8. Reisetag San Joaquin – 08.02.2020
Heute verlassen wir Cocuy dann endgültig. Frühstück ist wieder für 7:00 Uhr angesetzt, die Abfahrt ist dann für 8:00 Uhr geplant. Es geht zunächst auf dem Weg zurück, auch dem wir auch hergekommen sind. Es gibt aber zumindest auf dem ersten Teil der Strecke auch kaum eine andere sinnvolle Alternative.
Gegen 12:00 Uhr kommen wir auf der von uns befahrenen geteerten Nationalstraße 55 an die Abzweigung der Nationalstraße 64. Diese ist kaum mehr als ein besserer Sandweg, dafür hat sie allerdings wenig Verkehr. Sie ist der Startpunkt für unsere Mountainbike Tour. Aber bevor es losgehen kann, bekommen wir natürlich die entsprechende Sicherheitsausrüstung mit Helm, Ellenbogenschoner, Knieschoner und einem Paar Handschuhe ausgehändigt. Zu diesem Zeitpunkt erscheint das noch ein bisschen albern. Fahrrad sind die wohl alle schon mal gefahren, das Gelände vor uns ist relativ eben, auch wenn es später, wie man uns schon sagte, bergab gehen soll. Ok, das Fahren auf dem Mountainbike ist wegen der Federung ein bisschen anders, aber es bleibt ja Fahrradfahren. Was jetzt noch fehlt ist das Mountainbike selbst, dieses wird noch ein bisschen an die eigene Größe bzw. das Gewicht bezüglich der Federung angepasst. Es folgt noch eine Einweisung in die Technik, es gibt logischerweise auf dem Mountainbike keine Rücktrittbremse, sondern zwei Handbremsen für vorne bzw. hinten. Es liegt natürlich in der Natur der Sache, dass es nicht zu empfehlen ist, nur vorne zu bremsen. Die Gänge werden mit Zeigefinger und Daumen geschaltet, und wir werden noch mal darauf hingewiesen, nur mit maximal zwei Fingern zu bremsen, und die anderen an den Lenkergriffen zu behalten. Und dann kann es auch wirklich losgehen. Wie Starten auf einer Höhe von 3250 m, und die ersten paar Kilometer geht es relativ eben dahin. Die Nationalstraße ist hier ein Sandweg mit hin und wieder ein paar kleinen Schlaglöchern, aber im Großen und Ganzen relativ einfach. Zu bedenken ist natürlich, aufgrund der Höhe wird man schneller kurzatmig, zumal der Wind natürlich wie immer beim Radfahren von vorne kommt. Nach dem ebenen Abschnitt machen wir noch eine kurze Pause. Ich beschließe meine Kamera, die ich zwar über den Kopf über die Schulter auf den Rücken gedreht habe, doch lieber in unseren Kleinbus zu legen, da es mehr staubt, als ich im Vorfeld erwartet hatte. Und wenn die Kamera so herum baumelt, behindert es auch beim Fahren, und mit Rucksack erscheint es mir auch irgendwie nicht so die optimale Variante, den jedes Mal absetzen um ein Foto zu machen. Folglich wird es eben keine Bilder von unterwegs geben können. Der Kleinbus fährt genauso wie das Fahrzeug der Mountainbikecrew schön gemächlich hinter uns her. So hat man auch immer die Option vom Rad zu steigen, wenn der Hosenboden rebelliert, oder was sonst so passieren kann.
Von nun an ist es eine lange, lange Abfahrt. Oder anders gesagt, ab hier bremst man nur noch um die Geschwindigkeit aus dem Gefälle zu reduzieren. Dabei gibt es, wie nicht anders zu erwarten, einige ziemlich enge Kurven. Der Untergrund ist meist fest und an einigen Stellen mit etwas losem feinen Sand, was die Sache dort etwas knifflig macht. Denn in dem Pudersand rutscht schnell mal das Vorderrad weg und es wird schnell zum Test der Schutzausrüstung, also ist dort ein bisschen Vorsicht geboten. Trotzdem erreicht man schnell wieder ohne großes eigenes Zutun Geschwindigkeiten von gefühlten 25 oder 30 km/h. Wie schon beim Wandern zieht sich die Gruppe hier immer wieder auseinander, da sich die Risikobereitschaft der Teilnehmer zwischen „ziemlich mutig“ und „mit sehr viel Bedacht“ erstreckt. So gibt es immer wieder kleine Pausen, damit unser Mountainbike-Guide die Gruppe einigermaßen zusammenhalten kann. Zumal er vorne fahrend laut pfeift, wenn es ein Hindernis, einen sehr seltenen Gegenverkehr oder auch mal einen aufgeregten Hund am Straßenrand gibt. Die Warnung wird dann zwar immer an den Hintermann weitergegeben, aber zu groß dürfen die Abstände dafür eben auch nicht werden. Genauso empfiehlt sich eher ein diszipliniertes Hintereinander herfahren, da es in die Kehren sonst auch schnell mal eng werden kann, wenn doch mal jemand mit ein bisschen überschüssiger Geschwindigkeit unterwegs ist. Auf der Strecke machen wir dann auch noch einen Stopp für eine verspätetes Mittagessen. Zugleich können sich auch die Finger wieder etwas vom Bremsen erholen, und wie man sich denken kann, mache ich das nur, wenn ich wirklich muss. Danach geht die „wilde Fahrt“ genauso weiter bis wir schließlich in Onzaga ankommen, und uns gleich mal an den Stufen der örtlichen Kirche direkt an der Plaza breit machen. Inzwischen sind wir auf rund 1950 m, also rund 1300 Höhenmeter tiefer als unser Startpunkt, und das auf eine Strecke von gut 30 Kilometern. Bis hier war es eine nette Gaudi. Unser Guide erklärt uns nun wie der weitere Streckenverlauf ist – kolumbianisch flach. Zunächst geht es noch ein bisschen abwärts und dann zum Ende hin wieder „ein bisschen“ rauf. Aber es besteht natürlich weiter immer die Option, das Rad auf den Hänger zu stellen, und in den Kleinbus zu steigen. Die Ansage zur Entfernung „etwas mehr als 10 Kilometer“. Bei der Recherche zu diesem kleinen Tagesbericht kommt Google-Maps bis zu unserer nächsten Unterkunft auf rund 18,5 Kilometer, fairerweise muss man sagen, dass unser Treffpunkt vor der Ortseinfahrt von San Joaquin etwas mehr als einen Kilometer vor unserem Hotel entfernt liegt. Zunächst geht es wie angekündigt weiter munter bergab, auf den nächsten etwa 10 Kilometern verlieren wir weitere 250 Höhenmeter. Aber dann wird es ernst. Auf den folgenden rund 6 km geht es ebenso viele Höhenmeter wieder rauf. Und natürlich fahren wir immer noch auf einem Sandweg. An zwei Steigungen wird es dann für mich zu viel, und ich muss vom Rad steigen, und meinen Vordermann ziehen lassen. Es ist einfach kein noch kleinerer Gang mehr da, um runterschalten zu können. Wobei man gefühlt ohnehin schon fast steht. Die Oberschenkel brennen ordentlich, als ich schließlich am Treffpunkt eintreffe. Immerhin sieht man den nach mir eintrudelnden Mitreisenden auch an, dass es für sie auch alles andere als ein Sparziergang war. Aber den Hut ziehe ich vor einer Mitreisenden, die sich praktisch den ganzen Anstieg direkt vor dem „Lumpensammler“ hier hoch gequält hat, während andere sich längst die Strapaze erspart haben. Von dem Treffpunkt geht es dann noch 400 kolumbianische Meter bis zu unserer Unterkunft. Auf den letzten Metern macht es dann auch nichts mehr, dass es noch ein paar Höhenmeter sind, denn dort sind wir auf schöööönem glatten Beton unterwegs. So erreichen wir schließlich gegen 18:30 Uhr mit dem letzten bisschen Rest vom Tageslicht unser Hotel. Wobei es sich um ein umgebautes Wohnhaus handelt, in dem man alle möglichen Räumlichkeiten noch zu Zimmern umgebaut hat. Ich erreiche mein Zimmer beispielsweise über die Garage, was aber auf der anderen Seite natürlich den Vorteil hat, keine Treppe mehr steigen zu müssen. Insbesondere auf den Beinen ist eine ordentliche Patina aus Staub und Schweiß. Und die Duschen sind heute wieder kalt. Und doch ist es eine Wohltat, zumal die Dusche fast schon zum Strandbad wird, spätestens als ich auch noch meine Hose ein bisschen durchwasche, um sie morgen nicht nur unter Überwindung wieder anzuziehen, wenn wir noch ein bisschen mit dem Mountainbike fahren wollen.