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07.02.2010      8. Reisetag - Big Tree Camp (Kilimanjaro)

Heute heißt es relativ früh aufstehen. Das Frühstück ist für 7.00 Uhr geplant. Vorher noch mal eine Dusche, schließlich dürfte das die letzte Gelegenheit für sieben Tage sein. Und natürlich die letzten Sachen in der Bergtasche, dabei stellen sich natürlich immer die gleichen Fragen: Wie kalt wird es? Wird es oft regnen, ist also mehr Wechselkleidung erforderlich? Bekommt man am Berg die nassen Sachen irgendwie wieder trocken? Die Sockenfrage, dünne und eher dicke? Die dicken sind natürlich deutlich wärmer, was in den ersten Tagen nicht unbedingt erwünscht ist, dafür dämpfen sie die Schritte besser. Aber über allem steht eigentlich die Frage mit dem Magen. Gestern hatte ich am Morgen noch eine Malarone, Malaria Prophylaxe, genommen, und am Nachmittag waren dann mehrere Gänge zur Toilette nötig. Andere Reisende hatten damit bereits zu Hause begonnen, und haben sich dann am gleichen Tag übergeben. Da bin ich auf jeden Fall noch glimpflich davon gekommen. Oder ist der Grund vielleicht ein anderer, das wäre dann eher noch schlechter. Aber ich kann daran jetzt ohnehin nichts mehr wirklich ändern. Ich beschließe Malerone heute wieder abzusetzen. Damit möchte ich das zumindest ausschließen, und wir werden in den nächsten Tagen ja immer über 1800m unterwegs sein, und da gibt es keine Anopheles Moskitos und damit auch kein Malaria Risiko. Und mit einem völlig aufgewühlten Magen schließe ich eine erfolgreiche Besteigung des Kilimanjaro aus.

Nach dem Frühstück werden uns 2 Flaschen Wasser a’ 1,5 ltr sowie die wie immer gut gefüllt Lunchbox übergeben. Ich selbst nehme auch noch eine Rolle Toilettenpapier mit, da mein eigenes ja am Mt. Meru völlig durchfeuchtet worden ist. Das hiesige hat einen Hauch von Einlagigkeit, aber das lässt sich ja lösen. Also starten wir sechs Gäste, unser Guide Safiri, zwei Fahrer und mit unserem Gepäck auf dem Dach mit zwei Land Cruiser Jeeps. Die Porter, insgesamt begleiten uns auf dem ersten Abschnitt weitere 13 Personen, steigen incl. ihrem eigenen Gepäck, der Verpflegung, den Zelten und alles was sonst noch so nötig ist, wie etwa einen Gaskocher in ein DalaDala. Das ist ein Kleinbus, der hier sonst auch für den örtlichen „Nahverkehr“ eingesetzt wird. Darin geht es vorsichtig formuliert beengt zu. Weitere Porter mit weiterer Verpflegung werden später zu uns stoßen. Wir fahren in Richtung Londorossi Gate, an dem wir uns registrieren müssen. Dort wird auch peinlich genau das Gepäck gewogen, welches dabei auch gleich in Portionen von maximal 20kg aufgeteilt wird. Die 20kg sind das Gewicht, das ein Porter neben seinem eigenen Gepäck tragen darf. Was soll ich sagen: wir sind zu schwer. Vor dem Gate warten einige Männer auf genau diese Chance. So hat einer von ihnen Glück und darf mitgehen. Insgesamt sind die Guides offensichtlich bemüht, die Gruppen klein zu halten, damit die Entlohnung die er für eine Tour vom Veranstalter bekommt oder zumindest das zu erwartende Trinkgeld anteilig größer ausfällt. Nach dem wir jetzt genug Porter haben, müssen diese auch noch vor einem Ranger ihr eigenes Gepäck komplett auspacken, damit soll sicher gestellt werden, das nicht allgemeine Ausrüstungsgegenstände für die Tour im persönlichen Gepäck untergebracht werden, und so das Gewichtslimt ausgehebelt wird.

Vom Londorossi Gate fahren wir noch ein Stück auf einer Schotterpiste in Richtung unseres Startpunkts für die Lemosho Route. Hier wird im Nationalpark am Wegesrand noch Landwirtschaft betrieben. Das Land ist sehr fruchtbar und hier auf der Westseite des Kilimanjaro fällt auch relativ viel Regen. So gibt es hier große Wurzel- oder Kartoffelfelder. Man sieht zahlreiche Menschen auf den Feldern bei der Ernte und die vollen Kartoffelsäcke am Feldrand stehen, und natürlich ist das alles Handarbeit. Auf dem Weg hierher waren eher Sonnenblumen oder etwas dürrer Mais zu sehen. Dabei ist hier Mais das Nahrungsmittel schlechthin. Man sieht auch Leute mit einer Hacke den Boden bewirtschaften, in den Ortschaften haben wir auch Traktoren mit einer Art Pflug gesehen. Dabei haben die Pflüge keine Scharren wie bei uns, sondern Scheiben, die in einem Winkel von etwa 45° zur Fahrtrichtung angeordnet sind. Ansonsten habe ich auch nur noch kleine Anhänger hinter den Traktoren gesehen, andere Maschinen für die Feldarbeit scheint es nicht zu geben. Der Regen in der Gegend um den Kilimanjaro sorgt allerdings auch dafür, dass die Wege selbst jetzt zum Ende der Trockenzeit aufgeweicht sind. So erreichen wir den eigentlichen Startpunkt mit dem Jeep schon nicht mehr. Unterwegs hat sogar einer der beiden Fahrer die Radmuttern an seinem Fahrzeug nachgezogen, was immer man davon halten soll. Aber wir sind hier ja auch in Afrika. Das DalaDala musste mit Sicherheit schon sehr viel früher anhalten. Das bedeutet dann natürlich auch, dass unsere Porter schon sehr viel früher ihre Lasten aufgenommen haben und den etwas schlammigen Weg hinauf laufen müssen.

Nach dem wir zu Fuss den eigentlichen Startpunkt auf rund 2200m erreicht haben, ist es auch schon Zeit für das Mittagessen. Die Fahrt hierher inklusive der Wiegung des Gepäcks und der anschließende kleinen Marsch haben zusammen bereits rund vier Stunden gedauert. Mein Magen hat sich inzwischen auch wieder beruhigt, auch wenn das Geschaukel unterwegs nicht immer wirklich schön war. Vor uns liegt heute nur ein kurzer Weg von 7 km mit einer Höhendifferenz von etwa 600m. So ist eine Regelgehzeit von etwa 3 Stunden geplant.

Gleich nach dem Essen geht es dann auf einem kleinen Pfad los. Eigentlich soll es ja nach der Beschreibung ein entspannter Tag sein. Aber gleich am Anfang gibt es einen steilen Anstieg, und kaum ist man da mal rauf, geht es auch wieder runter, nur um dann wieder ein bisschen garstig anzusteigen. Der Untergrund ist auch jetzt zum Ende der Trockenzeit etwas matschig, ich möchte mir gar nicht unbedingt vorstellen, wie das nach der Regenzeit ist. Über uns ziehen dunkle Wolken, jedenfalls soweit man das durch das dichte grüne Dach des Regenwaldes sehen kann. Ich hoffe aber, dass es trocken bleibt. Die Wolken haben uns auch schon den halben Vormittag begleitet, und bisher ist auch nichts heraus gefallen. Nach dem was wir so hören, haben wir auch Glück mit dem Zustand des Weges. Nur an einer Stelle ist es wirklich morastig, das man ein bisschen durch den Schlamm warten muss. Immerhin ist er nicht überall so tief, das er oben in die knöchelhohen Schuhe läuft. Und wie das so ist, man läuft dann mehr oder weniger schnell drüber. Das verleiht einem zwar auch keine Flügel, aber gefühlt sinkt man dabei nicht so tief ein. Der Rest des danach folgenden Weges ist zwar weiterhin etwas glitschig aber gut zu gehen. Die gesamte Strecke bewältigen wir heute in 3,5 Stunden. Wirklich beeindruckend dabei ist aber, dass uns unsere Porter schon kurz nach der Mittagspause überholt haben, dabei sind sie schon sehr viel früher aus dem Auto ausgestiegen. Wir „quälen“ uns gerade mal mit dem leichten Tagesrucksack die anfänglichen Anstiege hoch, und sie haben locker 25kg auf ihren Schultern bzw. Köpfen und gehen locker an uns vorbei. Dabei scheinen sie niemals wirklich außer Atem, man wertet es fast schon als Erfolg, wenn sie immerhin ein paar Schweißperlen im Gesicht haben.

Gegen 16.30 Uhr haben wir unser Tagesziel das Big Tree Camp erreicht. Als erstes melden wir uns offiziell an. Dazu tragen wir uns in ein Buch bei einem Ranger ein, der hier in einer Blechhütte mit zwei Kollegen die Verwaltung darstellt. In das Buch sind so Sachen wie Name, Anschrift, Beruf, Veranstalter und Name des Guides einzutragen. Obwohl es offensichtlich auch niemanden wirklich interessiert, ob bei der Anschrift noch so Nebensächlichkeiten wie die Straße dabei sind. In den folgenden Büchern wird nicht mal immer auch das Land aus dem man kommt abgefragt. Im Ernstfall muss man wohl sagen, es wird nicht viel helfen, aber egal. Unsere Porter haben längst die Zelte aufgebaut. So können wir unsere bereit liegenden Bergtaschen schon mal ins Vorzelt räumen und Isomatte und Schlafsack ausrollen. Kurz nach uns tauchen auch die ersten Weißschwanz-Affen über uns in den Bäumen auf. Vor uns war bereits eine Gruppe von Touristen da, und nach uns sollen noch zwei weitere Gruppen kommen. Unter ihnen auch eine Gruppe von Amerikanern, deren Porter wir vorher bereits am offiziellen Startpunkt der Route getroffen haben. Sie haben die Luxustour gebucht. Die Gruppe hat sogar ihre eigenen Toiletten(zelt)häuschen dabei. Natürlich eins für Frauen und eins für Männer, und Campingstühle mit Lehnen mussten auch schon sein. Ansonsten stehen hier die in vielen Internet-Foren etwas unrühmlichen Holzhütten mit den Plumpsklos darin. Und wir haben „nur“ so kleine Camping-Hocker dabei, was mir ehrlich gesagt aber auch viel lieber ist, nach dem ich gesehen habe, wie sperrig die Ausführung mit Lehne ist und wie beschi…., na sagen wir blöd die zu transportieren sind. Kurz vor dem Abendessen wird es auch bei mir Zeit, dass ich mal eine der Holzhütten aufsuche. Was soll ich sagen, von der Sauberkeit ist es zu diesem Zeitpunkt noch vertretbar, geruchstechnisch ist es sagen wir mal „intensiv“. Aber wir sind ja auch noch im Regenwald, und da ist das sicherlich auch nicht zu vermeiden. Gegen 18 Uhr gibt es heute schon Abendbrot. Starter sind natürlich wieder Popcorn und Nüsse, eben wie auf dem Mt. Meru auch. Nach dem Essen geht es auch schon bald ins Bett, oder besser gesagt auf dieser Reise zum ersten Mal ins Zelt. Um uns herum hört man noch die Porter reden und auch die Affen in den Bäumen geben ihren „Senf“ dazu.

 

08.02.2010      9. Reisetag - Shira2 Camp (Kilimanjaro)

Um ca. 6.30 Uhr beginnen ich mich langsam auf den Tag vorzubereiten. „Drömel“ ein bisschen herum und warte eigentlich darauf, das die Porter die Schüssel mit warmen Wasser bringen. Wobei es aber auch eher daran liegt, dass ich mal wieder relativ früh aufgewacht bin. Anschließend dann noch das obligatorische Packen und natürlich Frühstück. Als alles in Ruhe beendet ist, verlassen wir gegen 8.00 Uhr das Camp im Regenwald. Heute ist neben dem Gipfeltag der längste für uns hier am Kilimajaro. Auf dem Programm steht eine Gehzeit von 7-8 Stunden für etwa 14km. Dazu ein Höhengewinn von über 1100m. Wir befinden uns hier auf knapp 2800m. Nach einer guten Stunde, auf einer Höhe von rund 3000m, geht der Regenwald langsam in eine Buschlandschaft über. Am Vormittag geht es noch deutlich weiter nach oben. Der Weg ist heute deutlich trockener als am gestrigen Tag, nur noch an wenigen Stellen ist es ein bisschen schlüpfrig. Als wir um ca. 10.30 unsere erste richtige Pause machen, bei der wir auch schon mal eine Kleinigkeit aus unserer wieder wie immer randvollen Lunchbox essen, haben uns unsere eigenen Porter schon längst wieder überholt. Deutlich hinter uns in einem der Täler sehen wir dass gerade das Zelt der amerikanischen Gruppe aufgebaut wird. Sie haben nicht nur ihre eigenen Toilettenzelte bei sich, sondern werden auch noch mittags bekocht. Und zum Essen wird dann natürlich auch das Gemeinschaftszelt – ein großes Rundzelt - aufgebaut. Ob das wirklich sein muss, mag jeder für sich entscheiden, aber wenn man die Porter mit dem ganzen Gepäck mit höchstem Tempo die Steigungen herauf schnaufen hört, lautet mein Urteil klar: NEIN. Denn ein solches Vorgehen bedeutet, dass die Porter nach dem Frühstück in Windeseile alles einpacken müssen, dann an der Gruppe vorbei sprinten, das Zelt wieder aufbauen und auch mit der Zubereitung des Essens beginnen. Alles soll dann bereit sein, wenn die Gruppe den Zeltplatz erreicht. Wenn die Gruppe dann das Mittagsmahl beendet hat und sich wieder auf den Weg macht, beginnt das Rennen von vorn. Wieder alles schnell zusammenpacken, und wieder an der Gruppe vorbei um alle Zelte am Camp aufgebaut bereit zu halten, wenn die Gruppe angekommen ist. Wir werden die Gruppe jetzt aber für den Rest unserer Reise wohl aus den Augen verlieren. Ihre Tagesetappe geht bis zum Shira1 Camp.

Nach einem weiteren Anstieg beginnen wir nach einer weiteren Stunde praktisch um eine Erhebung herum zu laufen. So erreichen wir das Shira Plateau. Dabei handelt es sich um eine große relativ ebene Fläche auf dem Kilimanjaro. Wäre nicht um mich die Buschlandschaft und kein Baum mehr, ich würde kaum glauben, dass ich mich hier auf einem Berg in einer Höhe von fast 3500m befinde. Das Plateau gehört zur Klimazone der Moor- und Heidelandschaft. Von hier aus bekommen wir auch zum ersten Mal die Gipfelregion des Kilimanjaro zu Gesicht. Auch wenn sie sich schnell eine kleine Kapuze aus einem kleinen Wolkenfeld überzieht. Von hier können wir aber auch das Shira1 Camp sehen. Dabei ist es noch rund 1,5 Stunden Fußmarsch entfernt. Auf dem Weg beginnen sich auch die Büsche langsam zurück zu ziehen. Anfangs war dort kaum mehr als ein Pfad mehr oder weniger frei begehbar. Hier ist das Umfeld bereits relativ übersichtlich und es stehen nur noch vereinzelt Büsche. Gegen 12:45 erreichen wir dann schließlich das Shira1 Camp. Für uns nur eine Zwischenetappe, aber in der Senke des Wasserlaufs, der fast unmittelbar am Camp vorbei führt, ist es etwas Wind geschützt. Auch sonst war es mit einem einfach Fleecepullover nicht kalt, aber hier jetzt in der Sonne, die uns schon den ganzen Tag begleitet hat, zu sitzen, das ist schon schön. Ansonsten geht unablässig ein bisschen Wind. Am Wasser sitzend esse ich den Rest der Lunchbox. Meine einzige kleine Unannehmlichkeit ist meine rechte Schulter. Ich versuche, wie auch schon unterwegs immer mal, den Rucksack noch ein bisschen zu verstellen. Vielleicht rächt es sich nun, dass ich meinen neuen Rucksack nicht wirklich zu Hause getestet habe. Zusätzlich packe ich meine Zusatz-Wasserflasche auf die linke Seite, dafür wandern Gamaschen und Sonnencreme nach rechts.

Der Kilimanjaro bezeichnet ja eigentlich eine Gruppe von Bergen, die aus vulkanischen Aktivitäten entstanden sind. Der älteste von ihnen ist der Shira. Der Gipfel ist heute kaum noch ein solcher und ragt lediglich ein paar hundert Meter über die Ebene hinaus und hat etwas von einer etwas übergroßen Bodenwelle, wobei Fachleute davon ausgehen, das er früher deutlich höher war sich aber eben durch Erosion auf seine heutige Größe abgearbeitet wurde. Das abgetragene Material dürfte wesentlich zur Entstehung des Plateaus beigetragen haben, auf dem wir uns hier befinden. Und auch am Nachmittag sind wir noch weiter darauf unterwegs. Gegen 14.00 Uhr können wir auch unser heutiges Ziel sehen, das Shira2 Camp. Bis wir es erreichen, sollen aber noch 1,5 Stunden vergehen. Meine Schulter fühlt sich auf dem Weg nicht wirklich besser an, aber immerhin wird es auch nicht mehr schlechter. Sie ist sicherlich kein ernst zu nehmendes Problem, eben einfach nur ein bisschen lästig. So versuche ich weiter eine optimalere Einstellung für meinen Rucksack zu finden. Nachdenklich stimmt mich da eher etwas anderes, ich bekomme langsam leichte Kopfschmerzen, außerdem habe ich einen ziemlichen Druck im Darmtrakt. Die ersten Anzeichen der Höhenkrankheit machen sich damit bemerkbar. Und vom Shira2 Camp mit rund 3880m fehlen uns noch etwas mehr als 2000m bis ganz nach oben. Am Camp angekommen verteilen wir unser Gepäck auf die Zelte. Hier am Shira2 Camp gibt es sogar ein gemauertes Gebäude, in dem sich die Toiletten befinden – mit richtigem „Thron“. An der „Plumpsklo-Technik“ ändert sich dadurch aber nichts. Vorteil ist nur, dass es eine richtige Sitzgelegenheit gibt, und man sich nicht irgendwie in die Luft hocken muss. Spülung und dergleichen gibt es natürlich nicht. Ich lasse dort ordentlich Luft entweichen. Bevor es zum Abendbrot geht, steigen wir nach eigenem Gutdünken noch ein paar hundert Meter höher. Das soll die Akklimatisierung fördern und damit auch für eine ruhige Nacht sorgen. Nach einer kleinen Katzenwäsche stehen dann auch schon Popcorn und Nüsse bereit. Der Darm ist immer noch ein bisschen aufgewühlt, aber Appetit und Durst sind da. Das werte ich schon mal als gutes Zeichen. Der Tag war relativ anstrengend, dafür war wohl vor allem die lange Gehzeit verantwortlich, auch wenn wir heute wieder etwa 1000 Höhemeter aufgestiegen sind. Um kein unnötiges Risiko einzugehen, entscheide ich mich dafür, eine Kopfschmerztablette zu nehmen. Trotz der leichten körperlichen Beschwerden schätze ich am Abend meine Gipfelchancen auf 70:30. Am ersten Abend auf der Lemosho Route hatte ich noch nicht so recht eine Meinung dazu. Natürlich glaubt man daran, aber ich wusste es nicht recht einzuschätzen, es war eher so etwas wie gespannte Unruhe. Heute ist die Gefühlswelt diesbezüglich deutlich klarer, ich fühle mich deutlich mehr auf dem Weg.

 

11.02.2010      10. Reisetag - Barranco Camp (Kilimanjaro)

Der heutige Tag soll vor allem der Akklimatisation dienen. Das ist für mich offenbar auch nötig, schließlich hatte ich gestern ein bisschen mit Kopfschmerzen zu kämpfen. Die letzte Nacht habe ich gut und entspannt geschlafen. So bin ich heute Morgen wieder voll auf der Höhe, auch die kleinen Verdauungssorgen haben sich gelegt. Auch heute bin wieder zu früh aufgewacht. So tappe ich schon ein bisschen in der Morgendämmerung herum. Dazu ziehe ich aber einstweilen meine dicke Fleecejacke an, ohne Sonne ist es recht frisch. Aber die hat schon bald ihren großen Auftritt. Die Wolken, die uns gestern noch zum Abend hin völlig eingehüllt hatten, sind längst verschwunden. Der gegenüber liegende Mt. Meru wird bereits von der Sonne angestrahlt und bekommt ein etwas rötliches Aussehen. Auch um uns herum wandert jetzt eine harte Trennungslinie zwischen dem Schatten und dem schon im Sonnenlicht liegenden Teilen der Landschaft langsam zu uns herüber. Und dann sieht man auch schon die Sonne über einen Gletscher auf dem Gipfel des Kibo, dem höchsten vulkanischen Gipfel des Kilimanjaro herüber kriechen. Ein ziemlich beeindruckendes Farbspiel, das kaum mit der Kamera einzufangen ist. Gleichzeitig beginnt es deutlich wärmer zu werden, fast schon als wenn jemand die Heizung eingeschaltet hätte.

Wie jeden Morgen gibt es nach der Katzenwäsche das Frühstück. Während dessen werden, auch wie jeden Morgen, unsere Wasservorräte aufgefüllt. Hier am Kilimanjaro versuche ich mehr zu trinken, was auch mehr oder weniger gut gelingt. Aber immer noch habe ich Probleme damit, einschätzen zu können, wie viel ich schon getrunken habe, und wie viel ich eigentlich noch sollte. Mein Camelbak mit seinen gut 3ltr Fassungsvermögen wird knapp nicht ganz leer. Dazu kommen zum Frühstück und Abendbrot noch ein paar Tassen heißen Kakao und der Saft aus der Lunchbox. Ich glaube, so insgesamt genug zu trinken. Meine Ersatzflasche für Wasser schleppe ich praktisch nur so mit mir herum. Ich kann mich aber auch nicht dazu entschließen, sie auszuleeren.

Bevor es los geht, noch ein paar Daten zu unserem heutigen Tag. Er ist sehr durchschnittlich, die Entfernung beträgt 10km, die normale Gehzeit wird auf 6-7 Stunden geschätzt und dazu geht es in der Spitze 700m rauf, aber eben auch rund 600m abwärts. Unser Weg führt auch heute wieder am Morgen leicht hinauf. Anfangs gibt es noch ein paar Büsche, ab eine Höhe von etwa 4200m gibt es nur noch ein paar Gräser, Moose und Flechten. Wirklich überraschend finde ich aber, bis in welche Höhen immer noch Schmetterlinge umherflattern. Nach einiger Zeit treffen wir hier auch auf den Pfad, der vom ShiraNew Camp kommt. Dadurch werden die Gruppen, die hier unterwegs sind, noch mal deutlich zahlreicher. Bisher waren es eigentlich nur wenige Gruppen, denen man begegnet. Unser heutiges Höhenziel ist der Lavatower. Gegen Mittag erreichen wir auch das Camp an dessen Fuß. Ich bin eigentlich auch froh, dass wir endlich eine Pause machen. Safiri hatte vor mehr als einer Stunde noch gefragt, ob wir eine Pause machen wollten, einstimmig hatten wir uns dagegen entschieden, zumal vom ShiraNew Camp eine größere Gruppe heran kam, und in einem Menschenpulk wollten wir auch nicht gehen. Auch wenn man die anderen natürlich nicht wegzaubern kann, so ist es eben doch ein Unterschied, ob wir mit unseren zusammen mit Safiri sieben Personen unterwegs sind, oder in einer Gruppe von mindestens 30. Unterwegs zum Lavatower Camp haben wir noch ein paar weitere Wanderer überholt. Aber jetzt hier am Camp bin ich eben froh, eine Pause machen zu können. Heute Mittag habe ich keinen wirklich großen Hunger. Es ist jetzt nicht so, dass ich den Inhalt der Lunchbox in mich rein stopfen muss, aber gieriger Hunger ist es eben auch nicht. Trotzdem esse ich auch heute alles auf, da ich weiß, das hier jede Kalorien zählen kann. Nach der Pause meint Safiri noch, das wir jetzt auch auf den Lavatower selbst herauf wollen. Das erscheint mir von hier eigentlich unmöglich. Safiri empfiehlt den Rucksack unten zu lassen. So entschließe ich mich auch wegen des von hier unsicher erscheinenden Aufstiegs, meine Kamera unten zu lassen. Safiri führt uns ein Stück um den Felsen herum, wo sich auch ein Einstieg findet. Unsere beiden Kletterfüchse in der Gruppe laufen den Felsen fast hinauf. Für mich absoluten Kletter-Novizen ist es etwas schwieriger aber auch gut machbar. Es gibt nur zwei Stellen, bei denen ich wirklich umsichtig hinauf steige. Ansonsten ist es, zumal man ja sehen kann, wo die beiden Kletterfüchse und Safiri rauf laufen, doch einfacher als gedacht. Unten hatte ich noch still bei mir gedacht, nee… eigentlich willst du da nicht wirklich rauf. Bin dann aber doch mit rauf, und jetzt genieße ich die Aussicht und ärgere mich meine Kamera unten gelassen zu haben. Hier oben befinden wir uns auf etwa 4650m. Aber wie das eben immer so ist, wer rauf geht, muss auch wieder runter. Das gilt umso mehr auch für den ganzen Nachmittag. Schließlich geht es für uns heute noch bis zum Barranco Camp knapp unter die 4000m Marke. Diesen Abstieg nimmt Safiri mit zunehmend rekordverdächtigem Tempo in Angriff. Wir spurten an mehreren Gruppen vorbei. Nichts zu hören von „pole pole“, dem Kernsatz in jedem Reiseführer. Er bedeutet soviel wie langsam langsam. Mit zunehmender Dauer wird der Weg steiniger. Es gibt kaum noch Zeit in Ruhe anzuhalten und ein Foto zu machen. Ja es wird schon fast ambitioniert mit Safiri mitzuhalten.

Gegen 15.00 Uhr erreichen wir das Camp. Allen in der Gruppe war das Tempo beim Abstieg ein bisschen reichlich flott. So genießen wir es nur noch kurz die Sachen ins Zelt zu stellen und mal einen Augenblick zu verschnaufen. Ein paar von uns klagen über leichte Kopfschmerzen. Ich selbst hatte oben zur Mittagspause schon welche. Zwischenzeitlich waren sie praktisch verflogen, aber jetzt blühen sie wieder auf. Ich beschließe auch heute nach der Ankunft im Camp wieder eine Kopfschmerztablette zu nehmen. Nach der obligatorischen Katzenwäsche überprüfe ich meine Füße, mit einem zugegeben etwas mulmigen Gefühl. Aber es sieht nicht mal schlecht aus. Blasen habe ich keine, am hinteren Haken hat sich stellenweise ein bisschen Hornhaut gelöst, und unter dem Fuß ist ein bisschen Hornhaut gefusel, aber alles in allem bin ich damit sehr zufrieden. Bei der Untersuchung der Füße stelle ich aber an der Kuppe des Mittelfingers an der rechten Hand zwei kleine kaum Stecknadelkopf große Blutgerinnsel fest. Das dürfte daran liegen, dass die Hand beim Wandern eben meist nutzlos herunter hängt und scheinbar deshalb nicht ausreichend durchblutet wird. Mit dieser Diagnose mag ich auch völlig schief liegen, aber für den Moment erscheint es mir logisch. Wie schon am Mt. Meru hatten unsere beiden im Rettungsdienst tätigen Kletterfüchse ihr Oxymeter dabei. Mein Sauerstoffgehalt ist inzwischen bei der Teatime, bei mir eher Kakaozeit, mit Popcorn und Nüssen auf 81% gesunken. Noch ein Mosaiksteinchen, das nach meiner Einschätzung die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreiche Besteigung des Kilimanjaro auf 20:80 sinken lässt. Wir werden sehen. Emotional bringen mich auch die Wolken nicht gerade nach vorn, die wie auch schon am Shira2 Camp gegen Abend aufziehen und uns mehr oder wenige völlig einhüllen. Hier gibt es immerhin noch mal Wolkenlücken. Da das Camp aber zwischen zwei Erhebungen liegt, ergibt sich dadurch ein Kanal, der gefühlt wie ein Trichter die Wolken direkt durch das Camp ziehen lässt. Und am nächsten Morgen wartet ja auch noch die Barranco Wall auf uns. In den Reiseführern wird sie als vielleicht anspruchsvollste Stelle bei der Besteigung des Kilimanjaro beschrieben. Auf dem Weg hinunter zum Barranco Camp konnte man auch noch einen Teil des Weges hinauf erkennen. Aber jetzt wo ich genau davor stehe, ist mir überhaupt nicht mehr klar, wo es da rauf gehen soll. Ich tröste mich ein bisschen damit, dass es mir am Lavatower auch überhaupt nicht klar war, bis ich Safiri bis zum Einstieg hinterher getrottet bin. Insgesamt merkt man hier aber schon deutlich, dass wir dem Gipfel näher gerückt sind, die Gruppen und damit die Zelte werden deutlich mehr. Bis hier haben sich auch schon die Umbwe, die Machame und unsere Lemosho Route vereinigt. Mehr sollen es dann aber auch nicht mehr werden. Hier am Camp gibt es große Lobelien, die ein bisschen an übergroße Tannenzapfen erinnern. Nur das die „Dinger“ grün sind und aus der Erde wachsen. Die Blätter sind erstaunlich weich, was aber durchaus Sinn macht. Schließlich verschließen sie etwa bei Frost damit ihr inneres, in dem sich zuweilen weiße Blüten befinden. Aber noch viel seltsamer sieht das Riesenkreuzkraut aus. Sie haben eigentlich mehr Ähnlichkeit mit Bäumen als mit was anderem. Dabei bilden die abgestorbenen Blätter nach und nach einen Stamm. Und direkt unterhalb der relativ wenigen aber großen grünen Blätter der Krone hängt ein großen „Strauß“ vergangener Blätter, die einen seltsamen toten Kelch bilden.

 

12.02.2010      11. Reisetag - Karanga Camp (Kilimanjaro)

Nachdem ich auch gestern wieder relativ früh ins Bett gegangen bin, wache ich wieder für meine Verhältnisse früh gegen 6.30 Uhr auf. Als ich vor dem Zelt stehe, gestern hatte es übrigens eine leichte Schicht mit Eiskristallen, heute ist es frei, sehe ich schon die ersten in der Barranco Wall klettern. Manche bezeichnen sie auch als Frühstückswand. Und ich muss gestehen, sie sieht von hier nicht unbedingt beruhigend aus. Immerhin kann man jetzt an der bunten Kleidung sehen, wo der Weg hinauf verläuft.

Mein Kopf ist heute wieder einigermaßen klar, die Verdauung fühlt sich auch wieder normal an. Überhaupt ist es ein Wahnsinn, was man hier so den Tag über in sich hinein schaufelt. Zu Hause esse ich kaum die Hälfte davon. Dabei ist die Kost hier auch noch auf viele Kohlenhydrate ausgelegt. Dazu jeden Tag frische Früchte. Die gehören zu Hause auch nicht unbedingt zu meinen Favoriten, aber hier stopft man alles rein, was man so bekommt. Von den Nüssen und dem Popcorn will ich gar nicht anfangen. Zu den Camp-Mahlzeiten gibt es dann immer Instant-Kaffee, Tee (nur schwarzer), zwei Sorten Kakao, Milchpulver und Energy-Trinkpulver zur Auswahl. Und wo ich ohnehin schon bei dem Allgemeinheiten bin, kann ich auch gleich noch den bisher immer gleichen Wetterbericht für den Kilimanjaro nachschieben. Am Morgen ist der Gipfelbereich frei. Dazu ist es vor Sonnenaufgang recht kühl, sobald die Sonne dann aber zu sehen ist, fühlt es sich an, als wenn jemand die Heizung „volle Pulle“ angestellt hat. Heute waren es beim Aufstehen 6°C vor dem Zelt, als uns die Sonne erreicht ist es nicht nur gefühlt warm, sondern auch messbar, so erreichen wir schnell die 15°C Marke, wohl gemerkt wir befinden uns hier auf knapp 4000m. Ziehen aber ein paar Wolken über einen weg, oder steht man in diesen oder auch nur im Schatten wird es sofort wieder frisch. Am Tage ist es meist mehr oder weniger sonnig bei meist leichtem Wind. Der Gipfel wird im laufe des Tages dann von Wolken verhüllt und auch wir selbst stehen am Abend meist wieder in den Wolken.

Unser Tag beginnt wieder mit der normalen Routine, die morgendliche Wäsche mit der Schüssel mit warmem Wasser. Anschließend Wasservorräte auffüllen lassen, heute habe ich mal einen leeren Camelbak vorzuweisen, und auch die Zusatzflasche habe ich „angetrunken“, das macht mich ein bisschen Stolz. Während dessen geht es zum Frühstück. Die ersten beiden Tage gab es auch hier den braunen Porrich, heute steigen wir für die nächsten paar Tage auf die weiße Variante um. Die besteht im Wesentlichen aus Haferflocken, nicht wirklich lecker, aber schon besser als die dunklere Alternative, die war immer ein wenig „erdig“ im Abgang. Danach folgt ein Omelett mit einem Würstchen. Und als Abschluss dann Toast, das kurz angeröstet wurde und dann gefühlt schon mal ein bisschen in etwas fettigem gebadet hat. Als Brotaufstrich steht dann Honig oder Nutella – das Original – zur Verfügung. Wobei man letzteres wegen der Temperaturen eher auflegen muss, als das man es streichen könnte.

Wir bummeln noch ein bisschen im Camp herum, vor bzw. in der Barranco Wall ist ohnehin Stau, und heute haben wir ja auch nur ein kurzes Stück vor uns. Die Gehzeit soll laut Routenbeschreibung gerade mal 3 – 4 Stunden sein. Dazu nur eine Strecke von 6 km. Das bedeute dann aber auch, dass darin ein Abschnitt enthalten sein muss, auf dem man nur langsam voran kommt. Und genau davor haben wir ja auch unser Camp gehabt. Kurz nach 9 Uhr machen wir uns auf den Weg zur Barranco Wall. Dazu geht man anfangs noch ein kleines Stück abwärts, überquert zwei kleine Wasserläufe, ja und dann geht es los – mit dem Stau. Wir haben schnell zu einer Gruppe Engländer aufgeschlossen. Wegen des steinigen Pfades, auf dem man auch mal die Hände zu Hilfe nehmen muss, oder auch mal eine etwas größere Stufe zu nehmen ist, kommen wir nur schwer an der Gruppe vorbei. Als es dann doch gelungen ist, können wir an der Barranco Wall auch locker mit den Portern mithalten. Wobei der Vergleich natürlich ein bisschen unfair ist. Wir tragen nur unseren Tagesrucksack mit nicht mal 10kg, und sie bewegen mit ihrem eigenen Gepäck sicherlich 25kg und mehr.

Eine gute Stunde nach dem Verlassen des Camps haben wir es geschafft und sind oben. Wir befinden uns hier auf etwa 4200m, der Platz hier nennt sich Umbwe Köpfl. Die Sonne scheint vom blauen Himmel. Über uns trübt kein Wölkchen die Aussicht. Und unter uns ziehen die Wolken. Ein unbeschreibliches Gefühl zu Fuß über die Wolken hinaus gestiegen zu sein. Wir machen eine etwas längere Pause und genießen einfach nur das Hier und Jetzt. Es gibt eigentlich nur zwei kleine Schönheitsfehler, der eine ist der Wind, der doch ein bisschen kühl daher kommt. Der andere sind die vielen anderen Menschen. Auch wenn die Stimmung bei den meisten ruhig und wohl auch ein bisschen staunend ist, so sind sie eben doch allgegenwärtig. Mein Kopf fühlt sich ganz gut an, so beschließe ich heute Abend die Kopfschmerztabletten wieder abzusetzen. Auch wenn ich sonst in meinen Körper hinein höre, scheint alles in Ordnung zu sein.

Der folgende Abstieg beginnt mit etwa 100m Höhenmetern, die etwas steil abwärts führen. Das restliche Stück ist eigentlich kaum mehr als ein relativ sanftes auf und ab. Erst kurz vor unserem nächsten Camp, das Karanga Camp, geht es noch mal rund 100m tiefer, nur um dann nach dem im Tal verlaufenden kleinen Wasserlauf, die gleiche Strecke auf der anderen Seite über eine etwas steilere Passage, wieder hinauf zu steigen. Gegen 12.30 Uhr sind wir dann auch mit unserem Tagwerk fertig, wir stehen im Karranga Camp auf 3980m. Das bedeutet wir sind praktisch auf der gleichen Höhe wie schon gestern. Unsere ausgedehnte Pause am Umbwe Köpfl war nicht nur schön und entspannend, sondern hat es unseren Porter gleichzeitig erlaubt, an uns vorbei zu laufen, und auch schon unsere Zelte aufzubauen. Zu allem Überfluss gibt es heute auch noch ein warmes Mittagessen: Pommes mit Hähnchen und dazu Krautsalat. Wenn ich das zu Hause erzähle, das glaubt mir keiner. Aber wir hatten am Abend auch schon mal Fisch, und ich rede jetzt nicht von Iglo-Fischen in Balkenform, sondern von einem kompletten Fisch mit Kopf und Schwanz. Zum Mittag gibt es normalerweise ja eine Lunchbox mit auf den Weg. Darin befindet sich meist ein Muffin, ein Schokosnack, eine Banane, oft ein paar Stücke einer Orange, ein gekochtes Ei, ein Stück irgendwie frittiertes Fleisch, ein Stück süßen Kuchen, ein paar Kekse und ein Fruchtsaft a‘ 0,2ltr. Damit ist die Dose von etwa 15x30x7cm auch randvoll. Aber heute ist ja alles anders. Ich lege mich sogar nach dem Mittagessen noch ein bisschen ins Zelt. Ich könnte jetzt sagen, ich habe mich dort etwas regeneriert und akklimatisiert, aber ich könnte auch sagen, ich habe mir ein kleines Mittagsschläfchen gegönnt.

Am späteren Nachmittag so gegen 16 Uhr steigen wir mit James, der guten Seele des Teams und gleichzeitig Hilfsguide noch ein Stück weiter rauf. Wir machen noch mal so rund 400 Höhenmeter praktisch nur mit Wasser und Kamera im Gepäck. Zweck dieser Aktion, die wir ja nun schon zum wiederholten Mal am Abend machen, ist die bessere Akklimatisation. Man soll einfach besser mit der Höhe klar kommen, wenn man vor dem Essen und dem Schlafen noch ein bisschen in die „dickere“ Luft abgestiegen ist. So läuft man auch nicht im Laufschritt rauf, dreht um und dann wieder in Hochgeschwindigkeit zurück. Es geht viel mehr darum, sich ein bisschen in größerer Höhe aufzuhalten, damit der Körper Zeit hat, sich an die dortigen Luftverhältnisse anzupassen und dann sich eben weiter unten über das „Mehr“ an Sauerstoff freuen kann. Oben macht sich der Kopf wieder leicht bemerkbar, unten ist aber alles wieder verflogen. Inzwischen schätze ich meine Erfolgschancen für den Gipfel auf 50:50. Auch wenn laut der Aussage von Afromaxx, unserer Agentur hier in Tansania, die Wahrscheinlichkeit für den Gipfel nach einer erfolgreichen Mt. Meru Besteigung außerordentlich gut ist, so mache ich mir wegen der leichten Symptome der Höhenkrankheit in den letzten Tagen doch Gedanken. Unser Guide Safiri drückt zuweilen unterwegs auch gehörig auf das Tempo. So gibt es auf unserem Weg keine Gruppe, die uns unterwegs überholt hätte, wir unserseits haben schon die eine oder andere Gruppe hinter uns gelassen. Dabei steht in jedem Reiseführer, dass nicht der Schnelle auch schnell oben sein wird, sondern die Wahrscheinlichkeit einfach überproportional steigt, überhaupt nicht zum Gipfel zu kommen. Bei den anderen Gruppen sieht man aber auch schon ein paar, die sich bereits den Tagesrucksack tragen lassen. Das erscheint mir dann aber auch nicht gerade ein gutes Zeichen für die erfolgreiche Besteigung zu sein. Bei unserem „kleinen“ Abendspaziergang kommen wir auch unserem nächsten Camp schon ein gutes Stück näher, man glaubt fast schon die Zelte sehen zu können. Und wie jeden Tag, so ziehen auch heute gegen Abend wieder die Wolken den Kilimanjaro hinauf. So stehen wir bei unserem Abstieg eigentlich irgendwann fast etwas überraschend wieder im Camp, was so gegen 18.15 Uhr der Fall ist. Damit geht es auch schon gleich in einem Rutsch zum Abendessen. Und da ich mich heute ja nun schon ausgiebig mit dem Essen befasst habe, auch hier noch mal eine typische Mahlzeit. Los geht es wie immer mit Popcorn und Nüssen. Dann folgt eine Suppe, die eigentlich immer gut gewürzt ist. Wobei in der Höhe die Geschmacksnerven immer ein bisschen leiden, also allein schon deshalb ohnehin noch etwas schärfer gewürzt wird. Darauf folgt das Hauptgericht das mindestens aus Reis oder Kartoffeln, Fleisch oder Fisch und der legendären „Vegetable Sauce“ besteht. Ich weiß nicht wie es bei anderen Gruppen / Agenturen ist, aber bei Afromaxx gibt es zu praktisch allem eine Gemüsesoße dazu, auch wenn da praktisch keine/kaum Soße dabei ist. Von der Vegetable Sauce gibt es dann immer wieder leichte Variation bezüglich der Auswahl bzw. Anteile der Gemüsesorten, aber es gibt praktisch jeden Abend eine. Und als Abschluss der Mahlzeit folgt dann noch Obst wie Ananas, Orangen, Melone, Mango oder Papaya. Wenn ich mich da durch gefuttert habe, bin ich eigentlich auch schon fast in der richtigen Stimmung mich in meinen Schlafsack zu verkriechen. Und das sind schließlich Zeiten, zu denen ich zu Hause nicht mal im Traum daran denken würde, ins Bett zu gehen.

 

11.02.2010      12. Reisetag - Barafu Camp (Kilimanjaro)

Vielleicht beginne ich heute mal mit einem Nachschlag zum gestrigen Tag. Nach dem ich kurz meine Erlebnisse des Tages zu Papier gebracht habe, habe ich noch mal die legendären Holzhäuschen am Kilimanjaro aufgesucht. Tendenziell empfehle ich auch eher einen Besuch am Abend, lieber früher als später, als am nächsten Morgen, warum überlasse ich jetzt mal der eigenen Phantasie. Das nächstgelegene hatte aber nur drei Seitenwände, was in diesem Fall aber nicht weiter schlimm war. Die freie Seite zeigte den Berg hinunter, wo keine Zelte mehr stehen, dadurch hatte man freie Sicht auf das nächtliche beleuchtete Moshi. Wo wird einem das schon geboten, dazu kam noch, das sich die Wolken schon früh verzogen hatten. Wegen der Temperaturen bleibt man nicht länger als nötig, aber man kann den Blick natürlich auch 20m weiter genießen und in aller Ruhe wirken lassen – einfach nur schön.

Heute stehe ich gegen 6.45 Uhr auf und erfreue mich da auch schon an der aufgehenden Sonne, die dem nächtlichen relativ scharfen Wind die Kühle nimmt. Ich stelle dabei Probleme am linken Knie fest. Es zwickt, wenn ich mich damit abfangen muss, etwa wenn ich eine etwas höhere Stufe hinab steige. Das wird mich hoffentlich nicht wesentlich beim Aufstieg beeinträchtigen . Und runter kommen sie alle wieder – irgendwie.

Nach den normalen täglichen Ritualen geht es wieder spät gegen 9.00 Uhr los. Es steht auch heute wieder nur ein kurzer Weg auf dem Programm. Die normale Gehzeit wird auch heute mit 3 – 4 Stunden angegeben. Die Entfernung soll 4 km betragen, was die kürzeste Etappe am Kilimanjaro auf unserer Route darstellt, darauf verteilen sich rund 600 Höhenmeter. Auf halben Weg zum Barafu Camp machen wir auch heute wieder eine ausgedehnte Pause. Wenngleich es hier praktisch nichts zu sehen gibt. Schon gestern hatten wir praktisch die Hälfte des Weges zum Barafu Camp zur Akklimatisation zurück gelegt. Die Pause dient eigentlich auch weniger uns zur Erholung als viel mehr unseren Portern, um ihnen Zeit zu geben, das alte Camp abzubauen und am neuen die Zelte wieder aufzubauen. Mit uns, oder auch heute wieder die meisten vor uns, ist praktisch das komplette Karanga Camp abgebaut worden, und wie wir zum Barafu Camp unterwegs. Das Barafu Camp liegt auf 4600m, damit verlassen wir dann endgültig die Heide- bzw. Moorlandschaft und ziehen in die Klimazone, die als Alpine Wüste bezeichnet wird. Das Camp selbst liegt auch zwischen den Felsen, wenn man die ersten Zelte erreicht hat, hat man noch rund 100 Höhenmeter vor sich, um sich wieder bei den Rangern registrieren zu können. Als wir darauf warten, uns in das Buch eintragen zu können, kommen noch einige vom Gipfel zurück. Eigentlich ist es auch kurz nach 12.00 Uhr zu spät für eine normale Tour, aber die Personen, die jetzt vom Gipfel zurück kommen, sehen auch extrem erschöpft aus, zum Teil werden sie sogar geführt. Der Anblick macht schon etwas nachdenklich. Aber kaum das man den Ort in Richtung unserer eigenen Zelte verlässt, verdrängt man das auch sofort wieder. Natürlich glaubt man so viel fitter zu sein, das einem selbst das „natürlich“ nicht passieren wird.

Nach dem wir uns in den Zelten ein bisschen eingerichtet haben, gibt es eigentlich nur noch ein Thema. Wer nimmt was mit zum Gipfelsturm, was man sofort anziehen wird, und was vielleicht noch mitzunehmen ist. Und natürlich versucht man so wenig wie möglich mitzunehmen, aber die Frage lautet dabei natürlich immer: wie kalt wird es, und könnte es Regen bzw. Schnee geben, und was macht der Wind. Man versucht noch ein bisschen zu entspannen aber möglichst nicht zu schlafen. Denn es dürfte heute wohl ein frühes Abendessen geben. Da folgen noch ein paar Stunden Dösen und dann geht es wirklich los – der Gipfel ruft. Im Camp selbst herrscht ein ziemlich wuseliges Treiben. Viele der Touristen hier kommen aus Deutschland und England, oder richtiger muss man wohl Großbritannien sagen. Aber auch ein paar Amerikaner und Italiener finden sich.

Ich selbst schätze meine Gipfelchancen jetzt auf 70:30 ein. Mein größter Unsicherheitsfaktor sind die wieder eingesetzten Kopfschmerzen, mein linkes Knie zwickt ein bisschen und ich habe Blähungen. Alles keine wirklichen Probleme, aber man achtet jetzt eben auf kleinste Kleinigkeiten.

Am späteren Nachmittag gehen wir zur Akklimatisation noch rund 250 Höhenmeter rauf. Bis hier soll der felsige Teil des Gipfelaufstiegs reichen. Als anschließendes Abendbrot gibt es, wie vor der Gipfelnacht am Mt. Meru auch schon, Nudeln – mit Vegetable Sauce, was auch sonst. Anschließend geht es früh ins Zelt. Die Sachen für den wichtigsten Tag am Kilimanjaro werden bereit gelegt. Ein paar Sachen kommen sogar mit in den Schlafsack, um sie ein bisschen vorzuheizen. Die restlichen Energieriegel sind in der Jackentasche. Links die mit Traubenzuckeranteil für die schnelle Energiezufuhr und rechts die für die längerfristige Energieaufnahme. Ich kann sogar richtig schlafen und wache nach ca. 3,5 Stunden auf. Es ist jetzt etwa 23.30 Uhr. Draußen vor dem Zelt hört man den Wind heulen und Regentropfen trommeln auf das Zelt. Das macht mir nicht gerade Mut, meine neue Schätzung lautet 20:80, dass ich es schaffe. Noch im Schlafsack denke ich: Das Wetter am Kilimanjaro war immer gut, und ausgerechnet jetzt, wo es wichtig wird, ist es so ein Mist. Stell dich einfach tot und bleib wo du bist. Da draußen ist nicht dein Wetter. Einfach Pech gehabt mit dem Timing, da kann man nichts machen.