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20. Tag    Denali Nationalpark – 18.06.2015

Nachdem wir gestern relativ viel im Bus gesessen haben, folgt heute dann wieder ein aktiver Tag. Das bedeutet fast automatisch schon das spätere Aufstehen. Heute erst um 7:00 Uhr um dann in Ruhe zu frühstücken und natürlich alles wieder bärensicher zu verpacken. Also alles was irgendwie essbar ist, oder im weitesten Sinn zur Kosmetik gehört wird im Trailer eingeschlossen, und bleibt eben wie auch in der Nacht nicht im Zelt. Um 9:30 Uhr fahren wir dann zum nahegelegenen Startpunkt des 3 Lake Trails. Er geht über ca. 15 km und endet direkt am Visitors Center des Denali Nationalparks. Wir laufen quasi von außen wieder in den Park hinein. Laut der Karte am Eingang des Weges, sind wie der Name schon sagt drei Seen am Weg. Gemäß der Karte sollten wir eigentlich am dritten See bereits zwei Drittel des Weges geschafft haben.  Auf der Karte bzw. der Infotafel daneben ist eine Gehzeit von ca. 5-6 Stunden angegeben. Schon nach wenigen Metern führt der Weg über das Gleis der Alaskan Railroad. Es gibt keine Warnschilder, was mich bei den für uns zuweilen etwas befremdlichen Gerichtsurteilen in den Vereinigten Staaten bezüglich der Strafen und Schadensersatzforderungen ein wenig erstaunt. Aber offensichtlich sind die Menschen hier in Alaska vernünftig genug, sich nicht auf die Schienen zu legen, wenn ein Zug kommt, obwohl man nicht ausdrücklich davor gewarnt wird. Wir gehen relativ langsam, sind aber nach etwa 1,5 Stunden schon am dritten See angekommen. Völlig überraschend und total kreativ heißen die Seen übrigens Lake 1, Lake 2 und Lake 3. So verschleppen wir das Tempo noch weiter, bis wir mal wieder jemanden unterwegs treffen. Er meinte, wir hätten knapp die Hälfte des Weges geschafft, dabei sind wir bereits 1 Stunde am See vorbei und hatten nach der Karte eigentlich schon heimlich ein bisschen mit der Brücke gerechnet, die uns zuvor angekündigt worden war, und sich kurz vor dem Besucherzentrum des Nationalparks befinden soll. Obwohl wir dafür natürlich eigentlich auch noch deutlich zu hoch unterwegs sind hier. Insgesamt brauchen wir dann die 5 Stunden, mit der Erkenntnis, dass der Maßstab der Karte wohl nicht so ganz stimmte. Um das Standardprogramm für die Touristen am Denali abzuhaken, fahren wir noch eine halbe Stunde in die gleichnamige Ortschaft, die direkt vor der Zufahrtstraße in den Park liegt. Eigentlich besteht der Ort nur aus Souvenirshops, in denen man allen möglichen Tand aus China kaufen kann. Aber an einem Eis, das es hier ebenso zu erstehen gibt, komme ich natürlich nicht vorbei. Eis ist hier relativ teuer, eine Kugel, die dann allerdings deutlich größer als bei uns ist, kostet vier Dollar, zwei gibt es für sieben Dollar zu haben. Wie immer und überall fällt der Preis mit der Abnahmemenge, hier in Alaska gilt es eben sogar für Lebensmittel. Oberhalb des Ortes auf der dem Nationalpark gegenüberliegenden Seite des Highways ist ein großes Hotel zu sehen. Dorthin werden die Touristen von den Kreuzfahrtschiffen aus Seward busweise gekarrt  - Fahrzeit 7 Stunden. Dann am nächsten Tag werden die Touristen einen halben Tag oder mit ein bisschen Glück einen Tag durch den Nationalpark kutschiert – wieder im Bus, um dann, wenn sie Pech haben, noch am gleichen Tag zurück zum Schiff gebracht zu werden. Bei der Tagestour meist erst am Folgetag. Sonst wohnt hier abgesehen von den Campern für ein paar Nächte niemand mehr im Ort. Die Einheimischen haben sich längst in die Umgebung verzogen, und kommen nur noch zum Arbeiten hierher. Was aber auch nur zu verständlich ist. Wer in Alaska lebt, der will sicherlich nicht in so einer „Touristenfalle“ leben. Dann schon lieber im Winter mit dem Pick-Up den Schnee auf dem Weg zum Highway beiseiteschieben müssen. Oder in diesem Fall fast noch wahrscheinlicher, im Winter gar nicht hier oben sein. Die offizielle Touristensaison im Denali Nationalpark läuft von Mitte/Ende Mai bis Mitte September. Im Winter gibt es nur noch wenige Touristen hier, die dann Hundeschlitten oder Schneemobil fahren, oder zum Schneewandern hier sind.

21. Tag    Anchorage – 19.06.2015

Der heutige Tag beginnt früh - sehr früh. Ich stehe um 4:15 Uhr auf, gut die Sonne war früher da, auch wenn ich sie hinter den umliegenden Bergen gerade mal erahnen kann. Aber sie ist eben schon längst aufgegangen und alles taghell. Nach der üblichen rudimentären Körperpflege heißt es zum letzten Mal Zelt abbauen, dann noch frühstücken, alles m Trailer verstauen und es kann gegen 6:00 Uhr losgehen. Warum heute alles ein bisschen länger dauert? Man weiß es nicht. Vielleicht hängen wir auch schon ein bisschen den Gedanken nach, dass es die letzte Zeltnacht dieser Reise ist. Wir fahren auf dem Highway ONE zurück in Richtung Anchorage. Auf den ersten 100 Meilen sind ein paar teilweise größere bis zu 22 Meilen lange Baustellen. Dort wird statt mit den bei uns üblichen Baustellenampeln noch ein bisschen „old Fashion“ per Flaggenzeichen die Weiterfahrt bzw. das Anhalten geregelt. Teilweise fährt in den längeren Abschnitten sogar ein Begleitfahrzeug voraus. Dieses pendelt praktisch permanent zwischen den beiden Baustellenenden hin und her. So brauchen wir fast 4 Stunden für die Hälfte der Tagesstrecke. Auch begegnen uns einige große Reisebusse, die neue Gäste von den Kreuzfahrtschiffen in Seward in den Denali Nationalpark schaffen, oder auch wieder zurück. Auf dem ersten Teil der Strecke haben wir auch einen kleinen Tankstopp eingelegt. Gegenüber der Tankstelle befand sich direkt am Highway ein Gehöft mit einem Haus und zwei Nebengebäuden. Anfangs glaubten wir noch, dass der Besitzer dort zwei Elche aus Holz stehen hatte. Als wir schließlich getankt und bezahlt hatten und alle wieder im Auto saßen, fuhren wir wieder auf den Highway auf, und die keine 100 m entfernten „Holzelche“ bewegten sich doch, sie gingen in aller Seelenruhe in Richtung Wald. Ganz offensichtlich machte das morgendliche Treiben auf dem Highway inklusive dem schon laufenden Verkehr die Tiere nicht gerade nervös.

Im zweiten Abschnitt gab es einen heftigen Waldbrand, der seit vergangenem Sonntag, also inzwischen schon fast eine Woche, brannte. Zeitweise wurde wegen der starken Rauchentwicklung der ganze Highway gesperrt. Seit zwei Tagen wird man tagsüber in einer Kolonne mit einem Führungsfahrzeug durch den entsprechenden Abschnitt durchgeführt, nachts ist der Highway weiterhin gesperrt. Insgesamt sind dabei alleine an dieser Stelle ca. 2600 ha Wald verbrannt. Die direkt betroffene Gegend ist zwar relativ dünn besiedelt, so wurden nur etwa 25 Häuser Opfer der Flammen, gleichzeitig wurden aber 1700 Personen evakuiert. Besondere Aufmerksamkeit hat das Gebiet in Alaska, weil dort zahlreiche Schlittenhunde zu Hause sind, die im Winter an dem großen Iditarod-Rennen teilnehmen. Am Rande des betroffenen Gebiets liegt unter anderem die Stadt Willow, die der eigentliche Startpunkt des Rennens ist. So mussten wegen des Waldbrandes auch 500 Schlittenhunde evakuiert werden. Als wir schließlich das Gebiet des Waldbrandes erreichen, glimmen direkt am Highway nur noch kleine einzelne Stellen. Es sind aber noch zahlreiche Einsatzkräfte unterwegs, um auch die letzten Glutnester zu löschen. Offizielle Stellen haben noch am gestrigen Donnerstag berichtet, dass die Flammen noch nicht vollständig unter Kontrolle wären. Dazu muss man aber auch sagen, dass man vom Highway natürlich nur einen sehr kleinen Bereich des Waldbrandgebietes überhaupt einsehen kann. Ursache des Flammeninfernos soll übrigens ein kleines unsachgemäß gesichertes Lagerfeuer gewesen sein. Waldbrand heißt hier in Alaska aber auch nicht unbedingt, dass alles völlig verkohlt ist. Natürlich verbrennen die meisten schnell wachsenden Birken, oder werden so schwer geschädigt, dass sie daran eingehen. Gleichzeitig schlagen viele der schwarzen Nadelbäume aber auch wieder aus. Es dauert dann schon mal bis sich im nächsten Jahr wieder zartes Grün an den Ästen bildet, aber nicht eben wenige der Bäume überleben das Feuer. Trotzdem wird der übrige Bewuchs und auch viele Tiere, insbesondere die kleineren natürlich Opfer der Flammen. Auch wenn Buschbrände in Alaska ein Stückweit auch natürliche Ursachen haben können, so ist ein Feuer solchen Ausmaßes wegen eines nicht ordentlich bewachten bzw. gelöschten Lagerfeuers ist natürlich völlig unnötig.

Wir kommen auf den restlichen Meilen gut voran, und auch der Verkehr in den Vororten von Anchorage ist noch gut erträglich. Bei der Anfahrt zum Hotel machen wir noch eine kleine Orientierungsrunde durch die Downtown der größten Stadt des Bundesstaates Alaska. Immerhin leben im Großraum von Anchorage 280000 Menschen, mithin etwa 40% der Bevölkerung des ganzen Bundesstaates. Trotzdem ist der innere Bereich der Stadt auf ein paar wenige Straßenzüge begrenzt. Dort werden wir auch das offizielle Abschiedsessen machen, in einer Restaurantkette, die von den USA ausgehend in praktisch der ganzen Welt bekannt ist. Nein nicht die Kette mit dem großen goldenen „M“ auf rotem Grund, sondern dem Hardrock Café in Anchorage. Bevor es soweit ist, haben wir noch ein paar Stunden Zeit. So fahren einige von uns nach einer schnellen Dusche wieder direkt in die Stadt. Da einige von uns noch eine Verlängerung gebucht haben, auch ich dazu, haben wir heute noch genug Zeit für eine ausgedehnte Körperpflege, und auch um auch mal wieder Ordnung in der Tasche zu schaffen, oder auch einfach nur noch 1 Stunde auf dem Bett zu dösen. Wir werden in ein paar Tagen wieder zurück in Anchorage sein, und haben dann noch den Tag bis zu unserem Abflug Zeit, uns ein bisschen in der Stadt um zu sehen. Und um ehrlich zu sein, hatten wir subjektiv bei der Fahrt durch die Stadt nicht den Eindruck, dass wir sehr viel verpassen würden, wenn wir es den heutigen Tag ein bisschen ruhiger angehen lassen würden.

22. Tag     Brooks Lodge – 20.06.2015

Heute geht es von den Zeiten etwas gemäßigter los als gestern. Aber um 5:00 Uhr aufstehen, gehört trotzdem nicht gerade zu meinem Standardrepertoire. Aber was hilft es, um 6:00 Uhr soll es mit dem Shuttle zum Flughafen gehen. Auch wenn der nur ein paar Minuten vom Hotel entfernt ist, so hat man uns empfohlen, uns dort um 6:30 einzufinden. Wir wollen mit einer kleinen Maschine zur Brooks Lodge fliegen. Die Fluggesellschaft residiert in einer kleinen Lagerhalle, in der allerlei Fracht herumliegt. Unser Gepäck und wir selbst werden gewogen, um die benötigte Treibstoffmenge zu berechnen. Da es sich um eine individuelle Verlängerung handelt, sind wir nur noch zu viert. Auf dem ersten Flug kommen zwei weitere Passagiere dazu, die zur Kulik Lodge wollen, die wie unsere Brooks Lodge auf Katmai liegt. Die Kulik Lodge ist eine bekannte, und wie man so liest, auch beliebte Lodge unter Anglern. So fliegen wir in einem Achtsitzer die etwa 200 Meilen zur Kulik Lodge. Diese Maschine ist noch mit einem normalen Fahrwerk ausgerüstet, so starten wir in Anchorage mit der kleinen Propellermaschine auf der großen Start-und Landebahn des internationalen Flughafens. Auf Katmai ist es nur noch eine kleine Schotterpiste. Dort steigen wir in einen kleineren Bus um, der auch schon bessere Tage gesehen hat, und dem auch die Innenverkleidung fehlt. Aber das Wichtigste ist ja ohnehin, er läuft zuverlässig, und wir wollen ja auch nur ein kleines Stück mit ihm zu unserem Weiterflug mit dem Wasserflugzeug fahren. Dieses wartet schon auf uns, und nach dem unser Gepäck verladen ist, und wir auf die Sitze verteilt, es geht wieder nach Gewicht, starten wir auch sofort. Dieser Flug ist nur kurz, und er bringt  uns im Prinzip sogar ein Stück zurück. Auch an der Brooks Lodge werden wir schon erwartet, und bekommen zuerst eine kleine Einweisung zum richtigen Verhalten bei einer Begegnung mit Bären. Man schärft uns ein, auf keinen Fall weg zu laufen, was ohnehin zwecklos wäre, da Bären durchaus Geschwindigkeiten von 50-60 km/h erreichen können. Insbesondere den Männchen sollte man möglichst nicht näher als 50 m kommen. Bei einer Begegnung sollte man laut reden, in die Hände klatschen - eben Geräusche machen. Übrigens etwas was man auch machen sollte, ohne dass man die Bären sieht. Bären haben eine sehr feine Nase und riechen einen oftmals schon lange bevor sie Menschen zu sehen bekommen. Hintergrund ist das Bären rechtzeitig gewarnt werden, und nicht von einer Begegnung mit Menschen überrascht werden. Bärenspray bekommen wir keines, dabei hat man uns auf dem ersten Teil der Reise eingeschärft, nirgends ohne eben dieses Bärenspray, was im Prinzip ein Pfefferspray ist, hinzugehen. So weit so gut - zunächst mal.

Da unsere beiden kleinen Blockhütten noch nicht bezugsfertig sind, erkunden wir schon mal die Lodge bzw. die erste Plattform zur Bärenbeobachtung. Dort sehen wir zunächst bis auf ein paar Enten und Gänsen nichts Besonderes. Aber die kurze Zeit bis zum Bezug der Hütten ist natürlich gut genutzt, um sich ein bisschen mit der Umgebung vertraut zu machen. Nachdem wir unser „Zeugs“ in der Hütte untergebracht haben, ist es auch schon Zeit für das Mittagessen. Lebensmittel sind hier nur im Bereich der Kantine erlaubt. Man hat uns eingeschärft keine in den Hütten aufzubewahren. Es geht einfach darum den Bären keinen Anlass zu geben, sich eingehender mit den Hütten zu beschäftigen. Nach dem Mittagessen lege ich mich noch mal ein bisschen hin. Was soll ich sagen, beim nächsten Augenaufschlag ist es bereits 1,5 Stunden später. Das ist eigentlich nicht der Grund, warum man hierherkommt, um dann einfach zu schlafen. Aber manchmal muss man eben auch auf seinen Körper hören. Nachdem ich mich selbst ein bisschen sortiert habe, gehe ich rüber zur ersten Plattform. Diese wird durch einen kleinen Fluss, dem Brooks River, von der eigentlichen Lodge mit ihren verschiedenen Gebäuden getrennt. Über den Fluss führt eine Schwimmbrücke, die man nur nach der Freigabe durch die Ranger, die sich auf beiden Seiten der Brücke aufhalten, überqueren darf. Auf der ersten Plattform erzählt mir der dortige Ranger noch, dass er dort bis vor kurzem einen Bären gesehen hat. Ihn jetzt aber im angrenzenden hohen Gras nicht mehr recht entdecken kann. Was soll ich sagen, der hat sich einfach aus dem Staub gemacht. Weiter weiß der Ranger zu berichten, dass bei der anderen Plattform sich zwei weitere Bären befinden sollen, die versucht haben an einer kleinen Stufe im Fluss die ersten Lachse zu fangen - aber wohl noch mit äußerst mäßigem Erfolg. Als ich dort schließlich ankomme, haben sich die beiden aber längst wieder verdrückt. Ich mag hier nicht verheimlichen, dass ich mich innerlich ordentlich ärgere, dass buchstäblich verpennt zu haben. Aber es ist ja längst noch nicht aller Tage Abend. Und es dauert auch nicht allzu lange, und mein wenn auch verspätetes Kommen wird mit einem weiteren Bär belohnt. Auch er versucht sein Glück beim Fischen. Auf einem Baum auf unserer Uferseite lässt sich noch ein Weißkopfseeadler nieder. Nach einiger Zeit taucht noch ein zweiter männlicher Bär auf. Die beiden taxieren sich, gehen sich aber bewusst aus dem Weg. Der Neuankömmling legt sich auch schon bald auf einer kleinen Insel hin, und beobachtet nur noch das Springen der ersten Lachse vor ihm. Währenddessen kommt noch ein dritter Bär den Fluss hoch. Er zeigt deutliche Drohgebärden, richtet sich dabei auf und scheuert sich an einem kleinen Busch, der auf der kleinen Insel im Fluss wächst. Der liegende Bär scheint das nicht zu bemerken, oder stört sich nicht weiter daran. Ein Fehler! Der dritte greift ihn von hinten an, und wirft ihn herum. Dabei beißt er ihm in die Flanke und reist mit einer seiner Pranken das Fell des angegriffenen Bären auf dem Rücken auf. Der angegriffene rollt herum, und versucht sich so gut es eben geht zu schützen. Auf seinem Rücken ist aber eine zwei Hände große Wunde zu sehen, bei der ihm buchstäblich das Fell abgezogen worden ist. Die beiden stehen sich danach noch eine knappe Minute gegenüber, wobei insbesondere der Angreifer ziemlich geifert. Der eigentliche Angriff hat nur wenige Sekunden gedauert, und die Lage scheint eigentlich längst entschieden. Der Angreifer geht zurück zu seinem Busch, richtet sich auf, und scheuert sich erneut den Rücken an dem Busch. Noch einmal ein deutliches Zeichen der Machtdemonstration. Die Verlierer des Kampfes verlässt den Fluss über die gegenüber liegende Uferböschung. Es taucht noch ein weiterer etwas kleinerer blonder Braunbär auf, ich vermute mal, dass es sich dabei um ein Weibchen handelt, kann das aber auch nicht mit letzter Sicherheit sagen. Aber offensichtlich tolerieren sich „Blondie“ und der siegreiche Braunbär. Eigentlich ist es eher so, dass die Weibchen die Gesellschaft der Männchen außerhalb der Paarungszeit meiden. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Weibchen deutlich kleiner und leichter sind. Und Bären sind untereinander zumeist doch schon deutlich aggressiv, was insbesondere für die Männchen gilt. Überhaupt sind die einzigen wirklich ernsthafte Bedrohung für die Bären, nach dem sie die ersten Jahre überstanden habe, ihre Artgenossen. Als Blondine den Fluss wieder verlässt, folgt ihr das Männchen im Schlepptau. Als wir zurück zur Lodge gehen wollen, sehen wir noch auf dem Steg zur Plattform stehend, einen weiteren Bären, der genau herumschnüffelt, sich auch kurz aufrichtet und aus dem hohen Gras die Szenerie auf dem Fluss genau beobachtet. Man sieht auch deutlich wie er versucht Geruch von den Bären aufzunehmen, die ja noch vor wenigen Augenblicken hier waren. Bei dem Neuankömmling handelt es sich, wie ich vermute, wieder um ein Weibchen. Ob wohl kein Bär mehr zu sehen ist, scheint ihr das Ganze doch ein bisschen unheimlich zu sein. Sie ist eher vorsichtig und dreht deshalb um und verschwindet wieder im Unterholz.

Ich bin jetzt froh, nicht die kompletten Bären verpasst zu haben, ja eigentlich sogar das Highlight des Nachmittags Live miterlebt zu haben. Denn zumeist reicht es zwischen den Bären aus, dass sie sich gegenseitig imponieren und ihre Kraft demonstrieren, um die Rangordnung untereinander auszumachen. Und damit auch das Recht nach Lachsen zu fischen, oder zumindest den besten Platz dafür für sich zu beanspruchen. Inzwischen ist es aber Zeit für das Abendessen. Danach möchten wir noch einen kleinen Vortrag zum Valley of 10000 Smokes besuchen, der im Auditorium der Lodge stattfinden soll. Dieses ist nur etwa 250 m von unseren Hütten entfernt. Aber alles ist noch am Hauptweg innerhalb der Lodge Anlage. Nach dem Ende des Vortrages, gehen wir gerade zurück zu unseren Hütten, als von links, also vom See her, auf dem wir auch mit dem Wasserflugzeug gelandet sind, zwei Bären hintereinander gehend kommen. Der erste Impuls ist eigentlich: „Jetzt aber weg hier“ und zwar schnell, was aber natürlich genau die falsche Reaktion ist. Also machen wir, was wir heute Vormittag bei der Einweisung auf der Lodge, und früher auf der Reise vom Reiseleiter gelernt haben: wir klatschen und erzählen laut. Wobei ich mir im Nachhinein eigentlich sicher bin, dass die beiden Bären uns längst gesehen haben, bevor wir sie überhaupt entdeckt haben. Die beiden, eine blonde Bärin, hinter der ein großes Männchen hinterher trottet, kreuzen keine 5 m vor uns den Weg, beachten uns aber eigentlich nicht weiter. Sie gehen einfach selbstbewusst ihrer Wege. Eine Rangerin, die immer wieder im engeren Umfeld der Lodge unterwegs ist, wird auf unseren „Radau“ aufmerksam und kommt her. Sie läuft noch scheuchend hinter den beiden Bären her, kann uns aber später davon berichten, dass die beiden schon des Öfteren mal hier durch ziehen. Sie versichert uns auch, dass die beiden eigentlich harmlos sind. Aber im ersten Moment drängt sich einem dieser Eindruck nicht gerade auf. Das Männchen ist ein ziemlicher Koloss, und reicht mir während er auf allen vieren läuft locker bis zum Bauchnabel. Und aus der kurzen Entfernung war er schon „groß“. Da glaube ich gerne, dass die Männchen hier auf 500 Kilo kommen. Wir sind ja eigentlich extra hierhergekommen, um auch sicher Bären in Alaska zu sehen, und dafür dann auch mal Zeit zu haben, sie ein bisschen genauer zu beobachten. Aber zugegeben hatten wir uns das nicht ganz so dicht vorgestellt. Aber jetzt da alles glatt gelaufen ist, ist es natürlich einer der großen Highlights dieser Reise.

23. Tag    Brooks Lodge – 21.06.2015

Heute heißt es fast schon ausgeschlafen. Das Frühstück haben wir für uns um 7:30 Uhr geplant. Davor noch schnell eine warme Dusche. OK, zuerst kam es noch sehr kalt, und der erste Einhandmischer, den wir hier in Alaska sehen, ist nur schwer auf eine angenehme Temperatur einzustellen. Aber mit einer regelmäßigen Dusche am Morgen, findet man langsam wieder in normale Gewohnheiten zurück. Nur das Rasieren beschränke ich weiterhin auf Anchorage. Also am Tag als wir hier wirklich unserer Reise in Alaska begonnen haben, und dann vorgestern, als wir den ersten Teil der Reise abgeschlossen haben. Und dann steht es für übermorgen wieder auf dem Plan, der Tag an dem wir Abschied von Alaska und das nordwestliche Kanada nehmen müssen.

Der erste und eigentlich einzige richtige Programmpunkt am heutigen Tag ist eine Tour zum Valley of 10000 Smokes. Dazu treffen wir uns um 8:30 Uhr an der ersten Plattform zu Bärenbeobachtung, müssen also nur kurz über die Brücke, was ein Fußweg von lediglich etwa 5 Minuten von unseren Hütten auf dem Lodge-Areal ist. Geplante Abfahrt ist dann erst um 9:00 Uhr, so haben wir mehr als reichlich Zeit um den Blick noch ein bisschen schweifen zu lassen. Es verzögert sich dann noch ein paar Minuten, da noch zwei Personen am Morgen mit dem Wasserflugzeug von Anchorage rüber kommen sollen, und noch nicht da sind. Als es dann wirklich losgeht, sehen wir schon nach kaum 15 Minuten zwei Wölfe auf der Straße. Immerhin einen erwische ich noch mit dem Fotoapparat, den ich dazu eiligst aus dem Rucksack vorkramen muss. Der erste reguläre Halt ist dann ein Fotopunkt, an dem man in eines der typischen Täler hier auf der Katmai Halbinsel von oben hinein sehen kann. Geformt sind diese Täler von den Gletschern früherer Zeiten. An der Stelle kann man auch direkt an der Piste gut an einem Baum die Territoriumsmarkierungen eines Bären sehen. Auf der einen Seite fehlen große Teile der Rinde, die er mit den Tatzen herausgerissen hat. Auf der anderen Seite des Baumes kann man deutliche Schürfstellen an der Rinde erkennen, an denen sich der Bär nur auf den Hinterläufen aufrecht stehend mit dem Rücken gescheuert hat. Dazu einige deutliche Fußspuren eines oft wiederholten „Cowboygangs“. Bei denen der männliche Bär unter großen Hüftschwung sein Hinterteil dominant in Position bringt, und damit demonstriert, was für ein „mächtiger“ Kerl er doch ist.

Weiter geht es zum nächsten Aussichtspunkt um noch mal einen Blick über ein Tal zu bekommen. Beim letzten dominierte noch Wald, jetzt sind es Wiesen mit unzähligen Tümpeln und kleinen Wasserläufen, in einiger Entfernung sieht man auch schon das Valley of 10000 Smokes, wohin wir auch direkt von hier aus fahren, was noch mal etwa 20 Minuten dauert. Dazu durchqueren wir noch drei kleinere Flussläufe, in denen wir mit unserem etwas erhöhten Bus über die rundgewaschenen Felsen rumpeln. Als wir etwas oberhalb des Valley of 10000 Smokes schließlich an dem Aussichtspunkt den Bus verlassen, bietet sich uns ein großartiger Blick über die Folgen eines gewaltigen Vulkanausbruchs. Bevor wir ins Tal hinunter gehen, machen wir noch unsere Mittagspause. In den 30 Minuten hat man auch die Möglichkeit eine kleine Ausstellung dort anzusehen, die sich mit der Eruption des Novarupta im Jahre 1912 beschäftigt. Ihr ging eine Reihe von mehr oder weniger kleinen Erdbeben voraus. Die eigentliche Eruption begann am 6. Juni und dauerte etwa 60 Stunden bis zum 8. Juni. Insgesamt wurden 13-15 Kubikkilometer Magma ausgeworfen, begleitend entstanden 17 Kubikkilometer Flugasche und 11 Kubikkilometer Aschetuff. Aus dem Vulkan selbst wurden dabei insgesamt rund 30 Kubikkilometer Material ausgeworfen. Die Umgebung des Novarupta ist dabei teilweise bis zu 200m dick mit Asche bedeckt worden. Anfangs glaubte man, dass der Mount Katmai, auch er ist ein bekannter, wenn auch seit sehr langer Zeit inaktiver Vulkan, dafür verantwortlich war. Erst vier Jahre später konnten die ersten Wissenschaftler das Gebiet besuchen. Sie entdeckten auch die eingestürzte Caldera des Mount Katmai, die einen Durchmesser zwischen 3 und 4,5km hat. In deren Zentrum befindet sich ein ca. 250 m tiefer Kratersee. Insgesamt ist der Krater fast 1000 m tief. Das Tal wird aber von den riesigen Mengen an Magma- und Ascheauswurf geprägt, woraus auch der Namen Valley of 10000 Smokes entstand, da aus der völlig verwüsteten Kraterlandschaft unzählige Fumarolen aufstiegen. Fumarole sind Ausgasungen von Wasserdampf und vulkanischen Gasen, die zum Teil so toxisch sein können, dass deren Einatmung tödlich sein kann. Hauptbestandteil ist aber Wasser, das aufgrund der großen Hitze verdampft. Die Fumarolen waren in diesem Gebiet noch weit über zehn Jahre aktiv. Bei der Expedition im Jahre 1918 berichteten die Forscher, dass die Erde unter ihren Füßen noch immer warm war. Das hatte auch Einfluss auf die Pflanzen in dem Gebiet. Bei der Eruption wurden alle niederen Pflanzen im Umfeld Meter dick mit Asche bedeckt. Die Bäume wurden durch die Asche buchstäblich verkohlt. Jedoch in einiger Entfernung wuchsen die Bäume aufgrund der erhöhten Temperaturen deutlich schneller, noch dazu wurden auch dort die niederen Pflanzen durch die Asche bedeckt und fielen als Nahrungskonkurrenten aus. Erst im Jahre 1950 entdeckte man, dass nicht der Mount Katmai ausgebrochen war, sondern der bis dahin nahezu unbekannte Novarupta. Man geht heute davon aus, dass die Eruption des Novarupta so gewaltig war, dass dabei die zuvor vermutlicch nicht verbundene Magmakammer des Mount Katmai buchstäblich leer gesaugt worden ist, was dann zum Einsturz des Mount Katmai führte, und zur Bildung seiner heutigen Caldera. Damals wie heute ist das direkte Umfeld des Novarupta nicht von Menschen bewohnt, weshalb auch bei der Eruption nur zwei Menschen ihr Leben verloren. Aber die direkten Folgen waren gewaltig. So ist ein Bericht eines Fischers wie folgt überliefert: „Wir erwarten hier jede Minute den Tod. Wir sind von Asche verschüttet - an manchen Stellen über 2 m hoch. Tag und Nacht brennen die Lampen. Wir sehen kein Tageslicht … Und wir haben kein Trinkwasser. Alle Flüsse sind mit Asche bedeckt. Es ist Dunkelheit und die Hölle, Donner und Getöse. Es ist entsetzlich. Wir beten“. Dabei war der Fischer auf einer Insel der Aleuten viele Kilometer entfernt. Die Insel Kodiak lag in der Windrichtung der Aschewolke, dort berichteten Augenzeugen, dass sie die Straßenlampen wegen der Asche kaum auf 2 m sehen konnten. Kodiak liegt bereits etwa 200 Kilometer vom Novarupta entfernt. Selbst in Kalifornien konnte man mehrere Tage die Sonne durch die Aschewolke nicht sehen. Gleiches wurde auch von New York gemeldet, die Asche konnte schließlich bis hin nach Algerien nachgewiesen werden. In der Liste der größten Vulkanausbrüche  der Geschichte auf Wikipedia rangiert der Novarupta auf Platz fünf. Zum Vergleich ist der Magmaausfluss des Mount St. Helen im Jahre 1980 lediglich bei einem Zehntel gewesen. Der größte Vulkanausbruch überhaupt war der Tambora auf Indonesien im Juli 1812. Seine Eruption brachte 160 Kubikkilometer Material hervor. Da sein Umfeld relativ dicht besiedelt war und ist, kamen direkt 11.000 Menschen um, durch den „ausgefallenen“ Sommer auf der Nordhalbkugel und dadurch bedingten Missernten weitere ca. 50.000 Menschen durch Hunger und Seuchen, die direkt mit dem Vulkanausbruch in Verbindung gebracht werden. Viele der sehr großen Vulkanausbrüche haben gemein, dass die dazugehörigen Vulkane Teil des pazifischen Feuerrings sind. Er erstreckt sich über insgesamt etwa 40.000 km an den östlichen, nördlichen und westlichen Rändern des Pazifiks. Hier schieben sich verschiedene Erdplatten übereinander, was zu gewaltigen Spannungen in der Erdkruste führt, die sich dann durch Erdbeben oder eben Vulkanausbrüche entlädt.

Damit soll es dann aber auch genug sein mit den abstrakten Zahlen und Erklärungen. Wir starten von der Anhöhe eine Wanderung zu den Wasserfällen des Utak Rivers. Er hat sich direkt durch die Kraterlandschaft ein neues Flussbett gegraben. Teilweise verläuft es in einer Art kleinen Canyon, mit bis zu 30 m hohen zu Stein gewordenen Ascheablagerungen. Da wir gut in der Zeit sind, machen wir auch noch einen kleinen Abstecher zu einem anderen Aussichtspunkt in der Nähe. Man sieht hier unten wie sich die Natur langsam wieder Raum auf diesem sehr lebensfeindlichen Untergrund schafft. Aber mehr als 100 Jahre nach dem Ausbruch sind immer noch große Teile des Tales völlig unbewachsen und bieten das zugegeben großartige Schauspiel dieser Mondlandschaft. Und heute noch dazu wieder in der Sonne, was die etwas rötlichen Ascheablagerungen fast leuchten lässt. Überhaupt haben wir schon wieder Glück mit dem Wetter, insgesamt sind nur etwa 20 % der Sommertage auf Katmai trocken. Wir haben schon den zweiten Tag von zwei und auch der morgige ist laut Wetterbericht ein solcher. Was dann aber natürlich zur Folge hat, dass ich auf dem Rückweg, der auf dem gleichen Pfad wie auf dem Hinweg verläuft, ordentlich ins Schwitzen komme, als es zurück auf die Anhöhe geht. Insgesamt ist der Weg etwa 2 Meilen lang, also nicht gerade eine Langstrecke. Wobei man aber auch sagen muss, dass in der heutigen Ausflugsgruppe ganz offensichtlich auch einige nicht so sehr geübte Wanderer dabei sind.

Gegen 15:00 Uhr geht es mit unserem geländegängigen Bus dann zurück zur Brooks Lodge, die etwa 25 Meilen entfernt liegt in diesem Bereich von Katmai gibt es praktisch nur sehr wenige Straßen die entweder zum Valley of 10000 Smokes oder nach King Salmon führen. Gäste werden aber immer per Wasserflugzeug zu den wenigen Lodges, die es hier gibt, gebracht, was vielleicht noch das „Abendteuer“ hier her zu kommen etwas unterstreichen soll. Kurz bevor wir die Brooks Lodge schließlich erreichen, läuft noch ein großer männlicher Bär auf dem Weg vor uns. Da die Piste einspurig ist, gäbe es auch, selbst wenn wir wollten, kein Vorbeikommen. Und der Bär stört sich ein paar 100 m vor uns auch nicht weiter daran. Er ist selbstbewusst genug, uns mehr oder weniger komplett zu ignorieren. Irgendwann biegt er dann aber doch ins Unterholz ab. Vor dem Abendessen machen wir noch einen kleinen Abstecher zur zweiten Plattform, wo wir unter anderem beobachten können, wie ein großes Bärenmännchen einen Lachs fängt, sich damit genüsslich ans Ufer der kleinen vorgelagerten Insel begibt, um ihn dort in wenigen Augenblicken zu verputzen. Als wir später nach dem Abendessen noch mal herkommen, können wir bis zu fünf Bären gleichzeitig im Umfeld der zweiten Plattform an dem kleinen Wasserfall beobachten. Unter anderem sind zwei Weibchen darunter, die vor einem großen Männchen ans Ufer und dann ins Unterholz flüchten. Dieser setzt ihnen jedoch nach. Auch die beiden anderen Männchen haben offensichtlich inzwischen genug und verschwinden in unterschiedliche Richtungen. So beschließen auch wir zurück zur Lodge zu gehen. Aber bereits 150 m nach dem Ausgang der Plattform befindet sich eines der Weibchen am Wegesrand. Auch unsere Geräusche veranlassen die Bären nicht weg zu gehen. Wie heißt es so schön, der Klügere gibt nach. Also ziehen wir uns zunächst einmal auf die Plattform zurück. Wir warten etwa 10 Minuten und versuchen es zusammen mit anderen in einer größeren Gruppe noch einmal. Dieses Mal kommen wir deutlich weiter, das Weibchen ist inzwischen verschwunden. Dafür kommt uns direkt auf dem kleinen Pfad ein großes Männchen entgegen. Er schlendert ziemlich gelassen genau auf unserem Weg entlang. Also noch mal zurück in Richtung der Plattform. Das Männchen biegt schließlich etwa 15 m vor dem Eingang zur Plattform, bzw. des Steges auf die Plattform mit der dazu gehörigen Klappe, nach rechts ab. So richtig Schutz bietet der Steg eigentlich auch nicht. Die Begrenzung ist keine 1,30m hoch, steigt dann wegen der Pfahlbauweise der Konstruktion zwar weiter an. Aber für einen Bären ist das Überwinden wohl nicht wirklich auch nur im Ansatz eine Hürde. Und man sah dem Bären auch deutlich an, dass er sich als der stärkere sah, womit er auch nur zu richtig liegt. Als er schließlich abgezogen und aus unserem Blickfeld verschwunden ist, versuchen wir es ein drittes Mal. Jetzt auch mit Erfolg, wir erreichen sicher die Lodge.

24. Tag    Anchorage – 22.06.2015

Um nicht aus der Übung zu kommen, planen wir für uns das Frühstück wieder für 7:30 Uhr. Unser Gepäck muss um 9:00 Uhr fertig gepackt sein, verbleibt aber in der Hütte, bis es abgeholt wird – Thema Bärensicherheit. Ansonsten ist der Vormittag frei. Also gehen wir wieder ein bisschen nach den Bären sehen. Auch heute gehen wir dazu zur zweiten Plattform, da die Tiere dort sehr viel aktiver sind. Zunächst sehen wir aber gar nichts, bis sich oben an der gegenüberliegenden Uferseite eine Bärin mit mindestens einem Jungen zeigt. Dabei kann man das Junge aber mehr erahnen als dass man es sieht. Die Bärin kann sich aber offensichtlich nicht recht entschließen runterzukommen. Kurz darauf wird auch klar warum, ein Männchen kommt den Fluss hinauf und geht auch zielstrebig das gegenüberliegende Ufer hinauf. Das Weibchen sieht man nur noch schnell das Weite suchen, den Nachwuchs vor sich her treibend. Am jetzt verlassenen Fluss kommt der Größe nach zu urteilen ein junges Männchen oder eine Bären hoch. Auch er oder sie versucht ihr Glück beim Fischen. Schaut sich aber immer wieder nervös um, da ihm oder ihr schon klar ist, dass man den großen Männchen besser aus dem Weg geht. Die Lachse springen nur sehr vereinzelt, so haben an diesem Vormittag auch die Bären kein Glück beim Fischfang. Der beste Platz zum Fischen ist übrigens kurz unterhalb des kleinen Wasserfalls. Schaffen es die Lachse nicht dort hinauf zu kommen, werden sie zurückgeworfen und sind im ersten Moment Spielball des Wassers. Werden sie dann gegen den Bären gespült, braucht dieser nur noch blitzschnell zuzupacken. Der zweitbeste Platz ist oberhalb der kleinen Stufe, da dort die Lachse für ein paar Bruchteile von Sekunden praktisch im Wasser stehen, um sich von der großen Anstrengung des Sprunges kurz zu erholen. Im Moment sind wenn überhaupt eigentlich nur diese beiden Stellen wirklich erfolgsversprechend. Solange die Lachse noch nicht in ihren großen Schwärmen unterwegs sind, haben die Bären in der normalen Strömung kaum eine realistische Chance, einen zu erwischen.

Vielleicht an dieser Stelle noch ein paar Sätze zu den verschiedenen Lachsarten, die es hier gibt. Insgesamt kennt man hier fünf verschiedene Arten. Der Kleinste ist der Buckellachs, er wird wegen der Farbe seines Fleisches auch als Pink-Lachs bezeichnet. Er schlüpft im Winter und hält sich dann noch einige Monate im Süßwasser auf, bevor er hinaus auf den Pazifik schwimmt. Nach ca. zwei Jahren ist der Geschlechtsreif und kommt zurück zu seinem Geburtsfluss, dabei hat er ein Gewicht von etwa 2,5 bis 5 Kilo und eine Länge von bis zu 50 cm. Der Keta Lachs trägt den Beinamen Hundslachs, weil er häufig an die Schlittenhunde verfüttert wird. Er erreicht eine Größe von bis zu 100 cm und ein Gewicht von 15 Kilo. Sie bleiben wenige Monate an ihrem Geburtsort und wandern dann langsam in Richtung Meer, was bis zu drei Jahre dauern kann. Dort wiederum leben sie weitere bis zu vier Jahre bis sie zurück zu ihrem Geburtsort kommen um dort zu laichen und zu sterben. Etwas kleiner sind die Silberlachse, auch sie werden bis zu 100 cm lang wiegen dabei aber nur etwa zehn Kilo. Sie verbringen die ersten drei Lebensjahre im Süßwasser um dann für mindestens zwei weitere Jahre in Küstennähe im Meer zu leben. Der vierte Vertreter ist der Rotlachs. Er verbringt die ersten bis zu drei Lebensjahre im Süßwasser und danach weitere zwei bis vier Jahre im Meer. Dabei kommt er auf ein Gewicht von 4-7 Kilo, verteilt auf einer Länge von bis zu 80 cm. Das Besondere an ihm ist seine Verfärbung. Zunächst ist er auf dem Rücken blaugrün mit einem silbernen Bauch, erst wenn er ins Meer wandert, verfärbt er sich intensiv rot. Auch das Fleisch des Fisches verfärbt sich dann deutlich ins satte Rot, was auf die Umstellung der Nahrung auf Krill und Krustentiere zurückzuführen ist. Der größte der hier vorkommenden Lachse ist der Königslachs. Die Weibchen werden bis zu 120cm lang bei einem Gewicht von 20 Kilo, die Männchen kommen gar auf bis zu 36 Kilo verteilt auf 150 cm. Sie werden 4-6 Jahre alt, wovon sie bis zu drei Jahre zunächst im Süßwasser leben. Wie bei allen Lachsen ziehen sie zur Geschlechtsreife wieder die Flüsse hinauf und Laichen in dem gleichen Fluss, in dem auch sie selbst geboren worden sind. Bis heute ist unbekannt, wie die Fische ihren Weg zurück finden. Wobei die verschiedenen Lachsarten in der Zeit von Juni bis Oktober zurück zu ihren Laichgründen schwimmen. Dabei hat jede Lachs-Art verschiedene „Kernzeiten“, in denen sie die Flüsse wieder hochziehen. Es kommt dabei auch zu Überschneidungen bei ihren Wanderungen. So sind auch die Geschwindigkeiten mit denen die Lachse in den Flüssen hochziehen zwischen den verschiedenen Lachsarten stark unterschiedlich. Auch hier tut sich der Königslachs wieder hervor. Er zieht bis zu 4000 km die Flüsse hoch, wobei er täglich bis zu 40 km zurückgelegt. Auf seinem Weg ist es ihm möglich Stufen bis zu einer Höhe von ca. 3,5 m zu überwinden.

Wir selbst haben es da etwas leichter, nach dem Mittagessen geht es mit dem Wasserflugzeug nach King Salmon. Dort werden wir mit einem kleinen Bus zum nahegelegenen Flughafen für die „normalen“ Flugzeuge gebracht. Von dort geht es mit einer kleinen Linienmaschine zurück nach Anchorage. Auffällig ist noch, dass man in King Salmon noch deutlich den Rauch der großen Waldbrände wahrnimmt, obwohl die größten zurzeit fast 200 Meilen entfernt toben. In Anchorage angekommen, werden wir am Flughafen wieder abgeholt und zu unserem schon bekannten Hotel gebracht, wo wir nach nur wenigen Minuten Fahrt gegen 17:00 Uhr ankommen. Zum Abendessen gehen wir noch einmal in ein Lokal am Lake Hood, an dem wir auch an unserem ersten Abend hier in Alaska waren. Damit schließt sich auch so langsam der Kreis dieser Reise. Und wieder scheint die Sonne warm, und heute sitzen wir sogar auf der Außenterrasse – im T-Shirt. Etwas was man so unbedarft nicht unbedingt in Alaska vermutet.