gelände durch zahlreich mehr oder weniger kleine Wasserläufe durchzogen. Dazu gibt es immer mal wieder kurze Senken, so kommen wir auch mit den Autos kaum schneller voran als ein Mongole, der parallel zu uns auf dem Pferd unterwegs ist. Unser Zeltplatz liegt nur ein paar Minuten von einer der größten Sehenswürdigkeiten des Landes entfernt. Das Gelände um den Orkhon Wasserfall ist bisher der am stärksten touristisch erschlossenen Ort auf unserer Reise. Gut für jemanden aus Mitteleuropa ist der etwa 30m hohe Wasserfall sicherlich auch schön, aber mit Sicherheit nicht halb so spektakulär, wie für die einheimischen Mongolen in ihrem sonst so von Wasserknappheit geprägten Land. In unmittelbarer Nähe zum Wasserfall sind deshalb auch zahlreichen Gers. Als der größte Ansturm sich gelegt hat, gehen wir auch hinüber, um uns den Wasserfall aus nächster Nähe anzusehen. Oben an der Kante ist natürlich auch einer der so typischen Ovoos mit den blauen Gebetsfahnen. Wir aber machen uns daran, an einer Stelle ein kleines Stück Flussabwärts die Böschung hinunter zu steigen, um uns das Ganze auch mal von unten anzusehen. Der Orkhon hat sich hier sein eigenes kleines Amphitheater geschaffen. Zurück zu den Fahrzeugen geht es in einem kleinen Bogen. Dabei kommen wir auch durch eine kleine Freilichtausstellung. Es werden Tierschädel aber auch ein paar wenige Tierpräperate gezeigt. Dazu gibt es ein paar alte Zeichnungen, über deren Echtheit ich mir lieber kein Urteil erlauben möchte. Soweit ist eigentlich alles gut, nicht so gut ist, dass sich am Himmel wieder einige dunkle Wolken auftürmen und auf uns zukommen. Das macht zwar die Bilder dramatischer, aber ein kräftiger Landregen wirkt auf mich nicht so sehr verlockend. Zumal ich nicht so unerschöpfliches Vertrauen in die Dichtigkeit meines Zelt habe. Und außerdem hatten wir für den Abend ein kleines Lagerfeuer geplant. Hier im Orkhon Tal gibt es Bäume und damit auch Holz, um ein kleines wärmendes Feuer machen zu können. Aber was soll ich sagen, statt Regen gibt es nur einen fast perfekten halbrunden Regenbogen, der nicht mal ins Foto passt.

Das Orkhon Tal ist wegen der Fruchtbarkeit ein für die Geschichte der Mongolei wichtiger Ort. Schon vor den Turkstämmen haben andere etwa die Reiche der Xiongnu, die noch keine festen Siedlungen hatten, hier ihre Grabhügel als Zeugnisse ihrer Kultur zurück gelassen. Und auch für den bedeutendsten Mongolen Dschingis Khan war das hiesige Gebiet der ideale Ort, um seine Armeen zu sammeln. So etwas dauerte oft Wochen, da viele auch aus Gebieten, die außerhalb der heutigen Mongolei liegen, her kamen. Hier konnten in dieser Zeit die Pferde geweidet werden, aber auch die Männer selbst versorgt. Eine solche Armee konnte aber natürlich nicht nur mit tierischen Produkten wie Fleisch und Milch ernährt werden. Schon damals gab es hier Ackerbau. Auch heute noch sind hier die größten Ackerflächen der ganzen Mongolei. Die Fruchtbarkeit ist nicht nur in den relativ großen Regenmengen begründet, der Orkhon bringt von seiner Quelle auch Bestandteile vulkanischen Ursprungs und damit nährstoffreichere Böden mit. Aber auch für die Viehwirtschaft ist es das hiesige Aimag klar die Nummer eins. Dazu vielleicht noch ein paar Zahlen. In der Mongolei leben nach offiziellen Zahlen etwa 3,2 Millionen Menschen. Es gibt nach Schätzungen aus dem Jahr 2008 262000 Kamele, 2,1 Millionen Pferde, 2,5 Millionen Rinder und Yaks, aber 17,9 Millionen Schafe und 19,5 Millionen Ziegen. Insbesondere die Schafe und Ziegen nehmen stark zu, so schätzt man, dass ihre Zahl gegenüber dem Vorjahr um jeweils um rund eine Millionen zugenommen hat. Dazu tragen auch die Eigentumsverhältnisse des Lands bei. Über 90% der Fläche gehört den Staat. Der Landbevölkerung ist es nun gestattet innerhalb eines bestimmten Gebietes ihre Tiere frei zu weiden. Das heißt man muss nur dafür sorgen, dass die Tiere im Winter Futter bekommen. Und selbst das kann teilweise als Heu noch auf dem staatlichen Grund und Boden geerntet werden. Ansonsten fallen nur geringe Kosten an. Aber die Erträge kommen den jeweiligen Familien zu. Die starke Zunahme von Schafen und Ziegen wird aber zunehmend ein Problem. Die Tiere fressen nicht nur das Grün, sondern insbesondere im Süden alles incl. der Wurzel der Pflanzen an. Das beschleunigt dann die Verwüstung und begünstigt natürlich auch zusätzlich die Wind und auch Wassererosion, wenn es überhaupt mal regnet. Viele Experten warnen heute auch vor den Folgen der Überweidung. Nur stehen für die einzelnen Familien natürlich die eigenen Einnahmen im Vordergrund. Große Schwankungen in den absoluten Zahlen hat es immer schon gegeben. Da je nach Wetterlage im besonders schweren Wintern viele Tiere schlicht verhungerten. Dabei spielen dann nicht nur die in absoluten Werten extremen Temperaturen eine Rolle. Gibt es im eigentlich niederschlagsarmen Winter zu viel Schnee, man spricht dann vom weißen Winter, also eine geschlossene Schneedecke von 10cm und mehr, können die Tiere nicht mehr nach Nahrung suchen.  Oder es gibt den schwarzen Winter, das ist der umgekehrte Fall, es gibt keinen Schnee. Damit fällt dieser als Wasserquelle aus, die natürlichen Wasserstellen und Brunnen sind aber zugefroren. Zu beiden gesellen sich im Winter dann häufig Stürme, die über die baumlose Steppe fegen, und ein Umziehen mit den Herden in andere Gebiete unmöglich machen. Und wenn all das Überstanden ist, wartet noch der „Eiserne Zud“ im Frühling. Von ihm spricht man, wenn es im Frühling regnet, sich daran dann aber noch eine längere Frostperiode anschließt. Dann ist die Nahrung unter einem Eispanzer verborgen. Die letzte große wettertechnische Problematik bildet der Gan, das Ausbleiben von Niederschlägen im Sommer also eine Dürre. Insbesondere durch die Zufütterung von teurem importiertem Futter im Winter wurden die Folgen in den letzten Jahren aber abgemildert, was dann ein noch schnelleres Anwachsen der Bestände begünstigt. Heute entfallen etwa 80% der landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf die Viehwirtschaft. Die Anbaufläche in der Ackerwirtschaft beträgt etwa 270000ha jährlich, und das bei einer Vegetationszeit von lediglich 95-110 Tagen. Nutzbar wären etwa 1,2 Millionen ha, wobei auch viele Flächen davon wegen der wenigen Nährstoffe nur alle zwei Jahre bestellt werden können. Zum Vergleich in Deutschland werden etwa 11,8 Millionen ha landwirtschaftlich als Ackerland genutzt, und weitere 5 Millionen ha entfallen noch mal auf Grünland, sind also rein der Viehwirtschaft zuzurechnen, und dabei hat die Mongolei etwa die vierfache Fläche Deutschlands. Trotzdem machte die Landwirtschaft vor wenigen Jahren in der Mongolei noch 60% der Ausfuhren aus. Dies wandelt sich durch die Gewinnung von Rohstoffen derzeit dramatisch. Die Industrieproduktion spielt nach wie vor aber nahezu keine Rolle. Von der Landwirtschaft bzw. davon abhängigen Branchen lebt noch heute fast jeder Dritte Mongole. Fischfang spielt trotz großer Fischvorkommen insbesondere in den großen Seen im Norden des Landes übrigens im Prinzip keine Rolle.