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19. Tag        29.10.2014 - Yamphudin (2090m)

Eigentlich sind die Zeiten wie immer, warum auch immer geht es aber heute schon um 7:30 Uhr los. Nach kurzer Wegstrecke geht es auf eine Brücke über den Simbuwa Khola. Von da an geht es fast stetig Berg an, wir steigen etwa 500 Höhenmeter auf. Teilweise ist es recht steil, aber auf halber Strecke lohnt noch mal ein Blick zurück: der Kangchendzönga. Mit seinen fünf Gipfeln, von denen vier über 8000 m hoch sind, ist er schon ein imposanter Berg. Das letzte Stück unseres Aufstiegs geht es einen kleinen Erdrutsch hinauf. Der Umweg über den Lasiya Bhanjyang Pass ist überhaupt nur nötig, weil es hier vor etwa zwei Jahren einen sehr großen Erdrutsch gab.

Erdrutsche sind in Nepal eigentlich nicht wirklich ungewöhnlich. Man muss nur unterscheiden zwischen den natürlichen und denen durch Menschenhand provozierten. Große Teile Nepals und auch der Osten, in dem wir unterwegs sind, liegen im Himalaja. Der Himalaja ist eine der wenigen Gebirgsregionen in der Welt, die noch bis heute wachsen. Er erstreckt sich im Osten vom 7745 m hohen Namcha Barwa in Tibet bis zum 8125 m hohen Nanga Parat in Pakistan. In der Urzeit  ist der indische Subkontinent vom Ursprungskontinent Godwana abgebrochen und ist dann nach seiner Reise über 4400 km auf die eurasische Erdplatte gestoßen. Diese Reise hat etwa 55-60 Millionen Jahre gedauert, bei einer Geschwindigkeit von etwa 25 cm im Jahr. Nach der Kollision hat der indische Subkontinent sich schließlich unter die eurasische Platte geschoben was zu großen Verwerfungen an der Oberfläche geführt. Das Ergebnis ist der heutige Himalaja. Dieser Vorgang verlief in menschlichen Dimensionen gerechnet extrem langsam. So gibt es heute zwischen dem Annapurna und dem Dhaulagiri einen knapp 6000 m tiefen Durchbruch des Kali Gandaki, einem der großen Flüsse in Nepal. Hier hat sich der Fluss schneller eingegraben, wie sich das Land gehoben hat. Interessanterweise befand sich dort, wo der indische Subkontinent auf Land gestoßen ist, früher das Urmeer Tethys. So finden sich heute im Himalaja zahlreiche versteinerte Ammoniten, aber auch versteinerte Krebse oder Fische werden gefunden. Bei dem Zusammenstoß zerbrach der heutige indische Subkontinent, so faltete und verkeilte sich dieser in der eurasischen Platte und schob so ein gewaltiges Gebirge vor sich her – den Himalaya. Noch heute schiebt sich der indische Subkontinent mit einer Geschwindigkeit von etwa 5 cm pro Jahr gegen die eurasische Erdplatte. Dadurch bedingt gibt es natürlich gewaltige Spannungen, die dann auch immer wieder zu größeren Erderschütterungen führen. So gab es zum Beispiel im Jahre 2011 in dem Gebiet, in dem wir hier unterwegs sind, ein Erdbeben der Stärke 6,9 auf der Richterskala. Auch durch diese Erdspannungen verursacht, kommt es immer wieder zu größeren Erdrutschen. Insbesondere in den letzten Jahrzehnten sind aber auch durch Menschenhand verursachte Erdrutsche deutlich mehr geworden. Durch die ansteigende Bevölkerung in Nepal wird immer mehr Energie benötigt. Und diese wird vornehmlich durch das Abholzen der Bäume gewonnen. Dadurch werden die Hänge nicht mehr wie bisher durch die Baumwurzeln gehalten und werden instabil, und als letzte Konsequenz rutschen sie ab.

Zurück zu unserem Tag, wenn man dachte, der Aufstieg ist quälend, dann hat man sich getäuscht. Den Aufstieg sind wir mit etwa 2,5 bis 3 Stunden sehr langsam angegangen. Oben angekommen können wir uns dann das ganze Ausmaß des Erdrutsches ansehen, wegen dem wir heute den kleinen Umweg gehen müssen. Auf einer Breite von etwa 500 m ist praktisch ein halber Berg verschwunden. Und das bis zu dem Fluss Simbuwa Khola hinunter, den wir ja noch am Morgen auf der Brücke überquert hatten. Oben sieht man noch die große Narbe im Gelände, unten scheint das Material einfach verschwunden zu sein. Ein kleines Stück weiter, kann man noch sehen, wo der alte Pfad plötzlich im Nichts endet. Für uns ist dieser die Wendemarke, ab hier steigen wir praktisch nur noch ab. In der nächsten Stunde geht es über Felsblöcke stetig runter.

An einem schönen Aussichtspunkt machen wir unsere Mittagspause, auch heute mit einem Lunchpaket. Nach etwa 30 Minuten gehen wir weiter. In den folgenden etwa 2,5 Stunden geht es praktisch permanent abwärts. Es gibt nur an wenigen Stellen für ein paar Meter Entlastung für Knie und Waden, wenn es mal für ein paar Meter über mehr oder weniger waagerechtes Gelände geht. Anfangs geht es dabei über Felsen später dann über schlüpfrigen Sand hinunter. Letzteres ist noch etwas schwieriger, da der Untergrund recht schlüpfrig ist. So steigen wir heute etwa 1500 Höhenmeter ab. Kurz vor unserem Ziel überqueren wir noch eine wenig vertrauenserweckende alte Holzbrücke über den Amji Khola. Hier empfiehlt man uns nur einzelne über die Brücke zu gehen. Es war aber auch die einzige Brücke auf unserem bisherigen Weg, die optisch ein bisschen zwiespältige Gefühle auslöste. Ich denke mir aber immer, unsere Träger wiegen etwa 60kg, dann das Gepäck von 30kg dazu, damit sind sie dann schwerer als ich. Und sie sind ja schon heil rüber gekommen, dann wird sie mich sicherlich auch rüber bringen, auch wenn sie optisch eben nicht mehr so viel hergibt. Von der Brücke ab geht es nur noch leicht auf und ab, insgesamt steigen wir etwa 100 Höhenmeter wieder bis nach Yamphudin auf, wo unser heutiger Zeltplatz ist. Für den letzten Abschnitt benötigen wir noch einmal etwa 1 Stunde, so erreichen wir etwa 15:30 Uhr das Camp.

Dort treffen wir auch einen Amerikaner und einen Russen wieder. Der Amerikaner hat uns heute Morgen kurz nach unserem Aufbruch überholt, der Russe war wie wir in Tortong im Camp. Beide sind ohne nepalesische Begleitung unterwegs, was eigentlich nicht erlaubt ist, und wenn man ehrlich ist, auch gefährlich ist. Sollte unterwegs etwas passieren, gibt es möglicherweise niemanden, der einem helfen kann, oder zumindest versuchen kann Hilfe zu holen. Beide gehen unabhängig voneinander den Great Himalaya Trail, eine Strecke von etwa 1650 km entlang des Himalaja Hochgebirges. Auch der Amerikaner, mit dem ich mich am Waschplatz kurz unterhalte, ist wie wir auf dem Weg nach Taplejung. Sie übernachten in den Gästehäusern, haben deshalb kein Zelt und auch nicht sehr viel Verpflegung bei sich. Müssen aber natürlich alles selber tragen, was für mich eine Unmöglichkeit wäre. Er ist bereits über drei Monate zu Fuß unterwegs, was immer noch eine sehr schnelle Zeit ist. Üblich sind mindestens vier Monate für diesen Track. An seinem Körper befindet sich scheinbar kein Gramm Fett mehr, er wirkt eher etwas ausgezehrt. So meinte er auch, er wäre sehr sehr sehr müde. Was ich mehr als nur verstehen kann. Wir haben am gestrigen Tag unsere größte Streckenlänge bewältigt, die auf der Karte gemessen etwa 22 km betrug. Und es ging meist abwärts und das Gelände war relativ einfach zu gehen. Und so sind 1650 km in diesem Gelände mit zum Teil extremen Höhen und damit einher gehenden Anstiegen eben nicht mit der norddeutschen Tiefebene zu vergleichen. Er meinte noch, er würde sich morgen ausnahmsweise mal einen Tag Ruhe gönnen. Insgesamt hatte er für dieses Unternehmen mit Anreise und auch Heimweg sechs Monate veranschlagt, und so läge er sehr gut in seinem Zeitplan, zumal es ja nur noch wenige Tage bis Taplejung sind.