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11. Reisetag          Seetag - 21.11.2022

 

Für heute steht ein Seetag auf dem Programm, die Tage werden länger, auch wenn es dann noch eine ganze Zeit gedauert hat, so waren bereits kurz nach 7 Uhr die ersten orangen Spitzen über den Bergen der Küstenlandschaft zu sehen, und am Nachmittag gegen 15:30 sehe ich hier in Norwegen bewusst einen Sonnenuntergangen mit ein paar versprengten Wolken. Das Wetter ist weiter schier unglaublich, den ganzen Tag Sonne. Da haben wir wirklich außergewöhnliches Glück.

Da es heute sonst kaum etwas zu berichten gibt, beschäftige ich mich hier ein bisschen mit einem Thema, das das Land reich gemacht hat, denen aber auch ein paar sehr kluge Entscheidungen zu Grunde liegen. Es geht um Öl und Gas. In den 1950er Jahren wurde vor der heutigen UNO die Verteilung der Hoheitsgewässer verhandelt, anfangs waren die Norweger noch der Auffassung, es ging vor allem um die Fischereirechte. Aber tatsächlich wurden auch die Ressourcen unter dem Meeresboden „verteilt“. Im Jahre 1964 wurde die Regeln dafür dann final festgelegt. Auf deren Basis haben dann Großbritannien und Norwegen in bilateralen Verträgen die Grenzen der sich theoretisch überlappenden Küstengebiete geregelt, wobei sich Norwegen weitestgehend durchsetzen konnte. Gegenüber Dänemark war man im Prinzip noch erfolgreicher, man konnte auch Gebiete für sich beanspruchen, die nach internationalem Recht eigentlich unserem nördlichen Nachbarn zugestanden hätten. Aber zu dieser Zeit gab es lediglich erste bekannte Funde von Erdgas vor der niederländischen Küste, die anfangs aber wegen der unklaren Rechtslage, und der relativ tiefen Bohrungen auch technisch schwierig waren. Dann kamen die ersten Ölfunde vor Schottland dazu. Auch wenn es zu dem Zeitpunkt vor Norwegen noch keinerlei Funde gab, so machte man sich schon Gedanken über die mögliche Förderung und auch die Wertschöpfung Gedanken. Dazu reiste eine Gruppe durch verschiedene Länder, in denen Öl gefördert wurden, die Wertschöpfung aber zumeist bei ausländischen Konzernen blieb. So beschloss man in Norwegen, das mindestes 50% aller Ölförderanlagen in norwegischer Hand liegen mussten. Außerdem wurde eine Steuer von 50% auf die Erträge erhoben. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es weitere Funde von der britischen Küste, und auch im dänischen Teil gab es einen ersten Fund. 1969 gab es dann den ersten Fund in norwegischen Gewässern. Die Förderung in der Nordsee war anfangs finanziell aber noch schwierig. Der Preis für Rohöl lag um 3 US-Dollar je Barrel. Europa bezog zu dem Zeitpunkt rund 80% seines Erdöls aus dem arabischen Raum. Im Jahre 1973 reduzierten die arabischen Länder dann ihre Fördermengen deutlich, um den Preis in die Höhe zu treiben und die eigenen Einnahmen deutlich zu erhöhen. Dieses Vorhaben setzen sie über das OPEC-Kartell um. Ihr Vorhaben gelang, der Ölpreis vervierfachte sich auf 12 US-Dollar / Barrel. Die westliche Welt erlebte den Ölpreisschock, in Deutschland gab es Autofreie-Autobahnen am Sonntag. Und plötzlich wurde die Ölförderung in der Nordsee auch finanziell interessant. Und die westliche Welt erkannte ihre Abhängigkeit von Energieimporten, die sie dringend abzustellen suchten. Das kommt einem aktuell anlässlich des Ukraine-Kriegs, wenn auch mit weitaus schlimmerem Hintergrund, irgendwie bekannt vor. Norwegen reagiert, und erhöht die Steuer von 50% auf 78%. Das Nordseeöl ist, weil schwefelarm, von hoher Qualität, so dass der Preis für Nordseeöl bis heute relativ hoch ist. Die Norweger teilten ihre Küste in Parzellen auf, und erhoben eine Steuer für jede seismische Ölsuche, und auch für jede Probebohrungen in jeder dieser Parzellen. So fielen leichte 25 Millionen norwegische Kronen an, um überhaupt nach Öl suchen zu können, unabhängig davon, ob diese später erfolgreich war oder nicht. Außerdem wurden die Ölförderunternehmen Statoil und Norsk Hydro in Norwegen gegründet. In den nächsten Jahren werden immer neue Ölfelder gefunden. Norwegen versucht dabei zunehmend die Ölfelder komplett in Eigenregie zu betreiben, und auch die eigenen Ölunternehmen dazu zu ermutigen in anderen Gegenden der Welt in die Ölförderung einzusteigen. In der norwegischen Küste gibt es 1980 das erste und bisher einzige größere Unglück in der Ölförderung. Eines der fünf Beine einer Ölbohrplattform brach in Folge mehrere schwere Wellen, darunter vermutlich auch einer Monsterwelle. Monsterwellen zeichnen sich durch mindestens der doppelten Höhe der normalen hohen Wellen eines Sturms aus, und dies gepaart mit einer hohen Geschwindigkeit und einer kurzen Wellenlänge, was die Kräfte auf Schiffe und eben auch Bohrinseln potenziert. Das Ergebnis für die Ölplattform Alexander Kielland im Ekofisk-Feld war, das diese kenterte. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Plattform lediglich als Wohnplattform genutzt. Von den 212 Männern an Bord kamen 132 ums Leben. Mit steigenden Ölpreisen weitete auch Norwegen die Produktion weiter aus. Das Gegenteil passierte dann zum Ende des letzten Jahrzehnts, als der Ölpreis fiel, wurden auch die Ölproduktion dramatisch reduziert. Viele Arbeiten verloren ihre Jobs, was viele in finanzielle Not braucht. Auf den Ölfeldern und auch bei verschiedenen Zulieferern wurden auch für norwegische Verhältnisse gute Löhne gezahlt, die für die Arbeiter in anderen Jobs nicht annähernd erreicht werden können. Neben der Ölproduktion wurde dann in den letzten zwei Jahrzehnten auch die Gasförderung kontinuierlich ausgebaut. Im Jahre 2021 hat Norwegen 642 Millionen Barrel Öl und etwa ebenso viel Gasäquivalent, das macht rund 4 Millionen Barrel pro Tag gefördert. Beim Gas setzt man sowohl auf LNG, verflüssigtes Gas, als auch auf Pipelines nach Mitteleuropa. Wobei anfangs das Öl auch mit Schiffen von den Bohrplattformen weg transportiert wurde, heute setzt man auch da zumeist auf Pipelines. Genau die machen den Norwegern aber im Moment ein bisschen Sorgen, da man in letzter Zeit russische Aktivitäten in den Gewässern, aber auch mit Drohnen festgestellt hat, und man faktisch die Pipelines nicht schützen kann. Bei den aktuellen Preisen schwimmt Norwegen quasi im Geld. Insgesamt leidet Norwegen aber an einer nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit in vielen Bereichen. Ausnahme ist hier vor allem die Fischereiwirtschaft, Schiffbau und eben die Förderung von fossilen Energieträgern. Insgesamt sind bis heute erst ca. 45% der gesicherten bzw. als sicher geltenden Vorkommen gefördert worden. Wobei ein Gebiet um die Lofoten herum bisher ganz bewusst bei der Exploration ausgespart wird. Dabei geht es darum, die für die Fischpopulation sehr wichtigen Gebiete vor möglichen Unfällen bzw. Verunreinigungen mit Öl und/oder Gas zu schützen. Eine andere sehr gute Entscheidung der Politik im Jahre 1990 war dann die Vorbereitung von Norwegen auf die Zeit nach dem Export von Öl und Gas. Die Einnahmen aus Öl und Gas wurden fortan in einen Fund angelegt. Später wurde dieser mit dem Sozialversicherungs-Fund zusammengelegt. Der Fund für die Sozialversicherung wurde übrigens bereits 1967 gegründet, und war schon damals anders als unser Rentensystem nicht als Umlageverfahren, sondern als Kapitalanlage angelegt. Der gemeinsame Fund hat bereits im Jahre 2017 den Wert von einer Billionen Euro überschritten, Ende 2020 waren es schon 1,2 Billionen Euro. Der Fund investiert sowohl in Aktien, Anleihen und Immobilien, wobei aktuell etwa ¾ des Fondvermögen in Aktien investiert ist. Im Jahre 2015 hat das norwegische Parlament dann beschlossen, nicht mehr in Unternehmen zu investieren, die bestimmte Anforderungen bezüglich ihres CO2-Ausstoßes nicht erfüllen. Darüber hinaus gibt es in den letzten Jahren in Norwegen immer wieder Diskussionen bezüglich der eigenen Rolle durch die Förderung von Öl und Gas bei der weltweiten Klimaerwärmung. Auch wenn in Norwegen für den Eigenbedarf große Teile der Energie aus regenerativen Energien gewonnen werden. Bei der Einrichtung des Funds fixierte man, dass es der Regierung lediglich erlaubt ist, dem Fund maximal 4% des Kapitals im Jahr zu entnehmen, um den eigenen Haushalt zu decken.

Aber zurück zu unserem Tag. Unser Tag ist schnell erzählt, er verläuft bei ruhiger See, und schneller als ursprünglich gedacht kommen wir in Richtung Alesund voran. So legen wir dort statt morgen früh bereits heute gegen 20 Uhr an. Dadurch gibt es noch eine Möglichkeit sich die Stadt am Abend ein bisschen anzusehen. Alesund ist im Januar des Jahres 1904 komplett abgebrannt. Den darauffolgenden Wiederaufbau unterstütze der Deutsche Kaiser Wilhelm II mit Baumaterial, Handwerkern und Architekten. Letzteres sorgte für die vielen Häuser im Jugendstil in Alesund. Denn viele der hierhergekommenen Architekten waren in dieser Richtung ausgebildet worden, und hatten hier die Chance, praktisch die ganze Stadt neu aufzubauen. Alesund ist ein bisschen hügelig, und liegt mit seinen rund 45000 Einwohnen auf verschiedenen Inseln, die teilweise mit Brücken verbunden sind. Einen netten Überblick erhält man auch vom Hausberg Aksla mitten in der Stadt, zu erreichen über 418 Stufen, der Weg beginnt in einem kleinen Park, in dem auch ein Denkmal für den Wikinger Rolfo steht. Am Tage fährt auch eine kleine Bimmelbahn nach oben, nur das dort oben gelegene Restaurant scheint ein bisschen seltsame Öffnungszeiten zu haben. Ole, unser „wilder“ Norweger aus dem Expeditionsteam, meinte, er hätte es noch nie offen erlebt. Aber es wäre wie mit den Kirchen, man baut sie, aber dann schließt man die Tür ab. Sei es drum, weiter geht es für mich noch durch den kleinen Hafen, mit den für Alesund typischen Häusern. In Alesund ist neben natürlich Fischerei und Schiffsbau auch der Tourismus eine wichtige Einnahmequelle. Zumal auch der bekannte Geirangerfjord nicht weit ist.