22.Reisetag Ababis Lodge – 24.09.2016
Heute geht es sehr früh raus. Abfahrt ist bereits um 5:30 Uhr, so ist es noch dunkel, als wir uns auf den Weg machen. Aber das Ziel ist für den Sonnenaufgang wie geschaffen, da es dort dann besondere Lichtverhältnisse gibt. Es geht nach Sossusvlei. Nach etwa einer Stunde Fahrzeit stehen wir am Gate, werden registriert und man sagt uns, heute würde die Sonne um 7:00 Uhr aufgehen. Folglich würde man heute auch um 7:00 Uhr das Gate öffnen. Was soll ich sagen, in Afrika gehen die Uhren manchmal doch ein bisschen anders. Keine 10 Minuten später ist es nach afrikanischer Zeit wohl gefühlt 7:00 Uhr. Ab dem Gate sind es noch ca. 65 km auf einer Teerstraße in Richtung des Death Vlei. Auf dem Weg dahin machen wir ein paar kurze Fotostopps. Unter anderem auf Höhe der Düne 45, der Opferdüne, wie sie auch genannt wird. Und es ist auch augenscheinlich, warum sie diesen Beinamen bekommen hat. Es wälzt sich gerade eine ganze Karawane an Leuten dort hinauf. Ich war vor einigen Jahren schon einmal hier, und damals war es ein großartiges Foto, heute - naja lassen wir das. Wir selbst versuchen uns mit unserem Allradfahrzeug bis durch die Sandpassage mit tiefen feinem Sand in Richtung Death Vlei vor zu arbeiten, was aber im ersten Versuch nicht klappt. Also heißt es, zunächst ein bisschen Sand vor den Reifen weg zu rühren, und mit dem nächsten Versuch zu schieben. Das wichtigste aber ist Luft aus den Reifen zu lassen. Dadurch bekommt das Fahrzeug ein bisschen mehr Auflage, und das nicht unerhebliche Gewicht eines Landcruiser verteilt sich deutlich besser. So geht es dann auch für uns weiter bis zu dem Parkplatz, in der Nähe des Death Vlei. Die Sandpassage am Ende der Teerstraße bis zum Parkplatz, auf dem wir uns hier befinden, hätte man alternativ auch mit einem Shuttle zurücklegen können. Dabei handelt es sich um einen größeren Einachsanhänger, der von einem Traktor durch den feinen Sand gezogen wird. Augenscheinlich wird man wegen der etwas ungünstigen Konstruktion des Anhängers dabei allerdings ordentlich durchgeschüttelt. An dem Parkplatz war übrigens in unmittelbarer Nähe eine Oryx Antilope am Grasen. Jedenfalls wenn man davon sprechen kann, da sich das Tier mühsam ein paar Halme im Schatten eines Baumes zusammen klaubte. Für mich sind sie nach wie vor eines der schönsten Tiere überhaupt. Sie sind etwa 200-240 Kilo schwer, jedenfalls, wenn sie nicht so unterernährt sind, wie dieses Exemplar, und haben ca. 1,20 m lange degenförmige Hörner. Zu ihren besonderen Fähigkeiten gehört es, mit extrem wenig Wasser auszukommen. Nur deshalb gelingt es ihnen überhaupt, hier zu überleben. Teil dieser Wassersparsamkeit ist zum Beispiel ihren Urin sehr konzentriert und damit mit sehr wenig Wasser auszuscheiden. Das Wasser, welches sie benötigen, nehmen sie zum Beispiel über Nara Melonen auf, einer Kürbisart, die hier in der Namib Wüste natürlich vorkommt. Darüber hinaus besitzen sie die Fähigkeit ihre Körpertemperatur auf 40° ansteigen zu lassen, einige Stunden sogar auf bis zu 45 °C. Dabei kühlen sie ihr Blut im Kopfbereich durch sehr feine Äderchen etwas herunter, weshalb dieses dann kühler als das gesamte übrige Blut in ihrem Körper ist.
Vom Parkplatz aus wählen wir nicht den direkten Weg zum Death Vlei, sondern steuern auf die „Crazy Dune“ zu, eine etwa 350 m hohe Sanddüne am Kopfende des Death Vlei. Als wir uns an den Aufstieg machen, sind zwei Personen oben gerade noch so zu erkennen. Ein gutes Stück vor uns sind drei Schweizer unterwegs. Das erste Drittel des Aufstiegs ist relativ einfach, da es hier auch einen kleinen Trampelpfad gibt. Von hier kann man bereits eine kleine Nebenpfanne sehen, in der unten gut die weiße Lehmkruste zu sehen ist. Aber dass Death Vlei sieht man von hier noch nicht. So folgen wir weiter der Spur der Schweizer, und holen Sie nach etwa dem zweiten Drittel des Aufstiegs auch relativ zügig ein. Dort kann man bereits das Death Vlei gut einsehen. Die Schweizer winken uns geradezu vorbei, um uns vorgehen zu lassen. Die Spur der Personen, die wir zuvor von unten bereits auf der Spitze der Düne gesehen haben, ist längst wieder zugeweht. Also gilt es eine neue Spur anzulegen, wobei ich aus unserer kleinen Gruppe auch nur an zweiter Stelle gehe. Schnell spürt man auch schon direkt in den Oberschenkeln, warum man uns praktisch vorbei gewunken hat. Und ich bin mehr als froh, eben nicht vorne zu gehen. So gestaltet sich für uns das letzte Drittel deutlich anstrengender als zuvor, als wir noch der relativ frischen Spur der Schweiz folgen konnten. Aber das Spuren an erster Stelle, ist noch eine ganz andere Hausnummer, als meine Position in der ich zumindest schon mal ein bisschen Spur habe. Und Martin, meinen Vordermann, habe ich noch nie so schnaufen hören, dabei kann er wirklich von sich behaupten, ziemlich fit zu sein. Aber irgendwann ist es dann auch geschafft. Wir stehen oben auf der Düne, ein bisschen schnaufend, aber der Anblick belohnt für vieles. Hier oben weht auch ein ziemlich frisches Lüftchen. Das war auch schon so, als wir unseren Aufstieg begonnen haben. Wenn man sich so das Umfeld ansieht, hat der Wind seitdem aber noch deutlich zugenommen. So wird der hier feine Sand buchstäblich überall hin geblasen, unten sieht es stellenweise schon fast ein bisschen nach Sandsturm aus. Nur das Death Vlei wird durch die umgebenden Sanddünen offensichtlich einigermaßen geschützt. Abwärts geht es mit „sieben Meilen Stiefeln“ direkt die Düne hinunter in Richtung des Vlei. Auch das zieht sich natürlich etwas, macht unterwegs aber im Gegensatz zum Aufstieg richtig Spaß. Unterwegs sehe ich eine kleine Echse, ein paar Käfer, die ziemlich schnell über den Sand flitzen, und vermutlich zwei Skorpione, die sich sekundenschnell im Sand eingebuddelt haben. Insbesondere wegen der Skorpione aber auch der Schlangen, die es hier gibt, empfiehlt es sich dringend nur in geschlossenen Schuhen auf den Dünen zu gehen. Wir machen es übrigens unten am Rande des Death Vlei genau andersherum wie die Skorpione. Wir graben uns aus den eigenen Schuhen. Wenn man diese ausgekippten Haufen Sand so ansieht, glaubt man kaum, dass der eigene Fuß dann auch noch mit in den Schuh gepasst haben muss.
Dass Death Vlei selbst ist von diesem Ende zu etwa zwei Dritteln völlig ohne Bewuchs und wegen der Lehmkruste annähernd weiß. Danach schließen sich dann einige tote Kameldornbäume an, die durch die Sanddünen von ihrer früheren Wasserversorgung des Tsauchab Flusses abgeschnitten worden sind. Viele dieser Bäume sind mehrere 100 Jahre alt, haben schon länger keine Zweige und kleineren Äste oder gar Blätter mehr. Es ist im Wesentlichen nur noch ihr Stammgerippe übriggeblieben. Das verbliebene Holz ist sehr hart, vergeht wegen der extrem trockenen Luft praktisch überhaupt nicht. Von der Düne aus gesehen auf der linken Seite, gibt es noch ein paar wenige grüne Bäume. Sie stehen etwas tiefer gelegen und kommen mit ihren ca. 40 m tiefen Wurzeln offensichtlich noch an Wasser heran.
Wir verlassen das Death Vlei auf der Touristenautobahn, in einem breiten Strom von Touristen über einen fast ebenen Ausgang in Richtung des Parkplatzes, auf dem auch unser Auto steht. Das ist natürlich deutlich leichter, als den Umweg über die Crazy Dune zu nehmen. Offiziell heißt sie eigentlich auch Big Daddy. Dafür geht hier aber natürlich ein bisschen die Mystik dieses Ortes verloren. Vom Parkplatz, eigentlich ist es eher eine größere Sandfläche, auf dem man sich ein Plätzchen für das eigene Fahrzeug sucht, ist es nur ein kurzer Sprung zum eigentlichen Namensgeber dieses Gebiets, dem Sossusvlei. Das Sossusvlei ist das neue Ziel des Tsauchab Flusses. Auf der Fahrt am Morgen konnte man ein gutes Stück hinter dem Gate auch bereits auf der rechten Seite einige Bäume von den Dünen sehen. Dort befindet sich das neue Flussbett des Tsauchab. Er fließt wie unzählige andere Flüsse hier in Namibia zwar in Richtung des Meeres, erreicht es aber nicht, da deren Wasser lange vorher verdunstet bzw. im Boden versickert. Genauso ist es auch mit dem Tsauchab, der sich eben im Sossusvlei staut, da dieses von großen Sanddünen umgeben ist. Vorausgesetzt natürlich, dass er überhaupt einmal Wasser führt, was oberirdisch statistisch gesehen, nur alle zehn Jahre der Fall ist. Der Sand der großen Sanddünen ist übrigens vom Wind hierhergetragen worden. Ursprünglich kommt der meiste davon vom Oranje Fluss. Er es der Grenzfluss zwischen Südafrika und Namibia. Mit seinen über 2100 km ist er der zweitlängste Fluss des südlichen Afrikas. Er führt große Mengen Sand auf seinem Weg in den Atlantik mit. In diesem Sand waren übrigens auch die Diamantenvorkommen vor Lüderitz enthalten. Das ist auch der Grund dafür, dass man dort mit Baggerschiffen nach Diamanten an der Küste schürft. Das meiste des Materials ist allerdings eisenhaltiger Sand. Dieser wird, einmal in den Atlantik gespült, vom Benguela Strom aus der Antarktis kommend an der Küste hoch geführt und an den endlosen Sandstrand Namibias angespült. Von dort hat ihn der praktisch ständige Nordwestwind bis zu den Dünen im Namib Naukluft Nationalpark, zu dem unter anderem auch Sossusvlei gehört, getragen. So stammen diese Dünen genau genommen eigentlich aus der Kalahari. Je ausgeprägter die rötliche Färbung der Dünen ist, desto älter ist der Sand. Es oxidiert schlichtweg der Eisenanteil. So ist meist der schwerere eisenhaltigere Sand am Fuß der Düne zu finden, während oben an den Kämmen der leichtere angeweht wird. Der Benguela Strom ist auch für das extrem trockene Klima hier verantwortlich. Da der Strom extrem kalt ist, verdunstet nahezu kein Wasser aus ihm. So können sich keine Wolken bilden, die sich hier wieder als Regen entladen könnten. Der hier fallender Regen kommt über den gesamten Kontinent vom indischen Ozean her.
Nach unserem kurzen Besuch am Sossusvlei fahren wir zurück in Richtung Gate. Von dort geht es nach einer Mittagspause weiter zum benachbarten Sesriem Canyon. Sesriem ist afrikaans, und bedeutet sechs Riemen. Das beschreibt die Tiefe des Canyons, er hat die Tiefe von sechs Ochsenriemen, die nötig waren, um daraus Wasser schöpfen zu können. In unserem heutigen metrischen System ist der etwas mehr als 30 m tief. Auch der Canyon ist vom Tsauchab Fluss geschaffen worden. Er hat sich hier auf einer Länge von etwa einem Kilometer durch das kiesartige Gestein gefressen. Für uns geht es dann zurück zur Ababis Farm, wo wir zunächst unter die Dusche gehen, um den Sand, der sich gefühlt überall hin vorgearbeitet hat, abzuwaschen. Das gilt übrigens auch für den mitgenommenen Rucksack und die Kameraausrüstung. Danach ist es dann auch schon höchste Zeit für den Nachmittagskaffee auf der Veranda des Farmhauses. Die befindet sich übrigens auf der Südseite, nicht etwa weil man dort ein warmes Plätzchen hat, nein weil es hier auf der Südhalbkugel die kühlere Schattenseite ist.
Unseren Tag beschließen wir dann mit einem kleinen Game-Drive , also einer Tierbeobachtungsfahrt, mit anschließenden Sun-Downer auf dem Gelände der Farm. Wir sehen aber nur wenig Tiere, was natürlich auch dem sehr spärlichen Nahrungsangebot geschuldet ist. Es gibt einige versprengte Springböcke, zwei größere Gruppe Oryxe, bei uns heißen sie auch Spießbock, von jeweils ca. 20-30 Tieren. Immerhin ist es das Wappentier Namibias. Unser Fahrer sieht dann noch zwei Schabrackenschakale unter einem Busch liegen. Selbst als er uns die Stelle genau beschrieben hat, und so viele Büsche gibt es hier nicht, können wir sie kaum erkennen. Erst als die beiden aufstehen und davon trotten, erkennen auch wir sie als solche, und nicht nur als Steine oder später Schatten, die sie bewegen – oder doch nicht, doch die (Ohren) bewegen sich.