3. Tag 11.08.2013 – Öndor Iveelt Uul
Der Flug von Moskau nach Ulan Bator verläuft problemlos, auch hier hält der Pilot sich wieder an die vorgesehene Flugzeit, oder anders ausgedrückt wir landen wieder zu spät. Wobei der Flughafen der mongolischen Hauptstadt recht übersichtlich ist, so gehen die Formalitäten reibungslos und zügig von statten. Wir werden von unseren lokalen Guide Urma und ihrem Team am Flughafen abgeholt. In der Zentrale des lokalen Reiseveranstalters bekommen wir noch einen Kaffee oder Tee und dazu ein paar Kekse. Ich fühle mich ein bisschen müde, im Flugzeug kann ich nie richtig schlafen, wenn ich da ein bisschen vor mich hin döse, ist das schon mal nicht so schlecht. Jetzt gilt es aber den verlorenen Tag in Moskau wieder aufzuholen. Eigentlich steht in der Reisebeschreibung ein entspanntes Ankommen, und noch ein kleine Stadtrunde. Wir versorgen uns zuerst mal mit Tugrik, der mongolischen Währung. Dazu halten wir an einer Straße nicht weit vom Hauptplatz der Stadt entfernt an. Dort stehen bereits zwei Männer mit dicken Geldbündeln, die in unseren Bus „springen“. Und die Geldbündel sind wahrhaft dick, die beiden Männer können sie kaum in der Hand halten. Das ganze sieht ein bisschen nach Vetternwirtschaft aus. Aber der Kurs ist in Ordnung, so ist es mir egal, wer vielleicht noch eine Kleinigkeit daran verdient. 2000 Tugrik entsprechen einem Euro. Anschließend machen wir einen kurzen Stopp am Sükhbaatarplatz.
Das Reiterdenkmal in der Mitte des Platzes zeigt den Namensgeber. Damdir Sükhbaatar gilt als Staatsgründer der heutigen Mongolei. Er vertrieb die Chinesen und später den etwas zwiespältigen Roman von Ungern-Sternberg, der auf der Flucht vor der Roten Armee mit japanischer Unterstützung abermals die wieder eingedrungenen Chinesen vertreiben konnte. Sükhbaatar seinerseits wurde dabei von der Roten Armee unterstützt. Mit deren Hilfe gründete er auch die Mongolische Revolutionäre Volkspartei, aus der wieder die Mongolische Revolutionäre Volksarmee hervor ging. Er errichtete einen sozialistischen Staat nach russischem Vorbild. Im Jahre 1923 starb er an einer Krankheit, manche seiner Weggefährten glaubten, er sei vergiftet worden. Er war es auch, der Niislet-Churee zur provisorischen Hauptstadt machte, woraus 1924 Ulan Bator wurde. Die Mongolen selbst bezeichnen sie übrigens als Ulanbaatar, das Baatar ist auch eine Art Ehrentitel und heißt übersetzt etwa Held. Die eine Seite des Sükhbaatarplatzes nimmt das Parlament der Mongolei ein, vor dessen Eingang sich ein etwas sehr breit geratenes Denkmal Dschingis Khans befindet. Links und rechts am Rande des Gebäudes sind weitere Denkmäler für seine beiden Nachfolger als Khan. Vor dem Gebäude befinden sich Reiter, die „Waffe“, die das dritte Großreich der Mongolei begründete. Um den Platz befinden sich weitere öffentliche Gebäude, dazu gehören das Rathaus der Hauptstadt, das Kulturhaus, die Oper aber auch der Blue Sky Tower, letzteres ist allemal ein markantes Gebäude, will aber nicht wirklich hier her passen. Gleiches gilt auch für die Bankentürme die in der direkten Umgebung des Platzes stehen. Zurzeit ist hier noch ein provisorisches Museum, das Skelette von Dinosauriern zeigt, die hier in der Mongolei gefunden hat. Dazu ein paar Information zu den ausgestorbenen Dinos. Das eigentliche Museum dafür wird gerade umgebaut. An der Ecke befindet sich auch das zentrale Postamt der Mongolei. Es liegt direkt an der Peace Avenue, der wichtigsten Straße und Lebensader der Stadt. Auf der fahren wir dann auch ein Stück in Richtung Flughafen. Dabei kommen wir auch an der neuen Sport-Arena - einer großen Ringerhalle - vorbei. Ringen ist in der Mongolei eine der beliebtesten Sportarten überhaupt und auch eine der drei Disziplinen beim Naadam. Es ist das größte Volkfest der Mongolei und findet immer vom 11. -13. Juli statt. Die drei Disziplinen sind Ringen, Bogenschießen und Pferderennen. Wobei das größte von Ulan Bator über eine Strecke von 30km führt. Die Pferde sind dabei zwischen zwei und sechs Jahren, als Jockeys fungieren dabei Kinder bzw. Jugendliche.
Beim Blick zurück fällt auch eines der vier großen Kohlekraftwerke auf. Sie sorgen für Elekträzität und Fernwärme in Teilen der Hauptstadt. Leider aber auch für eine hohe Luftverschmutzung, die noch durch unzählige Privatheizungen verschlimmert wird, die ebenfalls mit Kohle betrieben werden. Insbesondere im Winter, wenn es meist windstill ist, zusätzlich gibt es kaum Niederschlag, der die Luft auswäscht, so sammelt sich im Talkessel, in dem Ulan Bator liegt, sich dann eine fast undurchsichtige „Suppe“ an, die alles andere als gesund ist, und entsprechend zu vielen Atemwegserkrankungen führt.
Kurz bevor wir die Stadt endgültig hinter uns lassen, halten wir noch kurz an einem kleinen Supermarkt an, um uns noch mit ein paar Lebensmitteln zu versorgen. Draußen vor dem Markt parken die Autos ein bisschen kreuz und quer, was dann zwangsläufig dazu führt, das nicht jeder auch so wieder weg fahren kann, was aber alle relativ gelassen hin nehmen. Schon wenige Kilometer später sind wir auf dem Land, die Teerstraße ist schon länger einer Piste gewichen. Anfangs konnten wir noch sehen, wie die bestehende Straße verlängert wurde, dazu wurde ein Damm aus Geröll aufgeschüttet, der wohl den Unterbau für das Teerband bilden soll. Während der Bauphase windet sich der Verkehr einfach links und rechts neben dem Damm entlang, wobei auch sonst schnell klar wird, dass es „die eine Piste“ ohnehin nicht gibt. Es führen meist mehrere Pisten mehr oder weniger direkt nebeneinander her. Eine offizielle Streckenführung abseits der Teerstraßen sucht man vergebens. Die Wege entstehen offensichtlich einfach durch die Benutzung. So sucht man denn auch Verkehrsschilder, die eine Richtung angeben, vergebens. Was dann auch den Verdacht erweckt, die Fahrer sind eher nach Gefühl unterwegs. Mir erschließt es sich jedenfalls nicht, woran man sich hier orientieren kann. Aber ich bin ja auch erst ein paar Stunden im Land.
Eigentlich hätte es sich bei unseren Fahrzeugen um russische geländegängige Busse handeln sollen. Stattdessen haben wir einen der besagten russischen Busse, einen japanischen Jeep, dessen Lenkrad rechts ist, und einem Straßenbus mit etwa 20 Sitzplätzen. In letzterem sitzen wir. In dem kleinen Bus befindet sich unser Gepäck, im Jeep sind Teile unserer mongolischen Begleitmannschaft. Der Bus erweist sich schon am ersten Tag als nur begrenzt geeignet. An einem kleinen Anstieg bekommen wir aufgrund des einsetzenden Regen, der die Piste schon nach kurzer Zeit glitschig macht, Probleme. Anfangs kann sich der Fahrer noch durch ziemlich geschicktes Fahren selbst befreien. Aber nicht viel später ist auch damit nichts mehr zu machen. Hier muss der deutlich kleinere russische Bus den größeren die Anhöhe rauf ziehen. Die Umstände führen zu Protesten in der Gruppe, nicht zuletzt weil der Bus auf der Piste wegen Spurrillen etwas geschlingert war und auch hier und da ein bisschen Schräglage hatte, was natürlich bei einem höheren Fahrzeug optisch noch mal dramatischer aussieht, als es eigentlich ist. Einige aus der Gruppe ist die Sache nicht recht geheuer, so gehen sie lieber zu Fuß im Regen den Anstieg hinauf. Ich selbst mache mir eigentlich nicht so sehr viele Sorgen dabei, ich ärgere mich eher ein bisschen, nicht dieses etwas surreale Gespann fotografiert zu haben. Auf der anderen Seite ist es hier drinnen immerhin trocken. Auf der Anhöhe wird ein Teil des Gepäcks in den großen Bus umgeladen, dafür steigen ein paar ängstlichere Naturen aus der Gruppe in den Kleinbus bzw. in den Jeep um. Ich selbst habe weniger Bedenken und fahre weiter im großen Bus, der Fahrer macht mir den Eindruck, dass er sehr genau weiß was geht, und was eben nicht. Dabei geht er sehr umsichtig mit der Situation um. Nach der kleinen Diskussion hat auch der Regen aufgehört, was aber natürlich nicht sofort zu trockenen Pisten führt. Aber einstweilen gibt es keine weiteren Probleme, jedenfalls bis kurz vor unserem Lagerplatz. Es passiert was hier eben immer passieren kann, der rechte Vorderreifen des großen Busses hat einen Plattfuß. Bis zum Lagerplatz ist es nicht mehr weit, so beschließen wir uns noch ein bisschen die Füße zu vertreten und voraus zu gehen. Dabei begegnet uns eine kleine Pferdeherde. In einiger Entfernung sieht man einen weiteren Regenschauer der scheinbar mitten im Sonnenschein fällt. Ich mache mir da jetzt eher Sorgen wegen des Regens. Ich kenne unsere Zelte noch nicht, und ich hoffe doch, dass die dicht sein werden. Oder noch besser, wir müssen es überhaupt nicht ausprobieren. Noch bevor wir unseren Lagerplatz erreichen, fährt unser Fahrer freundlich grüßend an uns vorbei. Wobei er uns angeboten hat, uns dann wieder mitzunehmen. Aber eigentlich sind wir sehr zufrieden damit, einfach mal ein kleines Stück zu gehen. Schließlich waren wir heute schon einige Stunden im Auto unterwegs, und dafür stundenlang im Flugzeug. Das mit den Zelten macht mir, im Lager angekommen, dann wirklich Sorgen. Einige der Zelte sind einwandig, meins auch. Aber im Moment sieht der Himmel auch nicht mehr nach Regen aus. Und die Nähte sind auch einigermaßen OK. Aber das unter den Zelten keine Folie liegt, schürt nicht unbedingt mein Vertrauen in die Dichtigkeit. Überhaupt zeigt man uns erst einmal wie denn diese Zelte am besten aufzubauen sind. Da sie selbstaufbauend sind, muss man sich aber einfach nur ein bisschen in Acht nehmen, wenn es aufspringt. Ansonsten ist es schnell gemacht, und es bleibt noch ein bisschen Zeit sich im neuen Heim für die nächsten Wochen einzurichten.