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9. Reisetag          Tromsö - 19.11.2022

 

Heute machen wir gegen 7:00 Uhr in Tromsö fest. Was soll ich sagen, ich liege noch im Bett. Besondere Aktivitäten gibt es keine, jeder kann sich den Tag bis 15:30 Uhr selbst gestalten. Der Tag der Sonne beginnt heute schon um 09:52 Uhr und Dienstschluss ist für sie um 13:06 Uhr geplant. Wir kommen wieder weiter nach Süden, und die Tage werden länger. Wobei es auch noch mal deutlich früher bzw. später Dämmerlicht gibt. Nach dem Frühstück gehe ich gemütlich ein bisschen durch das direkte Umfeld des Schiffs. Noch ist es vor 10 Uhr, entsprechend sind die Geschäfte noch zu, und auch die Museen und ähnliches sind geschlossen. So mache ich mich auf den Weg zur Seilbahn. Dazu muss man vom Schiff aus gesehen eine der beiden großen Brücken überqueren, um an das östliche Ufer des Meeresarms zu kommen. Tromsö liegt auf einer kleinen Insel in einem Meeresarm, der auf beiden Seiten von Bergen umgeben ist. Auf dem Weg zur Seilbahn komme ich auch an der Eismeerkathedrale vorbei. Da die noch geschlossen ist, sie öffnet heute erst nach 14 Uhr, kann ich mir die nicht von innen ansehen. Bekannt ist sie für ihre großen Glasflächen in beiden Giebeln. Wobei es Probleme mit dem auf der Ostseite gab. Im Sommer scheint das Licht dort intensiv sein, und blendete die Gemeinde. So hat man schon bald nach der Einweihung 1965 damit begonnen, dort bunte Glasornamente einzusetzen. Das muss ziemlich spektakulär aussehen, um diese Jahreszeit scheint die Sonne aber gar nicht in die Kirche, da die Sonne nur relativ flach steht, und deshalb aktuell die Eismeerkathedrale den ganzen Tag komplett im Schatten der Berge liegt. Der Umbau der Glasfront hat übrigens fast drei Jahre gedauert, der ganze Bau der Kirche nur rund 20 Monate. Genau genommen ist sie eigentlich gar keine Kathedrale, da Tromsö kein Bischofssitz ist. Aber ein imposantes Bauwerk und auch Wahrzeichen der Stadt ist sie allemal.

Aber ich bin ohnehin auf dem Weg zur Fjellheisen Seilbahn. Die liegt ein bisschen versteckt in einem Wohngebiet. Für 345 Kronen bringt sie mich 421m nach oben auf den Storsteinen und auch wieder runter. Das entspricht etwa dem Gegenwert von drei Bier in Norwegen oder 34,50 Euro. In Norwegen ist eben alles ein bisschen teurer. Aber von oben hat man bei dem Licht einen schönen Blick über die Stadt, aber auch hinüber zu den umliegenden Bergen. Auf der Bergstation bzw. davor benutze ich zum ersten Mal die „Straßenspikes“, die von Hurtigruten verliehen wurden. Hier oben liegt dann der vor mir eigentlich auf der ganzen Reise erwartete Schnee. Auch wenn es schon noch grüne, eigentlich sind es braune Inseln gibt. Aber der Schnee ist übergefroren, und an vielen Stellen ist er festgetreten und deshalb ein bisschen eisig-glatt. So laufe ich noch ein bisschen in der Umgebung herum, wobei das Farbspiel der Rot- und Gelbtöne ziemlich beeindruckend ist. Auf der gegenüberliegenden Seite des Meeresarms steht die Skisprungschanze. Das muss eine ziemlich beeindruckende und ungewöhnliche Aussicht für die Springer sein. Wenn ich mir überlege, dass sie in Richtung des Wassers springen. Für mich geht es über die Brücke dann zurück in den Hauptort, wo ich das Polarmuseum besuche. Auch das liegt im Zentrum, nur wenige Minuten vom Schiff und der großen Fußgängerzone entfernt. Wobei die Autofahrer hier sehr rücksichtsvoll unterwegs sind. Jetzt im Moment sind viele mit Spikes unterwegs. An einigen Stellen sind die Straßen ein bisschen vereist. Und fast überall ist ein grobes Granulat gestreut worden, dass die Straßen griffig machen soll. Es kommt auch schon mal vor, dass ein PKW auch an einer größeren Straße anhält, sobald der Fahrer erkennt, dass man offensichtlich über die Straße möchte. Und das ist mir hier in Tromsö nicht nur einmal passiert, und auch wenn ich durch die Kamera in der Hand als offenkundig ortsunkundig gekennzeichnet bin, glaube ich mal nicht, dass ich irgendwie einen unsicheren Eindruck im Straßenverkehr mache.

Tromsö hat etwa 77000 Einwohner, und wird gerne als Paris des Nordens bezeichnet. Die Stadt wurde bereits im 13. Jahrhundert gegründet. Die Stadt war lange das Tor in den hohen Norden, und auch verschiedene Expeditionen nach Spitzbergen, Grönland oder auch in Richtung Nordpol sind von hier aus gestartet. Lange vor den Norwegern war aber William Barentsz in der Arktis unterwegs. Er war Kapitän, tat sich aber vor allem als Kartograph hervor. So entdeckte er Spitzbergen und die Bäreninsel, und erkannte auch, dass der Nordpol von Kontinenten umgeben war. Von ihm stammen Karten aus den 1590er von der Arktis. Eigentlich war er auf der Suche nach der Nordost-Passage nach China, um dort Handel zu treiben. Er hat den Weg nicht gefunden, und kam bei einer unfreiwilligen Überwinterung auf der heute russischen Insel Nowaja Semlja vermutlich an Skorbut ums Leben. Nach ihm wurde dann die Barents-See benannt. Die Norweger traten als Polarforscher auf den Plan, wenngleich die Wikinger schon sehr viel früher in arktischen Gewässern unterwegs waren. In der neueren Zeit war der erst große norwegische Polarforscher Friedthof Nansen, der vielseitig interessiert und begabt war. Er war Zoologe, Neurohistologe, Ozeanograph, Polarforscher und später auch noch Diplomat und erhielt den Friedensnobelpreis. Er überquerte als Erster Mensch mit Hunden und seiner eigenen Muskelkraft 1888 das grönländische Inlandeis, wobei er dabei nicht so schnell vorankam, wie er das geplant hatte, und deshalb unfreiwillig bei den Inuit auf Grönland überwintern musste. Die dabei erlernten Fähigkeiten sollten ihm aber später bei seinem Versuch zum Nordpol zu gelangen noch sehr nützlich sein. Er hatte aus der Tatsache, dass Treibholz von einem vor Sibirien gesunkenen Schiff in Grönland angeschwemmt wurde, geschlossen, dass dieses über den Nordpol getrieben sein muss. In dieser Zeit waren viele Nationen dabei Expeditionen in Richtung der Pole zu schicken, um dortiges mögliches Land und vor allem vorhandenen Ressourcen in der Arktis bzw. Antarktis für sich zu reklamieren. Also wagte Nansen 1893 auf dem eigens dafür gebauten Schiff „Frahm“ die Fahrt von Sibirien in Richtung Nordpol. Sein Plan war, sich mit der Frahm, mit deren völlig neuartigen Konstruktion, sich dann im Eis einfrieren zu lassen, und sich dann mit dem Eis zum Nordpol treiben zu lassen. Auf dem 79° N, 133° O blieb er schließlich im Packeis stecken, und macht sein Schiff fest. Doch seine Planung mit der Drift erwies sich zunächst als falsch, nach sechs Wochen im Eis war er schließlich weiter südlich als beim Start im Eis. Erst im Februar 1894 überquerte er den 80. Breitengrad. Er erkannte, dass er so noch mindestens 5 Jahre brauchen würde, um so den Nordpol zu erreichen. Also entschied er sich, mit Fredrik Hjalmar Johansen, einem seiner Männer, auf Skiern und aus Russland mitgebrachten Hunden, sowie drei Schlitten und zwei Kajaks zu Fuß zum Nordpol zu gelangen. Das war im März 1895, und die Frahm war inzwischen bis 84° 4‘ N gekommen. Ihr Plan war die noch fehlenden 660 Kilometer in 50 Tagen zu schaffen. Anfangs kamen sie zwar gut voran, aber das Gelände wurde zunehmend schwieriger, sie kamen immer langsamer voran, und da sie südlich drifteten, kamen sie dem Pol nicht zwangsläufig näher, dazu kamen Temperaturen jenseits der -40°C. Am 08.04.1895 beschloss Nansen umzukehren. Ihre Position war mit 86° 13,6‘ N ein neuer Rekord, aber den Pol erreichten sie nicht. Nansen beschloss zu versuchen nach Franz-Josef-Land zu gelangen. Im Juli 1895 sichteten sie erstmals wieder Land, die Hunde hatten sie inzwischen verloren, bzw. als frisches Futter für die noch übrigen verfüttert. Sie setzten sich in ihre Kanus und setzten über. Nansen war sich zu dem Zeitpunkt aber nicht wirklich sicher, überhaupt auf Franz-Josef-Land zu sein. Im August errichten die beiden schließlich ein Winterlager gegen den nahenden Polarwinter. Und eine Überlieferung sagt, dass die beiden am 24.12.1895, in einem gemeinsamen Schlafsack liegend, beschlossen, sich ab sofort beim Vornamen zu nennen. Ihre Rettung war dann, als sie auf Frederick George Jackson trafen, der auf einer Expedition auf Franz-Josef-Land unterwegs war. Mit dessen Versorgungsschiff gelangten die beiden schließlich zurück nach Norwegen. Die Frahm war zuvor aus dem driftenden Packeis in der Nähe von Spitzbergen wieder freigekommen, und dann ebenfalls zurück nach Norwegen gesegelt. So konnte die gesamte Mannschaft der Nordpol Expedition im August 1896 in Tromsö wiedervereint werden. Der Kapitän der Frahm war übrigens Otto Sverdrup, der Namensgeber des Schiffes auf unserer Reise an Norwegens Küste. Er war auch schon bei der Reise Nansens nach Grönland der Kapitän des Schiffs, und nach der Arktis-Expedition an verschieden Rettungsaktion in der Arktis und auch an der Kartographierung von Grönland beteiligt. Nach ihm ist dort auch eine Inselgruppe benannt. Nansen war nach der wenn auch letztlich gescheiterten Expedition fortan ein Held in Norwegen. Und sein Wort hatte Gewicht, er engagierte sich später in der Rückführung von Kriegsgefangen aus dem ersten Weltkrieg, wofür er den Friedensnobelpreis erhielt. Das Preisgeld spendete er dem Völkerbund, einer Vorgängerorganisation der heutigen UNO. Wer schließlich als erster den Nordpol erreichte, ist bis heute strittig. Mehrere beanspruchen diese Leistung für sich, aber bei den meisten gilt es als unwahrscheinlich, dass die tatsächlich am geographischen Nordpol waren.
Am Südpol war hingegen sicher der Norweger Roald Amundsen im Jahre 1911 als erster. Ursprünglich wollte er zu Beginn seiner Expedition zum Nordpol, als aber verschiedene andere Polarforscher für sich reklamierten, der jeweils erste am Nordpol gewesen zu sein, verlor er das Interesse. Er plante seine Mission um, und fuhr sowohl für seinen Geldgeber, die norwegische Regierung, als auch seiner eigenen Mannschaft überraschend in Richtung Südpol. Seiner Mannschaft teile er dies kurz nach Beginn der Reise mit, und überließ es ihnen, an Bord zu bleiben oder von Bord zu gehen– es ging niemand. Bei seiner Reise zum Südpol befand er sich in einem Wettrennen mit dem Amerikaner Robert Falcon Scott. Dieser erreichte schließlich 35 Tage nach Amundsen den Südpol, bei der Rückkehr vom Südpol zu seinem Basislager kamen Scott und seine vier Begleiter an Unterernährung, Krankheit und Unterkühlung ums Leben. Roald Amundsen aber entdeckte später auch noch die Nordwest-Passage, und auch die Nordost-Passage durchfuhr er als erst zweiter überhaupt. Und selbst über den geografischen Nordpol ist Amundsen im Jahre 1926 als einer der ersten Menschen überhaupt mit dem Luftschiff Norge geflogen. Aber Amundsen war offensichtlich ein schwieriger Charakter. Bei der Überquerung des Nordpols mit dem Luftschiff kam er sich mit dem Eigner des Luftschiffs und Finanzier der Expedition ins Gehege, wer deren Leiter war. Und bei seiner Expedition an den Südpol nahm er auf Vermittlung von Nansen auch dessen Begleiter Fredrik Hjalmar Johansen teil. Auf der Rückkehr vom Südpol nahm Amundsen aber die beste Ausrüstung und den besten Hundeschlitten für sich in Anspruch, und nahm auch keine Rücksicht auf das Vorankommen der anderen Teilnehmer der Expedition zum Südpol. So erreichte Johansen und dessen Schlittenpartner Kristian Pestrud ohne Zelt und Kocher nur mit Glück überhaupt das Basislager wieder. Es kam zu einer offenen Auseinandersetzung vor anderen Expeditionsteilnehmern. Daraufhin schickte Amundsen Johansen noch mit zwei anderen Polarforschern auf eine schwierige Kartografierungsmission, übertrug die Leitung aber einem noch relativ unerfahrenen Polarforscher. Auf der Rückreise von der Südpolreise setzte Amundsen schließlich unterwegs Johansen ab, und enthielt ihm damit die triumphale Rückkehr nach Norwegen vor. Auch in seinem Expeditionsreport würdige Amundsen die Leistung von Johansen, obwohl auch er mit am Südpol war, überhaupt nicht. Johansen litt danach an Depressionen und setzte seinem Leben mit einem Kopfschuss 1913 schließlich ein Ende. Weder Nansen noch Amundsen waren auf seiner Beerdigung, Nansen würdigte ihn ein Jahr nach seinem Tod immerhin vor der Norwegischen Geographischen Gesellschaft postum. Trotzdem blieb die Leistung Johansen in der Polarforschung lange ungewürdigt.

Jetzt aber zurück zu unserem Tag. Nach dem Besuch des Museums schlendere ich noch ein bisschen durch die sehr belebte Fußgängerzone der Stadt. Heute ist Samstag, und es ist eine Menge los. Die Stadt lebt heute ganz wesentlich von der Fischindustrie und als Handelszentrum. Ganz offensichtlich geht es der Stadt und ihren Bewohner finanziell relativ gut, zumindest soweit ich das durch das gefühlte Fernglas beurteilen kann. Und ihr Beiname Paris des Nordens scheint mir nicht ganz ungerechtfertigt – auch wenn ich noch nie in Paris war. Am Abend gibt es übrigens gegen 20:15 Uhr noch ein paar Nordlichter, aber nach den Aktivitäten am gestrigen Himmel sind wir ganz offensichtlich reichlich verwöhnt, und können das wenn auch relativ schwache Polarlichter nicht mehr richtig würdigen. Dabei ist der kp-Wert für den heutigen Abend noch ziemlich gut, das Zentrum der Nordlichter liegt sehr viel weiter im Nordosten an der russischen Küste.