• Der Botnar ist der gruene Riese in einer schwarzen Lavalandschaft
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    Der Botnar ist der gruene Riese in einer schwarzen Lavalandschaft

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    Junges Mädchen auf einem Pferd

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    Oryx Antilope

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    Polarlichter bei Alta

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    Alpenüberquerung

    Umfeld der Memminger Hütte

4. Tag        12.08.2013 – bei Mandalgov

Der Plan für heute war eigentlich um 7.00 Uhr Aufstehen, 7.30 Uhr Frühstück, 8.30 Uhr Abfahrt. Soviel zur Theorie. Nicht alle können oder wollen sich daran halten. Schon um 6 Uhr ruscheln einige herum und führen mehr oder weniger leise Diskussionen, was dann auch meine Nacht vorzeitig beendet. So beschließe ich auch um 6.40 Uhr aufzustehen, um mich herum sind die „Touris“ schon voll in Aktion. Ich hoffe mal, das spielt sich noch ein bisschen besser ein, schließlich bin ich im Urlaub, und gerade in Ländern wie der Mongolei sollte es eigentlich ziemlich entspannt zugehen. Immerhin läuft der Rest einigermaßen entspannt ab. Ich beschließe noch mal schnell den kleinen Gipfel hinter unserem Lagerplatz zu erklimmen und das Panorama zu genießen. Ein schöner Platz, den ich im Moment für mich alleine habe. Eine Ruhe … und dazu ein großartiger Ausblick. Etwas Gutes kann das frühere Aufstehen ja auch gerne noch bringen. Gegen 8 Uhr sind wir abfahrbereit. Anfangs sind noch einige Berge bzw. Felsen zu sehen, aber auch die verschwinden dann bald am frühen Vormittag völlig. Wir sind nur noch von schier endloser Steppe umgeben. Heute scheint die Sonne, was die Szenerie natürlich sehr viel reizvoller macht, als wenn an den Scheiben nur die Tropfen hinunter laufen. Landschaftlich konzentrieren sich die einzigen Abwechslungen noch auf den Pflanzenbewuchs.

So gegen 10.30 Uhr besuchen wir eine Nomadenfamilie in ihrer Jurte. Üblicherweise sitzen die Gäste vom Eingang aus gesehen links, dabei ist beim Eintreten darauf zu achten, nicht auf die Schwelle zu treten, da das nach alten Überlieferungen Unglück bringen soll. Da die Schwelle knapp 10cm breit und rund 25cm hoch ist, besteht aber ohnehin kaum das Bedürfnis, darauf zu treten. Wir bekommen frische Stutenmilch in Schalen angeboten. Dabei trinkt man einen Schluck und reicht die Schale dann weiter. Die Stutenmilch schmeckt ein bisschen säuerlich wie Buttermilch, letzere schmeckt mir auf jeden Fall, nur im Nachgeschmack ist die Stutenmilch nicht mehr so meins. Beim aus Stutenmilch produzierten Quark, der von der Konsistenz eher ein bisschen wie Käse ist, tritt das noch sehr viel stärker auf. Auch der ist schon beim Essen recht sauer, insgesamt noch weniger wie die Stutenmilch mein Geschmack. Uns wird noch gezeigt wie die Stutenmilch gewonnen wird. Dazu führt man ein Fohlen zu der Stute. Wenn dieses durch Stoßen entsprechende Signale zum Trinken an die Stute gibt, wird das Fohlen nach ein paar Schlucken abgedrängt und die Stute gemolken. Wichtig dabei ist nur noch, dass das Fohlen am Ende selbst noch Milch bekommt. Schließlich soll es daran ja nicht die Lust verlieren. Zuweilen hält eine zweite Person der Stute beim Melken auch noch eines der beiden Vorderbeine hoch, um das Pferd praktisch bewegungsunfähig zu machen. Auffällig ist dabei, dass auch die kleinen Kinder schon behände mit den Tieren umgehen. Das Melken übernimmt noch die Frau des Familienoberhaupts, aber beim ranschaffen der Tiere sind auch die Söhne aktiv beteiligt, das gilt auch für das heranbringen und abdrängen der Fohlen. Die jüngste Tochter, ich schätze sie mal auf vielleicht fünf, wobei das natürlich ein bisschen mit Vorsicht zu genießen ist, da ich eben aus einem anderen Kulturkreis komme, und solche Schätzungen dann immer noch schwerer sind, schwingt sich behände auf eines der Pferde und drängt damit die kleine Pferdeherde wieder ein bisschen zusammen. Dabei sitzt sie so selbstverständlich und sicher auf dem Pferd, wie bei uns ein Kind gleichen Alters die Treppe herunter läuft. Im Moment sind die großen Sommerferien, ansonsten wären die Kinder auch gar nicht bei ihren Eltern, sondern in der Schule in der nächsten größeren Provinzstadt mit einer Schule. Wobei es von keinem Ort der Mongolei weiter als 120km bis zur nächsten Schule sein soll. Dort leben die Kinder dann bei Verwandter, häufig ziehen die Großeltern zu diesem Zweck in diese Städte, oder die Kinder wohnen in einem Internat. In der Mongolei gibt es eine Schulpflicht ab dem sechsten Lebensjahr. Die Schulzeit beträgt mindestens 8 Jahre. Bei entsprechenden Leistungen können weiterführende Schulen besucht werden, was jedes Jahr etwa 120000 junge Mongolen tun. Dann kommen die Jugendlichen auf  eine Schulzeit von 12 Jahren. Bei einem entsprechenden Abschluss kann eine der 31 staatlichen oder 55 privaten Universitäten des Landes besucht werden. Die Schulpflicht geht auf die Gründung der sozialistischen Machtergreifung in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts zurück. Sie haben auch von der alten mongolischen Schrift, die senkrecht geschrieben worden ist, auf das kyrillische Alphabet umgestellt, nicht zuletzt in Anlehnung an den großen Bruder Russland. Aber die Schulpflicht wirkt bis heute nach, so gelten etwa 98% der Bevölkerung als alphabetisiert, was einer der höchsten Werte in der Welt ist. In Deutschland, der Schweiz oder etwa Island liegt dieser Wert mit etwa 99% noch etwas höher, aber z.B. in der USA wurde bei einer Studie vor einigen Jahren ermittelt, das rund 20% nicht ausreichende Lesefertigkeiten besitzen, um ein Formular oder die Beschreibung bei Lebensmittel lesen zu können. Nach dem Ende der sozialistischen Zeit wurde auch die alte mongolische Schrift wieder eingeführt, ausländische Geldgeber verlangten seit dem auch die Ausgaben für Bildung zu reduzieren, wodurch die Ausstattung der Schulen sich verschlechterte und auch die Bezahlung der Lehrer sich verschlechterte, was dazu führte, das viele der guten Lehrer heute auf Privatschulen unterrichten. Das führte dann auch dazu, dass das Bildungsniveau im Land sich seit dem verschlechterte und insbesondere Jungen die Schule vorzeitig verlassen. Aber in den großen Sommerferien von Mitte Juni bis Ende August spielt all das keine Rolle und insbesondere auf dem Lande sind die Kinder bei den Familien. Praktisch vor jeder Jurte sieht man auch eines oder mehrere Kinderfahrräder. In Ulan Bator haben wir aber kein einziges Rad gesehen. Genauso wie das Fahrrad gehört auch ein kleines Moped scheinbar fest zu jeder Jurte. Wobei das auch durchaus praktische Gründe hat, sie können zum Viehtrieb benutzt werden, gleichzeitig haben sie einen geringeren Verbrauch als ein Auto, und Benzin ist für die Menschen hier relativ teuer. Daneben steht dann aber immer auch ein Kleintransporter, mit dem man mit den Jurten umziehen kann. Denn die Mongolen auf dem Lande leben als Nomaden, sie ziehen dahin, wo sie für ihre Tiere die besten Weidegründe finden. Und es gibt viele Tiere. Nach einer Erhebung aus dem Jahre 2008 gab es rund 42 Millionen Nutztiere in der Mongolei, und das bei offiziell etwa 3,2 Millionen Einwohnern. Dabei sind etwa 60% der Bevölkerung unter 35 Jahren. Seit der großen Privatisierungswelle hat eine große Völkerwanderung eingesetzt, die Menschen ziehen immer stärker in die Städte. So hat sich in der Hauptstadt die Einwohnerzahl auf etwa 1,2 Millionen innerhalb der letzten 30 Jahre verdoppelt. Das Leben auf dem Land gilt als wenig attraktiv, in den Städten gibt es Elekträzität, hier in den Jurten gibt es nur ein Solarpanel und eine große Satellitenschüssel um mittels Fernsehen mit der Welt in Kontakt zu bleiben. So ist eben der Fernseher in vielen Jurten auch genau gegenüber dem Eingang, der Platz an dem eigentlich die besonderen Kostbarkeiten der Familien sich befinden. Vor ihm hat auch das Familienoberhaupt seinen Platz hat. Allgemein haben die Familien in ihren Jurten nur relativ wenige Habseligkeiten, das ist nicht unbedingt der Mittellosigkeit geschuldet, sondern viel mehr der Ausrichtung möglichst mobil zu sein, wenn es gilt weiter zu ziehen. So kann eine typische Jurte von drei Personen in 45 Minuten komplett aufgebaut werden, oder auch in der gleichen Zeit abgebaut werden.

Für uns geht es aber weiter nach Süden, zur Mittagszeit erreichen wir das zerstörte Kloster Baga Gazarynm Chuluu. Es liegt ein bisschen versteckt zwischen einigen Felsen. Der Weg zu den Ruinen ist gesäumt von kleinen Birken, die Szenerie wirkt fast ein bisschen seltsam, als gehöre sie irgendwie nicht hier her, sie macht aber auch gleichzeitig klar, warum die Mönche ausgerechnet hier ein Kloster bauten. Es gibt hier Wasser, gleichzeitig liegt es zwischen den Felsen geschützt vor den kalten Wintern bzw. dem in den schier endlosen Weiten sicherlich ziemlich unangenehmen Wind. Vom Kloster selbst ist heute praktisch nichts mehr übrig, man findet  an einigen Stellen noch kleine Reste von Mauern, aber man erkennt von den ursprünglichen Gebäuden praktisch nichts mehr. Aber typisch wie an praktisch allen mehr oder weniger heiligen Orten gibt es hier Ovoos. Ein Ovoo ist ein Ort an dem man den Göttern Opfer bringt. Das können Steine sein, Geld, aber auch Dinge des täglichen Lebens, oder auch das Gehörn von Tieren finden sich dort oft. Sehr häufig und meist schon von Weitem sichtbar sind die Gebetsfahnen. Am häufigsten finden sich die Blauen, blau ist die Farbe des Himmels, gelb steht für den Buddhismus / Lamaismus, weiß für die Milch, grün für die Erde und rot für das Feuer. Man umkreist den Ovoo dabei drei Mal im Uhrzeigersinn und dankt den Göttern für das Erreichen dieses Ortes, für etwas Gutes, das einem passiert ist, oder erbittet die Hilfe der Götter bei seinen Problemen.

Nach unserer Mittagszeit gilt es für uns eigentlich nur noch Kilometer zu machen und möglichst weit nach Süden zu kommen. Wir werden unterwegs noch Station in Mandalgov machen, der Provinzhauptstadt des Dundgov Aimags. Ein Aimag ist vom Stellenwert etwa mit einem Bundesland bei uns vergleichbar. Wie schon am Vormittag kommen wir heute bei trockener Piste deutlich besser voran als gestern. Wobei heute der japanische Jeep das Pannenfahrzeug ist. Die Temperaturen sind heute deutlich höher als gestern. Zum einen scheint die Sonne von einem strahlend blauen Himmel, zum anderen kommen wir weiter nach Süden, wo es deutlich wärmer ist. So hat das Fahrzeug Problem mit dem Kühler. Heute bin ich damit zusammen mit der Begleitmannschaft unterwegs. Der Fahrer dreht bei einer der Zwangstopps zur besseren Kühlung das Fahrzeug in den Wind. Nach einigen Minuten des Wartens öffnet der Fahrer den Kühler, was natürlich zuerst ordentlich Wasserdampf produziert. Er füllt anfangs mit einem Rest Kühlerflüssigkeit auf, die er irgendwie aus dem voll gepackten Kofferraum zu Tage gefördert hat. Anschließend wird der Rest einfach mit Mineralwasser aufgefüllt. Das ist offensichtlich auch nicht das erste Mal, da zum Ende hin auch etwas bräunliches Wasser zu Tage fördert. Der Kühler ist ganz offensichtlich von innen schon ein bisschen korrodiert. Nach dem wir die anderen Fahrzeuge in Mandalgov wieder gefunden haben, werden noch die Vorräte ein bisschen aufgefüllt. Anschließend geht es weiter nach Süden, wo wir dann irgendwo im Nirgendwo unser Lager aufschlagen.