15. Reisetag Cahuita – 12.03.2022
Auch heute wird es wieder ein eher ruhiger Tag. Frühstück ab 7:00 Uhr, und Abfahrt gegen 08:00 Uhr. Ich selbst bin schon ein bisschen früher auf dem Gelände des Hotels unterwegs, um noch ein paar Fotos der unzähligen Vögel zu machen, was aber eher „mittelmäßig“ klappt. Da ich aber abends hier in Costa Rica normalerweise schon ziemlich zeitig im Bett liege, bin ich ohnehin ausgeschlafen. Dafür fällt mir auf, das vom Turrialba Vulkan heute offensichtlich deutlich mehr Dampf und vermutlich Gase aufsteigen als gestern. Als ein Angestellter des Hotels vorbeikommt, weist er mich auch freundlich winkend darauf hin, ist aber ganz offensichtlich sehr entspannt dabei. So mache ich mir auch weiterhin keine Gedanken über meine Beobachtung. Von unserem Hotel geht es nur ein kurzes Stück nach Aquaries, bei dem örtlichen indigenen Stamm, den Huetar, hieß die Gegend früher Land zwischen den Flüssen. Der Ort selbst geht auf einen Engländer zurück, der am Bau der Eisenbahn vom Zentraltal an die Küste für den Transport des Kaffee beteiligt war. Was lag da näher, als selbst in die Kaffeeproduktion einzusteigen. Später kaufte die bekannte Marke Lindo die Plantage. 1949 ging sie dann an die Familie des damaligen Präsidenten Figueres. Heute gehört sie drei eng verbundenen Familien aus Costa Rica. Unser Besuch auf der Kaffeeplantage beginnt mit der Besichtigung der Kaffeepflanzen auf der Plantage selbst, die sich rings um den Ort erstreckt. Die Plantage hat eine zusammenhängende Fläche von rund 990 ha, davon werden 660 ha für die Kaffeeproduktion genutzt, der Rest ist nach der Rainforest-Alliance-Zertifizierung geschützter Wald. Damit gehört sie flächenmäßig zu den größten Kaffeeplantagen in ganz Costa Rica, kann sich in der Qualität aber nicht mit den absoluten Spitzenprodukten des Landes messen. Insgesamt werden in Costa Rica gesetzlich vorgeschrieben nur Arabica Sorten angebaut. Da die Fläche des Landes begrenzt ist, setzte man bei dem Kaffee auf Qualität statt auf Masse. Hier in Aquaries testet man auch erste Hybridsorten, die sich selbst nicht bestäuben können, dafür aber mehr Zweige und damit einhergehend höhere Erträge bringen sollen. Gleichzeitig sind sie resistenter gegen Pilzkrankheiten. Die Hybridsorte ist ein Projekt des staatlichen Forschungsinstituts von Costa Rica. Das man daran forscht, hängt auch mit einem großen Pilzbefall auf der Aquaries Plantage selbst zusammen, dem ein großer Teil der Pflanzen zum Opfer fiel, und bis heute nicht behandelt werden kann. Andere Sorten kann man direkt aus der geernteten Kaffeebohne, die streng genommen eigentlich Beeren sind, einfach selbst wieder pflanzen, was mit Hybridsorte natürlich nicht geht. Bei den normalen Sorten setzt man hier die Keimlinge nach ca. drei Wochen mit einer Größe von ca. 10 cm immer zu zweit in kleine Plastiksäckchen. Dadurch schafft man einen Konkurrenzkampf zwischen diesen zwei Pflanzen, was sie schneller wachsen lässt. Während dieser Zeit zieht man die Pflanze geschützt in belüfteten und künstlich bewässerten Gewächshäusern. Nach ca. sechs Monaten werden sie dann raus in die Plantage gepflanzt. Nach etwa drei Jahren bringen sie dann die erste Ernte, und nach ca. 25 Jahren müssen sie dann ersetzt werden, was aber natürlich je nach Sorte und dann noch vorhandene Ertragsqualität variiert. Prinzipiell können Kaffeesträucher aber leicht 50 Jahre alt werden. Die Sträucher in der Plantage werden etwa 2 m hoch, dann aber regelmäßig zurückgeschnitten, damit sie neu austreiben, und der Ertrag damit möglichst hoch bleibt. In der ganzen Plantage sind unter anderem Kapokbäumen gepflanzt worden, die den darunter wachsenden Kaffeesträuchern Schatten spenden. Kaffee kann das ganze Jahr geerntet werden, so sind aktuell an eigenen Sträuchern auch mehrere Blüten und gleichzeitig auch schon grüne Kaffeebohnen. Die Haupterntezeit ist hier in den Monaten Oktober und November, also etwas früher als im Zentraltal. Auf der Kaffeeplantage in Aquaries werden die Kaffeekirschen auch weiterverarbeitet. Zunächst werden aber die roten Kaffeekirschen von Hand gepflückt. Dabei bekommen die Pflücker einen festen Satz pro voll gepflücktem Korb. Die meisten von ihnen kommen, wie so oft in der Landwirtschaft bei den körperlich schweren Arbeiten, aus Nicaragua, verdienen hier aber ein Vielfaches wie in ihrer Heimat für die gleiche Arbeit. Die meisten Ticos, wie sich die Costa-Ricaner selbst nennen, wollen diese Arbeit oft nicht mehr machen, also ähnlich wie beim Spargel in Deutschland. Hier in Aquaries wird Kaffee in einer Höhe zwischen 800 und 1400 angebaut, im Zentraltal geht es bis über 1500 m hoch. Grundsätzlich werden in höheren Lagen zwar geringere Erträge erzielt, dafür ist dort die Qualität besser. Im Schnitt werden in Costa Rica 1600 Kilo pro Hektar geerntet, damit ist man weltweit für Arabica Spitzenreiter. Auf die gut fünf Millionen Costa-Ricaner kommen übrigens rund 400 Millionen Kaffeepflanzen.
In Aquaries werden die Kaffeekirschen nach der Ernte in große Trichter gegeben, die mit Wasser gefüllt werden. Die schweren Kaffeekirschen sinken in dem Wasser nach unten und werden dann von unten mit einem Förderband zur Weiterverarbeitung transportiert. Die leichten und minderwertigen Früchte werden oben abgefischt und entsorgt. Die schweren werden über das Förderband in eine Zentrifuge gegeben, wo sie zunächst einmal vor getrocknet werden, und die äußere Schale also das Fruchtfleisch der Kaffeekirsche dabei entfernt wird. Das dabei zurückgewonnen Wasser wird wieder in die Produktion gegeben, was auch Teil der staatlichen Auflagen ist. Je nach Sorten wird dann auch die nächste Schicht, die sogenannte Mucilage, mit der Pektinschicht, bei der Verarbeitung in den Richtungen „fully washed“ und „natural“ entfernt. Der Unterschied besteht darin, dass die „fully washed“ Variante in einer Trocknungsanlage bei rund 60° C getrocknet wird, und dann für zwei Monate im Silo gelagert wird. Da man hier mit Holz heizt, ist aber logischerweise eine gewisse Schwankung bei der Temperatur vorgezeichnet. Bei der „natural“ Variante werden die Bohnen durch die Sonne an der Luft getrocknet. Dabei müssen die Bohnen immer wieder bewegt werden, damit alle gleichmäßig durchtrocknen. Das bedeutet natürlich deutlich mehr Arbeitsaufwand, was sich dann auch im Preis bemerkbar macht. Für die Sonnen-Trocknung gibt es auf dem Betriebsgeände lichtdurchflutete Trocknungsgebäude, in denen es bei unserem Besuch ziemlich warm und feucht war. Bei der dritten Variante „honey“ bleibt die Mucilage zunächst auf der Bohne, dadurch werden diese im Geschmack süßlicher und sind im Geschmack eine Note fruchtiger und etwas karamellartiger. Auch diese Bohnen werden dann wie die „natural“ an der Luft getrocknet, aber erst nach der Trocknung die zweite Schicht auch entfernt. Diese drei Verarbeitungsarten gibt es dann für fast alle Arabica-Sorten, die auf der Plantage angebaut werden, denn Arabica ist nicht gleich Arabica. Bei allen Bohnen trocknet man von einem anfänglichen Feuchtigkeitsgehalt von ca. 85% auf ca. 12% herunter. Als nächster Verarbeitungsschritt folgt die Sortieranlage, die alle minderwertigen Kaffeebohnen aussortiert. Im letzten Schritt werden die Bohnen noch nach Farbe sortiert, um eine möglichst gleichmäßige Qualität zu bekommen. Das Ergebnis wird dann in fünf Klassen eingeteilt, die je nach Verarbeitung „honey“, „naturall“ oder „fully washed“ und Qualitätsklasse in Abhängigkeit zur genauen Sorte unterschiedliche Preise haben. Geröstet werden die Kaffeebohnen bei Auaries nicht, das geschieht üblicherweise erst im Bestimmungsland, da die lokalen Vorlieben zwischen den verschiedenen Empfängerländern dann stark variiert. Hier in der Kaffeeproduktionsanlage in Aquaries werden die Kaffeebohnen für den Export in 69kg Säcke verpackt, da diese Vorteile bei der Verladung in Überseecontainern bringen, das übliche Handelsgewicht sind 46kg Säcke. Um ein Kilogramm Kaffeebohnen zu bekommen, müssen übrigens etwa 5kg Kaffeekirschen geerntet werden.
Die Ortschaft Aquaries ist ursprünglich um die Kaffeeplantage herum entstanden. Der Plantagenbesitzer baute eine ganze Siedlung für seine Angestellten, und war quasi der alleine Bestimmende im Ort für alles. Das ging so weit, dass er im Fall von Aquaries sogar eine ganze Kirche aus Europa importierte. Die örtliche Schule und auch das Krankenkasse wurde von der Plantage betrieben. Und er war auch der bei weitem größte Arbeitgeber in der Umgebung. Später hat man in Aquaries damit begonnen, die Häuser an die Bewohner zu Vorzugspreisen zu verkaufen, so ist die Plantage immer noch sehr bedeutend für den 2000 Seelen Ort, ist aber nicht mehr allesbestimmend.
Nach der Besichtigung der Kaffeeproduktionsanlage fahren wir in das ehemalige Haupthaus des Plantagenbesitzers. Das „Anwesen“, und ein solches ist es insbesondere für die damalige Zeit gewesen, liegt auf der anderen Talseite etwas über dem Ort gegenüber der Kaffeeproduktionsanlage. Dort haben wir unser Mittagessen und im Anschluss eine Verkostung der beiden Kaffeeproduktionsarten „fully washed“ und „honey“. Wobei man uns zunächst demonstriert, wie der Kaffee idealerweise aufgegossen wird. Man benutzt dafür spezielle Karaffen, in die in den oberen Bereich ein handelsüblicher Kaffeefilter gesetzt wird, und mit etwas Wasser übergossen wird, damit diese an den Rändern des Trichters der Karaffe verklebt. Das soll außerdem dafür sorgen, dass der Kaffee später kein „Papieraroma“ annimmt. Dann wird das Kaffeepulver eingefüllt, 10 g pro 150 ml Gesamtmenge Wasser. Dann werden die ersten ca. 30-60 ml Wasser darüber gegossen. Das soll das im Kaffee enthaltene Kohlendioxid aus dem Kaffeepulver lösen, und nach ca. 30 Sekunden wird bis zu einer Gesamtmenge von etwa 100 ml Wasser pro 10 g Kaffee nachgefüllt. Das soll die Säure des Kaffees lösen. Nach weiteren ca. 30 Sekunden wird das restliche Wasser über das Kaffeepulver gegossen, was dann das volle Aroma zur Geltung bringen sollen. Dabei wird das Wasser in allen Fällen kreisförmig über das Pulver gegossen, damit dieses optimal den Geschmack entfalten kann. Um es kurz zu machen, ich bin kein Kaffeetrinker, aber insbesondere die „fully washed“ Variante hat mir nicht geschmeckt. Die Variante „honey“ hat mir deutlich besser geschmeckt, auch wenn ich sicherlich nicht in der Lage bin, die geschmacklichen Feinheiten heraus zu arbeiten. Aber es hätte ohnehin keinen zu kaufen geben, da man hier nur für den Eigenbedarf bzw. die Verkostungen röstet. Die Begründung liegt wie schon erwähnt in den verschiedenen Geschmäckern und damit Röstung in den Zielmärkten. Dies sind bei Aquaries vor allem die USA, Kanada, Italien und Deutschland. Bei der Kaffeeverkostungen in Kolumbien war man dabei deutlich professioneller, und hatte sofort einen angeschlossenen Shop. In Costa Rica sagen die Leute übrigens, sie selbst hätten selbst nur den Kaffee, der zu schlecht für den Export ist.
Nach dem Besuch der Kaffeeplantage machen wir uns wieder auf den Weg. Es geht in den Südwesten von Costa Rica, an die Karibikküste bei Cahuita. Unser Weg führt uns über Limon. Dort befinden sich inzwischen zwei Häfen an der Atlantikküste, über die vor allem Bananen und Kaffee exportiert werden. So sieht man von der Hauptstraße bereits zahlreiche Container, die vielfach neben den Logos der großen Containerreedereien schon welche wie Chiquita oder Dole tragen. Gegen 17:00 Uhr kommen wir schließlich in unserem Hotel in Cahuita an. Nur leider gibt es ein Problem mit den Zimmern. Es gibt schlicht nicht genug. Der lokale Reiseanbieter hat für den heutigen Tag zwei Gruppen angemeldet, und im Hotel meinte man, das wäre doppelt gelaufen, und es käme nur eine Gruppe. Für etwa die Hälfte der Gruppe lassen sich noch Zimmer im Hotel selbst auftreiben. Für den Rest, mich auch, müssen noch anderswo welche beschafft werden. Immerhin ist heute Samstag. So spendiert man uns zunächst einen Cocktail, und später auch das Abendessen. Danach geht es für uns „Betroffene“ dann zu einem anderen Hotel. Nicht mehr direkt am Strand gelegen, aber das ist für mich jetzt weniger ein Problem. Zumal es ohnehin längst dunkel geworden ist. Nicht ganz so glücklich ist, dass in der Anlage offensichtlich ausgelassen gefeiert wird. Nicht weit entfernt ist darüber hinaus auch eine Disco gut besucht, immerhin sind wir in einer Touristenhochburg. In Kombination mit den feuchtwarmen Temperaturen, um einen Schnupfen zu vermeiden, lasse ich die Klimaanlage direkt über dem Bett zur Schlafenszeit lieber ausgeschaltet, dafür trommelt der Regen auf das Dach aus Metallplatten, nicht ganz optimal. So dauert es ein bisschen, bis ich wirklich eingeschlafen bin. Aber immerhin habe ich ein Bett und überhaupt ein Dach über dem Kopf, da will man nicht klagen.