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    Wolken ziehen über den Kilimanjaro

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10. Reisetag    19.02.2012 – Kisoro

Heute steht unsere erste ernsthafte Wanderung dieser Reise auf dem Programm. Wobei wir uns dazu aufteilen, ein Teil der Gruppe möchte zum Gahinga, einem Vulkan in dessen Hängen Golden Monkey zu beobachten sind. Der Rest der Gruppe, ich selbst auch, entscheidet sich für den Muhavura. Auch er ist ein Vulkan und mit seinen 4127m der höchste von drei Bergen aus einer Kette im Grenzgebiet zu Ruanda. Für uns geht es um 6.30 Uhr los. Es ist noch dunkel, und so holpern wir mit dem Jeep auf nicht eben rückenfreundlichen Straßen zum Ausgangspunkt des Aufstiegs. Dazu müssen wir zuerst noch ein relativ steiles ziemlich ausgewaschenes kleines Stück auf einem Pfad am Fuß des Berges zurücklegen. Und der Führer, der uns unten in Empfang genommen hat, schlägt dabei gleich mal ein ziemlich flottes Tempo an. Ich mache mir wegen des Tempos und des Pfades schon ein bisschen Gedanken, ob es hier so die richtige Entscheidung war, diese Tour zu wählen. Aber ich sehe den meisten aus unserer Gruppe an, dass es ihnen nicht viel anders geht. Da ich mit zweien von ihnen schon unterwegs war, glaube ich aber dann doch, dass es schon so in Ordnung ist, wie es ist.

Aber das ist eigentlich nur das Warmmachen. Wir erreichen eine Holzhütte, die den eigentlichen Startpunkt markiert. Hier treffen wir auch zwei Ranger, die uns auf der richtigen Besteigung begleiten sollen. Einer von ihnen trägt ein Gewehr bei sich, zum Schutz gegen die Büffel, die in diesem Gebiet unterwegs sind, und mit denen ist eben nicht immer gut Kirschen essen. Um 7.40 Uhr geht es schließlich wirklich los, schnell sehen wir auch die Hinterlassenschaften der Büffel, der Pfad ist reichlich übersät mit den Haufen der Tiere, er sieht ein bisschen aus wie der von Kühen, wenn diese eine angeregte Darmaktivität haben. Ich denke mir noch, hätten die nicht auch einen anderen Pfad nehmen können, mir kommt aber auch der Gedanke, dass wir vielleicht doch eher ihren Weg benutzen. Als wir 20 Minuten unterwegs sind, beginnt es zu regnen. Wie schon am gestrigen Abend ist der Regen schon recht ergiebig. Noch sind wir ja im Wald unterwegs. So ziehe ich mir meine dünne Softshelljacke an. Mal in der Hoffnung, dass es nicht lange dauern wird, was aber leider ein Irrtum ist. Andere aus unserer Gruppe berichten unterwegs von den Regengüssen der letzten Nacht, wovon ich überhaupt nichts mitbekommen hatte, da ich selig im Schlafsack geschlummert hatte. Eigentlich sollte es auch noch Trockenzeit sein, aber hier unter ist die Regenzeit offensichtlich ein bisschen früher dran. Je höher wir kommen, desto schlimmer wird es mit dem Regen. So ist meine Jacke schon länger komplett durch, und der Schutz durch die Vegetation wird mit zunehmender Höhe auch immer schlechter. Ich ärgere mich, nicht gleich meine dickere Jacke aus dem Rucksack gezogen zu haben, ja sogar eine Regenhose schleppe ich hier gerade den Berg rauf, aber die liegt schön im trockenen Rucksack. Gegen 10.40 Uhr erreichen wir die erste Hütte auf rund 3100m, oder eben den Platz auf dem sie vorher gestanden hat. Wir machen dort eine Rast, wobei wir uns dabei eher hinter den Felsen runter kauern, da wir an dieser Stelle praktisch aus dem Bereich, in dem es noch einen dichten Bewuchs mit Büschen gibt, heraus getreten sind. Hhhm … die Rast hätte man auch 100m früher machen können, und dafür hier nicht im ziemlich aufgefrischten kalten Wind sitzen. Ich wechsle die Jacke, da mir kalt geworden ist und die Hände ein bisschen zittern, dazu ziehe ich auch gleich noch das Fleeceshirt an. Die rechte Hand ist einigermaßen warm, da ich mir ihr meist den Bambusstock eingesetzt hatte, den man uns unten an der Hütte aufgezwängt hatte. Eigentlich mag ich es nicht sonderlich gerne mit Stöckern zu gehen. Aber der Weg ist schon ziemlich glitschig und der fortwährende Regen macht es auch nicht besser, zumal das ablaufende Regenwasser auch bevorzugt auf dem Pfad abfließt. Die linke Hand ist kalt. Ich denke wieder darüber nach, ob es wirklich gut ist, diese Tour zu gehen. Zumal mir schon hier „arschkalt“ ist, und wir haben noch 1000 Höhenmeter vor uns, die laut Beschreibung noch steiler werden. Dazu komplett durchgeregnet und dazu ein kalter Wind. Und nach den Wolken zu urteilen, sind wir hier mitten in der Suppe. Und nach Besserung sieht es nun wirklich nicht aus.

Nur wenige Höhenmeter später beschließen Vier unserer fünfköpfigen Gruppe umzukehren. Das Wetter zerrt an der Moral, und dann ist da ja noch das Gorilla-Trecking in zwei Tagen. Das sollte das absolute Highlight dieser Reise sein, und gemäß Beschreibung darf man daran mit einer Erkältung nicht teilnehmen, um die Gesundheit der Tiere nicht zu gefährden. So gehen wir mit einem der Ranger wieder runter, was deutlich schneller geht. Kurz vor  Zwölf sitzen wir schon wieder im Jeep, mit dem es noch mal 30 Minuten bis zum Camp braucht. Und wie zum Hohn scheint hier unten die Sonne. Aber beim Blick zurück zum Muharuva sieht man ihn noch immer voll in den dunklen Regenwolken. Wir machen uns Gedanken wie es Martin, unserem willensstärkeren fünften Mann aus der Gruppe wohl geht, dabei bestand die Gruppe eigentlich aus zwei Frauen und drei Männern. Wir steigen jedenfalls erst mal aus unseren nassen Klamotten und hängen sie zum Trocknen auf.

Auf dem Gelände unserer Herberge sitzt ein älterer Mann, der einen Waschservice anbietet. So wäscht er unsere Sachen in einer alten Wanne von Hand mit kaltem Wasser, während wir mehr oder weniger müßig in der Sonne sitzen. Das bedient natürlich wieder alle Klischees über die reichen Europäer und den armen ausgenutzten Afrikaner, ich sage jetzt mal bewusst nicht Schwarzen. Auf der anderen Seite verdient er damit seinen Lebensunterhalt, und ich finde es auf jeden Fall immer besser, jemandem auch die Möglichkeit zum Geld verdienen zu geben, und dann auch ruhig großzügiger dafür zu entlohnen, als einfach nur „billig“ Almosen zu geben. Damit würde man nur Bettelei fördern. Und so traurig es dann im konkreten Einzelfall auch sein mag, man kann ohnehin nicht allen helfen. Man hat uns auch während der Reise und auch schon durch den Reiseveranstalter eingeschärft, auch bettelnden Kindern auf keinen Fall etwas zu geben. Unser Waschservice kostet uns nach unserem Verständnis fast nichts – oder man könnte auch lächerlich wenig sagen, aber wenn man bedenkt, was hier sonst verdient wird, dürfte er sehr zufrieden mit den Einnahmen gewesen sein. Zumal im Laufe des Nachmittags auch die Gruppe vom Gahinga zurück kommt, und ihn weiter gut beschäftigt. Dabei sind seine Waschergebnisse mit den Voraussetzungen durchaus erstaunlich. Hier in Uganda gibt es auch sonst praktisch keine Waschmaschinen, zum einen haben überhaupt nur die wenigsten überhaupt Strom, dann ist die menschliche Arbeitskraft sehr billig, und außerdem ist die Handwäsche eben auch schonender für die Wäsche, und die muss eben möglichst lange halten.

Gegen 17.30 Uhr kommt auch unser letzter „Kämpfer“ vom Muharuva zurück. Er hat es bis zum Gipfel geschafft, ist glücklich aber auch ziemlich geschafft. Wie er berichtet, wurde es wie beschrieben oben zunehmend steiler. Teilweise ging es eher auf alten nicht immer vertrauenserweckenden Holzleiter weiter. Leider hatte er auch am Gipfel kein Glück mit dem Wetter, selbst der Kratersee war nur kurz schemenhaft zu erkennen. Von dem möglichen Rundblick über das Dreiländereck Ruanda, Kongo und Uganda ganz zu schweigen. Ich freue mich mit ihm, dass er es geschafft hat. Gleichzeitig bin ich aber auch froh mit meiner Entscheidung umzukehren. Man überlegt natürlich wie es hätte sein können, wenn man sich gleich vernünftig angezogen hätte. Wobei es heute wohl auch ziemlich unangenehm war. Der Ranger, der unseren Gipfelstürmer begleitet hatte, hat unterwegs mehrfach sein Gummistiefel, ja die laufen in Gummistiefel und nicht in modernen Wandertreter mit allen möglichen hochtechnischen Materialen,  ausgekippt. Er hatte nicht mal Socken an. Ich mag gar nicht daran denken, wie er gefroren haben muss. Aber er hat heute zum ersten mal in seinem Leben Schnee gesehen. Er war schon öfters oben, aber heute lag an ein bisschen geschützten Ecken eben etwas Schnee.

Auf dem Privatgrundstück, auf dem wir hier auch heute zelten, führt uns eine Gruppe von Jugendlichen am Abend einige traditionelle Tänze vor, und animiert uns schließlich auch noch zum Mitmachen, was man eben so mit Touristen macht ;-). Aber auch in den Häusern um uns herum, die teilweise eher noch Baustellen gleichen, finden sich schnell einige Schaulustige, die so über die hohe Steinmauer in den Innenhof des Grundstück blicken können.

 

11. Reisetag    20.02.2012 – Buhoma

Eigentlich gibt es heute wieder nur einen Fahrtag. Es soll von Kisoro nach Buhoma gehen. Der Tag beginnt praktisch wie gestern. Kaum haben wir unser Zeug in den Jeeps verstaut und sind eingestiegen, beginnt es wieder zu regnen, noch bevor wir überhaupt Kisoro verlassen haben.

Wir fahren anfangs den gleichen Weg zurück, auf dem wir schon hier her gekommen sind. Durch den Regen sind die meist noch unbefestigten Seitenstreifen an der noch im Bau befindlichen Straße eher reißende Schlammflüsse als alles andere. An einigen Stellen wird die Piste von ihnen überflutet. Hier und da sieht man auch Wasser mit ein bisschen Sand und Geröll von Felskanten über uns an den Rand der Piste stürzen. Man erwartet eigentlich schon irgendwo auf einen Erdrutsch zu stoßen. Aber nichts dergleichen passiert, so können wir, wenn auch ein bisschen langsamer als auf der Herfahrt, doch immer fahren.

Unser erster Programmpunkt ist ein kurzer Fotostop am Bunyonyi  See. Es hat eine Länge von etwa 25km und eine Breite von 7km und ist dabei sehr verwinkelt. Das Besondere ist seine Tiefe, an manchen Stellen soll sie bis zu 900m reichen. Es gilt auf jeden Fall als tiefster See in Uganga, mal zum Vergleich der riesige Victoria See bringt es da nur auf 85m. Bunyonyi bedeutet übrigens so viel wie der Ort der kleinen Vögel. Was soll ich sagen, auch hier um den See herum zählt man über 200 verschieden Arten von Vögeln. Umgeben ist er von unzähligen Hügeln die bis auf knapp 2500m hinauf reichen, der See selbst liegt immerhin auch schon auf 1950m über dem Meeresspiegel. Das ganze Gebiet wird intensiv landwirtschaftlich bewirtschaftet, was an den Hängen entsprechend schwierig ist.

Kurz hinter dem See biegen wir von der hiesigen Hauptstraße ab. Von nun an geht es nur noch auf Pisten weiter, und nicht wenige von ihnen sind ziemlich schmierig. Da ist man froh in einen Allrad-Jeep zu sitzen, zumal es neben der meist einspurigen Piste meist nichts gibt, wenn man mal von den landwirtschaftlich genutzten Hängen mit einer Neigung von bis zu 45° absieht. Leitplanken gibt es natürlich keine, dafür aber dann doch noch mal einen einigermaßen freien Blick auf den Muhavura, auf dem wir es gestern versucht haben hinauf zu kommen.

Je länger wir unterwegs sind, desto mehr weichen die kleinen landwirtschaftlichen Flächen, die kaum mehr als etwas größere Gärten sind, Feldern mit Tee und Bananen. Die einfache Bevölkerung scheint eher noch etwas ärmer, als in den anderen Teilen des Landes, die wir schon gesehen haben. Hier sieht man aber auch mal ein paar ältere Menschen, wenn auch hier natürlich die Jugend weit überwiegt. Auch sonst sieht man immer und überall viele Kleinkinder, aber nur sehr wenige schwangere Frauen. Vielleicht noch ein paar Zahlen zur Bevölkerungsstruktur von Uganda. Etwa 50% der Menschen sind jünger als 15 Jahre, und nur 2,5% sind älter als 65 Jahre. Aber auch von diesen gibt es viele, die praktisch keine Familie mehr haben, die sie traditionell früher mit versorgt haben. Das Problem ist, das ganze Generationen durch jahrelangen Bürgerkrieg aber auch durch Krankheiten, insbesondere sei hier Aids genannt, fast völlig ausgelöscht worden sind. Uganda war übrigens das erste Land in Afrika, das zugab von Aids betroffen zu sein. Dadurch gab es große Zuwendungen durch die Industrieländer zur Eindämmung der Krankheit, was aber gleichzeitig auch Druck erzeugte, und eventuell staatliche Stellen auch durchaus dazu gedrängt haben mag Zahlen etwas zu schönen. Von der Religion zählen sich 85% dem christlichen und 12% dem muslimischen Glauben zugehörig. Offiziell ist nur noch 1% Anhänger von traditionellen Religionen.  Viele praktizieren aber durchaus zum Beispiel neben christlichen auch traditionelle Riten. Und auch in der sonstigen Kultur stecken eben noch große Einflüsse der ursprünglichen Religionen. So gibt es auch eine Sprache, die sich aus den verschiedenen Dialekten der 40 im heutigen Uganda ansässigen Volksgruppen gebildet hat. Man ist stolz darauf, das heute alle einen „Slang“ sprechen, das sich alle untereinander verständigen können, das war noch vor wenigen Jahrzehnten nicht so. Offizielle Amtssprache ist Englisch und Swahili, wobei letztere eher in den Sicherheitsorganen als Kommandosprache benutzt wird, während die zivile Verwaltung sie praktisch nicht nutzt.

Um die Mittagszeit erreichen wir die Spitze des Biwindi Nationalparks. Immer noch ist die Piste eine einspurige Schotterpiste, die im Nationalpark durch einen scheinbar undurchdringlichen Regenwald führt. Falls uns doch mal ein Fahrzeug begegnet, wird es eng, aber in Afrika findet sich für alles eine Lösung, ohne das ein Fahrer da wild gestikulierend seinen Willen durchzusetzen versucht. Nach dem wir die Spitze durchquert haben, fahren wir praktisch an der Parkgrenze entlang. Wie schon bei der Einfahrt könnte der Kontrast nicht größer sein. Auf der einen Seite landwirtschaftliche Flächen, hier sind es wieder kleinere Parzellen, auf der anderen dichter Regenwald, aber Biwindi bedeutet ja auch so viel wie der Undurchdringliche.

Am Nachmittag fahren wir wieder in den Nationalpark ein und erreichen damit praktisch auch unseren heutigen Campingplatz. Die Zelte aufzuschlagen gestaltet sich ein wenig  schwierig, da praktisch jede Stelle auf der uns zugewiesenen Fläche an einer (Ameisen-)Schnellstraße zu liegen scheint. Strom gibt es zwischen morgens 7 Uhr und abends 10 Uhr. Erzeugt wird er mit einem Generator, blöd ist nur, dass der noch in Hörweite von unseren Zelten steht. Dafür sind die sanitären Anlagen vorbildlich. Die Duschen sind regelbar mit warmen und kalten Wasser, und auch auf der Toilette gibt es fließend Wasser. Gut bei beidem gibt es kein Licht, aber wozu hat man schließlich seine Stirnlampe immer in der Tasche. Auch bisher schon war es nicht unbedingt eine schlechte Idee sein Notreserve Toilettenpapier dabei zu haben.

Insgesamt ist Buhoma deutlich touristischer als Kisoro oder es am Lake Mburo war. Obgleich man es sicherlich nicht als überlaufen bezeichnen kann. Aber es gibt schon eine öffentliche Bar, in der der Ober in weißem Hemd unterwegs ist, auch wenn es hier ein bisschen deplaziert aussieht, oder es gibt ein paar kleinere Läden von Einheimischen, die kleine handwerkliche Arbeiten verkaufen. Hier in Buhoma befindet schließlich sich auch die Attraktion Ugandas, praktisch das ultimative Naturerlebnis warum Uganda für viele überhaupt als Urlaubsziel in den Fokus gerät. Für mich war das übrigens genauso, auch wenn man dem Land damit überhaupt nicht gerecht wird. Es geht in Buhoma um‘s Gorilla-Trecking. Dazu gibt es hier denn auch allerhand Hinweisschilder, auf denen es um den Schutz der Gorilla geht, und wie man sich ihnen gegenüber zu verhalten hat. Aber dazu morgen mehr, wenn wir auch zu „unserem“ Trecking aufbrechen.

 

12. Reisetag    21.02.2012 – Buhoma

Heute soll es das Highlight unserer Reise durch Uganda geben: das Gorilla-Trecking. Genauer gesagt geht es um Berggorilla. Sie sind etwas kleiner als ihre Verwandten aus dem Flachland. Dabei sind sie aber deutlich kräftiger. Ein ausgewachsener Berggorilla hat etwa die 20fache Kraft eines Menschen, dabei sind die Tiere Vegetarier, allerdings stehen neben den rund 100 Pflanzenarten noch ein paar Insekten auf ihrem Speiseplan. Aber wir werden sie ja bald sehen, hoffe ich doch mal. Eine Garantie gibt es nicht, aber die Wahrscheinlichkeit liegt schon bei annähernd 100%. Die Permits für das Gorilla-Trecking sind begrenzt auf acht Personen pro habituierter  Gorilla-Gruppe und Tag. Die Gewöhnung von Berggorilla an Menschen geht auf Dian Fossey zurück, die Jahre damit verbracht hat, Berggorilla zu studieren. Sie ist ihnen dabei immer näher gekommen und hat schließlich ein Gruppe habituiert. Sie kämpfte für den Erhalt der Berggorilla, drehte Dokumentarfilme über das Zusammenleben der Gruppen, und schaffte es sogar in einer aufgenommen zu werden. Sie konnte dokumentieren, wie sie von den Tieren berührt wurde und sogar Jungtiere von der Gruppe in ihre Obhut gegeben worden sind. Dennoch war ihr Arbeit auch unter Wissenschaftler nicht unumstritten. Sie kämpfte für Nationalparks in Ruanda und Uganda und gegen die Wilderer und zerstörte deren Fallen. Am 27.12.1985 wurde sie mit eingeschlagenem Schädel in ihrer Hütte gefunden, der Mord an ihr wurde nie aufgeklärt. Wie sie es sich gewünscht hatte, wurde sie auf einem Friedhof begraben, den sie selbst für getötet Berggorilla anlegen lassen hat. In einer Biografie eines kanadischen Schrifttellers über Fossey werden die Mörder eher in staatlichen ruandischen Kreisen vermutet. Sie lebte in einem dauernden Konflikt mit ihnen. Dabei ging es auch um den Tourismus und die kommerzielle Vermarktung der Berggorilla, aber auch um die bewaffneten Patrouillen die Fossey gegen die Wilderer organisiert hatte. Sie selbst galt als unbeherrscht und herrisch gegenüber den Behörden, aber auch sonst als menschlich schwierig, was ihr sicherlich auch nicht gerade nur Freunde eingebracht hat. Nach ihren Vorgaben werden auch heute noch Gruppen von Berggorillas habituiert. Wobei die Zahl der Gruppen heute noch ausgebaut wird. Dabei werden Gruppen durch Forschungsarbeit zunehmend an den Menschen gewöhnt, und werden schließlich für den Tourismus frei gegeben. Den Gorilla-Tourismus gibt es seit 1993. Anfangs war es eine Gruppe, inzwischen sind es sieben alleine in Uganda.

Unsere Reisegruppe wird sich heute wieder teilen. Sechs gehen zur Gruppe H, was für Habinyanja steht. Sie ist die am längsten an Menschen gewöhnte Gruppe. Drei, zu denen ich auch gehöre, werden sich auf den Weg zur Gruppe R, also der Gruppe Rushegura, machen. Dabei wird erwartet, dass für die Gruppe Habinyanja zuerst eine Fahrt von etwa 1,5 Stunden und dann noch ein Fußmarsch von etwa zwei Stunden benötigt werden. Unsere Gruppe Rushegura sollten wir eigentlich mit einem Fußmarsch von etwa einer Stunde erreichen. Aber der Reihe nach, kurz vor 8.00 Uhr gehen wir von unserem Campingplatz zur Campverwaltung. Zuerst sehen wir uns einen kleinen Film zu den Berggorillas an, in dem noch ein paar Dingen zu den Berggorillas und dem Verhalten ihnen gegenüber erklärt wird. Anschließend werden wir auf die schon im Vorfeld festgelegten Gruppen aufgeteilt. Ein Ranger erklärt noch mal ein paar Regeln bezüglich unseres Verhaltens gegenüber den Berggorillas. Man sollte einen Sicherheitsabstand von sieben Metern einhalten, wenn die Tiere den von sich aus unterbieten, sollte man selbst langsam rückwärts wieder auf die entsprechende Entfernung zurückweichen. Die Entfernung ist auch noch plastisch durch ein Modell im Camp dokumentiert. Bei Scheinangriffen der Tiere, die schon mal vorgekommen sind, sollte man unbedingt den Anweisungen des Rangers folgen. Man sollte niemals zwischen die Tiere laufen, hektische Bewegungen machen, die Tiere durch Anstarren reizen oder gar beim Besuch der Gruppe Essen oder Rauchen. Auf dem Weg zu den Berggorilla geht ein Ranger voraus, dann die Gruppe der Touristen und am Ende ein weiterer Ranger der auch bewaffnet ist. Das soll dann im Gänsemarsch erfolgen und die Gruppe soll dabei unbedingt zusammen bleiben. Soviel zur Theorie, als wir uns auf den Weg machen, schreitet der Ranger zügig voraus und die Gruppe zieht sich sehr schnell auseinander, was dem Ranger aber offensichtlich nicht wirklich etwas ausmacht, auch wenn er es gerade noch anders erklärt hatte. Bei unserer Gruppe sind noch zusätzlich drei Träger dabei. Man kann sich für 15 US-$ im Camp einen Träger nehmen, der einem den Rucksack trägt. Wobei zwei ihre Kunden fast mehr den Berg rauf ziehen und schieben, als das diese ihn selbst erklimmen. So ist unsere Geschwindigkeit auch bestenfalls mäßig. Nach der geplanten Stunde sind wir noch nicht mal den ersten Berg hinauf, soviel zum Thema Zeitplan. Dazu muss man vielleicht noch sagen, wir bewegen uns hier im Regenwald und die Topografie ist schon ordentlich wellig und die Anstiege sind auch schon recht steil. Anders als vor zwei Tagen am Muharuva sind aber die Wege trocken. Dafür habe ich heute meine Regenhose angezogen, und die Sonne scheint. Auch hier gilt es wegen der Ameisen die Socken über die Hose zu ziehen. Kurz bevor wir den Berg erklommen haben, treffen wir auch schon auf eine breite Schneise, die durch das Grünzeug geschlagen ist. Unser Ranger erklärt uns, dass hier eine Gruppe von Berggorilla entlang gezogen ist. Oben angekommen nimmt der Ranger Kontakt mit seinen Trackern auf. Diese haben den Kontaktpunkt der Rushegura-Gruppe von gestern mit den Touristen aufgesucht, und sind dann der Spur der Gorilla zu ihrem derzeitigen Aufenthaltsort gefolgt. Da Berggorillas zwar ein relativ großes Revier haben, aber kaum mehr als einen Kilometer pro Tag weiter ziehen, haben unsere Tracker die Gruppe schon gefunden. Sie lotsen uns jetzt zu einem Treffpunkt. Etwa 100m vor dem derzeitigen Aufenthaltsort der Gruppe legen wir unsere Rucksäcke, Wanderstäbe und ähnliches ab. Das Gelände ist wegen des starken Bewuchses des Regenwaldes trotz der Lichtung, auf der wir uns hier befinden, ziemlich undurchdringlich. Die Pflanzen sind teilweise locker größer als wir selbst, und dabei spreche ich nicht von Büschen, sondern eher etwas was bei uns wohl als Farne gelten würde, auch wenn die sicherlich jetzt einer ganz anderen Pflanzenart angehören. Zurzeit hören wir nur um uns herum etwas im Dickicht rascheln. Plötzlich sehen wir aber doch den ersten Berggorilla vor uns. Während wir die ersten Fotos machen, Blitzlicht ist natürlich verboten, bemerken wir auch links und rechts von uns weitere Tiere liegen bzw. sitzen und fressen. Im ersten Moment erschrickt man schon ein bisschen beim Anblick der ziemlich massigen und ganz offensichtlich muskulösen Tiere. Man entspannt aber auch schnell wieder, wenn man sieht wie entspannt ganz offensichtlich die Berggorilla unser Kommen aufnehmen. Es sind schon einige Minuten vergangen, bis wir bemerken, dass sich die ganze Zeit kaum zwei Meter hinter uns einer unser ganzen Treiben genüsslich mit ansieht. Er gähnt einmal und lässt seinen Kopf auf die Brust sinken, fast schon als wenn wir ihn langweilen würden. Aber beim Gähnen konnte man schon schön seine Zähne sehen, man ist vorsichtig formuliert nicht unglücklich darüber, dass der Bursche keinen Streit sucht. Es dauert ein bisschen, bis wir auch den Silberrücken entdecken. Er dreht sich immer etwas von uns weg und scheint kein Interesse an uns zu haben, was aber sicherlich völlig falsch ist. Die Gruppe zieht langsam weiter, wobei sofort unzählige Fliegen auf den Plätzen zu finden sind, auf denen eben doch ein Gorilla gesessen oder gelegen hat. Der Silberrücken ist das Männchen, das die Gruppe führt. Normalerweise gibt es nur einen Silberrücken pro Gruppe, nur in größeren Gruppen sind auch mal mehre zu finden, wobei es auch da einen unangefochtenen Anführer gibt. Wie genau es geregelt ist, das die verschiedenen Tiere sich verständigen, wann es weiter geht, erschließt sich mit nicht. Als der Silberrücken vielleicht 50m weiter geht, hört man plötzlich in der Umgebung an verschiedenen Stellen auch Tiere durch die Vegetation laufen. Erst jetzt wird mir eigentlich bewusst, dass wir uns eher innerhalb der Gruppe befinden, als am Rande wie es ja noch unten vom gleichen Ranger erklärt worden ist, der uns jetzt auch hier her geführt hat. Auch mit dem Mindestabstand von sieben Metern hat das hier nichts zu tun, dazu muss man aber auch fairerweise sagen, bei einem solchen Abstand würde man bei dem Bewuchs nicht mal einen Berggorilla erahnen können. Das mag je nach Bewuchs bei den anderen Gruppen bzw. deren jeweiligen Aufenthaltsorten anders sein, aber wir sind definitiv unabhängig von dem Tier, das „plötzlich“ direkt hinter uns war, deutlich dichter heran geführt worden. Einer der Tracker schlägt uns auch einen Weg mit der Machete frei, damit wir den Berggorilla folgen können. Einige der Berggorilla klettern auf Bäume um dort die Blätter zu fressen, oder sich auch mal einfach nur kurz in eine Astgabel zu legen. Beim herunter steigen nehmen sie es auch schon mal fast übermütig in Kauf, wenn sie mit einem Ast zu Boden krachen.

Kurz bevor unsere Zeit bei den Berggorilla um ist, beginnt der Silberrücken sich wieder weiter zu entfernen. Man hat fast das Gefühl, er hätte entweder eine Uhr, was natürlich Quatsch ist, oder ein ziemlich gutes Zeitgefühl, und weiß auch so, wann er wieder seine Ruhe hat. Wir schauen noch den anderen Berggorillas nach, als uns einer der Tracker darauf aufmerksam macht, dass wir mal zur Seite treten möchten. Lautlos haben sich zwei Halbstarke hinter uns auf einem kleinen Pfad gestellt, und kaum sind wir aus dem Weg, gehen sie auch zielstrebig und doch gleichzeitig völlig unbekümmert und in aller Seelenruhe an uns vorbei.

Wir gehen schließlich zurück zu den Rucksäcken und damit im Gepäck noch ein gutes Stück weiter, um unsere Mittagspause zu machen. Wir werden angehalten keine Essenreste fallen zu lassen oder gar liegen zu lassen. Zuvor hieß es auch „größere Geschäfte“ unseres Verdauungstraktes wären sicher zu vergraben. Das dient natürlich alles dazu, möglichst keine Krankheitserreger zurück zu lassen, die insbesondere den Berggorillas gefährlich werden könnten. Sie sind von der Evolution eng mit uns Menschen verwandt, und daher natürlich auch bezüglich der Ansteckung durch den Menschen besonders gefährdet. Im Vorfeld hieß es auch, man müsste unbedingt völlig gesund sein, um überhaupt am Gorilla-Trecking teilnehmen zu dürfen. Das galt auch ausdrücklich bezüglich möglicher Erkältungen oder auch nur eines Schnupfens. Nicht gemeint ist damit, mal zu niesen. Man sollte nur eben auch kein Bazillenmutterschiff sein. Bei unserer Gruppe Rushegura ist vor zwei Tagen ein Weibchen gestorben. Man hat das tote Tier untersucht und heute war auch ein Tierarzt mit den Trackern zu der Gruppe unterwegs, um sich die übrige Gruppe noch mal genauer anzusehen. Das Tier ist aber wohl laut dem Tierarzt an einen natürlichen Tod gestorben. Insgesamt gibt es unter Wissenschaftler aber auch durchaus einige sehr kritische Stimmen zum Thema Gorilla-Trecking. Man meint, dass sich durch die ständigen Besuche das Verhalten der Berggorilla verändern würde, von dem Risiko der Übertragung von Krankheiten ganz zu schweigen. Belegt ist auch selbst durch die Parkverwaltung, dass sich die habituierten Gruppen schneller vermehren, als die noch ohne jeglichen Kontakt zu Menschen es tun. Früher wurden Berggorillas bejagt, was auch der Grund dafür ist, warum vor dem Besuch jedwede Art von Stöckern und dergleichen abzulegen ist. Denn früher wurden sie eben mit für die Gorillas ähnlich aussehende Waffen angegriffen. Heute gibt es noch rund 400 Berggorillas in Uganda und noch mal etwa die gleiche Zahl im nahen Ruanda, Ende der 80er Jahre schätze man ihren gesamten Bestand auf etwa 620 Tiere. Ansonsten gibt es keinerlei Vorkommen mehr auf der Erde, weshalb sie natürlich zu den sehr bedrohten Arten auf unserem Planeten gehören. Die Population der Berggorilla teilt sich in etwa 30 Gruppen auf, dabei gibt es Gruppen von sehr wenigen Tieren, die kleinste habitulierte Gruppe ist die Mubare Gruppe mit fünf Mitgliedern, die größte Gruppe hat knapp 50 Tiere, ist aber nicht habituiert. Sowohl Habinyanja als auch Rushegura zählen mit jeweils rund 20 zu den größten habituierten Gruppen. Was natürlich die Chance erhöht auch eine gute Sicht auf die Berggorillas zu bekommen. Zum Abschluss noch ein paar Zahlen zu ihnen. Silberrücken, ihren Namen bekommen sie wegen der ergrauten Haare auf dem Rücken, können etwa 200kg schwer werden und erreichen stehend etwa eine Größe von 1,80m. „Unseren“ Silberrücken schätze ich mal auf eine Schulterhöhe von 1,20m, wenn er auf allen vieren läuft. Wobei Berggorilla nur sehr selten wirklich laufen. Sie beginnen den Tag zwar gleich mit Fressen, über Mittag machen sie eine Siesta um dann den Nachmittag wieder mit Fressen zu verbringen. So fressen sie im Verhältnis zum Körpergewicht schon eine ordentliche Portion „Grünzeug“, nur ist dieses eben auch nicht sehr nahrhaft und praktisch auch in der Nähe mehr als ausreichend vorhanden. So bewegen sie sich nur wenig, daher auch nur die relativ kurzen Tagesdistanzen, wobei ihr Revier durchaus einen Umkreis von 25km umfassen kann. Dabei überlappen sich natürlich auch die Reviere der verschiedenen Gruppen.  Trotzdem vermeiden die verschiedenen Gruppen den Kontakt miteinander. Die Tragzeit der etwas kleineren Weibchen beträgt 257 Tage. Die Jungen, selbst Zwillinge sind selten, werden dann etwa drei Jahre gesäugt. Die Geschlechtsreife erreichen Weibchen mit ca. sieben, Männchen mit etwa zehn Jahren. Sie pflanzen sich dann aber normalerweise nicht sofort fort. Dafür verlassen sie dann aber ihre Geburtsgruppe um sich einer anderen anzuschließen. Insgesamt sind Berggorillas nur tagaktiv. Für die Nacht bauen sie in wenigen Minuten ein Nest aus Blättern und Zweigen, welches sie in der Regel auch nur einmal benutzen.

Auf dem Rückweg zum Camp der Parkverwaltung kommen wir noch an einigen Nestern vorbei, in dessen unmittelbarer Umgebung auch gleich die Morgentoilette der Berggorilla zu finden ist. Wir selbst brauchen kaum weniger Zeit um zurück zum Camp zu kommen, da zwei aus unserer Gruppe ziemlich erschöpft sind, auf dem Hinweg wurden sie eher nach oben befördert, und jetzt auf dem Rückweg haben ihre Träger kaum weniger Mühe sie heil hinunter zu bugsieren. Wobei der Pfad aber auch so schmal ist, das man dort nur schwer helfen kann. So sind wir erst gegen 14 Uhr zurück am Camp, aus den zuvor getaxten drei Stunden sind so nahezu sechs geworden. Aber auf jeden Fall eins der ganz großen Erlebnisse.

 

13. Reisetag    22.02.2012 – Ishascha

Wir verlassen heute wieder den Biwindi Nationalpark um gleich in den nächsten Nationalpark wieder hinein zu fahren, es geht zum Queen Elisabeth Nationalpark an der kongolesischen Grenze.  Es fahren geruhsam um 09.30 Uhr in Buhoma los. Unseren ersten Stopp machen wir in Kihihi. Wir müssen tanken und unsere Vorräte ein bisschen auffrischen. Wir selbst gehen in den „Modern Supermarket“. Es gibt eine Computer-Kassse und auch einen Kühltruhe, auch wenn bei der wegen Überfüllung der Deckel nicht geschlossen werden kann. Was das bei den hier wieder deutlich höheren Temperaturen von gefühlt über 30° schon am Vormittag für die Lebensmittel bedeutet, will man im Detail auch lieber nicht wissen.

Weiter geht es direkt in den Queen Elisabeth Nationalpark. Dessen Grenzen werden durch einen tiefen quadratischen Graben markiert, den man ausgehoben hat, um die Tiere daran zu hindern, den Park zu verlassen. Kurz nach der Parkeinfahrt sehen wir auch schon Uganda-Böcke, Topis, ein paar Paviane und Grüne Meerkatzen. Gegen Mittag treffen wir auf unserem Campingplatz ein. Gefühlt ist es nur noch warm, jede Bewegung erscheint eigentlich schon zu viel. Selbst das Aufblasen der Isomatte verlege ich in den Schatten vor das Zelt, welches sich praktisch sofort aufheizt. Aber Schatten ist zur Mittagszeit etwa auf dem Äquator natürlich auch eine eher relative Geschichte.    Und der Schweiß läuft sofort, auch wenn er praktisch im nächsten Augenblick auch schon wieder weg getrocknet ist. Das verdeutlicht aber nur noch mal, wie wichtig es hier ist, viel zu trinken.

In der Gruppe gibt es ein bisschen Murren, da es in der Nähe einen weiteren Campingplatz gibt, der direkt an einem kleinen Grenzfluss zum Kongo liegt. Er wurde erst vor drei Monaten eröffnet. Wobei im Vorfeld nicht ganz klar war, ob man überhaupt dort hätte hin können. Denn die politischen Verhältnisse im Kongo sind mehr als unsicher, und auch mit den Nachbarstaaten wie in unserem Fall Uganda gibt es immer wieder Konflikte und zuweilen auch mal kurze Schusswechsel. Auch wenn es wohl in den letzten Monaten recht ruhig war. In dem Grenzfluss gibt es auch ein paar Flusspferde und in den umliegenden Bäumen auch ein paar Colobus Affen. Beides hatten wir ja schon, und außerdem dürfte es dort spätestens in den Abendstunde auch reichlich Stechinsekten geben.  Was mich zurzeit aber schon reizt, ist das es unter den Bäumen im Schatten und dann noch am Wasser deutlich kühler sein dürfte. Bei uns gibt es eine Dusche, die mit von der Sonne erwärmtem Wasser betrieben wird, ein Plumpsklo und eine Riesenportion „Nichts“. Es ist etwas trostlos, heiß und staubtrocken. So schleppen wir uns eher ein bisschen durch die nächsten Stunden. Fast hätte ich es vergessen, neben uns ist hier nur noch ein allein reisender Mann im Camp, er hat die gemauerte Rundhütte bezogen, was neben dem Plumpsklo das einzige Gebäude mit einem Dach ist. In dem anderen Camp ist eine weitere Gruppe des gleichen Reiseveranstalters untergebracht, die die gleiche Tour wie wir in umgekehrter Reihenfolge machen. Am Victoria See haben sich unsere Wege noch mehrfach gekreuzt, ansonsten gibt es dann aber nur noch den Schnittpunkt hier. Und da der Reiseveranstalter eben Kleingruppen verspricht, dürfte nicht zuletzt das der Grund gewesen sein, warum wir unterschiedliche Campingplätze nutzen. In JInja hatten wir Glück mit dem Besseren, und hier vermeintlich die andere Gruppe. Mir persönlich ist es eigentlich auch nicht wirklich wichtig. Gut hier ist es schon heiß und ein bisschen trostlos, aber manchmal kann die Ruhe und Abgeschiedenheit ja auch seine Vorteile haben. Zumal mich für gewöhnlich die Steckinsekten gerne als willkommene Nahrungsquelle annehmen.

Am späteren Nachmittag gehen wir noch mal auf Pirschfahrt. Wir wollen versuchen die hiesigen Baumlöwen aufzuspüren. Dabei handelt es sich um ganz „normale“ Löwen, die eben wegen der klimatischen Bedingungen in der Mittagszeit zuweilen auf Bäume steigen, um sich etwas Kühlung zu verschaffen.  Da in diesem Teil des Parks schon relativ große Teile des Grases kontrolliert abgebrannt worden sind, habe ich persönlich aber eher kaum Hoffnung welche zu finden. Ohne das Gras gibt es für die Löwen kaum Deckung für ihre Jagd, und damit nüchtern betrachtet auch keine reelle Chance Beute zu machen. Also ziehen die Löwen dahin, wo die Vorrausetzungen besser für sie sind. So ist auch sonst die Fahrt eher arm an Tierbeobachtungen. Wir bekommen unzählige Uganda-Böcke, eine Antilopenart von der der Größe der Schwarzfersen Impalas, ein paar Wasserbüffel, flüchtende Paviane und zwei Elefanten vor die Linse. Dazu kommen noch mit den Ohrengeier, einem Palmengeier und einen gerade startenden Schopfadler ein paar weitere Vogelarten. Mit der Tierfülle anderer bekannter Nationalparks in Afrika wie etwa der Serengeti im benachbarten Tansania, dem Etoshapark in Namibia oder dem Krügerpark in Südafrika kann Uganda aber ohnehin nicht aufwarten. Das weiß man vorher und ist auch so in Ordnung. Wobei die UWA (Uganda Wildlife Authority) unter anderem durch das Abbrennen des Grases versucht, die Bedingungen für die größeren Wildtiere zu verbessern. Auch wenn es sich zu erst paradox anhört, wird das Gras vor der Regenzeit abgebrannt, damit anschließend mehr und besseres Gras nachwachsen kann. Allgemein sind die Gräser hier arm an Nährstoffen, und wenn es praktisch völlig vertrocknet ist, wie es das noch übrige eben ist, ist es entsprechend noch karger. Was das Abbrennen für die kleinen Tiere, die eben nicht flüchten können, bedeutet, kann man sich aber natürlich auch leicht vorstellen. Aber viele dieser Tiere bekommen die Touristen ohnehin nicht zu Gesicht und sind deshalb eben auch nicht zu vermarkten. Und Uganda ist schon sehr darum bemüht den Tourismus auszubauen, wobei man auch versucht nicht dem Massentourismus zu verfallen, sondern eher auf zahlungskräftigere Kundschaft setzt. Nur muss man dafür eben auch was bieten. Und im Zuge der jahrelangen bürgerkriegsähnlichen Zustände, die hier noch lange herrschten, die ersten freien Wahlen gab es erst 1996, wurde viele Wildtiere zuvor intensiv bejagt und entsprechend die Bestände zum Teil fast völlig ausgerottet. Und nun versucht man eben diese wieder neu aufzubauen. Die UWA, die sich um die Verwaltung, Pflege und auch Bewirtschaftung der zahlreichen Nationalparks kümmert, besteht übrigens zumeist auch aus ehemaligen Soldaten. Die Ausrüstung ist eher ein bisschen mau. So haben wir vor zwei Tagen einen Ranger unterwegs bei unserer ersten Einfahrt in den Biwindi Nationalpark mitgenommen, als wir nur dessen Spitze durchqueren wollten. Er sollte zur Hauptverwaltung in Buhoma, was ja auch unser Ziel war, kommen, und seine Option war entweder zu versuchen irgendwo mitzufahren oder zu laufen. Immerhin ein Strecke von rund 2,5 Stunden mit dem Jeep, wenn auch über holprige Pisten. Nicht ungewöhnlich in Uganda ist auch, dass große Verbindungsstraßen direkt durch die Nationalparks führen. Heute sind uns auch auf dem Weg hier her einige große LKWs begegnet, die Waren aus Mombassa, Kenia, mit seinem Hafen am Indischen Ozean auf dem Landweg bis in den Kongo bringen. Insbesondere dann im Kongo auch keine ganz ungefährliche Art seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Spätestens im Kongo vermeidet man dann eher alle unnötigen Stopps etwa um zu schlafen.

Nach unserer Rückkehr hören wir beim Abendessen noch das Geheul von Hyänen, die fehlen uns noch, aber vielleicht haben wir da morgen noch Glück. Später kommt dann auch noch das Gegrunze der Flusspferde dazu. Nach Einbruch der Dämmerung, die hier ohnehin nur sehr kurz ist, beziehen dann zwei bewaffnete Ranger ihren Posten bei uns im Camp. Im Zelt besteht nicht gerade Anlass zu frieren, aber die Laute von draußen entschädigen schon für einiges. Man fühlt sich mitten drin in der Wildnis und weit weg von allem, was dem gemeinen Zivilisationsmenschen im Alltag so zusetzen könnte. So fallen mir auch schon bald völlig entspannt die Augen zu, obwohl ich vorher eigentlich dachte, bei der Hitze kannst du niemals schlafen, zumal ich jetzt auch nicht unbedingt von den „Heldentaten“ des Tages müde war.

 

14. Reisetag    23.02.2012 – Kingfisher Lodge in Kichwamba

Heute soll es mit dem ersten Licht wieder auf Pirschfahrt gehen. Unsere beiden Ranger, die die letzte Nacht über uns gewacht haben, sind schon verschwunden. Wir steigen nach einer Tasse Kaffee, Tee, Kakao oder was auch immer und ein paar Keksen dazu in die Jeeps. Wir versuchen unser Glück in nördlicher Richtung. Schon nach relativ kurzer Zeit sehen wir zwei einzelne Hyänen. Eine von ihnen ist an einem trockenen Wasserloch im hohen Gras. Wobei die sich in der Nähe befindende Herde Topis sie längst gesehen hat. So stehen außen um die Herde immer ein paar männliche Tiere bereit, diese auch zu verteidigen. Dagegen hat die Hyäne keine Chance, zumal sie selbst alleine unterwegs ist. Es dauert auch nicht lange, bis sie sich trollt. Nicht weit entfernt kommen wir an einigen Perlhühnern vorbei, oder genauer sind es Helmperlhühner. Auch ein paar Trappen sind schon unterwegs. Und dann sind da ja noch die Uganda-Böcke. Ein paar von ihnen erproben auch gerade ihre Kraft gegeneinander. Die Herden bestehen normalerweise aus einem oder eventuell auch wenigen Männchen und einem großem Harem auf der einen Seite, und Junggesellengruppen auf der anderen Seite. In diesem Teil des Nationalparks wurde noch nicht so viel des alten Grases abgebrannt, dennoch geben die verdörten Halme augenscheinlich nicht mehr viel her. Grün ist praktisch kaum noch vorhanden. Die großen Regenfälle beginnen hier typischerweise im März, es ist also nicht mehr lange hin, bis die Nahrungssituation sich für die Tiere wieder verbessert, aber im Moment ist es eben schwer für sie. Das gilt auch für eine größere Herde von Kaffernbüffel, auf die wir noch stoßen. Wobei sich hier die gräulichen Kaffernbüffel mit den etwas kleineren bräunlicheren Waldbüffel vermischt haben. Das ist vor allem eine Folge der unzähligen Kriege, die das Gebiet in den letzten Jahrzehnten gesehen hat. Früher auch auf dem Gebiet Ugandas, heute eher im benachbarten Kongo, von wo auch die Waldbüffel ursprünglich stammen. Und der Kongo ist nicht weit von hier, man kann von den kleinen Erhebungen gut hinüber schauen. Selbst von unserem Campingplatz ist es praktisch nur ein Katzensprung. Auch hier stehen die Bullen außen um die Herde herum. Wobei hier schon einige Bullen bei der Herde sind, es sind aber vor allem die jüngeren Tiere, wenn sie älter werden, werden sie aus der Herde ausgeschlossen und ziehen alleine oder auch in kleinen Junggesellengruppen umher. Anfangs bleiben sie meist noch in der Nähe ihrer alten Herde, und gehen dann zunehmend ihre eigenen Wege. Für viele wird es auch zunehmend schwieriger der Herde überhaupt noch folgen zu können. Insbesondere diese Bullen sind dann gefährlich, wenn man auf sie trifft. Sie sind zuweilen sehr aggressiv und wählen eher die Attacke als die Flucht, da sie eben glauben, nicht mehr schnell und stark genug für eine lange Flucht zu sein. Ansonsten sehen wir noch ein paar Wasserböcke und natürlich Vögel. Wobei gerade diese erstaunlich unauffällig sind. Obwohl viele von ihnen schon recht bunt sind, haben wir schon Probleme sie überhaupt zu entdecken. Und hat man doch mal einen in relativer Nähe entdeckt, sucht der auch schon das Weite.

Auf der Rückfahrt zu unserem Camp machen wir noch kurz Station beim anderen Campingplatz und sehen uns die Flusspferde im Wasser an. Und hier ist man nur wirklich dicht am Kongo dran, denn auf der anderen Flussseite wären wir schon über die Grenze. Nur mit den Baumlöwen will es nicht recht klappen. Aber es handelt sich ja schließlich auch um wilde Tiere in Freiheit und nicht um einen Zoo.

Zurück in unserem Camp genehmigen wir uns ein richtiges Frühstück, bevor wir damit beginnen, alles wieder einzupacken und in den Jeeps zu verstauen. So sind wir schon am späten Vormittag unterwegs ans andere Ende des Queen Elisabeth Nationalparks, in dem wir uns hier ja auch schon befinden. Unterwegs sind wir wieder auf der großen Transitstrecke, und doch sehen wir unterwegs noch zwei Elefanten, ein paar Kaffernbüffel. Aber trotz Transitstrecke sieht man eben auch nicht immer ein Fahrzeug vor oder hinter sich. Auf einer Baustelle, die gerade verwaist ist, hat sich auch gerade eine größere Gruppe Paviane eingenistet.

Gegen 14 Uhr treffen wir an unserem Ziel der Kingfisher Logde in Kichwamba ein. Die Lodge ist sogar in der einzigen in Deutschland erhältlichen Karte von Uganda (Stand Herbst 2011) verzeichnet. Der Eigentümer ist übrigens sogar ein Deutscher, er stammt aus dem Schwäbischen und war früher Entwicklungshelfer in Uganda. Nach seiner Pensionierung blieb er im Land und besitzt inzwischen mehrere solcher Anlagen. Wir essen noch einen kleinen Snack, schließlich ist unser zweites Frühstück auch noch nicht lange her, und beziehen unsere Zimmer. Da steht ein richtiges Bett drin, und es gibt eine Dusche mit regelbarem kaltem und warmem Wasser. Aber ich sage zuerst mal meiner inzwischen zehn Tage wuchernden Gesichtsbehaarung den Kampf an. Der Strom ist zeitweise weg, was mich aber nicht weiter stört. Die Lodge hat sogar einen eigenen Pool und vor allem einen atemberaubenden Blick über den Nationalpark. Sie befindet sich auf einem Felsen oberhalb der Parkgrenze und bietet so einen schönen Blick über den Park. Am Vormittag hatte ich mich noch gefreut, das es heute etwas diesiger ist und die Sonne nicht so gnadenlos brennt wie gestern, aber hier hätte ich natürlich lieber wieder super klares Wetter. Menschen kann man es eben nie recht machen. Aber so sitze ich auf meiner kleinen Terrasse und genieße den Ausblick und trinke dazu mein Standardgetränk hier – Mineralwasser. OK am Abend versuchen wir es soweit verfügbar auch schon mal mit einem Nile-Special. Die Dusche hebe ich mir noch ein bisschen auf, zumal wir später noch eine weitere Pirschfahrt machen wollen, und das bedeutet eben auch immer Staub.

Auf der Pirschfahrt selbst sehen wir schon am Gate eine größere Herde Elefanten, die sich an den Büschen, die um die Verwaltungsgebäude herum stehen, laben und praktisch auch darin verschwinden. Ansonsten sehen wir abermals Uganda-Böcke, Warzenschweine, eine Büffelherde und einige Vögel. Eine Spezies davon erkennen wir alle: Schwalben. Schließlich haben wir die im Sommerhalbjahr ja auch bei uns zu Hause. Wir fahren noch bis zu einem Salzsee, der sich hier im Queen Elisabeth Nationalpark befindet. In ihm wird das Salz auch abgebaut. Dabei wird die obere gräuliche Schicht auch im Park für die Tiere im Park ausgelegt. Die beiden unteren Schichten werden für den menschlichen Verbrauch abgebaut, wobei die Qualität nach unten hin zunimmt. Auf dem Weg zurück aus dem Park können wir in einiger Entfernung eine schwere Regenfront beobachten, wie sie am Horizont zieht. Wir selbst bekommen davon aber nichts ab, und sie ist auch nach Angaben unseres Fahrers rund 40 bis 50km von uns entfernt. Das Land ist zwar leicht hügelig aber eben auch eher Steppe mit nur wenigen Bäumen oder anderem was die Sicht versperren würde.

Bevor wir das Gate wieder erreichen, sehen wir noch zwei kleinere Herden Elefanten. Als wir praktisch schon fast unmittelbar vor der Auffahrt auf die Straße stehen, hält Paul, der Fahrer des anderen Jeeps an und zeigt etwa 45° nach hinten über das braune Gras. Wir sehen lange nichts, doch dann bewegt sich eben doch etwas im Gras. Eine Löwin bewegt sich fast direkt auf uns zu, wie er die in der einbrechenden kurzen Dämmerung entdeckt hat, bleibt mir ein Rätsel. Ich glaube von mir selbst, auch ein einigermaßen Auge für so etwas zu haben, aber hätte er nicht in die Richtung gezeigt, ich hätte die Löwin nicht gesehen. Sie kommt ungerührt immer weiter auf uns zu, bis sie schließlich vielleicht 20m von uns entfernt beschließt direkt über die Straße gehen zu wollen. Sie war wohl etwas irritiert wegen des Verkehrs, der natürlich längst die Scheinwerfer angeschaltet hatte. So läuft sie auf der anderen Straßenseite an uns vorüber um dann wieder zurück auf unsere Seite zu kommen und augenblicklich scheinbar von der Dunkelheit und dem braunen Gras verschluckt zu werden. Das einzige wirkliche Ärgerliche ist, dass es wegen des fehlenden Lichts und der Bewegung des Tieres unmöglich war, ein vernünftiges Foto davon zu machen. Aber wie sagte doch einer aus unserer Gruppe bei anderer Gelegenheit: Sie tragen wir in unserem Herzen heim, und nicht in der Kamera. Recht hat er, und es ist ja auch nun nicht so, dass es mein erster Löwe gewesen ist.

Wegen der kleinen willkommenen Verzögerung mit der Löwin kommen wir fast schon zu spät zum Abendessen. In der Lodge gibt es ein allgemeines Büffet, und da gibt es ja zumindest mal eine grobe Zeit, zu der man eigentlich da sein sollte. Wir schaffen es gerade noch so, nur für die Dusche vor dem Essen war nun beim besten Willen keine Zeit mehr. Da muss man eben ein bisschen muffelig zum Essen. Und bevor ich dann endlich unter die Dusche komme, erledige ich noch so einen „netten schwarzen gepanzerten Käfer“, der durch meine Dusche flitzt. Gut den will man nicht im Zimmer haben, dafür zeugt das davon, dass im Zimmer vorher nicht Pestizide im Überfluss versprüht worden sind. Und da will man ja auch nicht unbedingt drin baden. Auf jeden Fall genieße ich die erste „anständige“ Dusche seit Tagen. Und dann ruft auch ein weiches Bett. Auch wenn das Lattenrost keines ist, sondern eine Betonfläche, auf der eine dicke Matratze liegt, es ist auf jeden Fall weicher, wie auf einer dünnen aufblasbaren Isomatte auf einem doch nicht wirklich ebenen Untergrund.  Aber ich habe ja auch keinen Grund zur Klage, ich habe es mir ja so ausgesucht und wollte es so haben – und würde es wieder tun.