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7. Reisetag         Damas – 04.03.2022

Das Frühstück ist für 7:00 Uhr und die Abfahrt für 8:00 Uhr geplant. Dabei haben wir heute nur eine relativ kurze Fahrt nach Los Campesinos geplant. Bei Los Campesinos handelt es sich um eine kleine Gemeinde, die etwas abseits der Straße liegt, und ein kleines Naturschutzgebiet hat. Früher wurden hier Kakao und auch Vanille angebaut. Die Vanille wie auch kurz darauf der Kakao ist dann aber vor etwa 40 Jahren nahezu komplett durch Krankheitserreger vernichtet worden. Damals wusste man nicht, wie man die Erreger hätte bekämpfen können. So beschloss man mit staatlicher Unterstützung einen größeren Teil des Landes der Gemeinde in ein privates Naturschutzgebiet umzuwandeln. Dieses Gebiet ist heute in weiten Teilen wieder von Wald bedeckt. Die von den Besuchern generierten Einnahmen kommen heute der Gemeinde zu Gute.

Unsere Anfahrt nach Los Campesinos ist mit ein paar Schwierigkeiten verbunden. Nachdem wir von der Hauptstraße abgebogen sind, geht es schon bald über eine etwas ausgefahrene Schotterpiste. Nach einigen Kilometern wird das dann aber auch für unseren kleinen Bus zu unwegsamen. Dazu kommen dann noch einige kurze aber relativ steile Steigung. So werden wir an einem Treffpunkt von zwei Geländewagen abgeholt. Jetzt in der Trockenzeit ist die Straße zumindest noch von relativ normalen PKWs zu bewältigen, in der Regenzeit ist aber vermutlich dann auch damit kein Durchkommen mehr möglich. Gegen 9:30 Uhr steigen wir die Allradfahrzeuge, die uns dann etwa in einer Dreiviertelstunde bis nach Los Campesinos bringen. Hier geht es dann nach ein paar Pancakes aus Maismehl auf eine Wanderung durch das private Naturschutzgebiet der Gemeinde. Ein örtlicher Guide führt uns durch den Wald und erklärt uns zahlreiche Pflanzen. Aus der Tierwelt sind es Zikaden und einige braune Frösche am Erdboden. Aber mehr ist mit unserer größeren Gruppe im laut raschelnden Laub auch kaum zu erwarten. Unser Weg ist ca. 3-4 km lang, und steigt etwa 200 Höhenmeter an. Aufgrund der Erklärungen und einer kleinen Seilbahnfahrt in einem Korb über ein kleines Tal hinweg, sind wir gegen 13:00 Uhr zurück in Los Campesinos, wo wir dann unser Mittagessen haben. Wobei das letzte Stück des Weges über eine Fußgängerbrücke geht, die rund 41m über den Boden ein kleines Tal auf einer Länge von rund 120m überspannt. Unser Führer meinte, dort könne man außer zu Fuß auch mit dem Fahrrad oder kleinen Moped drüber fahren. Letzteres erscheint mir schon fast ein bisschen ehrgeizig. Das die Brücke das trägt, steht sicherlich außer Frage, aber die Plattform ist etwa 40cm breit, und dann verläuft die seitliche Sicherung V-Förmig. So hat man vermutlich gerade so Platz genug, aber die Hängebrücke gerät eben auch in Schwingungen, wenn man sich auf ihr bewegt. Aber sei es drum, für die Menschen hier ist die Brücke eine große Erleichterung um über den kleinen Fluss zu kommen.

Der Werdegang des hiesigen Naturschutzgebietes ist typisch für Costa Rica. Heute werden noch etwa 35 % der Fläche landwirtschaftlich genutzt. 28 % der Fläche steht in verschiedenen Formen unter Naturschutz. Davon ist ein wesentlicher Teil in privaten Naturschutzgebieten organisiert, die nicht selten um die Nationalparks herum angelegt worden sind. Insbesondere diese privaten Naturschutzgebiete entstammen fast ausschließlich ehemaligen landwirtschaftlich genutzten Flächen. So sind auch heute deutlich weniger Menschen in der Landwirtschaft beschäftigt als früher. Ihr Anteil beläuft sich auf etwa 12 % der Arbeitskräfte. Sie erwirtschaften etwa 5 % des Bruttosozialproduktes. Und ebenso wie früher hier Monokulturen vorherrschend waren, in Los Campesinos Kakao und Vanille, ist es auch heute noch. So gibt es im Bereich des Zentraltals vor allem Kaffee, westlich davon und auch nördlich davon ist es vielfach Rinderzucht, im Bereich von Damas und nördlich davon ist es Palmöl, südlich davon gibt es riesige Ananas-Plantagen. Und im Südwesten sind es die Bananen. Diese Monokulturen sind natürlich besonders empfindlich gegenüber Schädlingen, die Landwirtschaft kann dann oftmals nur unter hohem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln betrieben werden. So sind in dem Bereich, in dem heute die Öl-Palmen angepflanzt werden, früher große Bananen-Plantagen gewesen. Deren Betrieb wegen der Auslaugung des Bodens und der Resistenzen, die sich gegen bestimmte chemische Pflanzenschutzmittel gebildet haben, unmöglich geworden ist. In den 70er Jahren des 20 Jahrhunderts war die Zeit der Bananen hier endgültig vorbei. Den ohnehin relativ armen Menschen wurde die Existenzgrundlage genommen. Der Staat versuchte mit Subventionen verschiedene andere landwirtschaftliche Produkte anzusiedeln. Es setzten sich die Öl-Palmen als lukrativste Möglichkeit durch. Die Öl-Palmen werden heute großflächig schachbrettartig gepflanzt. So sieht man gerade oder auch diagonal alle Palmen in Reih und Glied stehen. Ein Unterholzbewuchs oder auch Tiere sucht man in diesen Plantagen vergeblich. Jedenfalls wenn man mal von Ratten und Mäusen absieht, die dann wieder zahlreiche Greifvögel anlocken, und eine entsprechend große Population in diesen Bereichen haben. Die Öl-Palmen kommen ursprünglich aus Westafrika und werden bis zu 30 m hoch. Die ersten Früchte bilden sich bereits nach drei Jahren. In einer voll entwickelten Plantage werden insgesamt knapp fünf Tonnen Palmöl pro Hektar geerntet. Im Jahre 2019 kamen so 247 Millionen Tonnen in Costa Rica zusammen. Der Aufsteiger in der Region ist aber Guatemala. Hier wird erst seit dem Jahre 2000 im größeren Maßstab überhaupt Palmöl produziert, im Jahr 2019 kam man hier schon auf eine Produktion von 852 Millionen Tonnen. Dort ist die Fläche etwa 190000 ha groß gewesen, während Costa Rica auf etwa ein Drittel der Fläche kommt. Daran kann man schon erkennen, dass die Erträge pro ha in Guatemala noch mal höher sind. Weltweit gesehen, sind aber Indonesien und Malaysia die deutlich größten Produzenten, die auf sich fast 85% der weltweiten Erzeugung vereinen. Die Ernte unterscheidet sich in das Palmöl selbst, das aus dem Fruchtfleisch gewonnen wird (Ölgehalt rund 50%), und dem Palmkernöl, das aus den Kernen gewonnen wird. In den Statistiken wird beides aber in der Regel zusammengefasst. Die Fruchtstände selbst können bei einem Durchmesser von bis zu 50cm bis zu 70cm hoch werden. Der ganze Fruchtstand kann dabei bis zu 50kg schwer werden. Geerntet wird, in dem man die Fruchtstände in Höhe der Palmblätter mit einer an einem Holz- oder Aluminiumstab befestigte Machete herausschneidet und auf den Boden fallen lässt, wo sie dann später von Arbeitern eingesammelt werden. Beides sind körperlich sehr anstrengende Arbeiten, und wegen des Gewichts der herunterfallenden Fruchtstände das Abschneiden auch nicht ganz ungefährlich. Dazu kommt noch das Klima. Öl-Palmen wachsen ideal bei 26°C und verbrauchen relativ viel Wasser. So verwundert es auch nicht, das Öl-Palmen lediglich um den Äquator herum angebaut werden. Aber was macht die Öl-Palme wirtschaftlich gegenüber allen anderen pflanzlichen Ölen so erfolgreich: die Erntemenge. Öl-Palmen werden auf etwa 7% der Flächen für die Produktion von pflanzlichen Ölen angebaut. Sie produzieren dort aber 37% der Ölmengen. Palmöl zeichnet sich durch einen hohen Fettgehalt aus, Verwendung findet es zu 68% in der Lebensmittelproduktion. Laut Greenpeace steckt in jedem zweiten Lebensmittel in unseren Supermärkten Palmöl, meist neutral als „Pflanzenöl“ bezeichnet. Weitere 27% werden für Kosmetik und Reinigungsmittel verwendet und rund 5% werden zu Biotreibstoff bzw. zu Zusätzen zu herkömmlichem Treibstoff aus Erdöl verarbeitet. Dabei hat Palmöl ein ziemliches schlechtes Image, und das leider nicht ganz zu Unrecht. Die Produktion vom Palmöl wurde seit 2007 nahezu verdoppelt. Um das zu schaffen, wurden allerdings große neue Anbauflächen zumeist durch günstige aber unter klimatischen Gesichtspunkt höchst fragwürdiger Brandrodung von Regenwald geschaffen.

Aber zurück zu unserem Aufenthalt in Los Campesinos. Nach der Mittagspause gibt es noch die Möglichkeit an einem nahe der Ortschaft gelegenen kleinen Wasserlauf in einem kleinen Teich zu schwimmen. Dazu hat man mit größeren Steinen eine kleine Staumauer unterhalb des Wasserfalls angelegt, so dass sich das Wasser dort etwas aufstaut und sich der Schwimmteich bilden konnte. Gegen 15 Uhr brechen wir wieder auf. Wie auf den Hinweg geht es das erste Stück wieder im Allradfahrzeug bis zu unserem wartenden Bus zurück. Und damit dann weiter bis zu unserer Lodge.

Vielleicht noch eine kleine Nachlese zum Ort Los Campesinos. Ursprünglich war in diesem Gebiet eine indigene Gruppe zu Hause. Anders als in den anderen mittelamerikanischen Ländern haben sich diese in Costa Rica nahezu verloren. Bis auf die Chorotega im Nordwesten hatten die indigenen Gruppen keine eigenen Schriften, und die Chorotega benutzten die aus dem heutigen Mexiko von den Olmeken und später Azteken beeinflussten Schriften und Kalender. Als die ersten spanischen Eroberer ab 1520 zahlreicher versuchten ins Land zu kommen, wurden diese von den kriegerischen Stämmen und vor allem den harten klimatischen Bedingungen in Kombination mit einem schier undurchdringlichen Urwald aufgehalten. Es gab weder nennenswerte Mengen an Gold noch Silber, so konzentrierten sich die Spanier zunächst auf andere Gebiete in der neuen Welt. Später als sie dann doch Fuß fassen konnten, begannen sie die Stämme zu unterwerfen und Sklaven aus deren Reihen zu nehmen. Die meisten Indigenen starben dann aber zwischen 1610 und 1660 an aus Europa eingeschleppten Krankheiten wie Röteln, Masern oder Tuberkulose, so dass sich die Übrigen in die Berge oder tief in die Regenwälder zurückzogen. Sie versuchten sich so gut wie möglich selbst zu isolieren. Dabei ging dann zunehmend ihre eigene Kultur mit verloren. So gingen die Stämme im Laufe der Jahrzehnte zunehmend verloren bzw. assimilierten sich. Selbst in der neueren Zeit wurde ihre Existenz noch lange vom Staat ignoriert. 1939 schließlich schuf Costa Rica die ersten drei Reservate in „brachliegenden Regionen“ wie es offiziell hieß. Ihnen wurden Gebiete zugewiesen, in denen sie sich zurückgezogen hatten, und die zu dem Zeitpunkt wirtschaftlich als verzichtbar galten. Eigentümer blieb aber der Staat. An den Grenzen wurde in der Folgezeit immer mal wieder Änderung vorgenommen, weil Teile des zugewiesenen Lands zwischenzeitlich doch interessant wurden. Bei der großen Verfassungsreform 1948 wurde ein allgemeines Wahlrecht für alle geschaffen … mit einer Ausnahme, den Mitgliedern der indigenen Stämme. Im Jahre 1977 gab es dann eine Zusicherung, dass ihnen ihr zugewiesenes Land jetzt als Co-Eigentümer gehörte. Das Recht wurde ihnen 1981 kurzerhand wieder aberkannt. Weitere 10 Jahre später bekamen sie das Land wieder zugewiesen. Erst 1994 wurde dann endlich auch ihnen das allgemeine Wahlrecht zuerkannt. Der Umgang mit den indigenen Stämmen ist sicherlich kein Ruhmesblatt für Costa Rica. Dazu kommt, dass wegen fehlender Aufzeichnungen kaum etwas von ihrer früheren Kultur überliefert ist. Und selbst ihre Sprache ist weitgehend verloren gegangen. Lediglich im Süden sind noch Reste der Sprache vorhanden. Heute bezeichnen sich nur noch rund 40000 Costa-Ricaner als einem der Stämme zugehörig, das ist weniger als 1% der Bevölkerung. Und am Ende muss man wohl sagen, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die letzten Spuren von ihnen sich völlig verlieren werden. Auch wenn es insbesondere aktuell im Süden Versuche gibt, ihre eigene Sprache zu erhalten, und wieder an die Jungen weiterzugeben.