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15. Tag        25.10.2014 - Ghunsa (3415m)

Ich musste in der letzten Nacht wieder eine Notdurft verrichten, dieses Mal war es schon kurz vor 10:00 Uhr am gestrigen Abend. Also bei meinen derzeitigen Schlafgewohnheiten „mitten in der Nacht“. Und ein zweites Mal kurz vor meiner normalen Aufwachzeit. Ich musste damit wohl meinen gestern stark ausgebauten Trinkgewohnheiten Tribut zollen. Ansonsten sind heute die Zeiten wieder normal also 6:30 Uhr Morgentee, 7:00 Uhr Frühstück und gegen 8:00 Uhr gehen wir los. Der medizinische Zustandsbericht für den heutigen Morgen liest sich so: noch leichte Probleme mit dem Gleichgewicht und ziemlich „ordentliche“ Kopfschmerzen. Eine Mitreisende lässt mir dafür eine Aspirin plus C zu kommen, was auch das Gleichgewicht verbessert, jedenfalls nachdem es seine Wirkung entfalten kann. Bei der ersten Überquerung eines kleinen Wasserlaufs direkt am Camp, habe ich noch größere Bedenken. So gehe ich etwas zögerlich über die darin liegenden Steine, was meinem linken Fuß fast ein Tauchbad einbringt.

Wie ich noch von unserem Herkommen weiß, geht es nach etwa 1 Stunde über ein größeres Feld mit Schutt und Geröll, wozu es in der Programmbeschreibung hieß: Steinschlag wäre möglich. Mir ist anfangs auf dem Weg dorthin nicht wirklich wohl bei der Sache, aber wie schon am gestrigen Tage mit dem Geröllfeld unterhalb von Pang Pema geht der Weg nur dort entlang. Aber als wir dann dort ankommen, geht es doch deutlich besser als gedacht. Und trotzdem bin ich froh, als wir die Stelle passiert haben. Allgemein fühle ich mich ein bisschen schlapp, und wegen der Probleme mit dem Gleichgewicht und den immer noch ziemlich akuten Kopfschmerzen, überlege ich zum ersten Mal, einen Urlaub abzubrechen. Dazu hatte ich mir am Morgen auch schon mal die Bedingungen für die Erstattung der Kosten durch meine Auslandskrankenversicherung angesehen. Wenn es medizinisch erforderlich oder gewünscht wird, kann man sich zum Beispiel von Ghunsa aus ausfliegen lassen.  Ghunsa, unser heutiges Ziel, ist etwa zwei Hubschrauberstunden von Kathmandu entfernt. Also wäre der Hubschrauber von mir für 4 Stunden zu bezahlen. Bei unserem Vorbereitungstreffen in Deutschland wurde ein Flugstunde hier je nach Schwierigkeit mit 2500 bis 3500 $ veranschlagt. Dann kommt man in ein Internationales Krankenhaus in Kathmandu, in dem man unter anderem etwa auf Symptome der Höhenkrankheit untersucht wird. Werden medizinische Gründe für den Rücktransport diagnostiziert, bekommt man neben einer zu bezahlenden Behandlung eine entsprechende Bescheinigung, und die Kosten würden je nach Deckungssumme von der eigenen Auslandskrankenversicherung erstattet. Bevor aber der Hubschrauber überhaupt startet, muss der Flug bezahlt werden, aber wie heißt es doch in der Werbung: Unbezahlbar, und für alles andere gibt es eben diese Kreditkarte. Aber ich wollte auch auf keinen Fall riskieren, hier nachhaltige gesundheitliche Schäden davon zu tragen, das ist auf keinen Fall das Geld wert, auch wenn ich es letztlich gar selbst bezahlen müsste. Falls es nach dem Mittag noch nicht besser sein sollte, wollte ich dann unseren deutschsprachigen Guide nach den konkreten möglichen Kosten fragen, die in dieser etwas unzugänglichen Gegend wie beschrieben nicht ganz unerheblich sein würden. Stattdessen bekomme ich von einer anderen Mitreisenden eine Aspirin 1000. Ich kenne mich im Gegensatz zu ihr mit solchen Sachen nicht aus. Aber geholfen hat sie! Schon bei der Übergabe habe ich ihr angedroht, dass ich ein „Abo“ abschließen werde, wenn die helfen sollten. Was soll ich sagen, ich habe nicht mit dem Guide gesprochen. Dafür waren aber die Kopfschmerzen weg und das Gleichgewicht wieder hergestellt.

Nach dem Mittagessen haben wir uns alle eine „Hotshower“ gegönnt. Als ich das erste Mal hier war, habe ja noch „schwarz“ geduscht, einfach mit dem restlichen noch vorhandenen Warmwasser, das noch im Boiler war. Heute ist es bezahlt, da es aber erst ab 15:00 Uhr Strom gibt, hat es der Besitzer des Guesthouse auf seinem gegenüberliegenden Grundstück in der Küche auf seinem Ofen erwärmt. Und anschließend in einem Eimer über die Straße, die eigentlich ein kaum 2 m breiter Fußweg ist, bestehend aus verlegten Felssteine, getragen. Beim Duschen schöpft man mit einem kleinen Messbecher das warme Wasser aus dem Eimer um sich damit zu übergießen. Auch wenn es armselig klingt, ist es eine große Freude. Meine erste richtig durchgehend warme Dusche in Nepal, und das in einem kleinen Ort, der nicht mal das ganze Jahr bewohnt ist, zur Zeit keinen Strom hat und auf einer Höhe von etwa 3400 m liegt. Da die Sonne heute nicht in Ghunsa scheint, und der Wind vom Tal heraufbläst, ist es draußen nicht wirklich angenehm. So verbringen ich weite Teile des Nachmittags damit, im Zelt zu liegen, und Berichte der letzten Tage nachzuschreiben. Oder auch einfach nichts zu tun.

Beim Nachmittagstee geht es noch mal darum, dass viele junge Nepalesen ins Ausland gehen, da es hier für sie praktisch keine Perspektive gibt, um Geld zu verdienen. Die Familien aus besseren Verhältnissen, schicken ihre Kinder nach Europa oder in die USA, wo sie dann entweder eine Ausbildung beginnen, oder einfache Arbeiten verrichten. So war unser deutschsprachiger Guide etwa drei Monate in einem Schweizer Hotel, um Geschirr zu spülen, was nach seinen Vorstellungen so gut bezahlt wurde, dass es ihm möglich war, Geld mit nach Hause zu bringen. Dieses ging natürlich an seine Familie, die es ihm im Vorfeld überhaupt erst ermöglicht hat, in die Schweiz zu reisen. Die meisten Nepalesen aber werden von Agenturen vor allem aus Kathmandu vermittelt. Die Agenturen versprechen dann oft relativ gute Jobs im Ausland, nicht selten sogar in den USA oder Europa. Verschieben dann die angeworbenen Nepalesen, wenn diese Glück haben, nach Malaysia, oder wenn es schlechter läuft, in die Golfstaaten. Dort müssen sie meist unter katastrophalen Bedingungen arbeiten und teilweise tagsüber in Blechcontainern schlafen, da sie auf den Baustellen im Schichtbetrieb arbeiten. Da die Container sich natürlich bei dem Wüstenklima tagsüber extrem erhitzen, ist es keine wirkliche Seltenheit, dass es dabei zu tödlichen Unfällen kommt. Unser Guide wusste auch von einem Fall aus seinem Bekanntenkreis zu berichten, in dem es aus finanziellen Gründen nicht einmal möglich war, den Leichnam zurück zu seiner Familie nach Nepal zu bringen. Üblicherweise liegen dafür seine Kollegen ein wenig Geld zusammen. In diesem Fall hatten die anderen dortigen Nepalesen aber schlicht selbst kein Geld. So sind bis Anfang 2014 alleine 85 Nepalesen auf den Baustellen zur Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Qatar bei Unfällen oder aus Erschöpfung ums Leben gekommen. Und obwohl viele junge Nepalesen von diesen Zuständen wissen, wenden Sie sich dennoch an die besagten Agenturen, die sich für ihre Tätigkeit oftmals von beiden Seiten bezahlen lassen, um überhaupt Geld für ihre Familien zu verdienen. So haben wir auch bisher unterwegs nur sehr wenig junge Männer in den Dörfern gesehen. Gleichzeitig sind die von den Arbeitern nach Hause geschickten Gelder aber die nach dem Tourismus größte Devisen-Einnahmequelle von Nepal. Es ist wahrscheinlich überspitzt formuliert, wenn ich behaupten würde, das Land verkauft seine jungen Männer, aber ich fürchte sehr weit von der Wahrheit ist es auch nicht, mindestens wird es billigend in Kauf genommen. Und selbst wenn es jemandem gelingt, eine gute Ausbildung im Ausland machen zu können, so kehren diese Nepalesen meist nicht in ihre Heimat zurück, da es für sie dort keine entsprechenden Jobs gibt. Und so geht auf dem Weg auch noch ein großer Teil der geistigen Elite des Landes verloren. Und da es eben wiederrum kaum höher gebildetes Personal gibt, kommt auch kaum ein größerer ausländischer Investor ins Land – ein Teufelskreis.