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19. Reisetag        Kalahari Bushbreaks – 21.09.2016

Heute steht noch mal ein Fahrtag an. Es geht über die Strecke von ca. 550 km von Maun bis kurz hinter die Grenze auf die namibische Seite. Da die Strecke gut ausgebaut ist und nicht besonders stark befahren wird, und dazu noch relativ eben ist, geht es erst gegen 8:30 Uhr los. Wie immer auf der Reise sind wir pünktlich unterwegs, ich vermisse fast schon ein bisschen die afrikanische Zeitrechnung. Es gibt praktisch auf der ganzen Strecke an Farmland vorbei, wobei es dabei vor allem um Rinder geht. Da Botswana einen nicht unerheblichen Teil der Fleischproduktion exportiert, das unter anderem auch in die EU, ist die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche Essentiell für die Landwirtschaft im Land. Dafür ist das ganze Land in verschiedene Sektionen unterteilt, die mithilfe der sogenannten Veterinärzäune voneinander getrennt sind. An den Übergängen der großen Überlandstraßen sind dann mindestens Gitterrosten in der Straße eingelassen, über die die Tiere nicht gehen. Einige Durchgangsstellen haben zusätzlich Kontaminierungsbäder mit einer Desinfektionsflüssigkeit. Durch diese fahren die Fahrzeuge durch. Zusätzlich müssen alle Personen aus den Fahrzeugen aussteigen und mit den Schuhen durch eine kleine Wanne gehen. Da man bei Touristen davon ausgeht, dass diese nicht nur ein paar Schuhe dabeihaben, sind wir natürlich auch vorbereitet, und haben ein zweites Paar nicht im Hauptgepäck verstaut. Übrigens, wie es der Zufall so will, haben wir alle genau zwei Paar dabei – was auch sonst. In Zeiten ohne akutes Vorkommen der Seuche, lässt man es auch so laufen. Kommt es aber zum Ausbruch, wird auch ernsthaft kontrolliert. Unser zweites Paar liegt also griffbereit im Auto, und so können wir es „ordentlich“ in die dafür vorgesehene Wanne stellen. In den Wannen liegt meist eine Art Jutesack, der das ganze Procedere aber auch nicht unbedingt professioneller erscheinen lässt.

Ein anderes Thema ist die Gesundheit der Menschen selbst. Genauer gesagt geht es um Aids. Die Krankheit ist in fast ganz Afrika ein großes Problem. Besonders ausgeprägt ist es in Ostafrika und inzwischen noch mehr im südlichen Afrika. Lange Zeit wurde das Thema in Afrika als Diskriminierung durch den Westen angesehen. Eine Aufklärung fand überhaupt nicht statt. Bis heute steht auch immer noch eine nicht korrigierte Aussage des amtierenden südafrikanischen Präsidenten und vermutlich zweiundzwanzigfache Vater Jacob Zuma dazu im Raum. Er hatte nachweislich Sex mit einer mit Aids infizierten Gespielin, und auch bei seiner vierten Frau ist man sich allgemein sicher, dass diese HIV-positiv ist. Bereits im Jahre 2005 gab es eine Anklage wegen einer Vergewaltigung gegen ihn. Er wurde beschuldigt die Tochter eines Parteigenossen vergewaltigt zu haben. Diese Anklage wurde abgewiesen und der Akt als einvernehmlich bezeichnet. Im Verlauf des Verfahrens gab er zu Protokoll, dass er von der HIV Infektion einer früheren Partnerin zwar gewusst hatte, sich aber anschließend heiß geduscht hatte, um sich dagegen zu schützen. Seitdem wird er in Karikaturen stets mit einem Duschkopf über dem Kopf dargestellt. Er selbst lehnt Kondome auch öffentlich bis heute konsequent ab. Dazu muss man noch wissen, dass er dem Stamm der Zulu angehört, deren Kultur ausdrücklich mehrere Ehefrauen zulässt. Insgesamt hat er übrigens sechsmal geheiratet, eine weitere Frau ließ sich scheiden, und eine beging Suizid. Sein Vorgänger im Amt Thabo Mbeki war leider in dieser Frage auch nicht besser. Er bestritt den Zusammenhang zwischen einer HIV-Infektion und Aids, und meinte sie ließe sich auch ohnehin mit Knoblauch und Roter Bete behandeln. Wenn das Thema nicht so ernst wäre, könnte man fast darüber lachen. Die praktisch explosionsartige Verbreitung in Afrika und auch insbesondere im südlichen Teil davon, wurde neben der fehlenden Aufklärung von weiteren Faktoren stark begünstigt. Es gibt insbesondere an den Fernstraßen ein hohes Maß an Prostitution. Dabei ist schmutziger Sex normal und Kondome wurden von den meisten hier lange abgelehnt. So sind nahezu alle Prostituierten beider Geschlechter und auch viele Fernfahrer infiziert. Letztere sorgten dann natürlich noch für eine schnelle Verbreitung der Immunschwäche. Dazu kommt, dass viele Männer ihre Dörfer auf der Suche nach Arbeit und Einkommen verlassen, und nicht wenige während der langen Abwesenheit von ihrer Heimat in Kontakt mit Prostitution oder wechselnden Sexualpartner kommen. Und dann die Krankheit bei einer nicht unwahrscheinlichen Infektion mit zurück in ihre Dörfer bringen. Auch sonst gelten die hiesigen Stämme und Volksgruppen als sexuell sehr aktiv und auch wechselnde Sexualpartner als normal. So verbreitete sich die Krankheit schnell im ganzen Land. Hier in Botswana sind nach offiziellen Angaben etwa 25 % der 15 bis 49-jährigen infiziert. Die Dunkelziffer dürfte aber noch höher sein. Zumal viele zunächst wegen vermeintlich anderer Krankheiten infolge der Infektion auch nur zu ihrem lokalen Heiler gehen, obwohl auch die öffentliche Gesundheitsversorgung kostenlos ist. Andere Schätzungen gehen davon aus, dass die Infektionsrate bei der sexuell aktiven Gruppe der 15 bis 30-jährigen bei etwa 50 % liegt, selbst offizielle Schätzungen gehen heute davon aus, dass in den kommenden 10-15 Jahren allein 300.000 Einwohner Botswanas ohne antiretrovirale Behandlung an den Folgen von Aids sterben werden. Im Vergleich dazu rechnet man in Deutschland mit etwa 60.000 Fällen. Wenn man dann noch die Bevölkerung von etwa 3,7 Millionen Menschen in Botswana zu den rund 81 Million Deutschen sieht, ist die Zahl noch verheerender. Auch die Regierung von Botswana hat sich die daraus ergebende wirtschaftliche Bedeutung erkannt und versucht gegenzusteuern. Sie versucht die Aufklärung auch über das Fernsehen voranzutreiben, zumal das Thema in der öffentlichen Diskussion und in den Familien immer noch tabuisiert wird. Botswana baut die medizinische Versorgung insbesondere in Bezug auf die Behandlung aber auch Aufklärung im ganzen Land massiv aus. Und wie wir auch heute wieder sehen konnten, sind an allen Grenzposten sowohl bei der Einreise als auch bei der Ausreise Kondome kostenlos erhältlich. Damit spricht man natürlich insbesondere die Fernfahrer an. Die Ständer mit dem Infomaterial dazu waren allerdings immer leer. So ist Botswana heute wahrscheinlich das Land im südlichen Afrika, das am meisten gegen die Immunschwäche tut. Die aktuellen Zahlen in den Nachbarländern Namibia und Südafrika sind übrigens im Verhältnis ähnlich. In Simbabwe sind sie gar noch verheerender, hier sterben jedes Jahr etwa 100.000 Menschen an den Folgen von Aids, und das bei einer Bevölkerung von etwa 10 Millionen Bürgern. So geben diese Länder zwischen sieben und neuneinhalb Prozent ihres Bruttosozialproduktes für die Gesundheit aus. Zum Abschluss noch ein paar weitere Zahlen zu dem Thema. Die Lebenserwartung in Botswana betrug 1991 63 Jahre, und war damit im südlichen Afrika eine der höchsten. Bis 2006 fiel diese dann aber unter 40 Jahre, im Wesentlichen bedingt durch die Folgen von Aids. Seitdem versucht man in der Regierung gegenzusteuern, was inzwischen immerhin wieder zu einem Wert von über 50 Jahren geführt hat. Verschiedene Programme der Regierung sind auch vom amerikanischen Pharmakonzern Merck und Apple mal in der Geldstiftung unterstützt worden. Ein nach wie vor großes und drängendes Problem sind aber die Zigtausende Waisenkinder bzw. bei der Geburt infizierten Babys. Auch hier gilt wieder, die Zahlen für Namibia und Südafrika sind ähnlich gravierend.

Von diesem bitteren Thema zurück zu unserem Tag. Im letzten etwa größeren Ort vor der Grenze, bis dahin sind es jetzt noch 260 km, machen wir noch einen kleinen Stopp. Zum einen um nochmals zu tanken, zum anderen um möglichst unserer letzten Pula auszugeben. In Botswana kann man auch an den meisten Lodges und anderen touristischen Geschäften und vor allem in allen normalen Geschäften ausschließlich mit Pula Zahlen. In Banken und Wechselstuben können Euro und Dollar problemlos gewechselt werden, aber eben nicht direkt damit bezahlt werden. Dabei ist der Pula sehr wertstabil, mehr noch als der eigentlich viel bedeutenderen südafrikanischen Rand. Hier hatten nicht zuletzt in jüngster Vergangenheit Meldungen über einige fragwürdige Entscheidung des Präsidenten bezüglich der Besetzung des Finanzministers für Schlagzeilen gesorgt. Und auch der Einfluss der ursprünglichen indischen Familie Guptka selbst auf höchster politischer Ebene hatte Fragen zum Thema Korruption aufgeworfen, was die Währung unter Druck brachte. Die Botswaner sind trotz der sehr ungleichmäßigen Einkommensverteilung offensichtlich ein auf ihre eigenen Errungenschaften inklusive der stabilen Demokratie stolzes Volk. Viele Menschen sind auf der Straße mit T-Shirts in den Nationalfarben unterwegs. Bäume oder öffentliche Gebäude bis hin zu Wartehäuschen sind in den Landesfarben gestrichen. Was aber im Moment auch etwas überzeichnet sein dürfte, da Botswana in wenigen Tagen zum Ende des Monats seinen 50. Jahrestag der Staatsgründung feiert. Was aufgrund ihrer Entwicklung in den letzten 50 Jahren aber auch durchaus berechtigt ist. Zum Zeitpunkt ihrer Staatsgründung gehörten sie zum Armenhaus eines ohnehin schon armen Kontinents. Natürlich haben sie von der Entdeckung der Diamantenvorkommen ganz wesentlich profitiert. Aber es ist sicherlich ein Verdienst, dass der allergrößte Teil der Einnahmen auch zur Entwicklung des Landes sinnvoll eingesetzt worden ist, und nicht in irgendwelchen Taschen verschwunden ist. Leider etwas, was auf dem afrikanischen Kontinent sehr verbreitet ist. Aber ich schweife schon wieder ab.

Wir passieren gegen 14:30 Uhr die Grenze und erreichen etwa eine halbe Stunde später auch unsere Lodge in Namibia. Was sofort auffällt, ist der dichtere Bewuchs mit Gras, was sicherlich der nicht so intensiven Beweidung durch Nutztiere zuzuschreiben ist. Dazu sehen wir schon auf den ersten Kilometern Affen, Warzenschweine und einen Kudu. Am späteren Nachmittag machen wir noch einen kleinen Spaziergang auf der Farm, der schließlich mit einem kleinen Sun-Downer an einem Felsen endet, auf dem einige Gravuren der San zu finden sind. Die Gravuren sind sicherlich nicht von überragender Bedeutung, sie stellen vor allem Speere dar. Sie sind aber ein Symbol einer im Prinzip untergegangenen Kultur hier im südlichen Afrika. Die San waren ein Naturvolk, das selbst keinen eigenen Landbesitz kannte. Nur so viele Tiere jagte, um selbst davon leben zu können. Sie wussten aber enorm viel von der Natur, den Pflanzen und ihrer Wirkung. Sie setzten bestimmte zu Heilzwecken, als Nahrung oder auch zur Herstellung ihrer Geräte und Gegenstände ein. Sie kannten keine Schrift, die einzigen Zeugnisse ihrer Kultur sind diese Gravuren. Ihr Wissen haben sie über die Generationen nur mündlich weitergegeben. Das Besondere an ihrer Kultur war, dass sie auch in eigentlich fast unwirklichen Gegenden der Kalahari Würste ihr Auskommen fanden. Die Kalahari ist in weiten Teilen so lebensfeindlich, dass andere zugewanderte Stämme und Völker dort nicht überleben konnten. So wurde sie für die San zu ihrem letzten Rückzugsgebiet. Sie hatten aber auch keine andere Möglichkeit, da sie keine kriegerischen Auseinandersetzungen kannten, und folglich diesbezüglich auch den anderen Stämmen dabei hoffnungslos unterlegen waren. So blieb innen nur immer weiter vor den näherkommenden Bantustämmen zurückzuweichen und immer tiefer in die Kalahari zu ziehen. Dieses karge Leben ist in heutigen Zeiten kaum mehr möglich, da mittels Brunnen und anderer Hilfsmittel die Farmer immer weiter vordrangen, und ihnen damit ihren letzten verbliebenen Lebensraum nahmen. Gleichzeitig zogen später immer mehr der jungen San in die Townships. Auch wenn sie dort zu den Ärmsten der Armen gehörten. Viele von ihnen haben dort nicht zuletzt deshalb große Alkoholprobleme, weil ihnen wichtige Enzyme zum Abbau von Alkohol fehlen. Weit bedeutender für den Untergang ihrer Kultur ist aber, dass durch den Wegzug die Kette zur Weitergabe ihres Wissens über die Natur gerissen ist und damit unwiederbringlich verloren geht. Dazu ist ihr Ansehen unter den anderen Stämmen und Volksgruppen sehr gering. In Botswana wurden in den 1980ern im Südwesten des Landes neue Diamantenvorkommen gefunden. Daraufhin begann die Regierung die wenigen dort überhaupt nur lebenden San zwangsweise umzusiedeln. Es dauerte bis ins Jahr 2006, bis sie vor dem höchsten Gericht des Landes ihr Recht erstritten, in die ihnen ursprünglich zugesicherten Gebiete zurückkehren zu dürfen. Es ging dabei nicht einmal um eine Beteiligung an den Einnahmen der Diamantenförderung. Die Antwort der Regierung war das Verbot zur Nutzung einer dort vorhandenen Wasserstelle und der Jagd, das ihnen eigentlich landesweit zur Selbstversorgung zusteht. Es dauerte wieder bis ins Jahr 2010, bis das oberste Gericht auch dieses Verbot aufhob. Doch faktisch war der Rest dieses Volkes bis dahin längst aufgerieben, und ihre Kultur damit verloren.