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10. Reisetag         16.02.2011 – nach Pucon

Heute wollen wir mit dem Jeep in die Anden um Santiago fahren. Gegen 7.00 Uhr werden wir mit Jeeps einen Block vom Hotel entfernt abgeholt. Nach dem noch eine andere Gruppe aufgesammelt worden ist, geht es in südöstlicher Richtung aus der Stadt. Santiago ist praktisch auf der „Rückseite“ an die Anden angelehnt. Und pauschal kann man sagen, je höher die Vororte liegen, desto teurer ist die Gegend. Auf der „Vorderseite“ liegt das Küstengebirge, so liegt Santiago praktisch in einem Kessel mit einem Durchmesser von rund 50km. Genau diese Lage sorgt auch für die insbesondere im Winter schlechte Luft, der Smog über der Stadt gilt als einer der schlimmsten in der Welt. Um in die Anden hinein fahren zu können, muss man wie wir einen kleinen Bogen schlagen. Es geht entlang des Rio Maipo. Im Zentrum von Santiago gibt es noch den Rio Mapocho, der aber kaum mehr als ein zugegeben schnell fließendes braunes Rinnsal in einem Betonkanal ist. Der Rio Maipo führt deutlich mehr Wasser, auch wenn ihm weiter oben einiges für die Landwirtschaft und die Trinkwasserversorgung von Santiago entnommen wird. Außerdem gibt es noch einen großen Stausee, an dem zusätzlich das Wasser noch zur Stromerzeugung genutzt wird.

Auf unserer Fahrt geht es anfangs auf Teerstraße gut voran, bis wir zu einer Polizeistation kommen, hier endet dann auch das Asphaltband und es geht auf einer Schotterpiste weiter. Ab hier wird es deutlich steiler, inzwischen geht es mehr oder weniger direkt in Richtung der argentinischen Grenze. Aber irgendwie fährt man in Chile ja fast immer entweder auf den Pazifik oder die Grenze zu, sobald man die Panamericana verlässt. Man sieht hier oben einige Pferde und Rinder und dazu ein paar Schafe und Ziegen grasen. Eine Einzäunung dazu sucht man aber vergebens. Die Besitzer haben ihre Tiere auf die noch nahrhaften Winterweiden getrieben, unten im Tal ist längst alles verdorrt. So sieht man auch ein paar notdürftige Behausungen, in denen ein paar Menschen ebenfalls im Sommer hier oben leben. Im Winter ist es hier ohne Elektrizität oder wegen des vielen Schnees, der tiefen Temperaturen und nicht mal einer Straßenverbindung praktisch unmöglich. Nach einiger Zeit kommt plötzlich ein großer blauer „Fleck“ ins Bild zwischen den sonst eher graubraunen Anden. Wir haben den Stausee des Rio Maipo erreicht. Etwa 100m unterhalb der Piste sieht man auch einige Angler am See stehen. Ein kleines Stück weiter kann man auch mit dem Jeep direkt ans Wasser heran fahren. Die mitgebrachten Kajaks werden vom Jeep geschnallt und wir können eine kleine Runde auf dem See drehen. Das Wasser ist nicht so kalt, wie ich es erwartet hatte, frisch sicherlich aber es ist nicht zuletzt wegen der Sonne nicht unangenehm, wenn man ein bisschen nass wird. Trotz allem ist es ein bisschen bizarr, wir schippern auf einem etwa 60m tiefen See, der eine Länge von etwa 5km hat, und um uns herum ist an einigen wenigen Stellen etwas Gras, ansonsten gibt es keinerlei Bewuchs. Aber er handelt sich ja auch um einen künstlichen Stausee. Rechts von uns sieht man einen Hang mit relativ feinem Sand, wie uns einer der Leute vom Veranstalter dieser Tour sagt, kommen manchmal junge Leute aus Santiago hier her um hier im Sand zu surfen. Wenn gleich man nur einmal am Tag runter kommt, es ist schlicht sehr anstrengend nach oben zu kommen. Um sein Brett nach oben zu schleppen braucht man je nach Stelle drei bis vier Stunden, eine entsprechende Plackerei wäre es. Mit einem Augenzwinkern meinte er aber, die Abfahrt wäre dann aber der ultimative Kick.

Wir fahren noch ein kleines Stück weiter Flussaufwärts zu einer kleinen Thermalquelle. Wobei diese jetzt nicht unbedingt die Offenbarung ist. Sie hat mehr den Charakter eines etwas schlammigen Wasserlochs. Die Temperatur ist eher lauwarm, dafür sitzen schon 15 Leute drin. Optisch schon sehr viel schöner ist der kleine Wasserfall, der direkt daneben aus dem Felsen zu kommen scheint, in Wirklichkeit ist es aber ein kleiner Wasserlauf, der etwas verdeckt hier her fließt und dann eben ein paar Meter hinab stürzt. Immerhin gut als kalte Dusche nach dem Thermalbad zu nutzen. Ein paar von uns machen sich lieber auf den Weg ein bisschen herum zu laufen. Über uns haben sich Kondore in die Luft geschwungen, mit ihrer Spannweite von über 3m gleiten sie lautlos am Himmel. Sie nutzen die Thermik um sich langsam nach oben zu schrauben. Andenkondore können bis in Höhen von 7000m aufsteigen, womit sie natürlich ziemlich weit vorne oder besser gesagt oben sind. Ich laufe um einen Hügel herum, den ich dann noch zusammen mit unserem Guide mehr oder weniger im Laufschritt erklimme. Anfangs ist es noch felsig später ist es dann zunehmend nur noch Geröll, in dem man immer wieder runter rutscht. Hier merkt man schnell, dass in der hiesigen Höhe von 3200m auch scheinbar kleinere Anstrengungen einem schnell den Atem rauben können. So besinnt man sich auch wieder darauf, dass nicht der Schnelle zuerst oben ist, sondern der der sich ruhig und gleichmäßig nach oben arbeitet. Von oben hat man einen schönen Überblick über das Tal vor uns, die grasenden Rinder oder die anderen Teilnehmer der Tour, die unter uns auf einem kleinen Pfad entlang gehen. Nie waren wir Argentinien so nahe wie hier. Es sind nur noch wenige Kilometer Luftline, nur stehen da eben ein paar Sechstausender wie an der Schnur aufgezogen davor. Selbst von unserer exponierten Stelle sind sie noch riesig, und wir klein und unbedeutend. Oben finden sich noch ein paar Gletscher, ansonsten sind sie schneefrei. Ach ja, wir sehen noch was von hier oben, die anderen futtern gerade  „unser“ Mittagessen. Da auch eine kleine Gruppe aus Ecuador dabei ist, müssen wir uns etwas sputen, wenn wir noch etwas von dem gegrillten Fleisch abbekommen möchten. Ich selbst bin eigentlich ein guter Fleischesser, aber bei ihnen würde ich nicht mal die Aufnahmeprüfung für die Trainingsgruppe schaffen. In welcher Geschwindigkeit sie riesige Fleischmengen vertilgen, ist fast unglaublich. Aber alles wird gut, wir kommen gerade noch rechtzeitig um uns eine Portion zu sichern.

Auf unserem Weg zurück begegnen wie schon auf der Hinfahrt LKWs mit großen Steinblöcken. Unser Fahrer erklärt es handelt sich dabei um Yeso, ein weiches weißes Gestein, mit dem man sogar mahlen könnte. Das hier gewonnene Material würde aber in die Bauindustrie gehen. Mein Wörterbuch sollte mir später die Übersetzung für Yeso liefern: Gips, man baut hier oben in den Anden offenbar Naturgips ab. Auch sonst wusste unser Fahrer so einiges über Chile zu berichten. Er lobte das Schulwesen, da es heute jedem möglich wäre zu studieren, das wäre früher völlig unmöglich gewesen. Wenn man es sich sonst nicht leisten könnte, bekommt man dafür ein Darlehen vom Staat, das man dann je nach Verdienst wieder zurück zahlen müsste, eventuell wurde es aber auch erlassen. Er selbst hätte Forstwirtschaft studiert. Jetzt würde er aber im Tourismus arbeiten, da er keinen entsprechenden Job gefunden hätte. Er würde jetzt den Gästen bei der Fahrt mit seinem Auto die Landschaft und die Pflanzen erklären, das wäre ja so ähnlich und ihm auf jeden Fall viel Spaß machen. Er hat keine feste Arbeit und verschiedene Leute würden ihn anrufen, wenn sie einen Job für ihn hätten. So passierte es auch, kurz bevor wir unser Hotel erreichten. Oben in den Anden war der bisher erste Ort, in dem es keinen Handyempfang gab. Er vereinbarte etwas für den nächsten Tag. Er wusste auch zu berichten, das es eigentlich verboten ist, während der Fahrt zu telefonieren, aber wenn er den Job haben wollte, müsste er eben ran gehen, sonst bekäme jemand anders ihn. Und bisher hatte er auch noch nicht gehört, dass jemand dafür Strafe gezahlt hätte. Er hätte auch kein Problem damit, dass immer mehr illegal aus Peru und Bolivien ins Land kämen und die niederen Arbeiten verrichteten, die kein Chilene mehr machen wollte. Überhaupt ist es in Chile üblich, dass man mehreren Jobs nachgeht, dafür sind das dann meist keine Vollzeitstellen. Viele Büroangestellte würden erst so gegen 9 Uhr ins Büro gehen, um 15 Uhr noch ein Schwätzchen mit dem Kollegen halten, und dann nach Hause fahren. Abends dann an ein paar Tagen in der Woche noch irgendwo arbeiten. Er meinte der Wirtschaft gehe es zur Zeit sehr gut, und wer wirklich einen Job suche, der bekomme auch einen.

Zum ersten Mal in Chile werden wir heute kein Bett haben. Der Grund ist einfach der, dass wir mit dem Nachtbus in Richtung Pucon fahren werden. So geht es nach dem Abendessen zum öffentlichen Busbahnhof. In Chile gibt es keine Züge, dafür aber verschiedene Busgesellschaften, die in verschiedenen Preisklassen die Überlandstrecken bedienen. Leider hatte unser Reiseleiter die Karten für den Bus im Hotel, in dem unser Gepäck noch von der letzten Übernachtung gelagert war, vergessen. Irgendwie gelingt es ihm dann aber doch, die rechtzeitig herbei zu schaffen. Während wir dann unsere Koffer in den Bus verladen, drängelt sich eine „Dame“ zwischen uns durch, brabbelt irgendwas vor sich hin, schaut in das Kofferabteil und geht gerade wieder weg, als einer aus unserer Gruppe sich an die Hosentasche fasst, in der sich seine Geldbörse befindet. Die Tasche ist bereits offen, das Portemonnaie aber noch drin. Durch verschiedene Beobachtungen haben wir festgestellt, dass es sich bei den Dieben um eine Gruppe von mindestens drei Leuten gehandelt hat. Genauso muss man aber auch festhalten, dass es mit Glück zu tun hatte, dass ihr Vorhaben misslang. Natürlich wussten wir, das man insbesondere an diesen Busbahnhöfen in dem dort normalen „Gewusel“ besonders auf seine Habe achten sollte, und wir hatten während der Wartezeit auch unsere Taschen in unsere Mitte gestellt, und doch wäre jemand von uns um ein Haar bestohlen worden. Insgesamt habe ich bisher aber nicht das Gefühl, dass ich irgendwo nicht in Sicherheit gewesen wäre. Man muss eben nur das eine oder andere beachten, wie zu Hause auch, nur dass es einem dort eher auffällt, da man das „Normale“ eben besser einschätzen kann. Und in einem fremden Land sind eben viele Dinge anders, und wenn es ein Nachtbus als Reisemöglichkeit ist.