16. Reisetag Okavango Delta – 18.09.2016
Unsere heutige Wegstrecke ist wieder relativ kurz, so brechen wir erst gegen 10:00 Uhr auf. Es geht in Richtung Grenze nach Botswana, dabei geht es die letzten 30 km wieder durch einen Nationalpark. Auch wenn wir auf der Hauptstraße relativ zügig unterwegs sind, sehen wir einige Elefanten und eine Straußenfamilie. Die Straußendame hat ein graues Gefieder, womit sie am Tage sehr gut getarnt ist, wenn es gilt auf dem Nest die Eier auszubrüten. In der Nacht übernimmt diese Aufgabe das Männchen, wozu sein schwarzes Federkleid eine perfekte Tarnung bietet. Unser Straßenpärchen ist aber schon weiter, es ist mit 13 Kleinen unterwegs.
Die Ausreise aus Namibia und auch die letzte Einreise nach Botswana gestaltet sich unkompliziert, wie alle anderen bisher auch. Inzwischen stellt sich auch schon eine gewisse Routine beim Ausfüllen der Formulare ein. Es stellen sich eigentlich nur noch zwei Fragen: wie hieß noch die nächste Lodge, und wie war noch das Kennzeichen unseres Fahrzeugs. Ab hier sind es nur noch ca. 70 km in Richtung Südosten bis Sepupa. Nach der kurzen Mittagspause, steigen wir hier in kleine Boote um. Das hört sich zunächst vielleicht etwas merkwürdig an. Immerhin befinden wir uns hier in der Kalahari, eine der größten wüstenähnlichen Landstriche auf unserem Planeten. Sie bedeckt sehr große Flächen des südlichen Afrika. Der Grund für die großen Flüsse, hier ist es der Okavango, sind die regenreichen Gebirgszüge im südlichen Angola. Dort entspringen neben dem Kongo, der nach Norden fließt, der Sambesi, der Kawango, der später zum Chobe wird, und eben der Okavango. Die letzten drei Flüsse verbanden sich vor ca. 2 Millionen Jahren zum Limpopo River, der schließlich in den indischen Ozean mündete. Durch eine tektonische Verwerfung, die auch als Simbabwe Kalahari Achse bezeichnet wird, wurde der Abfluss versperrt. Dadurch entstand der damals größte See Afrikas, der das heutige Magkadigkadi Becken mit seinen Salzpfannen und das heutige Okavango Delta umfasste. Vor etwa 20.000 Jahren suchte sich das Wasser einen neuen Abfluss nach Nordosten. Der obere und untere Sambesi wird damit verbunden. Teil dieser neu entstandenen Verbindung sind auch die Victoria Fälle. Es kam zu einem schleichenden Austrocknungsprozess im Magkadigkadi Becken, der vor ca. 1500 Jahren zu einer völligen Austrocknung der heutigen Salzpfanne führte. Nur in sehr regenreichen Jahren in Angola läuft das Okavango Delta über, und füllt dann über den Boteti Fluss auch die Magkadigkadi Pans wieder. Das Okavango Delta selbst hat eine Größe von ca. 15.000 km² und damit etwa die Fläche von Schleswig-Holstein. Wie schon gesagt stammt das Wasser im Wesentlichen aus dem Hochland Angolas, wo es Niederschlagsmengen von etwa 2000 Liter pro Quadratmeter gibt, im oberen Delta sind es gerade mal 500, im unteren noch weniger. So ist es auch zu erklären, warum es praktisch wenige 100 m neben dem Okavango staubtrocken ist. Am Fluss und insbesondere im Delta aber ein Wasserparadies mit unzähligen Reihern, Krokodilen oder Hippos vorhanden ist. Dazu kommen noch die etwa 650.000 t fruchtbaren Schwemmsand, die jedes Jahr mit dem Okavango ins Delta transportiert werden. So ist im oberen Delta ein breiter Streifen mit Schilf und Papyrus am Okavango bewachsen. Dieser Schwemmsand sorgt allerdings auch dafür, dass das Gebiet inzwischen sehr flach geworden ist. So beträgt die Höhendifferenz zwischen dem Anfang des Deltas und den letzten Ausläufern auf der Strecke von etwa 250 km lediglich 60 m, die im Delta vorhandenen kleinen Sandinseln überragen die Umgebung kaum mehr als maximal 3 m. Das vorhandene Wasser lockt natürlich eine Unzahl an Tieren an, so gibt es hier neben den 71 Fischarten, 33 Amphibienarten, 64 Reptilienarten, 122 Säugetieren alleine 444 Vogelarten. Garniert wird das Ganze noch mit über 1300 Pflanzenarten. Dabei erreichen die höchsten Wasserstände das Delta zu den Zeiten, in denen hier in diesem Gebiet eigentlich die höchste Trockenheit herrscht. Das Wasser hat natürlich auch schon früh Menschen angezogen, so sind hier die ersten Spuren von sesshaften Menschen im südlichen Afrika zu finden. Wobei es bei ihnen offensichtlich immer wieder großer Wanderbewegung gab, vermutlich nicht zuletzt wegen der hier häufig vorkommenden Krankheiten wie die Schlafkrankheit und Malaria. Das wirklich Besondere und in dieser Dimension auch einzigartiger am Delta ist aber, dass es keinen Abfluss des Wassers ins Meer gibt. Die riesigen Wassermassen stellen 95 % des Oberflächenwassers in Botswana dar. Ein ebenso großer Teil von 95 % des Wassers im Delta verdunstet auf dem Weg durch das Delta, 2 % versickern und nur 3 % erreichen eigentlich das östliche Ende des Deltas bei Maun. Die Wassermassen brauchen etwa drei Monate um durch die natürlichen Filter des Deltas zu fließen. Dabei spielt der starke Bewuchs mit Schilf und Papyrus aber auch die nur geringe Fließgeschwindigkeit aufgrund der nur sehr geringen Höhendifferenz eine Rolle. Die größten Wassermengen kommen in den Monaten Dezember bis April ins Delta. Danach trocknet das Delta zunehmend ab. Das bedeutet natürlich, dass sich das Aussehen des Deltas über den Jahreszyklus deutlich verändert. Im Osten steigen zwar die Pegel, aber die grundsätzliche Ausdehnung verändert sich nur unwesentlich. Im Westen ist das Gebiet eher von Inseln und Sumpfgebieten geprägt, die ihr Aussehen entsprechen stark verändern. Weitere weitaus stärkere wenn auch seltenere Veränderungen entstehen immer wieder durch Erdbeben. Die letzte große Serie entlud sich in den 1950ern. Sie schuf wieder eine Wasserverbindung des Boro Wasserarms im Osten, der seit Menschengedenken trocken war. Die seismischen Aktivitäten entstehen dadurch, dass das Delta der südliche Abschluss des ostafrikanischen Grabenbruchs ist. Dieser Grabenbruch entsteht durch das Auseinanderdriften der afrikanischen und arabischen Kontinentalplatten. Dabei scheint nun an der afrikanischen Ostküste ein Stück des Kontinents abzubrechen. Wobei dieser Prozess natürlich sehr langsam verläuft, man geht von einigen Millionen Jahren aus, bis dieser Vorgang wirklich abgeschlossen ist. Geologen erklären dadurch auch die relativ vielen flächenmäßig großen aber flachen See, die darüber hinaus sehr Mineralhaltig sind, und die Vulkane im Gebiet des Grabenbruchs.
Damit soll es heute auch genug über das Okavango Delta sein. Wir selbst brauchen etwa 1,5 Stunden mit den kleinen schnellen Motorbooten um unser heutiges „Hotel“ zu erreichen. Ein Hausboot auf einem der großen Kanäle des oberen Okavango Deltas. Das Hausboot hat nur zehn Kabinen mit jeweils zwei Betten. Teilweise teilen sich zwei Kabinen ein kleines in der Mitte liegendes Bad, dass kaum 2 m² groß ist. So putze ich mir hier zum ersten Mal in meinem Leben in der Dusche die Zähne. Das hat den einfachen Grund, dass das Waschbecken in der Dusche hängt. Zum Sonnenuntergang fahren wir noch einmal mit dem kleinen Motorboot durch die umliegenden Kanäle, und genießen die besondere Stimmung am Abend.