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5. Reisetag        Tamzarit Plateau - 21.09.2023

 

Auch heute ändert sich an den Zeiten nicht viel, Frühstück ab 7:30 Uhr und Abfahrt 1 Stunde später. Es geht zunächst relativ steil auf einer gut ausgebauten Straße in den Hohen Atlas hinauf. Dabei kreuzen wir wiederholt die Wasserpipeline für die Bewässerung der Felder in der Ebene um Beni Mellal, aber auch die Stromtrasse, die ebenfalls vom Stausee herunterführen. Unser erstes Ziel sind die Onzoud Wasserfälle. Sie sind mit etwa 110m die höchsten in ganz Marokko. Nicht zuletzt wegen der Jahreszeit sind die Wassermengen, die in Kaskaden in die Tiefe stürzen, nicht sehr beeindruckend. Aber wir haben eben September. Und die größten Niederschläge im Atlas und auch hier im Hohen Atlas fallen im Winter. Dann übrigens insbesondere in den höheren Lagen auch als Schnee, der dann im Frühjahr als Schmelzwasser ins Tal strömt. An der Stelle noch ein paar Zahlen, in Marrakesch fallen durchschnittlich knapp 300l/qm, in Fes, Meknes oder auch Beni Mellal sind es um die 550l/qm, im Hohen Atlas kommt man teilweise über 1000l/qm und Jahr. Wir machen einen kleinen Spaziergang am Wasserfall, dabei gehen wir auf einem Pfad bis zum kleinen Wasserbecken unterhalb der Wasserfälle hinunter, und auf einer Treppe wieder hinauf. Die ganze Runde dauert im gemächlichen Tempo mit ein paar Fotostopps etwa eine Stunde. Da der Weg meist im Schatten verläuft, sind die auch am Vormittag schon warmen Temperaturen kein Problem. Am Rande des Pfades sehen wir einen einzelnen Berberaffen am Wegesrand sitzen, wobei die eigentlich in Gruppen leben. Die Onzoud Wasserfälle sind in Marokko ein beliebtes Ziel für Tagesausflüge. Unterhalb des Wasserfalls kann man sich auf kleinen Booten in die Nähe der Fälle in die Gischt schippern lassen, und bei den Treppen gibt es einige kleine Restaurants und ein paar Geschäfte, um kleine Andenken zu kaufen.

Danach geht es für uns über immer kleiner werdende Straßen und schier unendlichen Serpentinen weiter in den Hohen Atlas hinein. Zur Mittagszeit machen wir noch in einer kleinen Stadt eine kleine Pause. Einfach eine Gelegenheit, vielleicht auf die Schnelle eine Kleinigkeit zu Essen, oder sich auch einfach nur ein bisschen umzusehen. Ich gehe in den kleinen „Stadtpark“. Eine grüne Oase, die offensichtlich gut bewässert wird. So gibt es saftige Grünflächen mit kleinen Hecken darum, und dazwischen immer wieder kleine Palmen und ein paar andere größere Laubbäume, die Schatten spenden. So sitzen auch ein paar ältere Männer auf den Bänken. Aber lässt man den Blick in die Umgebung schweifen, so wächst hier in der Natur zu dieser Jahreszeit praktisch fast nichts mehr. Die Böden sind steinig und karg. Arbeitsplätze gibt es in der Stadt scheinbar auch nur wenige. Ein bisschen Handwerk und Geschäfte, aber sonst nicht viel. Genau diese wirtschaftlich schwierigen Bedingungen sind es, die die Leute selbst aus den kleinen Städten dazu bringt, von hier weg zu ziehen, und ihr Glück in den großen Städten zu suchen. Was diese dann immer weiter dynamisch wachsen lässt. Dazu trägt aber natürlich auch das allgemeine Bevölkerungswachstum von aktuell noch 1,2% bei, auch wenn sich dieses in den letzten Jahren abschwächt. Das Durchschnittsalter beträgt aktuell knapp 30 Jahre, die Lebenserwartung liegt bei rund 77 Jahren, hat sich aber in den letzten 30 Jahren um fast 15 Jahre erhöht. Rund zwei Drittel der Bevölkerung der 37 Millionen Marokkanern leben auf etwa 10% der Fläche in Nordwesten und Westen des Landes. In Marokko ist auch internationale Migration ein Thema, so leben knapp 3 Millionen Marokkaner in Europa. Alleine in Frankreich sind es etwa 1,2 Millionen, 750000 in Spanien und 500000 in Italien.

Für uns geht es nach dem kleinen Stopp weiter in den dünn besiedelten Hohen Atlas. Unser Ziel ist das Aït Bougoumez, auf Deutsch übersetzt wird es als das Glückliche Tal bezeichnet. Das Tal ist etwa 17 km lang und kaum mehr als 2 km breit. In ihm leben fast 20.000 Menschen. Der Grund für diese hohe Bevölkerungsdichte ist der ganzjährige fließende Wasserlauf, daher auch der Name das Glückliche Tal. Er lässt relativ intensive Landwirtschaft zu. Es gibt ein bisschen Getreide, auch wenn das bereits abgeerntet ist. Seit einigen Jahren, seit es die geteerte Straße ins Tal gibt, stellt man aber zunehmend auch auf Äpfel und Nüsse um. Daneben gibt es noch Mais, der teilweise auch als zweite Frucht nach dem Getreide angebaut wird. Durch die Straße sind aber auch Pestizide ins Tal gekommen. So sagt uns unser lokaler Reiseleiter, dessen Bruder und Eltern noch heute im Tal wohnen, dass es heute weniger Insekten und auch weniger Vögel gibt, dafür sind die Erträge in der Landwirtschaft deutlich besser. So wollen wir auch zu einem traditionellen Tee bei seinen Eltern einkehren. Doch bevor wir ihr Haus erreichen, werden wir von einer Polizeikontrolle angehalten. Die Kontrolle verläuft ziemlich unspektakulär ab, offensichtlich kennt man sich und scherzt miteinander. Und doch war den örtlichen Polizisten offenbar bekannt, dass wir kommen würden. So ging unser Reiseleiter auch sofort mit seiner in Casablanca angefertigten Liste unserer Reisepassnummern zu den Polizisten. Wie man uns später auf der Reise berichtete, werden in jedem Hotel unsere Reisepassnummern erfasst und an staatliche Stellen gemeldet. Genauso wird dort angegeben, welches unser nächstes Ziel auf der Reise ist. Das alles dient nach der offiziellen Lesart natürlich der Sicherheit im Land, macht aber gleichzeitig vorsichtig formuliert auch nachdenklich. Doch die Bemühungen des Staates um die Sicherheit gehen noch einen Schritt weiter. So gibt es in jeder Gemeinde einen lokalen Vertreter des Innenministeriums, bei dem man das erledigt, was man bei uns auch in der lokalen Verwaltung erledigen würde. Man meldet Neugeborene, Verstorbene, kann von ihm auch bestätigen lassen, wenn jemand ein Stück Land gekauft hat. Früher wurde das Geschäft häufig vor Zeugen abgewickelt, heute wird ein schriftlicher Vertrag aufgesetzt, und eben auch beim lokalen Vertreter des Innenministeriums gemeldet. Er berichtet seinem Vorgesetzten aber auch, wer sich mit wem trifft oder mit wem im Streit liegt. So dürfte vermutlich auch nicht gänzlich unbemerkt bleiben, dass unser kleiner Bus vor dem Elternhaus unseres Reiseleiters gestanden hat. Die „amtliche“ Stelle wird übrigens üblicherweise innerhalb einer Familie auf die nächste Generation vererbt. Im Haus der Eltern unseres Reiseleiters und Bergführers gibt es dann, für Häuser auf dem Land in Marokko klassisch, einen Raum, in den Gäste geführt werden, quasi die gute Stube. Auch wenn es hier mal von zwei kleinen Tischen abgesehen, keinerlei Möbel gibt. Man sitzt auf Decken auf der Erde. Der Raum wird immer sauber gehalten – wie die gute Stube eben. Dort wird uns auch gleich mal demonstriert, wie man in Marokko Tee richtig eingießt. Aus größerer und gerne auch beim Eingießen noch steigender Höhe wird der Tee in ein Glas gegossen, was dafür sorgen soll, und hier und heute natürlich auch tut, dass sich ein bisschen Schaum auf dem Tee bildet. Und der Tee in Marokko ist üblicherweise sehr süß, wir bekommen schon die deutlich abgeschwächte Version. Dazu gibt es hier angebaute Nüsse, wie etwa Walnüsse und Erdnüsse. Außerdem gibt es noch Brot mit Olivenöl. So ist es auch eine klassische Variante für ein wegen der schweren Feldarbeit nicht unüblichen zweiten Frühstücks, auch wenn es jetzt schon Nachmittag ist.

Nach dieser kleinen Stärkung ist es für uns nur noch ein kurzer Weg, bis wir im Nachbardorf, immer noch im Aït Bougoumez – dem Glücklichen Tal, am Startpunkt unserer Wanderung sind. Ein Teil der Mannschaft ist schon vor uns aufgebrochen. Es ist nur noch einer der Maultiertreiber und zwei Maultiere da, auf die unser Gepäck verladen wird. Gegen 16:15 Uhr gehen wir dann los. Zunächst geht es noch einem breiten Pfad nach. Kurz hinter dem Dorf sieht man einen Mann dabei, wie er größere Steine innerhalb des Wasserlaufs, der durch das Tal fließt, verschiebt, um das Wasser teilweise umzuleiten. Ein bisschen weiter kommen wir auf eine größere relativ ebenen aber vor allem Gras bewachsene Fläche, auf der einige Schafen und Ziegen, aber vereinzelt auch ein paar Esel und Maultiere weiden. Darauf befindet sich auch eine kleine Hütte eines Schäfers, der hier dauerhaft im Sommer wohnt. Für uns geht es aber noch gutes Stück weiter. Gegen 18 Uhr erreichen wir das Tamzrite Plateau. Dies liegt auf rund 2400m, gestartet sind wir auf etwas mehr als 1900m, die Strecke betrug knapp 6 Kilometer. Als wir unseren ersten Zeltplatz auf unserem mehrtägigen Trekking erreichen, sind unsere Zelte bereits aufgebaut, und Tee und ein paar Kekse stehen auch schon bereit. Nach dem wir uns ein bisschen in den Zelten eingerichtet haben, gibt es gegen 19 Uhr auch schon das Abendessen im Gemeinschaftszelt. In Landessitte sitzen wir auf dem Boden. Keine Haltung, die man als wohlstandsverwöhnter Mitteleuropäer gewohnt ist, so muss man immer mal die Sitzhaltung ändern. Man wird eben auch nicht jünger.