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12. Reisetag    21.02.2012 – Buhoma

Heute soll es das Highlight unserer Reise durch Uganda geben: das Gorilla-Trecking. Genauer gesagt geht es um Berggorilla. Sie sind etwas kleiner als ihre Verwandten aus dem Flachland. Dabei sind sie aber deutlich kräftiger. Ein ausgewachsener Berggorilla hat etwa die 20fache Kraft eines Menschen, dabei sind die Tiere Vegetarier, allerdings stehen neben den rund 100 Pflanzenarten noch ein paar Insekten auf ihrem Speiseplan. Aber wir werden sie ja bald sehen, hoffe ich doch mal. Eine Garantie gibt es nicht, aber die Wahrscheinlichkeit liegt schon bei annähernd 100%. Die Permits für das Gorilla-Trecking sind begrenzt auf acht Personen pro habituierter  Gorilla-Gruppe und Tag. Die Gewöhnung von Berggorilla an Menschen geht auf Dian Fossey zurück, die Jahre damit verbracht hat, Berggorilla zu studieren. Sie ist ihnen dabei immer näher gekommen und hat schließlich ein Gruppe habituiert. Sie kämpfte für den Erhalt der Berggorilla, drehte Dokumentarfilme über das Zusammenleben der Gruppen, und schaffte es sogar in einer aufgenommen zu werden. Sie konnte dokumentieren, wie sie von den Tieren berührt wurde und sogar Jungtiere von der Gruppe in ihre Obhut gegeben worden sind. Dennoch war ihr Arbeit auch unter Wissenschaftler nicht unumstritten. Sie kämpfte für Nationalparks in Ruanda und Uganda und gegen die Wilderer und zerstörte deren Fallen. Am 27.12.1985 wurde sie mit eingeschlagenem Schädel in ihrer Hütte gefunden, der Mord an ihr wurde nie aufgeklärt. Wie sie es sich gewünscht hatte, wurde sie auf einem Friedhof begraben, den sie selbst für getötet Berggorilla anlegen lassen hat. In einer Biografie eines kanadischen Schrifttellers über Fossey werden die Mörder eher in staatlichen ruandischen Kreisen vermutet. Sie lebte in einem dauernden Konflikt mit ihnen. Dabei ging es auch um den Tourismus und die kommerzielle Vermarktung der Berggorilla, aber auch um die bewaffneten Patrouillen die Fossey gegen die Wilderer organisiert hatte. Sie selbst galt als unbeherrscht und herrisch gegenüber den Behörden, aber auch sonst als menschlich schwierig, was ihr sicherlich auch nicht gerade nur Freunde eingebracht hat. Nach ihren Vorgaben werden auch heute noch Gruppen von Berggorillas habituiert. Wobei die Zahl der Gruppen heute noch ausgebaut wird. Dabei werden Gruppen durch Forschungsarbeit zunehmend an den Menschen gewöhnt, und werden schließlich für den Tourismus frei gegeben. Den Gorilla-Tourismus gibt es seit 1993. Anfangs war es eine Gruppe, inzwischen sind es sieben alleine in Uganda.

Unsere Reisegruppe wird sich heute wieder teilen. Sechs gehen zur Gruppe H, was für Habinyanja steht. Sie ist die am längsten an Menschen gewöhnte Gruppe. Drei, zu denen ich auch gehöre, werden sich auf den Weg zur Gruppe R, also der Gruppe Rushegura, machen. Dabei wird erwartet, dass für die Gruppe Habinyanja zuerst eine Fahrt von etwa 1,5 Stunden und dann noch ein Fußmarsch von etwa zwei Stunden benötigt werden. Unsere Gruppe Rushegura sollten wir eigentlich mit einem Fußmarsch von etwa einer Stunde erreichen. Aber der Reihe nach, kurz vor 8.00 Uhr gehen wir von unserem Campingplatz zur Campverwaltung. Zuerst sehen wir uns einen kleinen Film zu den Berggorillas an, in dem noch ein paar Dingen zu den Berggorillas und dem Verhalten ihnen gegenüber erklärt wird. Anschließend werden wir auf die schon im Vorfeld festgelegten Gruppen aufgeteilt. Ein Ranger erklärt noch mal ein paar Regeln bezüglich unseres Verhaltens gegenüber den Berggorillas. Man sollte einen Sicherheitsabstand von sieben Metern einhalten, wenn die Tiere den von sich aus unterbieten, sollte man selbst langsam rückwärts wieder auf die entsprechende Entfernung zurückweichen. Die Entfernung ist auch noch plastisch durch ein Modell im Camp dokumentiert. Bei Scheinangriffen der Tiere, die schon mal vorgekommen sind, sollte man unbedingt den Anweisungen des Rangers folgen. Man sollte niemals zwischen die Tiere laufen, hektische Bewegungen machen, die Tiere durch Anstarren reizen oder gar beim Besuch der Gruppe Essen oder Rauchen. Auf dem Weg zu den Berggorilla geht ein Ranger voraus, dann die Gruppe der Touristen und am Ende ein weiterer Ranger der auch bewaffnet ist. Das soll dann im Gänsemarsch erfolgen und die Gruppe soll dabei unbedingt zusammen bleiben. Soviel zur Theorie, als wir uns auf den Weg machen, schreitet der Ranger zügig voraus und die Gruppe zieht sich sehr schnell auseinander, was dem Ranger aber offensichtlich nicht wirklich etwas ausmacht, auch wenn er es gerade noch anders erklärt hatte. Bei unserer Gruppe sind noch zusätzlich drei Träger dabei. Man kann sich für 15 US-$ im Camp einen Träger nehmen, der einem den Rucksack trägt. Wobei zwei ihre Kunden fast mehr den Berg rauf ziehen und schieben, als das diese ihn selbst erklimmen. So ist unsere Geschwindigkeit auch bestenfalls mäßig. Nach der geplanten Stunde sind wir noch nicht mal den ersten Berg hinauf, soviel zum Thema Zeitplan. Dazu muss man vielleicht noch sagen, wir bewegen uns hier im Regenwald und die Topografie ist schon ordentlich wellig und die Anstiege sind auch schon recht steil. Anders als vor zwei Tagen am Muharuva sind aber die Wege trocken. Dafür habe ich heute meine Regenhose angezogen, und die Sonne scheint. Auch hier gilt es wegen der Ameisen die Socken über die Hose zu ziehen. Kurz bevor wir den Berg erklommen haben, treffen wir auch schon auf eine breite Schneise, die durch das Grünzeug geschlagen ist. Unser Ranger erklärt uns, dass hier eine Gruppe von Berggorilla entlang gezogen ist. Oben angekommen nimmt der Ranger Kontakt mit seinen Trackern auf. Diese haben den Kontaktpunkt der Rushegura-Gruppe von gestern mit den Touristen aufgesucht, und sind dann der Spur der Gorilla zu ihrem derzeitigen Aufenthaltsort gefolgt. Da Berggorillas zwar ein relativ großes Revier haben, aber kaum mehr als einen Kilometer pro Tag weiter ziehen, haben unsere Tracker die Gruppe schon gefunden. Sie lotsen uns jetzt zu einem Treffpunkt. Etwa 100m vor dem derzeitigen Aufenthaltsort der Gruppe legen wir unsere Rucksäcke, Wanderstäbe und ähnliches ab. Das Gelände ist wegen des starken Bewuchses des Regenwaldes trotz der Lichtung, auf der wir uns hier befinden, ziemlich undurchdringlich. Die Pflanzen sind teilweise locker größer als wir selbst, und dabei spreche ich nicht von Büschen, sondern eher etwas was bei uns wohl als Farne gelten würde, auch wenn die sicherlich jetzt einer ganz anderen Pflanzenart angehören. Zurzeit hören wir nur um uns herum etwas im Dickicht rascheln. Plötzlich sehen wir aber doch den ersten Berggorilla vor uns. Während wir die ersten Fotos machen, Blitzlicht ist natürlich verboten, bemerken wir auch links und rechts von uns weitere Tiere liegen bzw. sitzen und fressen. Im ersten Moment erschrickt man schon ein bisschen beim Anblick der ziemlich massigen und ganz offensichtlich muskulösen Tiere. Man entspannt aber auch schnell wieder, wenn man sieht wie entspannt ganz offensichtlich die Berggorilla unser Kommen aufnehmen. Es sind schon einige Minuten vergangen, bis wir bemerken, dass sich die ganze Zeit kaum zwei Meter hinter uns einer unser ganzen Treiben genüsslich mit ansieht. Er gähnt einmal und lässt seinen Kopf auf die Brust sinken, fast schon als wenn wir ihn langweilen würden. Aber beim Gähnen konnte man schon schön seine Zähne sehen, man ist vorsichtig formuliert nicht unglücklich darüber, dass der Bursche keinen Streit sucht. Es dauert ein bisschen, bis wir auch den Silberrücken entdecken. Er dreht sich immer etwas von uns weg und scheint kein Interesse an uns zu haben, was aber sicherlich völlig falsch ist. Die Gruppe zieht langsam weiter, wobei sofort unzählige Fliegen auf den Plätzen zu finden sind, auf denen eben doch ein Gorilla gesessen oder gelegen hat. Der Silberrücken ist das Männchen, das die Gruppe führt. Normalerweise gibt es nur einen Silberrücken pro Gruppe, nur in größeren Gruppen sind auch mal mehre zu finden, wobei es auch da einen unangefochtenen Anführer gibt. Wie genau es geregelt ist, das die verschiedenen Tiere sich verständigen, wann es weiter geht, erschließt sich mit nicht. Als der Silberrücken vielleicht 50m weiter geht, hört man plötzlich in der Umgebung an verschiedenen Stellen auch Tiere durch die Vegetation laufen. Erst jetzt wird mir eigentlich bewusst, dass wir uns eher innerhalb der Gruppe befinden, als am Rande wie es ja noch unten vom gleichen Ranger erklärt worden ist, der uns jetzt auch hier her geführt hat. Auch mit dem Mindestabstand von sieben Metern hat das hier nichts zu tun, dazu muss man aber auch fairerweise sagen, bei einem solchen Abstand würde man bei dem Bewuchs nicht mal einen Berggorilla erahnen können. Das mag je nach Bewuchs bei den anderen Gruppen bzw. deren jeweiligen Aufenthaltsorten anders sein, aber wir sind definitiv unabhängig von dem Tier, das „plötzlich“ direkt hinter uns war, deutlich dichter heran geführt worden. Einer der Tracker schlägt uns auch einen Weg mit der Machete frei, damit wir den Berggorilla folgen können. Einige der Berggorilla klettern auf Bäume um dort die Blätter zu fressen, oder sich auch mal einfach nur kurz in eine Astgabel zu legen. Beim herunter steigen nehmen sie es auch schon mal fast übermütig in Kauf, wenn sie mit einem Ast zu Boden krachen.

Kurz bevor unsere Zeit bei den Berggorilla um ist, beginnt der Silberrücken sich wieder weiter zu entfernen. Man hat fast das Gefühl, er hätte entweder eine Uhr, was natürlich Quatsch ist, oder ein ziemlich gutes Zeitgefühl, und weiß auch so, wann er wieder seine Ruhe hat. Wir schauen noch den anderen Berggorillas nach, als uns einer der Tracker darauf aufmerksam macht, dass wir mal zur Seite treten möchten. Lautlos haben sich zwei Halbstarke hinter uns auf einem kleinen Pfad gestellt, und kaum sind wir aus dem Weg, gehen sie auch zielstrebig und doch gleichzeitig völlig unbekümmert und in aller Seelenruhe an uns vorbei.

Wir gehen schließlich zurück zu den Rucksäcken und damit im Gepäck noch ein gutes Stück weiter, um unsere Mittagspause zu machen. Wir werden angehalten keine Essenreste fallen zu lassen oder gar liegen zu lassen. Zuvor hieß es auch „größere Geschäfte“ unseres Verdauungstraktes wären sicher zu vergraben. Das dient natürlich alles dazu, möglichst keine Krankheitserreger zurück zu lassen, die insbesondere den Berggorillas gefährlich werden könnten. Sie sind von der Evolution eng mit uns Menschen verwandt, und daher natürlich auch bezüglich der Ansteckung durch den Menschen besonders gefährdet. Im Vorfeld hieß es auch, man müsste unbedingt völlig gesund sein, um überhaupt am Gorilla-Trecking teilnehmen zu dürfen. Das galt auch ausdrücklich bezüglich möglicher Erkältungen oder auch nur eines Schnupfens. Nicht gemeint ist damit, mal zu niesen. Man sollte nur eben auch kein Bazillenmutterschiff sein. Bei unserer Gruppe Rushegura ist vor zwei Tagen ein Weibchen gestorben. Man hat das tote Tier untersucht und heute war auch ein Tierarzt mit den Trackern zu der Gruppe unterwegs, um sich die übrige Gruppe noch mal genauer anzusehen. Das Tier ist aber wohl laut dem Tierarzt an einen natürlichen Tod gestorben. Insgesamt gibt es unter Wissenschaftler aber auch durchaus einige sehr kritische Stimmen zum Thema Gorilla-Trecking. Man meint, dass sich durch die ständigen Besuche das Verhalten der Berggorilla verändern würde, von dem Risiko der Übertragung von Krankheiten ganz zu schweigen. Belegt ist auch selbst durch die Parkverwaltung, dass sich die habituierten Gruppen schneller vermehren, als die noch ohne jeglichen Kontakt zu Menschen es tun. Früher wurden Berggorillas bejagt, was auch der Grund dafür ist, warum vor dem Besuch jedwede Art von Stöckern und dergleichen abzulegen ist. Denn früher wurden sie eben mit für die Gorillas ähnlich aussehende Waffen angegriffen. Heute gibt es noch rund 400 Berggorillas in Uganda und noch mal etwa die gleiche Zahl im nahen Ruanda, Ende der 80er Jahre schätze man ihren gesamten Bestand auf etwa 620 Tiere. Ansonsten gibt es keinerlei Vorkommen mehr auf der Erde, weshalb sie natürlich zu den sehr bedrohten Arten auf unserem Planeten gehören. Die Population der Berggorilla teilt sich in etwa 30 Gruppen auf, dabei gibt es Gruppen von sehr wenigen Tieren, die kleinste habitulierte Gruppe ist die Mubare Gruppe mit fünf Mitgliedern, die größte Gruppe hat knapp 50 Tiere, ist aber nicht habituiert. Sowohl Habinyanja als auch Rushegura zählen mit jeweils rund 20 zu den größten habituierten Gruppen. Was natürlich die Chance erhöht auch eine gute Sicht auf die Berggorillas zu bekommen. Zum Abschluss noch ein paar Zahlen zu ihnen. Silberrücken, ihren Namen bekommen sie wegen der ergrauten Haare auf dem Rücken, können etwa 200kg schwer werden und erreichen stehend etwa eine Größe von 1,80m. „Unseren“ Silberrücken schätze ich mal auf eine Schulterhöhe von 1,20m, wenn er auf allen vieren läuft. Wobei Berggorilla nur sehr selten wirklich laufen. Sie beginnen den Tag zwar gleich mit Fressen, über Mittag machen sie eine Siesta um dann den Nachmittag wieder mit Fressen zu verbringen. So fressen sie im Verhältnis zum Körpergewicht schon eine ordentliche Portion „Grünzeug“, nur ist dieses eben auch nicht sehr nahrhaft und praktisch auch in der Nähe mehr als ausreichend vorhanden. So bewegen sie sich nur wenig, daher auch nur die relativ kurzen Tagesdistanzen, wobei ihr Revier durchaus einen Umkreis von 25km umfassen kann. Dabei überlappen sich natürlich auch die Reviere der verschiedenen Gruppen.  Trotzdem vermeiden die verschiedenen Gruppen den Kontakt miteinander. Die Tragzeit der etwas kleineren Weibchen beträgt 257 Tage. Die Jungen, selbst Zwillinge sind selten, werden dann etwa drei Jahre gesäugt. Die Geschlechtsreife erreichen Weibchen mit ca. sieben, Männchen mit etwa zehn Jahren. Sie pflanzen sich dann aber normalerweise nicht sofort fort. Dafür verlassen sie dann aber ihre Geburtsgruppe um sich einer anderen anzuschließen. Insgesamt sind Berggorillas nur tagaktiv. Für die Nacht bauen sie in wenigen Minuten ein Nest aus Blättern und Zweigen, welches sie in der Regel auch nur einmal benutzen.

Auf dem Rückweg zum Camp der Parkverwaltung kommen wir noch an einigen Nestern vorbei, in dessen unmittelbarer Umgebung auch gleich die Morgentoilette der Berggorilla zu finden ist. Wir selbst brauchen kaum weniger Zeit um zurück zum Camp zu kommen, da zwei aus unserer Gruppe ziemlich erschöpft sind, auf dem Hinweg wurden sie eher nach oben befördert, und jetzt auf dem Rückweg haben ihre Träger kaum weniger Mühe sie heil hinunter zu bugsieren. Wobei der Pfad aber auch so schmal ist, das man dort nur schwer helfen kann. So sind wir erst gegen 14 Uhr zurück am Camp, aus den zuvor getaxten drei Stunden sind so nahezu sechs geworden. Aber auf jeden Fall eins der ganz großen Erlebnisse.