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15.Tag     Moon Lake – 13.06.2015

Nach unserer Nacht im Hotel gibt es am Morgen zunächst einmal wieder eine schöne warme Dusche, man gewöhnt sich schon direkt daran. Dazu noch „moderate“ Zeiten, so verladen wir erst gegen 8:15 Uhr unser Gepäck. Zunächst drehen wir noch kurz die offizielle Runde durch Dawson City, wobei wir die meisten Gebäude auch am Vortag schon zu Fuß besucht haben. Woran man schon erkennen kann, dass Dawson City eher überschaubar ist. Danach geht es für uns hinauf auf den Dom, wie man einen kleinen Berg direkt oberhalb von Dawson City genau am Zusammenfluss von Yukon und Klondike nennt. Der wesentlich kleinere Klondike, mit seinem relativ klaren Wasser, wird vom mächtigen Yukon mit allerhand Schwebeteilchen, er hat eine fast schlammiges Aussehen, schon nach wenigen Metern optisch verschluckt. Dann ist es aber auch Zeit, den Grund für die Bevölkerungsexplosion Ende des 19. Jahrhunderts ein bisschen genauer unter die Lupe zu nehmen. Schon auf der Herfahrt vom Flughafen in die Stadt sind die riesigen Gesteinshalden aufgefallen, die jetzt von oben fast wie eine schier endlose Aneinanderreihung von leicht gebogenen Geröllbergen aussehen. In der Form sehen sie ein bisschen aus, wie viel nebeneinander liegende Bananen, nur bestehen sie eben aus grobem Gesteinsmaterial. Sie sind die Überbleibsel von einer riesigen schwimmenden „Waschtrommel“, genannt Dredge, oder genauer hier die Dredge No.4. Dabei handelt es sich um einen großen Schwimmbagger, der vorne mit einer sogenannten Eimerkette sich durch den Flusslauf gewühlt hat. Vielleicht noch ein paar Fakten zu den Dimensionen. Jeder dieser Eimer, anfangs versuchte man es mit 36 später reduzierte man auf 34, da man ein Ungleichgewicht bei der Dredge hatte, wiegt ca. 2t. Die Wasserverdrängung der gesamten Dredge beträgt 2722t. Dabei belegt sie etwa 2/3 eines Fußballplatzes, bei einer Höhe von etwa 8 Stockwerken. Aufgrund ihrer kastenartigen Bauweise sieht die Dredge eher wie ein Fabrikgebäude aus, als ein Schiff. Und im Grunde ist sie eigentlich auch eine Mischung aus Beidem. Mit der schon erwähnten Eimerkette wird vorne das Material abgegraben, genau genommen schaufelt sich die Dredge vorne ihren eigenen Teich, auf dem sie dann schwimmend, das Material in eine große überdimensionierte Waschtrommel in ihrem Inneren schüttet. Diese hat Löcher mit einem Durchmesser von 1,9 cm. Das gröbere Material wurde sofort durch den großen Abraumleiter wieder hinten ausgeworfen. Auch dieser stand ein gehöriges Stück hinten heraus, was dann gleichzeitig das Gegengewicht zu der Eimerkette vorne war. Das feinere Material wurde weiter mit einer Menge Wasser über sogenannte Waschtische gegeben. Auf diesen Waschtischen befanden sich Jute-Bahnen und darauf liegend Metallgitter. Man machte sich nun zu Nutze, dass Gold wesentlich schwerer war als das Wasser und auch der übrige feinere Abraum. So blieb das Gold in den Gittern liegen, während der Rest vom Wasser darüber hinweg geschwemmt wurde und auch hinten ausgeworfen wurde. Obwohl sich bereits zahlreiche Goldsucher mit einfachsten Mitteln an den Flüssen an der Goldsuche versucht hatten, blieb noch mehr als genug für einen lohnenden Betrieb der Dredge. Zuvor waren die Goldsucher alleine oder in kleinen Gruppen dabei, ihre Claims auszubeuten. Die Dredge, insgesamt wurden hier vier, wenn auch nicht zeitgleich, eingesetzt, benötigte dann für den sinnvollen Einsatz aber alle Claims an den Flussläufen. So wurden die zuvor einzelnen Goldsucher von den großen Betreiberfirmen mehr oder weniger unsanft von ihren Claims verdrängt. Die Dredge konnte natürlich nur von großen finanzstarken Unternehmen betrieben werden. Die Dredge No.4 wurde in Einzelteilen hierher gebracht, und dann im Jahre 1912 am Klondike zusammengesetzt. Das wesentliche Traggerüst und auch die Außenhaut bestehen aus Holz, nur die Maschinen selbst bestehen aus Metall. Im Mai 1913 nahm die Dredge dann ihren Betrieb auf, bis sie im Jahre 1924 versank. Drei Jahre später wurde sie wieder in Stand gesetzt und grub sich fortan bis ins Jahr 1940 durch den Hunker Creek. In dieser Zeit hatte sie auch den größten Tagesausstoß von 800 Unzen Gold. Aktuell wird eine Unze mit etwa 1100 $ bewertet. Dort wurde sich wieder zerlegt und am nahe gelegenen Bonanza Creek erneut zusammengesetzt. Von 1941 bis 1959 war sie dort noch im Einsatz. Im den Sommern 1991 und 1992 wurde sie noch ein letztes Mal wieder ausgegraben, um sie an einer etwas höheren Stelle für die Nachwelt zu erhalten. Dort befindet sie sich noch heute und kann besichtigt werden, was wir auch gemacht haben. Zu ihrer aktiven Zeit war sie ca. 200 Tage im Jahr in der Zeit von Mai bis etwa November 24 Stunden am Tag in Betrieb. Man brauchte lediglich vier Personen, um sie zu bedienen. Die Arbeit wurde gut bezahlt, aber praktisch alle hatten bereits nach einem Jahr ihr Gehör komplett verloren, da das Poltern des Gesteins in den Rohren bzw. in der großen Trommel einen Höllenlärm verursacht hat. Arbeitsschutz wurde offensichtlich noch nicht so sehr groß geschrieben. Außerdem brauchte man noch neben viel Wasser, was durch die Flüsse, durch die man sich hier grub, frei Haus geliefert wurden, nur noch eine Menge Energie. Angetrieben wurde die Dredge von zwei großen Elektromotoren mit einer Gesamtleistung von 920 PS. Die elektrische Energie wurde durch ein etwa 30 km entfernt liegendes Wasserkraftwerk erzeugt, dass die Betreiberfirma der Dredge ebenfalls errichtet hatte. Probleme hatte die Dredge nur mit sehr sehr kleinen Nuggets, und mit den sehr großen über 1,9cm, letztere wurden dann einfach mit dem Abraum hinten wieder ausgeworfen. Aber ansonsten war sie sehr effektiv. Entwickelt wurde die Technik übrigens in Neuseeland, wurde in sehr ähnlicher Form später aber sogar am Ufer der Beringssee vor Nome so betrieben. Ansonsten ist sie eigentlich für die klassischen Sekundär- bzw. Seifenlagerstätte in Seen und Flüssen ausgelegt. Sekundärlagerstätten sind in Bergregionen zu finden. Dabei wird das Gold mit anderen Gesteinen und Sedimenten durch die Witterung ausgewaschen und lagert sich dann später an geschützten Stellen in den Flüssen wieder ab. Nur so ist auch überhaupt der Fund hier zu erklären. Im Yukon-Gebiet wurde bereits seit etwa 1850 von Einzelnen nach Gold gesucht. Am 16.08.1896 fand vermutlich Keish, der auch unter dem Namen Skookum Jim Mason, ein Indianer vom Stamm der Tagish, zuerst Gold am Bonanza Creek. Er war Teil einer kleinen Gruppe von drei Männern mit ihren Frauen. Er selbst konnte wegen seiner indianischen Wurzeln ebenso wenig wie sein Cousin Skookum Jim, auch Dawson Charlie genannt, selbst einen Claim anmelden. Dies machte George Washington Carmack, der mit der Schwester von Keish verheiratet war. Nicht weit entfernt vom Bonanza Creek, der damals noch Rabbit Creek hieß, fand auch Andy Hunker Gold, auch wenn dessen Funde nicht so groß waren. Angelockt von den Gerüchten nach Goldfunden kamen noch im gleichen Jahr einige andere Goldsucher, die in der Gegend unterwegs waren zum Bonanza Creek und dem Klondike River. Zur Massenbewegung wurde es aber erst im Jahre 1897, als sie mit den Taschen voller Gold in Portland im Bundesstaat Seattle mit dem Schiff ankamen. Da der Weg zu den Goldfeldern lang und gefährlich war, setzt sich die erste große Welle von 50000 Goldsuchern dann erst im Frühjahr 1898 in Bewegung. Noch im gleichen Jahr folgten ihnen weitere 50000. Bis dahin lebten in ganz Alaska kaum mehr als 30000 Menschen ganzjährig. Zu den Goldfeldern am Bonanza Creek und Klondike River gab es zwei mögliche Routen. Die „einfachere“ war mit dem Schiff bis nach Skagway zu fahren, dann über den Chilkoot-Pass über 50 Kilometer steil bergauf zum Lake Lindemann. Ein Handelsweg, den die dortigen Stämme schon seit Jahrhunderten nutzten. Und von dort waren es „nur“ noch 880km auf selbstgebauten Booten und Flossen stromabwärts auf dem Yukon. Die „schwere“ Route war über den Malaspina Gletscher. Hier schritt auch die Mounted Police relativ schnell ein. Da es in den Lagern der Goldsucher eine große Lebensmittelknappheit gab, mussten die angehenden Goldsucher Nahrung für ein Jahr nachweisen. So mussten sie unzählige Male den Pass hinauf, bis man sie weiter ziehen ließ. Eine der ersten Gruppen, die diesen „billigeren“ Weg wählten, war 18 New Yorkern. Sie schafften es zwar über den Pass, waren nur völlig unzureichend auf die klimatischen Bedingungen vorbereitet, und hatten auch nicht genug Nahrung bei sich. Sie kehrten im folgenden Jahr wieder um. 14 von ihnen verirrten sich im Schnee, verhungerten oder erfroren. Gold fand keiner von ihnen. In der Zeitung stand später, vier Goldgräber kämen mit ungeheurem Reichtum zurück, dabei hatten sie Glück, überhaupt mit dem nackten Leben davon gekommen zu sein. Aber das Leben ist ja auch schon ein hoher Wert. So schafften es überhaupt nur etwa 30000 der einst 100000 im Jahr 1898 aufgebrochenen Goldsucher zu den Feldern. Der Rest musste vorher umkehren oder kam dabei gar ums Leben. Goldfunde gab es auch schon vorher in Alaska, die ersten wirklich bedeutenden um 1880 bei Juneau, das erst durch eine Volkabstimmung , die nicht unerheblich durch den durch seinen Goldfund reich gewordenen Joe Juneau beeinflusst worden ist, heute so heißt und sogar die Hauptstadt des Bundesstaates Alaska ist. Dabei ist sie nicht einmal an das Straßennetz des übrigen Alaska angeschlossen, sondern nur mit dem Boot oder Flugzeug zu erreichen. Das größte Nugget mit 3,03kg fand man aber am Strand von Nome um 1900. Die Goldfelder waren sehr viel leichter zugänglich, da sie teilweise direkt am Meer lagen. Auch hier „hausten“  zwischen 1899 und 1909 teilweise bis zu 20000 Menschen gleichzeitig in den Camps. Von der Gesamtmenge wurden mit etwa 570t der bis heute aber größere Goldfund im Gebiet um Dawson gefördert, was etwa 300 Millionen $ einbrachte. Interessant ist dabei, dass Dawson City etwa 100km von der Grenze entfernt auf kanadischem Boden liegt, und doch der große Alaska-Goldrausch eben genau mit diesen Funden verbunden wird.

Nach dem wir nun durch den Besuch der Dredge es den Dilettanten von Goldsuchern natürlich so richtig zeigen wollen, die unzählige Tonnen von Gold nicht gefunden habe, die dann erst mit dem schweren Schwimmbagger gefördert wurden, mussten wir natürlich selbst Gold schürfen. Und was soll ich sagen, auf Claim 23 ist man natürlich auf „Strategen“ wie uns vorbereitet. Dort gibt es Pfannen und Schaufeln zu verkaufen, damit könnte man auf dem Claim dann selbst losziehen und versuchen etwas zu finden, oder man macht es wie wir, und leiht sich eine Pfanne mit ein bisschen „Sand“ drin. Nach einer kurzen Einweisung können wir uns dann selbst versuchen. Man lässt dazu etwas Wasser in die Pfanne, lässt dann das Ganze ein bisschen nach links und rechts „schwappen“, damit die schweren Teile absinken können - also das Gold, das 19fach schwerer ist als Wasser. Anschließend lässt man das Wasser vorsichtig ablaufen. Anschließend taucht man die Schale gerade weit genug wieder ins Wasser, damit das wieder ablaufende Wasser, die oberen Schwemmteile - also die leichtesten Bestandteile, mit heraus wäscht. Diesen Vorgang wiederholt man so lange, bis dann nur noch die allerschwersten Teile zurückbleiben, hoffentlich die dicken Nuggets. Gut in unserem Fall, war der Sand natürlich präpariert, und wenn man vorsichtig genug war, hat man seine ersten winzigen Nuggets geschürft. Wirtschaftlich ist unser Gold schürfen natürlich der Supergau gewesen, dass Leihen der Pfanne und den „richtigen“ Sand dazu, ist sicherlich deutlich teurer gewesen, als mein Goldfund. Noch dazu gehörte ich nicht unbedingt zu den sehr geschickten / schnellsten, für mich wäre es also schon damals besser gewesen, ich wäre nicht auf die Goldfelder gezogen. Auch wenn ich die offensichtlich maximale Zahl von fünf „Klumpen“ Gold heraus bekommen habe. Aber nicht nur das es im Reisepreis enthalten war, so haben die Nuggets sicherlich einen höheren ideellen als monetären Wert – lustig war’s.

Nach einem kleinen Zwischenstopp in Dawson City geht es mit der Fähre über den Yukon, wo wir uns auf den Top of the World Highway in Richtung Alaska machen. Gegen 16:20 Uhr kanadischer Zeit und damit 15:20 Uhr nach der Zeitzone in Alaska haben wir die Grenzformalitäten erledigt, die, wie schon bei der Einreise nach Kanada, erfreulich einfach und schnell erledigt waren. Nach weiteren ca. eineinhalb Stunden Fahrzeit machen wir Station in Chicken, wo es wohl an diesem Wochenende ein großes Musikfestival geben soll. Es sind schon zahlreiche Zelte aufgebaut. Aber Musik hören wir noch nirgends, obwohl das Publikum schon sehr gemischt und zahlreich da ist. Es soll wohl „blue grass“ gespielt werden, eine Musikrichtung von der ich zugegeben noch nie gehört habe, aber wohl zu den härteren Stilrichtungen gehören soll. Überhaupt ist Chicken ein interessanter Ort. Hier wurden früher zahlreiche Schneehühner zur Selbstversorgung gejagt. Da die ersten Siedler wohl eher etwas simpel gestrickt waren, und die englische Bezeichnung ptarmigan nicht schreiben konnten, nannten sie sie einfach Chicken – Hühner. Woraus sich dann heute der Name des Ortes ableitet. Im Sommer leben hier etwa 200-300 Menschen, im Winter gerade mal 15-20. Sie werden dann per Flugzeug versorgt, die Straßen hierher sind dann längst gesperrt.

Nach der kurzen Rast fahren wir weiter nach Tok, wo wir heute bei Fast Eddy essen. Wer wie wir mit unserem späten Mittag keinen extremen Hunger hat, sollte sich lieber an die (ganz) kleinen Gerichte halten. Ich hatte eine kleine 12 Zoll Pizza, der Teig ist eben „American Style“, also etwas dicker, und die Auflage steht dem nicht nach. Ich bin mehr als „pap satt“. Als Nachtisch hatte ich eigentlich noch ein paar Kugeln Vanilleeis ins Auge gefasst, wer mich kennt weiß: Eis geht immer. Aber hier und heute habe ich den Gedanken lieber verworfen. Von hier geht es dann nur noch die rund 30 Meilen, wir rechnen in Alaska ja wieder in Meilen und nicht mehr in Kilometern, bis zu unserem Campingplatz am Moon Lake, wo wir ca. 21:30 Uhr unsere Zelte aufschlagen. Auch dort ist zu dieser Jahreszeit nicht viel los, und dazu liegt der See noch glatt wie ein Spiegel da. Und auch die im Verhältnis zum hohen Norden wenigen Mücken sind erträglich. Ein schöner Abend, auch wenn man schon wieder so etwas wie Dämmerung hat.