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4. Tag          Refugio Altavista – 01.05.2018

Der heutige Vormittag ist sogar noch entspannter als gestern. Er ist frei. So gehen einige von uns eine kleine etwa zweistündige entspannte Runde um die nahegelegenen Roques de Garcia. Dabei handelt es sich um eine Felsformation in der Nähe des Hotels. Sie bestehen aus sehr unterschiedlichen Lavakompositionen. Die meisten von ihnen sind aus pyroklastischer Lava. Es kommt aber auch Sandstein oder Tuff vor. Sie bestehen aus verschiedenen Segmenten, die praktisch in einer Reihe angelegt die Caldera Las Canadas in zwei Teile teilen. Zwischen diesen beiden Teilen besteht ein Höhenunterschied von bis zu 150 m. Gefüllt wurde die Caldera durch verschiedene Lavaausbrüche, die sich durch die natürliche Barriere der Roques de Garcia nicht gleichmäßig über die gesamte Caldera ausbreiten konnten. Die einzelnen „Türme“ mit ihrer Höhe von bis zu 200 Metern haben zumeist eigene Namen. Der bekannteste unter ihnen dürfte wohl der Roque Cinchado sein, der etwas philosophisch auch als Finger Gottes oder als steinerner Baum bezeichnet wird. Er ist ein relativ spitzer etwas freistehender Fels. Ein anderer Bekannter ist etwa La Cadedral, die Spitze eines erkalteten Vulkanschlotes, der neben seinem sichtbaren Teil noch mindestens 500 Meter in die Tiefe reicht. Einige der Felsen sehen optisch ein wenig bröckelig aus, das Gegenteil dürfte der Fall sein. Denn sie bilden auch eines der bekannten Klettergebiete auf Teneriffa. Es gibt hier ca. 90 Routen bis hin zum Schwierigkeitsgrad VII nach der UIAA-Skala, was mit „außergewöhnliche Schwierigkeit“ beschrieben wird, in dem auch gute und sehr erfahrene Kletterer ein spezielles Training in vergleichbarem Gestein benötigen, um sie zu meistern. Sie ist damit auch die höchste beschriebene Stufe dieser Skala. 

Wir lassen es aber natürlich sehr viel ruhiger angehen, abgesehen davon kann ich nicht einmal wirklich klettern. Wir nehmen nur den kleinen Rundweg gegen den Uhrzeigersinn um die Roques de Garcia. Der Weg hat eine Länge von etwa 4,5 km, und steigt in unserem Fall zur Vollendung der Runde zum Schluss noch einmal ordentlich an. Genau dort ist auch der Aussichtspunkt an den Roques de Garcia. Was dann natürlich zur Folge hat, dass man genau dort rauskommt, wo die Touristenladungen mit Schlappen und Strohhut die Szenerie entspannt überblicken. Noch ein Grund mehr, sich dort nicht unbedingt übermäßig lange um zu tun. Auf dem Rundweg selber ist kaum Betrieb, und bietet dadurch deutlich mehr Möglichkeiten die Landschaft auch zu genießen. Genau das ist auch unser Ziel an diesem Vormittag.

Da unser Hotel nur wenige 100 m entfernt ist, bleibt auch noch ein bisschen Zeit sich in dessen kühle Räumlichkeiten zurückzuziehen, noch eine halbe Stunde auf dem Bett im Hotel herum zu lümmeln. Aber es gilt natürlich noch das Nötigste für die Besteigung des Teide und die kommende Nacht im Regfugio Altavista im Tagesrucksack unterzubringen. Das restliche Gepäck bleibt im Hotel. Wir fahren wieder mit dem Bus zurück zum Besucherzentrum von El Portillo, wodurch sich eine kleine Lücke von ein paar hundert Meter bei unserer Inselüberquerung ergibt. Aber da wollen wir mal nicht kleinlich sein, schließlich sind wir ja auch nicht unmittelbar an der Küste im Norden gestartet, sondern haben die dortige Autobahn schon mit dem Bus „übersprungen“. Wir befinden uns hier auf einer Höhe von etwa 2000 m. Unser heutiger Weg führt uns zunächst durch relativ ebenes Gelände in Richtung des Mountainer Blanco. Im unteren Bereich gibt es noch Bewuchs, und der Untergrund besteht nahezu vollständig aus Bimsstein.  Lediglich die letzten paar 100 m auf dem Montainer Blanco sind etwas steiler, aber gut machbar. Der Name bezieht sich übrigens auf den Bewuchs, der Blanco ist praktisch vollständig frei von Bewuchs. Hier treffen wir auch auf den meist begangenen Weg zum Refugio Altavista. Dieser startet in der Nähe der unteren Seilbahnstation an der Hauptstraße. Zunächst ist es eine ansteigende Piste, auf der auch wir ab hier dem Weg folgen. Wirklich ernst wird es dann etwa 500 m unterhalb des Refugio Altavista. Bis hierher sind wir mehr oder weniger zusammen geblieben, ab hier laufen wir alle in unserem eigenen Tempo. So zieht es sich auch schnell etwas auseinander, aber der Weg ist klar und das Ziel praktisch die ganze Zeit sichtbar. Etwa zwei Drittel des Aufstiegs geht es über einen etwas ausgesetztes teilweise gerölligen Untergrund. Das letzte Drittel führt dann über erkaltete Lavaströme mit teilweise größeren Stufen, die dann natürlich noch ein bisschen die Kraftreserven fordern. Auch die letzten erreichen das Refugio Altavista vor der geplanten Ankunftszeit gegen 17:30 Uhr, da dann das Refugio offiziell geöffnet wird. Das Refugio ist eine Berghütte, die historische Vorläufer bei den „Niveros“ hat. Sie suchten damals in den Bergen Eis und Schnee, dass sie dann in die Städte brachten, wo es zur Kühlung eingesetzt wurde. Auf deren Pfaden gelangte übrigens, wie wir schließlich auch, schon Alexander von Humboldt auf den Teide. Obwohl es für uns hier vom Refugio auf rund 3260 m natürlich noch ein gutes Stück bis zum Gipfel ist. Wir wollen aber heute hier in der Hütte übernachten. Sie bietet Schlafgelegenheiten für 54 Personen, wobei diese meist schon auf Monte im Voraus ausgebucht sind. Ihnen ist es dann auch offiziell erlaubt, von hier auf den Gipfel des Teide vor der Eröffnung der Seilbahn aufzusteigen. Auf der Hütte selbst gibt es Gelegenheit mitgebrachte Speisen zuzubereiten, und ein paar Automaten um Wasser und Kaffee zu erstehen. Wir haben unsere Brotzeit vor unserem Aufbruch im Hotel in unseren Rucksäcken aufgeteilt. Da wir mit unserer relativ großen Gruppe, im Aufenthaltsbereich aber kaum alle Sitzplätze finden, taktieren wir etwas. Um 19:00 Uhr werden die Betten unter den Gästen verteilt. Da wir mit unserer Gruppe einen der Schlafräume komplett belegen, passen wir den Moment der Verteilung ab, um uns dann schnell an den Tischen bereit zu machen. An sanitären Einrichtungen gibt es hier oben jeweils zwei Toiletten und ein Waschbecken, was für die eine Nacht auch völlig ausreichend ist. Aber das wirkliche Event spielt sich im Moment ohnehin vor der Tür ab. Die Spitze des Teide wirft in der untergehenden Sonne einen spitzen Schatten, der mit abnehmenden Sonnenlicht immer länger wird, und sich immer deutlicher von der im roten Restlicht liegenden Umgebung abzeichnet. Die sich aus dem Gipfel des Teide ergebenden Spitze des Schattens weist dabei auf die Nachbarinsel Gran Canaria, die immerhin etwa 115 Kilometer entfernt ist, aber sich noch schemenhaft am Horizont abzeichnet. Nach dem Sonnenuntergang wird es draußen auch deutlich kühler. Ich beschließe mich relativ früh hinzulegen, in der Hoffnung dann auch einzuschlafen, bevor die anderen sich hinlegen. Leider ist das eine Illusion. So liege ich wach, während einer nach dem anderen der insgesamt 14 Personen in unserem Schlafraum ins Bett schlüpft. Dabei spielt auch eine Rolle, das die Metall-Doppelstockbetten genüsslich vor sich hin quietschen, wenn sich insbesondere im oberen Bett jemand bewegt. Da ich auch oben liege, betrifft mich das auch. So versuche ich mich mehrmals in der unruhigen Nacht praktisch ohne jedwede Gewichtsverlagerung im Bett umzudrehen. Die Kunststoff-Einmalbezüge der Betten erleichtern dieses Vorhaben nicht unbedingt. Aber schon aus Hygiene-Gründen macht es sich an dieser Stelle bezahlt, den in der Reisebeschreibung verzeichneten Hüttenschlafsack bzw. in meinem Fall Schlafsack-Inlett dabei zu haben. Insgesamt ist es aber deutlich wärmer, als ich es im Vorfeld vermutet hatte, ehrlich gesagt ist es selbst mir eigentlich zu warm, und das will schon was heißen. Nur das Inlett ist zu wenig, aber dann mit Decke im „Plastikbezug“ auch gleich wieder zu warm, womit wir wieder beim quietschenden Bett wären. Aber für eine Nacht natürlich klagen auf hohem Niveau.

Die Tagesetappe ist etwa 9,9 Kilometer lang bei einem Höhenanstieg von 1245 m, der Abstieg ist zu vernachlässigen.