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10. Tag    Moose Creek – 08.06.2015

Heute steht wieder ein Fahrtag an, wenn auch ein kurzer. So ist Frühstück erst gegen 8:30 Uhr und Abfahrt entsprechend eine Stunde später. Zunächst ist das erste Ziel ein kleines Zentrum einer Native Nation, also einem der hier ursprünglich lebenden Völker. Diese Gruppe lebte vor allem vom Fischfang im Yukon, im Zentrum gezeigt werden einige historische Geräte und alte Fotos, aber auch neuere Stücke nach alten Vorgaben wie etwa Kleidung. Man berichtete uns von Schwierigkeiten, unter anderem die alten Dialekte und Sprachen zu erhalten. Hier gibt es zwar auch in der Schule entsprechenden Unterricht, nur sprechen die Lehrerinnen dort einen nur einen ähnlichen Dialekt, wodurch der ursprünglich aus dieser Gegend langsam verloren geht. Dabei muss man natürlich wissen, dass es sehr viele Gruppen und Stämme gibt. Dazu kommt noch, dass es für die Kinder von heute dann keine praktische Anwendung gibt, da in den Familien fast nur Englisch gesprochen wird.

Allgemein kann man also sagen, es gibt nicht nur eine Native Nation, also ein Urvolk der Indianer, sondern in Alaska und dem Nordwesten Kanadas gibt es sehr viele verschiedene Gruppen und Völker, die auch zu sehr unterschiedlichen Zeiten hierhergekommen sind. Die ältesten Hinweise auf die Besiedlung sind etwa 27.000 Jahre alte bearbeitete Karibu-Knochen, die man hier im Norden des Yukon gefunden hat. Die damaligen Volksgruppen zählt man wegen ihrer Sprache / ihres Dialektes zu den Athabasca Indianern. Es folgten aber zum Beispiel noch mongolische Eskimo oder auch Thule, die alle wieder in viele unterschiedliche Völker differenziert werden. Die heutige Einteilung erfolgt eher nach den Sprachfamilien der Völker. Ihnen allen gemein ist aber, dass sie vermutlich über die Beringstraße eingewandert sind. Sie dürfte im Laufe der Jahrtausende einige Male trocken gefallen sein, so dass es einen Landweg zwischen dem heutigen Russland und Alaska gab. Interessanterweise passierte das vor allem während der großen Eiszeiten, zum letzten Mal vor vermutlich etwa 10.000 Jahren. Was sich einfach dadurch begründet, dass in diesen Zeiten große Mengen von Wasser als Eis gebunden waren, und dadurch der Meeresspiegel nach heutigen Berechnungen etwa 70 m tiefer lag. Noch heute friert die Beringstraße regelmäßig im Winter zu. Andere Theorien gehen deshalb davon aus, dass es auch Einwanderung über das Eis gegeben haben könnte / müsste. Heute gibt es in diesem Bereich Wassertiefen von lediglich 30-50 m. Die Beringstraße ist übrigens nach dem dänischen Seefahrer Vitus Bering benannt. Er war im Auftrag des russischen Zaren unterwegs um einen Landweg von Asien nach Amerika zu suchen. Seinen ersten Versuch bricht er, nachdem er die Straße eigentlich schon durchquert hatte, aber das Land verfehlte, wegen schlechten Wetters ab. Auch beim zweiten Versuch betritt er selbst nie Alaska, sondern lediglich Männer eines zweiten Expeditionsschiffes. Er selbst stirbt auf der Rückreise von dieser zweiten Expedition. Die Beringstraße gilt unter Klimaforschern übrigens als eine sehr großer Einflussgrößen für das Weltklima. Durch sie vermischt sich der weniger salzhaltige Pazifik mit dem sehr salzhaltigen Nordatlantik. Insbesondere in den Sommermonaten vermischt sich dann das leichtere Oberflächenwasser des Pazifiks mit dem schwereren Atlantik Wasser. Und je mehr Pazifik-Wasser einströmt, desto langsamer fließt der Golfstrom aus der Karibik bzw. dem Golf von Mexiko vorbei an Europa bis nach Grönland. Der Golfstrom wiederum beeinflusst massiv das Wetter in Europa, er bringt bei uns höhere Temperaturen und auch höhere Niederschlagsmengen. Umgekehrt würde das Trockenfallen der Beringstraße das Vermischen des Pazifiks mit dem Nordatlantik natürlich verhindern. Dadurch würde der Golfstrom stärker und schneller fließen, folglich bei uns die Temperaturen steigen lassen. Es würde aber auch durch den warmen Golfstrom mehr Nebel auf und um Grönland entstehen, was zu mehr Schneefall führen würde, und damit den Eispanzer auf dem grönländischen Festland anwachsen lassen würde. Im Moment passiert allerdings genau das Gegenteil. Aber auch für diese Entwicklung gibt es historische Vorlagen. So geht die Bezeichnung Grönland bereits auf die Wikinger zurück, sie bezeichneten es als „Grünland“. Sie trafen übrigens dort auch auf Gruppen der Thule Völker, die ein paar tausend Jahre zuvor über die Beringstraße aus Asien gekommen waren.

Aber zurück in die Neuzeit, oder genauer gesagt zu unserem Tag. Für uns geht es weiter auf dem Klondike Highway bis zu den Five Finger Rapids. Sie bezeichnen eine in den Zeiten der Dampfschiffe gefährliche Engstelle auf dem Yukon. Insbesondere zur Zeit des Goldrausches zerschellten hier zahlreiche Schiffe. Die Five Finger Rapids sind Felsen, die den Yukon teilen. Schiffbar für die etwas größeren Schiffe, also alle Schaufelrad Dampfer, war nur der Durchgang am rechten Ufer des Yukon. Später wurde hier sogar ein Drahtseil angebracht, an dem sich die Schaufelrad Dampfer einhängen und dann mit eigener Motorkraft am Seil durch die Engstelle zogen. Heute liegt die Stelle direkt am Highway, und ist durch eine Treppe mit etwa 270 Stufen relativ leicht zu erreichen. Hier machen wir auch unsere Mittagspause. Die restliche Tagesetappe zum Moose Creek Campground ist nicht mehr weit. Doch bevor wir zu dem staatlichen Campingplatz fahren, machen wir noch einen kurzen Stopp an der gleichnamigen Lodge. Hier findet sich eine etwas besondere Telefonzelle. Genau genommen ist es ein Telefon, welches etwa 3 m hoch in einem Baum hängt, und nur über eine Leiter zu erreichen ist. Außerdem finden sich vor dem Lodge Gebäude einige ältere ausgemusterte Autos, aber auch etwa eine ehemalige Kühltruhe mit Coca-Cola Werbung. Alte Fahrzeuge oder Geräte einfach draußen auf den Hof zu stellen, ist aber, wie wir auf unserer bisherigen Reise feststellen konnten, nicht gerade eine Besonderheit für diese Gegend. Als wir auf dem Campingplatz eintreffen, sind wir nicht mehr alleine. Es sind schon gefühlt ein paar 1000 Mücken unterwegs. Natürlich wird man hier oder da auch einmal gestochen, aber insgesamt erscheinen mir die Blutsauger hier weniger aggressiv, als bei uns zu Hause. Trotzdem bemühe ich dann doch lieber meine chemische Keule, um mir die Viecher vom Leib zu halten. Nicht zuletzt auch deshalb, weil wir noch ein kleines Stück am Moose Creek entlang durch den Wald gehen, um zu dessen Mündung in den Steward zu gelangen. Auf dem Weg sehen wir nicht nur ein Eichhörnchen direkt über uns sitzen, sondern auch ein flüchtende Stachelschwein. Wieder eine Spezies, die ich noch nie zuvor gesehen habe.

11.Tag     Engineer Creek – 09.06.2015

Heute ist wieder einer der früheren Tage. Frühstück um 6:15 Uhr und die Abfahrt ist eine Stunde später geplant, soweit die Theorie. In der letzten Nacht bzw. vor allem gestern Abend hat es einen längeren Regenschauer gegeben, so sind die Zelte äußerlich und teilweise auch von innen ein bisschen feucht. Meine Isomatte hat es von der Unterseite auch ein bisschen erwischt, aber der Schlafsack ist trocken. So ist es alles nicht so tragisch, und bisher hatten wir ja immer Glück und konnten im Trockenen aufbauen und davor sollten wir Zelt und Isomatte dann sicherlich auch noch ein bisschen trocknen können.

Mit der obligatorischen Verspätung von 15 Minuten geht es schließlich los. Neben ein paar kurzen Fotos Stopps, ist der erste richtige Halt die Abzweigung auf den Dempster Highway. Hier gilt es alles staubdicht zu verschließen. So wird die Belüftung für den Hänger mit dem Gepäck und unseren Vorräten mit Klebeband verschlossen. Ebenso werden alle Schlüsselöffnungen an den Vorhängeschlössern, die Kabelverbindungen zum Hänger und allerhand anderes mehr, so gut es eben geht, gegen den zu erwartenden Staub geschützt. Die Reifen werden noch mal optisch auf Beschädigungen geprüft, und auch das übrige Fahrzeug noch mal in Augenschein genommen. An der Abzweigung gibt es eine Tankstelle, an der wir auch noch einmal volltanken wollen. Wobei der Tankvorgang schon ein bisschen besonders ist. Die frühere „normale“ Tankstelle ist vor ein paar Jahren abgebrannt. Heute gibt es hier nur noch einen Automaten, in dem man mit Kreditkarte zahlen kann. Wobei das Procedere dafür schon ein bisschen besonders ist. Der Automaten steht in einem kleinen Häuschen, dort registriert man seine Kreditkarte, wählt die Zapfsäule aus und bekommt eine vierstellige Nummer zugeteilt. Diese ist dann an der Zapfsäule noch einmal einzugeben, bevor der Treibstoff fließen kann. Wie man uns sagte, macht dieses System wohl immer mal wieder Probleme.

Der Dempster Highway, wird gerne auch nur als Dempster bezeichnet, ist die einzige kanadische Straße, die in Gebiete nördlich des Polarkreises führt und das ganze Jahr befahrbar ist. Benannt ist sie nach dem Inspektor William John Duncan Dempster der Royal Canadian Mounted Police. Er fuhr zu Beginn des letzten Jahrhunderts diese Strecke häufig mit dem Hundeschlitten. Er führt vom Klondike Highway, abgehend etwa 40 Kilometer östlich von Dawson City, bis ins 736 Kilometer entfernte Inuvik. Die erste Entscheidung zum Bau gab es 1958, dabei ging es darum, die in den Eagle Plains gefundenen Öl und Gasvorräte ausbeuten zu können. Man wollte so das erforderliche Material für die Ausbeutung der Rohstoffvorkommen in das bisher nicht erschlossene Gebiet schaffen. Nach drei Jahren stellte man die Arbeiten nach etwa 115 fertiggestellten Kilometern zunächst ein. Der Bau war deutlich aufwendiger und vor allem kostenintensiver, als man zunächst geplant hatte. Neuer Schwung kam dann 1968 in die Sache, als man in der Prudhoe Bay, die zu Alaska gehört, sehr große Ölvorkommen fand. Man hatte Angst, dass die Amerikaner das gesamte Ölfeld ohne Rücksicht auf die benachbarten Kanadier ausbeuten würden, und so für Kanada nichts mehr übrig blieb. Es begann ein Wettrennen beim Bau einer Straße mit den Amerikanern. Schließlich wurde der Highway 1978 der Öffentlichkeit übergeben, statt der ursprünglich geplanten 671 km bis Tsiigehtchic, führte die verlängerte Streckenführung über 736 Kilometer nach Inuvik. Dabei ist die zweispurige Straße am südlichen Ende noch ein paar Kilometer geteert, danach folgt nur noch Schotterpiste. Auf dieser Strecke gibt es zwei Fähren und zwei Brücken, letztere wurden von einer Spezialeinheit der kanadischen Armee errichtet.

Wir beginnen unsere Fahrt auf dem Dempster schließlich am frühen Vormittag. Entgegenkommende Fahrzeuge sind mit einer dicken Staub- und Dreckschicht bedeckt. Aber allgemein ist die Piste in einem ordentlichen Zustand. Da es offensichtlich in den letzten Tagen auch hier keine größeren Regenfälle gegeben hat, geht es recht ordentlich voran. Gegen Mittag treffen wir am Visitor Center des Tomstone Nationalparks ein. Hier gibt es etwas, was wir schon seit mehreren Tagen nicht mehr gesehen haben - eine Toilette mit Spülung. Aber wir sind ja nicht deshalb hier, sondern um uns kurz über die Tierwelt der Gegend, den Spuren der hiesigen Native Nation aber auch der Erschließung im Zuge des Baus vom Dempster Highway zu informieren. In unmittelbarer Umgebung treten wir auch eine kleine Wanderung auf dem Goldensite Trail an, an dessen Wendepunkt wir auch unsere Mittagspause machen. Vom Startpunkt aus kann man, wenn die Witterung wie heute günstig ist, auch schön den Namensgeber des Nationalparks den Mount Tomstone in einiger Entfernung sehen. Die Wanderung ist nicht besonders anspruchsvoll, und so geht es relativ einfach dahin. Was sich geändert hat ist der Bewuchs. Bisher waren wir in Alaska und Kanada mehr oder weniger immer im Wald unterwegs, hier ist es nur noch relativ niedriger Bursch und in etwas höheren Lagen wächst quasi nur noch Gras und Moos. Wir haben die Ausläufer der Tundra erreicht. Oben am Wendepunkt auf einem kleinen Hügel entdecken wir noch ein Murmeltier und nach unserer Weiterfahrt direkt am Highway auch noch einen Weißkopfseeadler.

Noch sehr viel mehr Tiere sehen wir an unserem nächsten Campingplatz, es sind gefühlte Millionen. Und es sind alles Mücken. Der Engineer Creek, der praktisch um den Campingplatz herum fließt, ist eine eher braune Brühe, dessen Farbe von lehmhaltigen Auswaschungen herrührt. Aber offensichtlich mögen die Mücken das. Auch diese sind wieder im Verhältnis zu unseren heimischen weniger aggressiv, aufgrund ihrer Vielzahl aber sehr lästig. Man hat fast schon das Gefühl, automatisch welche zu verschlucken, wenn man nur den Mund öffnet. Auch hier entscheide ich mich wieder für die chemische Keule, aber selbst die schafft keine völlige Ruhe vor den Quälgeistern. Immerhin scheint die Sonne und wir können sowohl Zelt als auch Isomatte trocknen, zumal wir bereits relativ früh gegen 16:00 Uhr eingetroffen sind. Diesen Zeitpuffer haben wir bewusst eingeplant, da man eben niemals wissen kann, wie die Straßenverhältnisse auf dem Dempster sind, oder ob man auch noch die eine oder andere Panne hat. Auch auf diesem Campground sind wir wieder nahezu alleine. Es ist eben noch sehr früh in der Saison hier. Im Gegensatz zu den Campingplätzen in Alaska findet man auf den kanadischen immer Feuerholz, dass man für die Feuerstelle am Abend kostenlos nutzen darf.

12. Tag    Beaver Creek – 10.06.2015

Wie schon gestern geht es heute wieder relativ früh los. Die geplante Abfahrt ist für 7:15 Uhr vorgesehen, also sind gefühlt eigentlich 7:30 Uhr gemeint. Der relativ frühe Starttermin soll wieder mögliche Unwägbarkeiten auf dem Dempster Highway auffangen, schließlich weiß man nie was dort so passieren könnte. Gleich am Morgen hat jemand aus der Gruppe vermeintlich einen Wolf gesehen. Als wir aus der Ausfahrt des Campgrounds herausfahren, sieht man wieder schemenhaft etwas. Ich selbst sehe „ihn“ nur kurzfristig in einiger Entfernung zwischen zwei Büschen, aufgrund der praktisch nahezu völlig fehlenden Farbzeichnung und dem fast komplett beige / gelblichen Fell, glaube ich eher an einen Hund, aber sei‘s drum. Am späteren Vormittag taucht dann noch relativ unversehens ein Braunbär auf der Straße vor uns auf. Er wechselt zuweilen die Straßenseite, stört sich aber ansonsten nicht besonders an unserer Anwesenheit. So sehen wir Ihn einige Zeit praktisch nur von hinten. Er ist deutlich größer als der blonde Grizzly, den wir vor ein paar Tagen kurz vor dem Kluane Lake gesehen haben.

Mittagspause ist dann in Eagle Plains, das fast genau auf der Mitte bei Kilometer 369 auf dem Dempster liegt. Von hier sind es noch 367 km bis Inuvik. Wichtig ist der Punkt als Versorgungsstation - die einzige Tankstelle auf der ganzen Strecke. Es gibt außerdem ein kleines Hotel, ein Restaurant, einen Stützpunkt der Ranger, die auch die Instandsetzungsarbeiten am Highway überwachen, oder zumindest für die Regelung des Verkehrs im Baustellenbereich zuständig sind. Dann gibt es noch eine Werkstatt und die Möglichkeit frisches Wasser aufzunehmen, was wir auch machen, da es am letzten Engineer Creek Campground nur relativ braunes Wasser gab. Das Wasser hier in Eagle Plains wird mit einem Lkw von einem etwa 60 km entfernten Wasserlauf herangekarrt. Als direktes Trinkwasser verwenden wir es aber auch nicht, sondern nur abgekocht als Kaffeewasser oder im Spülwasser. Und natürlich auch für die obligatorische Katzenwäsche.

Nach der persönlichen Stärkung und einem kurzen Fahrzeugcheck geht es weiter. Nachdem wir am Vormittag wieder durch relativ bewaldetes Gebiet gefahren sind, wird es jetzt am Nachmittag endgültig zur Tundra, also zur baumlosen Steppe. Dies ist dem extremen Klima geschuldet. In der Tundra hat man im Jahresdurchschnitt meist nur Temperaturen um den Gefrierpunkt. Im Winter sind aber auch Temperaturen von bis -40°C in den Tundren der Erde nicht ungewöhnlich, was auch für die kanadische Tundra gilt. Auch herrscht in den Tundren fast immer Permafrost. Typisch ist auch die kurze Vegetationszeit von häufig nur 2-3 Monaten im Jahr. Ebenso typisch sind die relativ geringen Niederschlagsmengen, die dann zumeist auch als Schnee fallen. Gleichzeitig ist die Sonneneinstrahlung relativ gering, was dann aber auch zu nur sehr geringen Verdunstungsraten der Niederschläge führt. Deshalb sind viele Tundren auch etwas sumpfig. Tundren kommen auf der Erde fast ausschließlich auf der Nordhalbkugel zwischen dem 55. und 80. Breitengrad vor. In genau diesem Bereich bewegen wir uns hier, genau genommen erreichen wir schon bald den nördlichen 66. Breitengrad, 33 Minuten und 55 Sekunden; oder anders ausgedrückt den 66,57° Breitengrad. Allgemein auch bekannt als nördlicher Polarkreis. Genau genommen wechselt dieser Punkt sogar von Jahr zu Jahr um 14,4 m. Das hängt damit zusammen, dass die Erde eigentlich nicht wirklich senkrecht steht sondern aktuell um etwa 23,43° geneigt ist. Sie hängt praktisch ein bisschen, und dazu „eiert“ sie auch noch im Planetensystem. Das führt dann dazu, dass sich der Neigungswinkel Jahr für Jahr minimal verändert, an der Erdoberfläche eben um besagte 14,4 m den Polarkreis verschiebt. Insgesamt ist der Schwankungsbereich des Neigungswinkels zwischen 21° 55 Minuten und 24° 18 Minuten. Für den gesamten Zyklus braucht die Erde etwa 40.000 Jahre. Bleibt noch die Frage, wie definiert sich eigentlich der Polarkreis. Da wir mit der Erde um die Sonne kreisen, und die Erde geneigt ist, werden die Nord- und Südhalbkugel im Verlauf des Jahres unterschiedlich stark von der Sonne beschienen. Wir kennen das von den „langen“ Tagen im Sommer und den „kurzen“ im Winter. Und der Polarkreis markiert eben die Wendemarke. Auf dem nördlichen Polarkreis scheint die Sonne am 21. Juni 24 Stunden lang, dabei steht sie mittags senkrecht über dem Polarkreis. Und am 21. Dezember scheint sie entsprechend 24 Stunden überhaupt nicht. Durch die Lichtbrechung in der Atmosphäre führt das aber nicht zur völligen Dunkelheit im Dezember. Diese gibt es erst etwa ab dem 80. Breitengrad. Am Polarkreis bleibt es dämmrig. Und umgekehrt erscheint es einem auch etwas südlich des Polarkreises im Sommer die ganze Nacht hell zu sein, was genauso mit der Lichtbrechung zu tun hat. Weil sich die Erde ja nicht nur um die Sonne dreht, sondern auch noch um sich selbst, und damit überhaupt erst Tag und Nacht möglich macht, ist die Erde auch keine wirkliche Kugel. Sie ist wegen der Fliehkraft an den Polen etwas „platter“. So beträgt der Durchmesser am Äquator rund 12756km, misst man die Strecke zwischen den Polen sind es nur rund 12713km. Durch die „Unwucht“ ist auch nicht der Mount Everest am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernt, sondern der Chimborazo in Ecuador, weil er sehr viel dichter am Äquator liegt. Dabei ist er nominal rund 2500m kleiner. Nur um noch eine Zahl rein zu werfen, am Äquator dreht sich die Erde mit einer Geschwindigkeit von knapp 1670 km/h – das sind 464 Meter in der Sekunde. Durch die Neigung und die elliptische Umlaufbahn der Erde um die Sonne dauert es genau genommen eigentlich nicht wirklich jeden Tag genau 24 Stunden, bis die Sonne wieder an ihrer höchsten Stelle steht. Weil die Erdumlaufbahn um die Sonne aber eine Ellipse beschreibt, steht die Sonne jeden Tagen ein bisschen anders, das gleicht dann sich die Differenz zu den 24 Stunde, den unser Tag bekanntlich hat, im Laufe des Jahres dann im Prinzip wieder aus. Eine geringe Verschiebung wird dann nur noch durch den Mond, und die von ihm ausgelöste Bewegung der Weltmeere verursacht, hier sprechen wir aber gerade mal von bis zu 20 Nanosekunden am Tag, verursacht durch die ungleichmäßige „Unwucht“ der Erde, durch die Verlagerung des Wassers. Für die komplette Umlaufbahn braucht unsere Erde 365 Tage, 6 Stunden, 9 Minuten und 9,54 Sekunden – nur um mal richtig genau zu sein. Und wo wir schon dabei sind, nehmen wir uns hier auch gleich noch den Gregorianischen Kalender vor. Er geht auf einen Erlass vom Papst Gregor dem XIII zurück. Er führte dabei unter anderem auch den Schalttag ein und beseitigte damit Probleme in der Kirchenverwaltung, da es zunehmend Unstimmigkeiten im Kirchenjahr und dem Osterfest gab, welches von Mondphasen abhängt. So übersprang er im Jahre 1582 kurzerhand 10 Tage, auf den 04.10. folgte unmittelbar der 15.10. In der Neuzeit machten wir uns Gedanken über den planmäßig eben nicht vorhandenen 29.02.2000, damals übersprang man kurzerhand mal eben 10 Tage per päpstlicher Bulle - eine reife Leistung. Aufgelaufen war die Differenz durch den Julianischen Kalender, der die „Unwucht“ der Erde nicht ausreichend berücksichtigte. Den Hintergrund der Verschiebung entdeckte übrigens Nikolaus Kopernikus, ein deutscher Astronom, der seine Entdeckung aber erst kurz vor seinem Tod 1543 veröffentlichte, vorher war man nicht zuletzt in der Kirche davon ausgegangen, dass unsere Erde ein Fixstern wäre, und sich entsprechend die Sonne um uns dreht. Übrigens eine der wenigen wesentlichen Änderungen, die die katholische Kirche in ihrem Weltbild vornahmen. Die  Reformierten Kirchen sind in ihren Einschätzungen übrigens nicht sehr viel aufgeschlossener gegenüber derartigen Änderungen. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema, das noch viel weiter vom eigentlichen Reisetagebuch weg führt.

Für uns gibt es am Polarkreis nicht die eigentlich obligatorische Polartaufe mit kaltem Wasser, sondern nur einen kleinen Umtrunk, zumal einige in der Gruppe etwas angeschlagen sind - ich auch. Genau genommen geht es mir ziemlich mies. In den letzten Tagen hatte ich Halsschmerzen, bei mir ein untrügliches Zeichen für eine aufkommende Erkältung, und heute ist sie dann da. Aber immerhin ist es heute nur ein reiner Fahrtag. So geht es für uns auch weiter in Richtung Norden. Nach etwa zwei Stunden verlassen wir den Yukon und kommen in die Northwest Territories, womit wir wieder in eine andere Zeitzone kommen. Es ist eine Stunde später. Wie auch Yukon sind die Northwest Territories keine eigenständige Provinz, sondern direkt der kanadischen Bundesregierung unterstellt. Damit sind sie in den Rechten etwas eingeschränkter wie die Provinzen im Süden des Landes. Aber wer denkt, dass der Yukon dünn besiedelt ist, der wird hier gleich eines besseren belehrt. Auf einer Fläche von fast 1,35 Millionen km² verteilen sich gerade mal knapp 41.500 Menschen. Und wir sind auf dem Weg in eine der zehn größten Ortschaften in den Northwest Territories. Es geht nach Fort McPherson, eine Ortschaft mit gerade mal 792 Einwohnern (Stand 2011). Die Ortschaft ist durch zwei Dinge bekannt. Der erste ist ein Begräbnis, hier beerdigte William John Duncan Dempster, das war der nach dem der Highway benannt worden ist, vier andere Mitglieder der Royal Mounted Canadian Police, die sich auf einer Patrouille verirrten und hier erfroren, kaum 30 Meilen vom rettenden Fort entfernt. Und der zweite Punkt ist die Fähre, die auch wir benutzen wollen, um über den Peel River zu kommen. Sie hat übrigens erst vor ein paar Wochen ihren Betrieb wieder aufgenommen. Zuvor war der Peel River noch zugefroren, und selbst die großen Trucks fuhren über das Eis des Flusses. Wenn das Eis schließlich aufbricht, kommt man ca. zwei Wochen überhaupt nicht mehr über den Fluss. Danach wird die Fähre mit schwerem Gerät ins Wasser gebracht und nimmt ihren Betrieb auf. Dabei pendelt sie am Tage praktisch ununterbrochen nach Bedarf zwischen den beiden Ufern. Einen Anleger sucht man vergebens, sie fährt einfach bis ans Ufer, von dem man dann auf die Fähre fährt. Die Benutzung der Fähre ist kostenlos, sie wird von der kanadischen Bundesregierung betrieben.

In diesem Bereich ist übrigens die Vegetation wieder deutlich üppiger, es gibt auch niedrige Bäume und reichlich Buschwerk. Das ist dem relativ warmen Wasser, das der Fluss von Süden heran bringt, geschuldet. Wir steuern einen See mit einem durch ihn hindurchströmenden Fluss an, an dem wir frei campen. Ein Plumpsklo, wie auf den staatlichen Campgrounds, sucht man hier folglich vergebens, hier ist die Toilette hinter dem nächsten Hang und dann begleitet vom Klappspaten. Viele Tiere haben wir heute am Nachmittag nicht mehr gesehen, dafür haben uns schon wieder die Mücken gefunden, was insbesondere mit einem freigelegten „Popo“ ziemlich unangenehm ist. Auch wenn sie hier nicht so zahlreich sind, wie an den beiden letzten Tagen. Aufgrund meiner „Schnotternase“ verziehe ich mich ziemlich zeitig ins Zelt, und versuche mich gesund zu schlafen. Intern haben wir diesen Ort Beaver Creek genannt, einen offiziellen Namen dafür kennt nicht mal Google. Und eigentlich dürfte es ihn dann ja nicht mal geben. Aber hier oben gibt es auch viel mehr Seen und Tümpel als Menschen. Da bleibt eben nicht für jeden ein eigener Name. In Nepal hat ja nicht mal jeder 6000er einen, beides ist in ihren jeweiligen Gebieten einfach „zu gewöhnlich“.

13. Tag    Inuvik – 11.06.2015

Die Zeiten streben wir heute wieder wie gestern an, also wirkliche Abfahrt um 7:30 Uhr. Mein Schlafsack ist von innen reichlich feucht geschwitzt. Auch wenn es zunächst mal unangenehm ist, so bin ich eigentlich doch froh darüber, ein erster Schritt zur Überwindung meiner handfesten Erkältung. Auch wenn es mir noch nicht gut geht, so ist die Richtung auf jeden Fall die richtige. Von unserem Zeltplatz ist es nur ein relativ kurzes Stück bis zur Fähre über den Hauptstrom des MacKenzie. Auch hier hat sich eine kleine Ortschaft gebildet Tsiigehtchic, was übersetzt etwa so viel heißt wie „Öffnung des Eisenflusses“. Vor der Einrichtung der Fähre lebten hier gerade mal drei Familien, heute sind es 143 Personen (Stand 2011). Es gibt zwei Kirchen aber keine Polizei. Die Fähre ist, gerade bevor wir das Ufer erreichen, abgefahren, kehrt aber noch mal um, damit auch wir noch mitkommen. Wie schon beim kleineren Peel River ist der Dempster Highway bis kurz vor das Ufer des Flusses planiert, das letzte Stück muss man sich dann irgendwie auf die Fähre „schummeln“. Eine richtige Anlegestelle gibt es auch hier wieder nicht. Was aber wohl auch etwas schwierig wäre, da die Wassertiefe hier insbesondere nach der Schneeschmelze extrem ansteigen dürfte. Von hier geht es ein kleines Stück stromaufwärts mit der Fähre, um auf der gleichen Uferseite ein weiteres Fahrzeug aufzunehmen, das aus der Ortschaft Tsiigehtchic kommt. Erst danach überqueren wir den Strom. Auf der gegenüberliegenden Flussseite befindet sich der andere Teil des Ortes. Für uns sind es ab hier noch ca. 130 km bis zu unserem eigentlichen Ziel Inuvik. Unterwegs begegnen uns noch ein paar lebensmüde Schneehasen mit ihren weißen Pfoten und dem inzwischen grau-braunen Sommerfell. Sie scheinen einen internen Wettstreit auszumachen, wer am längsten sitzen bleibt, vor den mit mehr oder weniger großen Staubwolken heran brausenden Fahrzeugen. Neben ein paar kleineren Fotostopps, gehen wir noch einige Meter durch das inzwischen wieder vorhandene Unterholz, um zu einem Aussichtspunkt oberhalb des MacKenzie zu gelangen. Wir vergessen natürlich prompt das Bärenspray, was uns im Nachgang gleich mal eine kleine Rüge des Reiseleiters einbringt. Inuvik selbst erreichen wir dann kurz vor 12:00 Uhr. Nach dem obligatorischen Stopp am Ortsschild und gleichzeitig dem Endpunkt des Dempster Highways für ein schnelles Foto, durchfahren wir die einzige wirklich wichtige Straße von Inuvik, quasi die Downtown der Stadt. Immerhin leben hier knapp 3400 Menschen, was sie zur drittgrößten Stadt der Northwest Territories macht, und gleichzeitig zur größten kanadischen Stadt oberhalb des Polarkreises. Es gibt ein Hotel, die Post, einen großen Supermarkt und einen kleinen, dazu eine Bar und drei oder vier weitere Restaurants, in die man glaubt, unbeschadet rein und auch wieder rausgehen zu können. Das war‘s dann aber auch schon. So zumindest mein Eindruck bei der kleinen Orientierungsfahrt durch die Stadt. Für uns geht es weiter zu unserem Hotel, das ein bisschen außerhalb liegt, das zweite das überhaupt nur in meinem Reiseführer vermerkt ist. Wieder ein warmes weiches Bett für die Nacht und vor allem gleich eine warme Dusche. Unser Reiseleiter wird nicht wie wir morgen mit dem Flugzeug nach Dawson City fliegen, sondern fährt gleich mit dem Auto dorthin. Immerhin rund 800 km, die meiste Zeit auf einer Piste. Nach einer kleinen Stärkung für ihn, und einem kurzen technischen Check des Fahrzeugs, bringt er uns noch in die Stadt, Zeit für das Mittagessen und gleichzeitig auch das Abendessen. Schließlich ist es schon mitten am Nachmittag. Inuvik bedeutet übersetzt so viel wie „Ort der Menschen“. Heute haben etwa 60 % der Einwohner europäische Vorfahren, 25 % gehören zu den Inuit und etwa 15 % zu den Metis. Unter den Europäern sind viele, die selbst oder erst mit ihren Eltern in Kanada eingewandert sind, also noch relativ frisch zugezogen sind. Umso erstaunlicher, wenn man überlegt, dass es hier im Winter mehrere Wochen nur maximal dämmrig wird. Etwas was mich zum Beispiel extrem belasten würde. Womit ich offensichtlich nicht alleine bin, denn Alkohol ist ein relativ großes Problem hier oben. Was man aber ja auch von anderen derart nördlich gelegenen Orten auf der Welt hört bzw. liest. So sehen wir auch in den Straßen ein paar Personen, die schon schwer vom Alkohol gezeichnet sind. Heimeliger macht es sicherlich auch nicht das Klima. Im Jahresdurchschnitt beträgt die Temperatur -10 °C, im Sommer werden auch Temperaturen von bis zu +30°C gemessen, dafür ist es im Winter mit bis-57 °C bitter kalt. Immerhin ist der Niederschlag mit 266 l/Quadratmeter gering.

Wir haben mit einen paar aus unserer Gruppe noch einen Flug über das MacKenzie Delta geplant. Das Ziel ist Tuktoyatuk. Das liegt direkt an der Beaufort See, also am arktischen Meer. Im Winter führt eine sogenannte Eisstraße von Inuvik dorthin. Im Sommer gibt es keine Straßenverbindung. Es wird aber inzwischen an einer Verlängerung des Dempsters dorthin gebaut. Geplante Fertigstellung für die etwa 190 km lange Strecke soll im Jahre 2018 sein. Ursprünglich wollten wir gegen 14:00 Uhr abfliegen, was mit der warmen Dusche schon fast ein bisschen knapp geworden wäre. Unser Abflug wurde dann aber auf 18:00 Uhr bis 18:15 Uhr verschoben. Aber da hier die Sonne praktisch jetzt nicht mehr untergeht, ist es im Prinzip kein Problem. In Tuktoyaktuk, oder kurz Tuk, sollten wir dann noch eine Führung von etwa zwei Stunden bekommen, bevor es mit dem Flieger zurück geht. Aber mit dem Abflug gab es weitere Probleme. Die Rückkehr der kleinen Maschine vom vorherigen Flug verzögert sich. Anfangs will man unseren Flug dann völlig streichen, schließlich einigt man sich auf einen Aufenthalt von nur einer statt der geplanten zwei Stunden in Tuktoyaktuk. Kurz vor 19:00 Uhr steigen wir dann wirklich in die kleine sechs Sitzige Cessna. Der Flug über den oberen Teil des Deltas des MacKenzie dauert etwa eine Dreiviertelstunde. Blöd ist nur, gleich nach der Landung drängt uns der Pilot, noch schnell das Schild am Flughafen zu fotografieren und dann so schnell wie möglich zurück zu fliegen. Vom Meer her zieht eine Schlechtwetterfront auf. Die lokale Stadtführerin schlägt noch 10 Minuten für uns heraus. So rattert sie schon auf dem Weg zum Auto die ersten Fakten herunter. Es leben knapp 900 Menschen hier oben, was in der Rangliste Platz sieben der größten Ortschaften der Northwest Territories bedeutet, es gibt eine Schule, eine Krankenstation, Strom und einen riesigen Wassertank, von dem aus die Gemeinde mit Trinkwasser versorgt wird. Geheizt wird mit Kohle, Öl oder Gas. Fernwärme wie in Teilen von Inuvik, mit oberirdisch verlegten Rohren, gibt es hier nicht. Auf der kurzen Tour durch den Ort halten wir noch kurz am offiziellen Ortsschild und am Ozean. Direkt an der Küste liegen Unmengen von Treibholz, die Flüsse wie zum Beispiel der MacKenzie hier ins Meer gespült haben, dann aber vom Ozean wieder zurück ans Ufer geworfen worden ist. Hier direkt am arktischen Ozean hat sie auch ihre Räucherbude für den Trockenfisch, den sie nicht zuletzt auch mit dem Treibholz räuchert. Das Wasser schmeckt übrigens fast wie Süßwasser. Das liegt daran, dass die Mündung des MacKanzie hier ist, und wir im Moment auch stark auflandigen Wind haben, das Flusswasser also zurück gedrückt wird. Es folgt noch ein kurzer Versuch uns ein paar Pelze von Füchsen, Karibus, einem Eisbären oder auch Moschusochsen anzupreisen. Mal abgesehen davon, dass es ohnehin illegal sein dürfte, derartige Felle bei uns einzuführen, ist das Interesse bei uns ohnehin mehr als begrenzt. Aber wir müssen ohnehin schleunigst zurück zum Flughafen. Unsere 10 Minuten sind längst um. Der Pilot, er stammt übrigens ursprünglich aus der Ukraine uns ist als Kind mit seinen Eltern hier her gekommen,  wartet auch schon und wir springen quasi unmittelbar in die kleine Maschine. Vom Meer sehen wir auch schon größere Gischt und Nebel aufziehen. Höchste Zeit zu verschwinden, wenn wir nicht etwas unfreiwillig länger hier bleiben wollen. Wegen der Wetterlage konnten wir nun leider nicht andere Sehenswürdigkeiten wie etwa den Eiskeller sehen. Im Prinzip ein riesiger Eisschrank, der durch den Permafrost ganzjährig biologisch kühl gehalten wird. Im Vorfeld hatte ich mich besonders auf den Flug gefreut, inzwischen fand ich aber auch die Ortschaft und den kleinen Eindruck vom Leben hier oben am Rande unserer Welt spannend zu sehen. Beim Abflug sehen wir auch noch ein paar der Pingos. Ein Phänomen, das es hier oben in Kanada und auch in Alaska gibt, dabei handelt es sich um unterirdische Seen, die durch den Permafrost zu Eis werden und dann durch deren Ausdehnung den Boden oberhalb davon zu großen „Sandhaufen“ aufwerfen, die logischerweise aber nicht betreten werden dürfen.

Zurück geht es auf direktem Wege in Richtung Inuvik. Auch hier fliegen wir natürlich über das Delta des MacKenzie, welches insgesamt eine Ausdehnung von etwa 80 km in der Breite und 240 km in der Länge hat. Insgesamt hat dr MacKenzie selbst eine Länge von 1903km. Er entspringt aber eigentlich dem Athabasca bzw. dem Finaly und kommt dann auf 4240km. Er selbst entwässert eine Fläche, die mehr als doppelt so groß ist wie Deutschland, mit seinen Ursprungsquellen gar die Fünffache Fläche und entwässert dann im Jahresdurchschnitt 9900cbm/Sekunde, was etwa 50% mehr ist als der viel bekanntere Yukon, oder mehr als das Dreifache des Rheins. Von der Länge ist er in der Weltrangliste auf Rang 12, beim Abfluss immerhin um Rang 25 herum. Die Wasserläufe des MacKenzie unter uns sind inzwischen eisfrei, aber viele auch der größeren Seen hier im Delta sind immer noch von einer dicken Eisschicht bedeckt. Wegen unseres kurzen Aufenthalts in Tuktoyaktuk landen wir bereits kurz nach 9:00 Uhr wieder in Inuvik. Der Flughafen ist bereits menschenleer und unser Pilot informiert noch kurz unser Hotel, damit wir hier abgeholt werden. So bleibt aber am Abend noch ein bisschen Zeit über die Erlebnisse zu quatschen oder auch diesen Bericht zu schreiben. Inzwischen ist es bereits 23:40 Uhr und draußen noch taghell. Obwohl mir der Umstand natürlich bekannt ist, und ich ihn ja auch schon seit Tagen erlebe, so bin ich doch immer noch dadurch irritiert, ja eigentlich muss man wohl verwirrt sagen.

14. Tag    Dawson City – 12.06.2015

Heute beginnt der Tag nach eigenem Ermessen - ausschlafen. Wir sind mit fünf Personen in einer „Familienunterkunft“ ,in zwei Zimmern mit gemeinsamer Küche und Bad untergebracht. So findet es sich, dass das Frühstück ab ca. 8:15 Uhr beginnt. Wobei die Sicherung nicht mehr hergibt, wie entweder den Wasserkocher, die kleine Herdplatte oder den Toaster zu betreiben. Wobei ein kaum braun gewordenes Toast schon den Feueralarm auslöst. Danach ist auch eine warme Dusche drin, und auch nicht nur so zum drunter durchlaufen.

Nachdem alles gepackt ist, bleibt auch noch Zeit sich die  Alaska Huskys genauer anzusehen. Dabei ist das genau genommen eigentlich nicht mal eine Rasse, da sie nicht offiziell von der FCI anerkannt ist. Zuchtziel ist einfach ein guter Schlittenhund. Anfangs wurden die Hunde der Indianer mit sibirischen Huskys gekreuzt. Später kamen auch noch Jagdhunde und Windhunde dazu. So sind die Alaska Huskys sehr unterschiedlich, sie haben ein Gewicht je nach Zuchtlinie zwischen 17 und 50 Kilo, bei einer Schulterhöhe von 50-60cm. Ihnen gemein ist aber immer ein sehr ausgeprägter Willen zum Laufen, ein sehr dichtes wetterfestes Fell, sehr harte und widerstandsfähige Pfoten, eine gute Verträglichkeit mit anderen Hunden und ansonsten eine hohe Genügsamkeit. Ein guter Alaska Huskys sollte über Strecken von 50 km eine Geschwindigkeit von durchschnittlich über 30 km/h am Schlitten erreichen. Selbst auf Strecken bis 100 km sind 25 km/h nicht ungewöhnlich. Die Supersportler unter den Schlittenhunden hier im hohen Norden, die unter anderem im Iditarod Rennen antreten, schaffen gar bis zu 240 km pro Tag. Das Iditarod Hundeschlittenrennen gilt als das härteste der Welt. Gestartet wird in Anchorage, das Ziel ist in Nome an der Beringsee. Die Strecke beträgt etwa 1800 Kilometer. Der Streckenrekord sind 8 Tage, 13 Stunden, 4 Minuten und 19 Sekunden, was mehr als eine Halbierung zu den ersten Rennen bedeutet. Dabei fährt der Musher, wie der Schlittenführer heißt, seinen Rennschlitten mit anfangs bis zu 16 Hunden. Die genaue Route ist dabei nicht einmal festgelegt, es müssen nur verschiedene Checkpoints angefahren werden. An den Checkpoints kann er sich auch wieder mit Proviant versorgen, ansonsten ist er unterwegs alleine auf sich und seine Hunde angewiesen. Außerdem gibt es Vorschriften mindestens eine 24-stündige Pause und zwei 8-stündige Pausen einzulegen, was die Hunde vor Überforderung schützen soll. Doch etwas anderes macht den Hunden inzwischen fast viel mehr zu schaffen - die Klimaerwärmung. So musste in den letzten Jahren eine andere Strecke gefahren werden. Beim ersten Rennen 1973 gab es zwar den Start in Anchorage, die wirkliche Zeitmessung begann aber erst in Willow. Seit ein paar Jahren veranstaltet man zwar immer noch eine Art Startzeremonie in Anchorage, das Rennen selbst beginnt aber eigentlich in Fairbanks. Trotz der Verlegung gibt es immer wieder Streckenabschnitte, insbesondere im Bereich von Flussläufen auf denen früher gefahren wurde, in denen die Schlitten ins Eis einzubrechen drohen bzw. auf einer Art Wasserfilm übers Eis jagen. Auch versuchen einige Musher nur nachts zu fahren, da dann die Temperaturen niedriger sind, was den Hunden eher entgegenkommt. Es hat aber 1974 auch schon Temperaturen von -46 °C bei einer Windgeschwindigkeit von 80 km/h gegeben, was ein Windchill von  -70°C ergibt.  Auf dem letzten Abschnitt kurz vor Nome fand in den letzten Jahren fast eine Art Endspurt auf dem Packeis der Beringsee statt. So betrugen in den letzten Jahren die Zeitunterschiede zwischen den Erstplatzierten oft nur wenige Minuten, der knappste je gemessene Zeitunterschied war übrigens lediglich 1 Sekunde. Geschichtlich gesehen hat das Rennen einen ernsten Hintergrund. Im Jahre 1925 wurde eine Art Hundestaffel eingerichtet, um wichtige Arzneien zu Bekämpfung einer gerade ausgebrochenen Diphtherie Epidemie unter den Goldsuchern in Nome zu bekämpfen.

Der Besitzer unseres Hotels hat 36 der Alaska Huskys, mit denen er im Winter auch als Musher unterwegs ist. Besonders auffällig an den Hunden sind die stahlblauen Augen, und das jetzt im Frühjahr fast in Büscheln zusammenhängend ausfallende Fell. Seine Tiere sind bis auf einen alle weiß, was aber eigentlich nicht unbedingt so sein muss. Eigentlich sind sie von der Fellzeichnung den sibirischen Huskys sehr ähnlich, wobei sie eher bräunlich als gräulich sind.

Gegen 11:00 Uhr geht es dann aber für uns weiter, wir fahren die paar Kilometer zum Flughafen von Inuvik. Unsere Maschine geht um 12:20 Uhr. Vorher wird noch das Gepäck mit einem kleinen Radlader an die Maschine gebracht, und an die Ladeluke gehalten und verladen. Was bei der kleinen 40-Sitzigen Propellermaschine schnell erledigt ist. Viel Verkehr ist auf der einen Start- und Landebahn nicht. So geht es relativ pünktlich los. Es geht wieder über das MacKenzie Delta, wobei wir heute eher den Hauptstrom und dann in südlicher Richtung überfliegen. Unser Ziel ist Dawson City. Der Anflug verläuft etwas holprig mit ein paar Luftlöchern zwischen den Bergen, durch die man auf die Landebahn zu „kurvt“. Der Flughafen selbst in Dawson ist noch ein bisschen kleiner wie der in Inuvik, selbst die Landebahn ist nicht geteert, sondern besteht aus einer Schotterpiste. Das Gepäcksband besteht aus einer kleinen Klappe durch die die Koffer auf eine Fläche von etwa 2 × 2 m geworfen werden. Dawson ist übrigens wieder in einer anderen Zeitzone, wir haben wieder 1 Stunde gewonnen. Wir werden schon von einem Shuttle Service des Hotels erwartet, der uns zügig in die etwa 15 km entfernte Stadt bringt. Es ist wieder ein Hotel mit den dort normalen Annehmlichkeiten, man könnte sich fast daran gewöhnen. Den Nachmittag nutzen wir für einen kleinen Erkundungsgang durch die Stadt mit ihren alten bzw. auf alt gemachten Holzhäusern. Zum Teil sieht man noch die alten Auslagen, wie sie in der Zeit des Goldrausches hier am Bonanza Creek bzw. am Klondike aktuell gewesen sein könnten. Insgesamt ein bisschen ein Flair einer alten Western-Stadt, nur eben ohne Pferde dafür mit den obligatorischen 4x4 Trucks. Gegründet wurde die Stadt im Prinzip von Oldtimer Joseph Ladue. Er hörte von den Goldfunden in der Gegend, und kaufte das am günstigsten gelegene flache Grundstück. Er ließ es vermessen und teilte es in kleinere Parzellen auf, die er dann Grundstück für Grundstück verkaufte. Innerhalb eines Sommers entstanden auf der ehemaligen Elchweide Holzhäuser und die Zelte von Dawson City. Womit er ein Vermögen machte, mit dem er später selbst Goldminen und Sägewerke kaufte, und eine Dampfschiffslinie auf dem Yukon gründete. 1897 lebten bereits 5000 Menschen hier, ein Jahr später mit dem Eintreffen vieler weiterer Goldsucher wuchs sie dann auf 30.000 Einwohner an. Sie wurde damit zur größten Stadt westlich von Winnipeg und wurde auch Hauptstadt der hiesigen Provinz, die bis dahin praktisch unerschlossen war. Erst 1953 wurde schließlich Whitehorse zur Hauptstadt. Bis dahin waren die hiesigen Goldadern längst weitestgehend ausgebeutet und die Stadt mit inzwischen kaum noch 1000 Einwohnern  wieder in einen Dornröschenschlaf versunken. Heute mit dem Besuch der Touristen vor allem im Sommer leben wieder rund 1900 Menschen ganzjährig hier. In ihrer Blütezeit nannte man Dawson City auch das Paris des Nordens. Es wurden Pianos, die neueste Mode, französische Weine, Bücher und natürlich die komplette Ausrüstung für die Goldsuche ran geschafft. Es wurden Vermögen gemacht aber auch genauso schnell wieder verloren. Es gab Hotels, Theater, Tanzhallen, Bars, Kirchen und auch Hospitäler in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander. Dazwischen befanden sich dann noch unzählige Blockhütten und Lagerhäuser, die Bevölkerung war ein buntes Völkchen von Goldgräbern, Ärzten, Tanzmädchen und natürlich auch Gesindel und Glücksrittern. Zu den schillernden Persönlichkeiten der Stadt gehörten der Schriftsteller Jack London oder auch Diamond Tooth Garried. Ihm gehörte das gleichnamige Spielcasino in Dawson City, in dem er auch alles andere anbot, was die Goldsucher in der Stadt vergnügen sollte. Das Spielcasino mit Spieltischen und auch einarmigen Banditen hat sich bis heute gehalten, und bietet jeden Tag drei Vorstellungen von Cancan Tänzerinnen im Stile der Zeit des Goldrausches. Wir selbst haben auch eine der Abendvorstellungen besucht, bei der ich zum zweiten Mal Schulden in kanadischen Dollar bei einem Mitreisenden machte. Mein restliches Geld hatte ich nahezu komplett beim Abendessen durchgebracht, sodass schließlich keins mehr für die Getränke blieb. Und ganz untypisch konnte man hier nicht mit dem Plastikgeld zahlen - nur bares ist wahres. Die Schulden zahlte ich übrigens am nächsten Tag in US-Dollar zurück.