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Reiseland Island

Warum ausgerechnet Island? Nein, eigentlich stellt niemand eine solche Frage. In Island boomt der Tourismus, so zählt das Land Jahr für Jahr mehr Besucher. Inzwischen kommen über das Jahr verteilt bereits rund fünf mal so viele Touristen, wie die Insel überhaupt Einwohner hat, wobei die weitaus meisten die Vulkaninsel natürlich im Sommer besuchen. Im ersten Moment macht das fast schon Angst, denn eigentlich suche ich auf meinen Reisen nicht gerade die Menschenmassen, eigentlich sogar das Gegenteil. Wie schon öfter gesagt, mag ich die Wüsten, und damit also eher die dünn besiedelten Gegenden auf unserem Planeten. Island zählt definitiv zu den "wilden" Ecken in Europa, und ist damit auch fast zwangsläufig in meinen Reisefokus geraten. Aber zum Glück ist Island nur dünn besiedelt, und damit verlaufen sich auch die Touristen ein bisschen - jedenfalls meistens. Obwohl ich das zugegeben bei der Wahl der Reise versucht habe mit zu berücksichtigen.

Der Klassiker einer Island-Reise ist eigentlich die Nationalstraße N1, die einmal um die gesamte Insel führt. Oder für die ganz Schnellen, ein paar Tage Reykjavik und noch ein Tag auf dem Golden Circle, da ist man noch vor dem Wochenende wieder zu Hause. Wie man sich denken kann, ist das nicht meine Wunschroute. Ich habe mich für etwas anderes entschieden: Zu Fuss im Hochland unterwegs, wenn auch in der Luxusversion, mein Gepäck wird transportiert, und für Essen wird auch gesorgt. Also muss ich eigentlich nur noch dahin gehen, wo mein Gepäck und meine nächste Mahlzeit ist. Hochland bedeutet in Island dann fast zwangsläufig Übernachtungen im Zelt. Da fällt einem dann auch gleich der regelmäßige Regen auf Island ein, im isländischen Sommer ist durchschnitlich an jedem zweiten Tag mit Niederschlag zu rechnen. Was dann in Kombination mit dem Zelt ein bisschen zögern lässt. Aber wenn man die besondere Natur in Island sehen möchte, muss man sich ihr auch aussetzen. Was dann auch schon zu der Frage führt, was gibt es da überhaupt zu sehen. Ein paar Schafe, eigentlich sind das sogar ziemlich viele und zahlenmäßig deutlich mehr als die menschlichen Isländer, dann ein paar Vulkane, die aber praktisch nie so aussehen, wie man das von einem "richtigen" Vulkan erwartet, und dann ist da noch Platz, sehr viel Platz. Man könnte direkt schon von Weite sprechen, die von den Schafen abgesehen scheinbar noch niemand betreten hat. Letzteres ist aber so falsch, wie es nur sein kann. Aber der Eindruck drängt sich an einigen Stellen im Hochland schon auf. An anderen dagegen ist es dann leider doch die Karawane der Touristen, der ich eigentlich lieber aus dem Weg gehen möchte.

 

1. Reisetag          Reykjavik – 10.08.2017

Es geht gemütlich in den Tag, da meine Bahn erst gegen 13.35 Uhr fährt. Ich fahre bis zum Hamburger Flughafen. Wie immer bei mir, läuft dort alles glatt, und so bin ich schon nach weniger als einer Stunde am Gate. So habe ich hier mehr als reichlich Zeit. Mein Flug nach München geht leicht verspätet, ist aber auch mehr als zeitig dort. Wenn man ein bisschen Gefühl für Geografie hat, merkt man schon, auf der Linie Hamburg – Reykjavik liegt München jetzt nicht so direkt. Auch wenn man die Erdkrümmung mit einbezieht, wird es nicht wirklich besser. Aber mein Reiseveranstalter hatte schlicht nicht genug Plätze für die eigentlich auch mögliche Direktflug-Variante geordert, oder was auch immer sprach irgendwie dagegen. Bei meinem letzten Umstieg in München musste ich dort noch einmal einen kompletten und ziemlich peniblen Sicherheitsscan über mich ergehen lassen. Hier und heute ist es nur ein kurzer Weg, ich brauche nicht mal mehr durch eine Sicherheitsschleuse. Ich bin praktisch in einem Sicherheitsbereich, den nur meine heutigen Fluggesellschaft Air Berlin alleine nutzt. Nach dem Einstieg in das Flugzeug bekomme ich noch mal unbürokratisch ein Upgrade. Statt enger letzter Reihe geht es in die Business-Class in die erste Reihe. Wobei sich die mit dem Unterschied der deutlich verbesserten Beinfreiheit dann aber auch sonst nicht unterscheidet. Und wie bei Air Berlin üblich, gibt es Catering nur gegen Bares. Aber bei meiner Größe, die jetzt nicht wirklich außergewöhnlich groß ist, aber trotzdem für die billigen Klassen der Flieger nur eingeschränkt geeignet ist, ist es eine ziemliche Erleichterung. Dort geht es ganz ohne Beinverknotung. Der Flug selbst geht eine knappe halbe Stunde zu spät los, was wir aber bis Kevlaik, dem großen internationalen Flughafen auf Island fast wieder aufholen.

In Kevlavik angekommen, fallen sofort die vielen Leute auf, die an allen möglichen Gates warten, immerhin haben wir es schon um Mitternacht herum. Aber auch zu dieser Zeit scheint der Flughafen aus allen Nähten zu platzen. Das wird auch noch mal an den Kofferbändern deutlich. Es gibt nur drei Stück davon, und so werden auf jedem der Bänder die Koffer aus mehreren Flügen kreativ gemischt. Nach einiger Zeit kommt auf den Infotafeln dann die Anzeige, unsere Koffer sind wohl auf Band zwei zu erwarten, eine weitere Viertelstunde später entscheidet man sich dann aber doch für Band drei. Insgesamt sind an diesem Abend Teilnehmer aus vier Gruppen meines Reiseveranstalters mit unterschiedlichen Maschinen in einem engen Zeitfenster angekommen. So dauert es etwa 2 Stunden, bis dann alle angekommen sind, und ihre Koffer offensichtlich auch alle wohlbehalten einsammeln konnten. Während der Zeit ziehe ich schnell ein paar Kronen aus dem Geldautomaten. Zumal wir auf unserer Reise nicht mehr so viele Gelegenheiten dazu bekommen sollen. Was sich im Nachhinein als etwas übertrieben herausstellt. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Zwei Dinge fallen mir gleich noch auf dem Flughafen auf. Die erste ist ein Dutyfree Shop direkt am Kofferband, das es bei den Gates welche gibt, ist ja normal, aber stehen wir praktisch kurz vor dem Ausgang. Wobei vor mir auf dem Weg nach draußen jemand zusammen mit seinen Kumpels ein Gepäckwagen mit Dosenbier vor sich herschiebt, und eine der Reisetaschen schon nicht mehr drauf passt, aber so kommt wenigstens das Bier mit. Warum denen das so wichtig ist, wird mir erst später klarwerden. Man darf aktuell übrigens entweder 1 L Spirituosen, 1 L Wein und 6 L Bier, oder auch 1 L Spirituosen und 9 L Bier, oder auch 12 Liter Bier pro Erwachsenen zollfrei einführen. Die vier habe es offensichtlich nur auf Bier abgesehen, einen entsprechenden Vorrat schieben sie nun vor sich her. Die andere Sache, die mir auffällt, ist ein kleines geschätzt 4x25m großes hell erleuchtetes Gebäude, direkt zwischen Flughafen und dem dazugehörigen Parkplatz. Darin werden eifrig Räder bevorzugt Mountainbikes zusammengeschraubt – mitten in der Nacht. In dem Moment bin ich sehr glücklich darüber, dass ich es mit dem Radfahren nicht so habe, und nur zu Fuß umherlaufe. Immerhin sind es von Kevlavik noch 45 Kilometer bis Reykjavik. Für uns im Bus ist das keine Stunde Fahrzeit, wenn wir nicht noch die Hotelroute fahren würden. Da Mitglieder verschiedener Reisegruppen dabei sind, halten wir am ersten Hotel, bei dem die ersten Gäste aussteigen. Weiter geht es zum nächsten Hotel, wo weitere Gäste aussteigen. Und von dort geht es dann zum Reykjavik Campsite. Auch in der Nacht bin ich überrascht, wie dicht der offensichtlich bei den Hotels liegt, auch wenn ich ansonsten eigentlich kein Gefühl dafür habe, wo ich mich innerhalb der Stadt eigentlich befinde. Dort steigen dann die restlichen Reisenden aus, man sagt uns noch, wir möchten möglichst wenig Radau machen, denn in allen anderen Zelten würden man natürlich schon schlafen. Man würde uns dann zu unseren schon aufgebauten Zelten bringen. Die „Grünen“ sind unsere, wir sollten nur, bevor wir rein kriechen, mal eben dran wackeln, da einige bereits besetzt sind, aber es ist eben nicht klar welche. OK, es ist inzwischen drei Uhr morgens, nach isländischer Zeit, in Deutschland sind wir in der Sommerzeit noch zwei Stunde weiter. Entsprechend müde bin ich, die Luft ist feucht und frisch. Und meine Stirnlampe ist im „Technik-Beutel“ irgendwo im Hauptgepäck. So entschließe ich mich für das kleinere Problem, krame im Halbdunkeln der Stadt meine Isomatte und meinen Schlafsack aus meinem Gepäck und lege mich hin. Bevor ich einschlafe, überkommen mich aber schon leichte Zweifel, ob ich mir das hier wirklich gut überlegt habe. Island ist für mieses Wetter bekannt. Es gebe die klassischen Rundreisen um die Insel mit Hotel, und meine Variante mit Zelt irgendwo im Niemandsland. Nun ja, jetzt ist es wohl so. Aber ich denke so bei mir, zumindest in der ersten Nacht mit den anderen Neuankömmlingen in einem Hotel übernachten, hätte ganz klar auch seine Vorteile. Bis ich kurz darauf einschlafe, kommen mir auch nicht mehr wirklich viele klare Gedanken zu dem Thema.

2. Reisetag Landmannalaugar – 11.08.2017

Das Frühstück ist an unserem ersten Tag für 8:30 Uhr geplant. So hatte ich mir überlegt, etwa 1 Stunde vorher aufzustehen und noch mal schön warm zu duschen. Insgeheim erwarte ich die Möglichkeiten dafür in den nächsten Tagen als schwierig. Ich wache trotz der kurzen Nacht noch ein bisschen früher auf, und so mache ich mich bereits um 6:30 Uhr Ortszeit auf den Weg zu den nahegelegenen Sanitärräumen. Auch wenn es noch ein bisschen kühl ist, scheint die Sonne vom blauen Himmel. Rings um uns herum ist die Stadt Reykjavik zu sehen, inklusive eines Stadions mit Flutlichtmasten und ein paar höheren Häusern. Wobei höhere Häuser ein bisschen relativ zu sehen ist, wie ich gelesen hatte, gibt es in Reykjavik nur im unmittelbaren Stadtzentrum so etwas wie eine Skyline, auch wenn die Hauptstadt der Dreh- und Angelpunkt für fast alles in Island ist. Da ich mir vorher keine Gedanken gemacht hatte, wo denn wohl der Campingplatz in Reykjavik sein würde, sondern einfach angenommen hatte, dass er ein bisschen außerhalb liegt, bin ich positiv überrascht. Für heute ist es egal, aber zum Abschluss der Reise werden wir hier her zurück kommen. Da diese Zelte hierbleiben, packen wir nur unser eigenes Zeugs wieder ins Gepäck, und können Sie einfach stehen lassen.

Wir werden von einem normalen Straßenbus abgeholt. Unser erstes Ziel ist ein Supermarkt. Die Preise dort sind vorsichtig formuliert „keine Schnäppchen“. Von alkoholischen Getränken, die es dort aber ohnehin nicht gibt, weiß man das. Aber auch sonst kann man von bequem ca. 50 % Mehrpreis zu heimischen Verhältnissen ausgehen. Aber selbst bei vermeintlich normalen Artikeln gibt es noch Ausreißer. So kaufe ich mir eine kleine Tüte Werthers Echte für läppische 489 Kronen, umgerechnet rund sechs Euro. Bevor wir die Stadt verlassen, machen wir noch zwei kurze Stopps, um die Ausrüstung von Mitreisenden für isländische Erfordernisse anzupassen. Es geht um wirklich dichte Regenjacken, und ein Biwak für einen Schlafsack. Auch dafür erscheinen die Preise ähnlich sportlich wie im Supermarkt.

Allgemein erscheinen mir die Autofahrer in Reykjavik sehr rücksichtsvoll. Auch unser Fahrer gehört nicht gerade zu den aggressiven Exemplaren. Gefühlt würde ich sogar sagen: er schleicht. Es wird schon fast Nachmittag, bis wir uns in Richtung Laudmannalauga aufmachen. Der Name bedeutet so viel wie Badestelle für Landarbeiter. Dort ist also eine Badestelle mit warmen Quellen. Wir verlassen Reykjavik in südöstlicher Richtung auf der großen Ringstraße „N1“, die einmal um die ganze Insel führt. Nach einiger Zeit geht es dann nach Norden ins nur noch sehr dünn besiedelte Landesinnere. Nach einer knappen halben Stunde verlassen wir auch noch die Teerstraße, um auf einer Schotterpiste weiter zu fahren. Noch mal zur Erinnerung, wir sind in einem normalen Straßenbus unterwegs. Aber unser Fahrer scheint mit seinen etwa 70 Jahren eher ein Offroader zu sein. Hier schont er sein Gefährt nicht. Trotzdem sind einige Geschwindigkeitsbegrenzungen von 30 oder 40 km/h ein bisschen wie Hohn. Für unseren Bus jedenfalls nicht zu machen. Unter anderem geht es an der Hekla vorbei. Er gehört zu den drei aktivsten Vulkanen auf Island, immerhin selbst ausschließlich durch Vulkanismus entstanden. Die Hekla ist mit ihren 1491 m der Zentralvulkan einer etwa 40 km langen Vulkanspalte. Dazu muss man wissen, dass die Vulkane auf Island üblicherweise nicht zu den klassischen Kegelvulkanen gehören, viele haben zwar einen zentralen Punkt, beim Ausbruch öffnen sich normalerweise aber riesige Spalten, aus denen dann Lava und Asche in zuweilen riesigen Mengen und über einen längeren Zeitraum hervortreten. Die Hekla ist seit dem Jahre 1104 mindestens 23-mal ausgebrochen. Wobei die Anzahl häufig ein bisschen strittig ist, denn im Verlauf einer Eruption kommt es zuweilen dazu, dass für einige Tage manchmal sogar Wochen keine weitere Lava oder Asche austritt. Allein im Zeitraum von 1913 bis heute hat es nach amtlichen Angaben sechs Ausbrüche der Hekla gegeben. Der heftigste begann am 29. März 1947 und endete am 21. April 1948. Bei diesem Ausbruch wurde ungewöhnlich viel Lava produziert, offizielle Zahlen sprechen von 0,8 km³, anders ausgedrückt sind das 800 Millionen m³. Dazu kommen noch 0,21 km³ Asche. Dieser Ausbruch war der erste seit über 100 Jahren, der am Hauptkrater der Hekla begann. Etwa 10 Minuten nach der ersten Eruption gab es ein begleitendes Erdbeben der Stärke sechs, bei dem weitere Krater aufbrachen. Weitere 20 Minuten danach war die Aschewolke bereits 30 km hoch. Bereits in den ersten Tagen erreichte eine geschlossene Decke aus Lavagestein und Asche eine Dicke von 3-10 cm in der gesamten Umgebung. Ein Lava Gesteinsbrocken, eine sogenannte Lavabombe, mit einem Durchmesser von 50 cm und einem Gewicht von ca. 20 Kilo wurde bei der Eruption in die Luft geschleudert und später in einer Entfernung von 32 km gefunden. Und selbst Gesteinsbrocken mit einem Umfang von 50 m wurden 1 km weit geschleudert. Die starken explosiven Eruptionen dauerten zunächst sechs Tage, nahmen aber nach etwa einem Monat für einige Tage wieder deutlich zu. In der ersten 30 Minuten des Ausbruchs wurden 75.000 m³ Asche in die Atmosphäre geschleudert. Bereits nach 51 Stunden erreichte die Aschewolke unter anderem das über 2800 km entfernte Helsinki. Auch sonst finden sich die Auswirkungen in der Wetteraufzeichnungen Nordeuropas des Jahres wieder. Asche stieg noch im gesamten Jahr 1947 aus der Hekla und den neu entstandenen Nebenkratern auf. Sie bedeckte übrigens auch den gesamten Gletscher des Eyjafjalljökull und färbte ihn komplett schwarz. Schon in den ersten 20 Stunden bedeckten die ausgetretenen Lavaströme eine Fläche von 12-15 km². Später floss sie teilweise auch in sogenannten Lavatunneln, aus denen sie erst in einiger Entfernung wieder an die Oberfläche trat. Insgesamt wurden durch diesen Ausbruch 40 km² mit Lava in einer Stärke von bis zu 100 m bedeckt. Wegen der großen Hitze schmolz sämtlicher Schnee und das Eis auf der Hekla selbst und auch einigen umliegenden Bergen. Das führte dann zusätzlich zu Schlamm und Geröllabgängen. Selbst nach dem Versiegen des Lavaaustritts am 21. April 1948 war der Spuk noch nicht vorbei. Im April und Mai 1948 traten in den Senken um die Hekla herum 24.000 t CO2 aus. Erst Ende 1948 war auch das vorbei. Nicht umsonst nannten die Menschen hier früher die Hekla auch das Tor zur Hölle. Es gab übrigens in den Jahren 1970,1980 mit Unterbrechungen bis 1981, und in den Jahren 1991 und 2000 weitere Ausbrüchen, die aber alle für sich nicht mehr die Dimensionen von 1947 erreichten. Der Auswurf an Lava betrug dabei jeweils „nur“ rund ein Viertel, und dauerten jeweils zwischen zwei Wochen und zwei Monaten. Seit 2011 stellen Wissenschaftler wieder Aktivitäten an der Hekla fest. So hat sich in einer Tiefe zwischen 14 und 20 km eine neue Magmablase gebildet, die Teile der Hänge der Hekla jedes Jahr um etwa einen halben Zentimeter nach oben drücken. Das ist deutlich mehr als vor den Eruptionen 1991 und 2000. Vergleichswerte für frühere Ausbrüche liegen nicht vor.

Aber als wir an der Hekla vorbeifahren, verhält sie sich zum Glück ruhig. Bis wir unser heutiges Ziel das Camp in Landmannalauga im gleichnamigen Nationalpark erreichen, müssen wir mit unserem Bus noch durch zwei Furten fahren. Die letzte davon befindet sich fast unmittelbar vor dem Camp. Ich bin ein bisschen erstaunt über den Betrieb und die Anzahl der aufgebauten Zelte hier. Aber es ist eben eines der relativ gut erreichbaren Gebiete mit einer unglaublichen Farbvielfalt und abwechslungsreichen Landschaft innerhalb eines relativ überschaubaren Gebietes.

Wie alle öffentlichen Nationalparks gibt es auch hier keine Eintrittsgebühren oder ähnliches. Dafür zahlt man dann für die Nutzung zum Beispiel der sanitären Einrichtungen. Hier in Landmannalauga ist bei der Gebühr für die Nutzung des leider ziemlich steinigen Campgeländes auch der Besuch des Hot Pot, also der warmen Quelle, inklusive. Bevor es aber soweit ist, versuchen wir uns am ersten Aufbau des Küchenzeltes, und dann nach einer Einweisung auch des eigenen Zeltes. Wie die meisten in unserer Gruppe habe ich auch das Glück ein etwas klein ausfallen Zweimannzelt alleine nutzen zu können. Dafür hat sich jemand offensichtlich einige Gedanken um die Zelte gemacht. Im Gegensatz zur Serienausstattung des Models wird bei unseren der Boden auch an den Spitzen ein bisschen hochgezogen, um zu verhindern das Wasser seitlich darauf treibt. Außerdem haben wir zusätzlich eine gummierte Plane, um die unter das Zelt zu legen, was insbesondere hier auf dem steinigen Untergrund deutlich stabiler erscheint als eine einfache Folie.

3. Reisetag Landmannalauga – 12.08.2017

Wir beginnen den Tag sehr entspannt, was aber auch offensichtlich hier allgemein so üblich ist. Das Frühstück ist für 8:00 Uhr vorgesehen, und dann etwa 1 Stunde später soll es losgehen. Der Wetterbericht hier im Camp sieht gut aus. Aber unser Guide hatte gestern bereits erklärt, dass es sich dabei eher um einen „Vorschlag“ als eine genaue Prognose handelt. Auch die meisten anderen, die hier im Landmannalauga gecampt haben, sind heute Morgen nicht so sehr viel früher als wir unterwegs. Das ist also ganz anders, als man es von den Hütten in den Alpen kennt. Dort beginnt das Leben ja üblicherweise mit den ersten Sonnenstrahlen und nicht viel später sind auch die ersten schon los. Natürlich gibt es auch hier ein paar Frühaufsteher, aber sie sind deutlich in der Minderheit. Bei uns gibt es heute bereits Milchreis mit Zimt zum Frühstück, pure Energie für den Tag. Dazu reist auch noch der Himmel auf, und so zeigte er sich bereits von der blauen Seite, als wir uns auf den Weg machen.

Wir wollen uns nur ein bisschen einlaufen. So gehen wir auf eine Rundtour, die uns hoch zum Brennisteinsalda führen soll. Wie auf Island nicht anders zu erwarten, handelt es sich dabei um einen Vulkan. Mit seinen 855 m gehört er sicherlich nicht zu den Riesen. Auf den ersten Metern, geht es zügig hinauf. Dafür wird man schon nach kurzer Wegstrecke mit einem Blick über das Camp Landmannalauga belohnt. Ist der Anstieg geschafft, geht es über eine ziemlich ebene Fläche, auf der sich relativ viel Obsidian findet. Obsidian ist wie fast alles in Island vulkanischem Ursprung. Es handelt sich dabei um sehr schnell erkaltete Lava, die zuvor nur einen sehr geringen Anteil von flüchtigen Stoffen wie Wasser oder CO2 enthielt. Man bezeichnet es auch als vulkanisches Glas. Wäre der spätere Obsidian nur langsam erkaltet, wäre er stattdessen zu Pechstein geworden. Obsidian geht darauf zurück, dass das Magma zuvor nur sehr langsam im Erdmantel aufgestiegen ist, meistens sogar direkt unter einem Vulkanschlot. Obsidian besteht typischerweise zu mindestens 70% aus Kieselsäure, genauer genommen ist es aus chemischer Sicht eigentlich eher Siliciumdioxid. Typischerweise ist der Obsidian hier schwarz, in anderen Teilen der Welt gibt es aber auch welchen mit einer leicht grünlichen bzw. rotbräunlichen Farbschlag. Ansonsten ähnelt es optisch ein bisschen den bei uns bekannten Feuersteinen. Mit ihnen gemein haben sie auch die scharfen Kanten, die insbesondere vor der Eisenzeit von den Menschen gerne als Werkzeug benutzt worden sind, und deshalb ein Handelsgut darstellten, das für damalige Zeiten über weite Strecken transportiert worden ist. Diesen Wert verlor es erst zu Beginn der Eisenzeit. Damit kommt der auf Island vorkommende Obsidian nicht mehr dafür infrage, da er hier erst um das Jahr 700 unserer Zeitrechnung entstand. Er kommt hier auf Island auch nur in diesem Gebiet vor. Was nicht zuletzt daran liegt, dass auch nur hier Rhyolith Gesteine vorkommen. Allen Rhyolith Gesteine ist der hohe Anteil an Kieselsäure gemein. Übrigens ist Porphyrgranit von der Zusammensetzung dem Obsidian sehr ähnlich. Der wesentliche Unterschied ist, das Porphyr nicht als Magma an die Erdoberfläche getreten ist, sondern zuvor komplett erkaltet ist, und durch nachdrückendes Material an die Oberfläche geschoben worden ist. Obsidian und auch Porphyrgranit hat eine sehr feine Struktur, bei der die Kristallstruktur mit bloßem Auge kaum erkennbar ist.

Neben dem schwarzen Obsidian herrschen hier aber eher Braun- und Ockertöne vor. Sie rühren teilweise von Schwefelablagerungen her, Brennisteinsalda bedeutet zu Deutsch Schwefelwelle, vor allem aber dem Rhyolith Gestein, das meist eine beige Farbe aufweist. Es gibt aber auch Rosaschattierungen, die auf Eisenspuren zurückzuführen sind. Und um das bunte Farbspiel zu komplettieren, finden sich insbesondere um einige Fumarole weiße Kalkausfälle. Diese sind mit besonderer Vorsicht zu genießen, da hier die Erdkruste meist nur sehr dünn ist, und die Gefahr bestehen kann, dort einzubrechen. Die Fumarole sind wieder eine typische Erscheinung im Gebiet rund um Landmannalauga. Es handelt sich dabei um Öffnungen in der Erdkruste aus der vulkanische Gase mit etwas Wasserdampf gemischt austritt. In den tieferen Schichten befindet sich nur sehr wenig Wasser, dass durch die vulkanischen Aktivitäten in tieferen Schichten stark erhitzt wird, und dann entsprechend komplett zu Wasserdampf wird. Für uns aber sehr viel prägnanter ist der Schwefelgeruch – wer faule Eier kennt, weiß was ich meine. Man sollte übrigens Brillen mit Kunststoffgläsern oder auch Fotolinsen nicht über einen längeren Zeitraum diesen Ausgasungen aussetzen, da diese sie chemisch stark angreifen. Silberschmuck verfärbt sich dadurch dunkel. Aber aufgrund des Geruchs ist man ohnehin bestrebt, nicht übermäßig lange darin zu verweilen.

Nun ist es aber auch genug mit den Mineralien und Gasen, zurück zu unserem Tag. Unser Weg führt uns an einer feuchten Wiese vorbei, in der sich die umliegenden Berge spiegeln. Im Moment blüht das Wollgras. Ab hier wird der Weg dann aber sehr karg, Vegetation gibt es nur fast nur noch als Moos an einigen feuchten Stellen. Bis zum Gipfel geht es relativ gleichmäßig aufwärts. Wobei sich immer wieder schöne Panoramen auftun. Vom Gipfel geht es das erste Stück auf dem gleichen Weg wieder hinab, bis wir auf dem Laugavegur wieder in Richtung des Camps gehen. Wir weiten unsere Runde noch ein bisschen aus, und nehmen uns noch den Blahnukur vor. Er ist mit 943m noch ein wenig höher. Auffallend ist aber seine blaugraue Farbe. Er besteht vor allem aus Pechstein, das wie oben bereits beschrieben von der Zusammensetzung dem Obsidian sehr ähnlich ist, nur deutlich langsamer erkaltet ist. So ist der Blahnukur, er wurde in der letzten Eiszeit geschaffen, insbesondere im unteren Bereich wegen seiner Feinkörnigkeit sehr viel staubiger. Wir müssen aber zunächst mal hinauf. Wir überqueren dafür den Brennsteinsoldukvisl, einen zu dieser Jahreszeit relativ kleinen Flusslauf, an seinem Bett kann man aber unschwer erkennen, dass er das nicht immer ist. Hier unten an der Böschung machen wir auch unsere Mittagspause. Gleich danach geht es über einen etwas rutschigen Pfad, es liegt feiner Sand auf einer glatten Oberfläche, ziemlich steil bergan. Wir entscheiden uns, dem Weg nicht bis zum Gipfel zu folgen, und stattdessen einen kleinen Haken zu schlagen. Der Weg ist zwar deutlich länger, aber dafür auch sehr viel leichter. Oben vom Gipfel hat man einen schönen Ausblick auf die Umgebung. Der Abstieg geht fast direkt hinunter zum Camp in Landmannalauga. Unten am Fuß kommt man noch an einer Stelle vorbei, an der sich fast grüner Sand befindet, genau genommen handelt es sich dabei um fein gemahlenen Tuff, der auch ein wesentlicher Bestandteil des Blahnukur ist. Da ich gerne Sand in unterschiedlichen Farben, bevorzugt Wüstensand, aus fremden Ländern mitnehme, ärgere ich mich ein bisschen, kein geeignetes Gefäß bei mir zu haben. Jaaaaa, ich weiß, dass man eigentlich keine Naturprodukte wie Sand oder Steine aus Island ausführen darf. Und wenn jeder Tourist was mitnimmt, ist bald nichts mehr da. Schließlich befinden wir uns hier in einem Nationalpark mit einer geschützten Natur. Dummerweise habe ich es auch „versemmelt“, noch mal hier her zurück zu kommen. Schuld daran waren aber weniger die paar vereinzelten Tropfen, die nicht mal reichen, um auch nur ein bisschen nass zu werden, sondern eher die warme Dusche, die mich ruft.

Am Vortag hatte ich beobachtet, dass sich vor den Duschen gefühlt endlose Schlangen gebildet hatten. Da wir zeitig gegen 14:30 Uhr zurück sind, beschließe ich zunächst mal, die Gunst der Stunde zu nutzen, und gehe duschen. Zumal im Moment niemand davor zu sehen ist. Bevor man das warme Wasser genießen kann, muss man einen Voucher für 500 isländischen Kronen erwerben, umgerechnet rund vier Euro. Damit bewaffnet, zieht man sich in der Kabine schon mal aus, bereitet alles vor, um dann den Scancode an das entsprechende Gerät zu halten. Ab jetzt beginnt die Zeit, denn mit dem Voucher man hat das Recht auf fünf Minuten warmes Wasser, und ob es beim Einseifen läuft oder nicht, spielt dafür keine Rolle. Also heißt es zügig zu machen, immerhin ist das letzte derartige Vergnügen schon zwei Tage her. Nach dem Ablauf der Zeit muss man zwar nicht mit Shampoo im Haar raus, aber es kommt nur noch kaltes Wasser, und das nimmt dem wohligen Gefühl doch ein bisschen den Genuss. Als ich fertig bin, ist der Andrang zwar immer noch überschaubar, hat aber schon deutlich zugenommen. Und man sieht gerade einen weiteren Bus anrollen. Landmannalaugar wird täglich mehrmals von Linienbussen angefahren, dazu kommen dann noch ein paar Touristentouren extra. Und dann wird es auf den Toiletten schnell voll, wie ich gestern auch schon beobachten durfte. Und die liegen mit den Duschen in einem Gebäude. Und wie wir selbst gesehen hatten, ist auf dem Weg hier her, das Angebot an Büschen, hinter die man sich verdrücken könnte, wenn man denn wollte, als ziemlich übersichtlich eigentlich eher als nicht existent zu beschreiben. Aber zurück zum Camp. Landmannslaugar ist der Einstieg zum Laugavegur, auf dem wir uns morgen auch auf den Weg machen wollen. Außerdem ist er von Reykjavik relativ einfach und schnell erreichbar. Und entsprechend groß ist auch der Andrang. So geht es schon ein bisschen wie auf dem Rummelplatz zu. Es gibt sogar ein paar Tische, die ein bisschen windgeschützt sind, und dazu noch überdacht. Wer hier sitzen möchte, um sein Mahlzeit auf dem Gaskocher zu brutzeln und dann hier zu essen, muss sich dafür anmelden, und bekommt dann ein Zeitfenster zugewiesen, jedenfalls wenn das Camp voll ist. Und das ist es offensichtlich meistens. Da haben wir es besser, wir haben ein großes Küchenzelt, in der Vroni, unsere Küchenfee, für uns das Essen zubereitet, und es gleichzeitig von den Gaskochern noch warm ist.

4. Reisetag Alftalavatn – 13.08.2017

Die Zeiten fürs Frühstück und den Aufbruch bleiben wie gestern also 8:00 Uhr und 9:00 Uhr. Nur müssen wir heute unsere Zelte abbauen, da geplant ist, das Gepäck auch schon mit zum Küchenzelt zu bringen, bauen wir auch unsere Zelte vor dem Frühstück ab. Wie immer braucht es beim ersten Mal ein bisschen, aber da wir relativ zeitig im Bett waren, sind die meisten auch heute Morgen schon zeitig unterwegs. Alles läuft wie geplant, und auch die Schlange vor den Toiletten sind heute gefühlt etwas kürzer als gestern. So kommen wir nahezu pünktlich los. Das erste Stück des Weges kennen wir schon vom Vortag. Doch heute geht es auf dem Laugavegur, einem der großen bekannten Wanderwege in Island, weiter zum nächsten Camp. Laut der Tourenbeschreibung ist heute mit 24 km eine der beiden Königsetappen auf dem Programm. Die Gehzeit ist mit 9 Stunden veranschlagt. Das erste Stück hat ein paar Steigungen parat, so dass wir nach etwa 1 Stunde bereits mehr als 200 Höhenmeter hinter uns haben. Es geht weiter durch diese beeindruckende Landschaft mit ihren intensiven Gelb- und Ockerfarbtönen. Unterwegs kommen wir auch wieder an einigen Fumarolen vorbei, also jenen Öffnungen, aus denen ständig ein Gemisch aus schwefelhaltigen Gasen und Wasserdampf austritt. Neu ist, dass man sie auch brodeln hört. Je weiter wir in Richtung Hrafntinnusker kommen, desto mehr wechselt die Landschaft in eine relativ flache Ebene, deren Untergrund vor allem aus schwarzer Vulkanasche gesprenkelt mit einigen Schneefeldern besteht. Wir befinden uns hier auf einer Höhe von knapp 1000 m, und doch kann sich der Schnee hier an einigen geschützten Stellen das ganze Jahr halten. Dafür verantwortlich ist nicht unwesentlich der eisige Wind, der von den Gletschern der Umgebung kommt. Auch wir müssen über eines dieser im isländischen Sommer sulzigen Schneefelder gehen, was entsprechend ein bisschen beschwerlich ist. Dafür findet sich der Weg sehr leicht, da er durchgehend mit Holzflocken markiert ist. So überschreiten wir einen kleinen Pass mit einer Höhe von 1080 m, was nicht nur rund 500 m über unserem Startpunkt in Landmannalauga liegt, sondern auch der höchste Punkt am heutigen Tage ist. Unmittelbar dahinter liegt dann Hrafntinnusker, eine Schutzhütte etwa auf dem Scheitelpunkt unserer heutigen Tagesetappe. Wie bei nahezu allen Schutzhütten in der Gegend, gibt es auch hier Zugang zu einer warmen Quelle. Auch wenn es hier keinen Hotpot gibt, wie noch in Landmannalauga. Aber wir wollen ja ohnehin noch weiter. Zunächst geht es hier über ein Hochplateau mit einer Höhe von ca. 900 m. An dessen Ende ist noch mal wieder eine relativ steile Steigung von 70 Höhenmetern zu meistern. Auch wenn man hier wieder ziemlich im Wind sitzt, so nutzen wir auch diesen Punkt wieder für eine weitere Pause, nicht zuletzt um die grandiose Landschaft zu genießen. Von hier ist es nur noch ein kleines Stück, bis wir auch unseren heutigen Zielort Alftalavatn sehen können. Auch wenn es bis dahin noch etwa 6 km sind. Genau genommen sieht man auch nicht einmal den Campingplatz selbst, sondern den großen gleichnamigen See unmittelbar dahinter. Der erste Teil des Abstiegs dorthin ist relativ steil. Auf einem relativ festen glatten Untergrund befindet sich allerhand Geröll, was den Abstieg an einigen Stellen ein bisschen tückisch macht. Doch augenscheinlich geht es für uns hier in eine grüne Oase. Während es rund um Landmannalauga allenfalls ein bisschen Moos gab, oder aber den puren Felsen, findet sich hier auch eine erstaunliche Pflanzenvielfalt. So ist es landschaftlich hier gegenüber unserem Startpunkt eine völlig neue Welt. Doch bevor wir unseren neuen Campingplatz erreichen, müssen wir noch einen Wasserlauf überqueren. Je nach Wasserstand muss dieser gefurtet werden, oder aber kann an einigen Stellen zeitweise auch über einige im Wasser liegende Steine überquert werden. Wir haben Glück, und finden eine dieser Stellen auf der wir unter Zuhilfenahme der Trekkingstöcker sicher ans andere Ufer kommen. In Alftalavatn bzw. dem letzten Stück dorthin herrscht wieder Moos und nur noch wenig übriges Pflanzengut als Bewuchs vor. Der Untergrund besteht vor allem aus schwarzer Lavaasche und ein bisschen Geröll. Gegen 17:00 Uhr erreichen wir schließlich das Camp. Das Küchenzelt ist bereits aufgebaut, und warmes Wasser für Tee oder Kaffee steht schon bereit. Einige von uns, ich auch, ziehen es allerdings vor, zuerst das eigene Zelt aufzubauen, da sich aus der Richtung, aus der auch wir gekommen sind, einige dunkle Wolken heranschieben. Wie sich aber herausstellt, ziehen diese harmlos über uns hinweg. Allerdings haben wir beim Zeltaufbau gewisse Probleme diese nach dem Wind auszurichten. Der scheint hier obwohl relativ kräftig doch des Öfteren die Richtung ein bisschen zu wechseln. Da die frühen Aufbauer relativ weit in Richtung des Sees gegangen sind, ist der Untergrund hier deutlich weicher und praktisch ohne größere Steine, anders als noch in Landmannalauga. Außerdem befindet sich noch eine kleine Bodenwelle zwischen den Hütten und unseren Zelten. Die anderen bauen ihre Zelte dichter bei den Hütten auf, was natürlich bedeutet das Hauptgepäck nicht so weit transportieren zu müssen, dafür ist der Untergrund dort deutlich härter, und auch ein paar Steine sind dort zwangsläufig unter den Zelten. Normalerweise ist es so, dass man sich bei den Hütten anmeldet und auch die Zeltplatzgebühr entrichtet. Danach kann man sich den Zeltplatz relativ frei, natürlich nur innerhalb eines gewissen Bereichs, aussuchen. Bei uns ist die Registrierung schon im Vorfeld durch den Veranstalter geregelt. Unser Abendessen ist wieder für 19:00 Uhr geplant. Noch beim Abendessen beginnt es draußen ein bisschen zu tröpfeln. So schieben wir das Abwaschen noch ein bisschen hinaus. Auch wenn der Regen noch sehr gemäßigt fällt, so hört es sich auf dem Zelt doch schon ein bisschen dramatisch an. Und außerdem ist es im Küchenzelt immer noch warm, während es draußen ein bisschen regnerisch ist und der Wind zunehmend auffrischt. Irgendwann gehe ich aber dann doch, und freue mich, mich dann in meinen Schlafsack zu verkriechen, denn irgendwann ist auch die Wärme aus dem Küchenzelt entwichen.

Noch ein kleiner Exkurs, zu einer Veranstaltung, die auf dem Laugavegur alljährlich stattfindet: Der Laugavegur Ultra Marathon. Er führt etwa auf dem Weg entlang, von dem wir heute die erste Etappe in 8 Stunden gegangen sind. Er hat eine Länge von 55 km und findet üblicherweise Mitte Juli statt. Laut der Beschreibung müssen Teilnehmer mit Temperaturen von 7° bis 8 °C rechnen. Und natürlich gibt es auch Mindestzeiten, die erreicht werden müssen, damit man diesen Ultra Marathon weiter bestreiten darf. Die sehen vor, dass man es in höchstens 4 Stunden bis nach Alftalavatn geschafft haben muss. Der nächste Kontrollpunkt befindet sich in Emstrur, das liegt etwa bei Kilometer 38. Hier beträgt das Zeitlimit 6 Stunden. Um aber gewinnen zu können, muss man noch einmal deutlich schneller sein. Die Siegerzeit bei den Männern lag in diesem Jahr bei 4 Stunden 13 Minuten und 25 Sekunden, bei den Frauen bei 5 Stunden 12 Minuten und 1 Sekunde. Die schnellste jemals gelaufene Zeit liegt aktuell bei knapp unter 4 Stunden. Die Siegprämie beträgt derzeit 100.000 ISK (isländische Kronen). Um an diesem „zauberhaften“ Event teilnehmen zu dürfen, ist zunächst ein Nenngeld von umgerechnet etwa 275 Euro (Stand 2017) fällig. Da man aber ja auch noch zum Startpunkt kommen muss, kommt noch der „Rennbus“ von Reykjavik und danach auch wieder zurück dazu – 110 Euro. Die meisten Teilnehmer reisen übrigens erst in der Nacht vor dem Rennen an, das bedeutet vor dem eigentlichen Lauf noch mal rund 3 - 4 Stunden Busfahrt. Die Alternative ist am Tag zuvor anzureisen, und die Nacht im eigenen Zelt in Landmannalauga zu verbringen. Und möchte man dann noch ein Frühstück vor und eine warme Speise nach dem Rennen vom Veranstalter in Anspruch nehmen, kommen noch mal 35 Euro hinzu. Unterwegs soll es wohl auch heute noch nur kaltes Wasser, ISO-Getränke (auch kalt) und Bananen geben. Warmer Tee oder ähnliches ist nicht vorgesehen. Ich erinnere noch mal, die Temperaturen sind typischerweise unter 10°C, und auch Regen oder Hagel mit dem typischen kalten Wind sind immer möglich. Ach ja, der Veranstalter bemüht sich darum, jedem Teilnehmer die Möglichkeit zu geben, nach dem Rennen und vor der Fahrt zurück nach Reykjavik eine Dusche zunehmen, ob auch warmes Wasser zur Verfügung steht, kann allerdings nicht garantiert werden. Als Goodie bekommt man dann noch kostenlos ein Langarmshirt dazu. Wer von diesem Angebot überzeugt ist, kann sich normalerweise ab Mitte Januar dafür anmelden. Für die letzten Zweifel habe ich Internet noch einen Bericht eines Teilnehmers gefunden, den ich hier nicht vorenthalten möchte (Quelle: http://www.marathon4you.de/laufberichte/special-event/laugavegur-ultramarathon/343 )

Laugavegur-Ultramarathon

Autor: Bernhard Sesterheim
Ich fürchte stark, zum Wallach zu werden
Island, 15.7.2006

Schon immer wollte ich mal nach Island reisen, in das Land, das geogeschichtlich sich noch in der embryonalen Entwicklungsstufe befindet, von ursprünglichen, unvergleichlichen und archaischen Naturlandschaften geprägt wird und dessen Bewohner vor über 1.000 Jahren und somit 500 Jahre früher als Columbus rudernder weise Amerika entdeckten.

...  Am nächsten Morgen erreichen wir nach dreistündiger Busfahrt so gegen 8.00 Landsmannlaugar, den Startplatz des Ultramarathons. Der Platz befindet sich unmittelbar hinter einer aus Bims bestehenden dunkelgrauen Bergwand. Es gibt hier einige Wanderhütten, einen Campingplatz und heiße Quellen, die zum Baden einladen. Der Wind wird vom Berg gebremst und dennoch, es ist kalt, es regnet und ich trage eine Fliesjacke ohne Handschuhe, im Rucksack habe ich noch eine wasserdichte Jacke und habe kurze Hosen an, getreu den Vorbildern aus der Diashow des vergangenen Jahres…

Ich treffe auf Norbert Fasel aus Münster, der schon eine Woche hier ist, und auf meine Frage, wie Ihm Island so gefällt, muß ich hören: „Ja so richtig nicht wirklich, das Wetter… und man muss schon ein ganz großer Freund von Moosen und Flechten sein…“

Ca. 150 Läufer sind zum Start bereit und es gibt mit Sicherheit weniger als 10, die kurz laufen, so wie ich, was mich jetzt doch nachdenklich stimmt ...

Pünktlich fällt der Startschuss und wie immer setzt sich die Läuferschar enthusiastisch und frohgemut in Bewegung. Es geht nun auf einem schmalen Pfad einen steilen Berghang mindestens 150 Höhenmeter nach oben. Ganz weit hinten habe ich mich aufgestellt und laufe langsam los, in der Erwartung, dass es ja doch bald wieder zu Rückstaus kommt, was auch tatsächlich so sein wird. Im Moment ist es nahezu windstill, über mir kann ich aber Wolkenfetzen jagen sehen, womit mir klar wird, dass nach Überwindung des Bergkamms, wir den Wind spüren werden.

Nach wenigen Minuten Berglauf rinnt mir schon der Schweiß von meinem bekopftuchten Angesicht und ich denke, dass meine Bekleidung gar nicht so schlecht diesem Rennen angepasst ist, ja ich plane sogar, meine Fliesjacke auszuziehen…

Nach einer gewissen Zeit, ich laufe mal wieder ohne Uhr, erreiche ich den Bergkamm und ein unangenehmer eiskalter Wind bläst mir mit voller Wucht entgegen. Innerhalb Sekunden vollzieht sich die gefühlte Wandlung; es ist wie in einer Sauna, vom Schwitzraum zum Eiswasserbecken! Und … vor mir tut sich eine weite Eis- und Schneelandschaft auf, wo bei der Diavorführung nur vereinzelte Schneefelder zu sehen waren…

Es regnet gegenwärtig nicht und ich beginne mich mit der niedrigen Temperatur und dem Wind zu arrangieren. Ab und an sieht man sogar kleine wolkenfreie Inseln am Firmament, durch die die Sonne strahlt. Um uns herum erkenne ich tief eingeschnittene Täler mit reißenden Bächen und Flüssen in der Bims- und Lavawüste, die von bizarren, meist Schnee bedeckten Bergen umgrenzt werden. Die Bodenfarbe wird von dunkelgrau bis schwarz dominiert und ist fast 100 %ig kahl. Nur an wenigen Stellen kann ich einzelne Sträucher und auch ab und zu Blütenpflanzen erkennen.

Jetzt, so nach 3 – 4 Kilometern hat sich das Läuferfeld schon ganz stark auseinander gezogen, ich habe Sigrid Eichner zwischenzeitlich überholt und Dr. Wolfram Benoist, einen Freund aus meiner Heimatstadt Bexbach, hinter mir gelassen und laufe mit oder in der Nähe von Maria und Rainer Satzinger, einem mir gut bekannten Ehepaar aus dem Frankenland.

Immer größere Schnee- und Eisfelder, die im Tauen begriffen sind, werden überquert. Manche Eiswächten sind nur wenige cm dick, darunter sind teilweise mehrere Meter tiefe Hohlräume und man kann darauf Fußspuren von vor mir vorbei gekommenen Läufern ersehen… Sofort erkenne ich die reale Lebensgefahr und laufe kleine Umwege, Maria und Rainer tun das Gleiche. Einige Kilometer geht es weiter so, viel im nassen, tiefen Schnee, der ein schnelles Laufen nicht gestattet, in frischer, wahrscheinlich völlig keimfreier Luft.

Hinter einer Senke ändert sich das schlagartig. Ein unangenehmer, beißender und Schwindel erregender Geruch; ein Deja-vue-Erlebnis, in meiner Kindheit machte ich damit Bekanntschaft in unmittelbarer Nähe eines Hochofens des Neunkirchener Eisenwerkes. Es ist der Schwefel, der im Stahlwerk künstlich erzeugt wurde, hier aber mit kochend heißem Wasser aus Erdspalten zischend herausspritzt. Die Farbe Gelb gewinnt um diese heißen Quellen und an den von ihnen gespeisten Wasserläufen die Oberhand.

Nach ca. 10 km kommen wir in der halben Höhe eines runter zulaufenden Berges an einer Wanderhütte an. Davor befindet sich eine Verpflegungsstelle, mit einem sehr, sehr bescheidenem Angebot. Es gibt kaltes Wasser, kalte azurblaue Iso-Getränke und Bananen. Kein warmer Tee und von heißen Suppen hat die Rennorganisation trotz eines Startgeldes von 200 € auch noch nichts gehört. Es ist enttäuschend. Vor mir sehe ich in ein oder zwei Kilometer Entfernung eine tiefschwarze Wolkenwand auf mich zurasen….

Die Familie Satzinger sehe ich noch in der Ferne vor mir, da ich doch länger an dem Verpflegungsplatz verweilt habe. Wolfram, erkenntlich an seiner gelben Windjacke, kann ich so einen bis zwei Kilometer hinter mir ausmachen.
Es geht wieder eine steile Anhöhe rauf und es beginnt zu hageln, und die Windintensität hat sich erheblich verschärft… Wie tausend Nadelstiche spüre ich die Eiskörnchen im Gesicht und an meinen mittlerweile von der Kälte tief geröteten Beinen. Meine nicht behandschuhten Hände sind gefühllos und unter meiner Gürtellinie scheint der Ofen aus zu sein. Ich fürchte stark, zum Wallach zu werden.

Der Wind faucht wie zornige Wildkatzen, die Sichtweite beträgt nur wenige Meter und ich versuche mit Tagträumen, dem Inferno zu entkommen. Ich denke intensiv an mein Hitzelauferlebnis vom vergangenen Jahr im Death Valley, und tatsächlich geht es mir besser.

Da immer wieder Anhöhen vor mir auftauchen und ich somit in einen gewissen Windschatten hineinlaufe, verringert sich die Windgeschwindigkeit wieder, um dann nach Erreichen des Bergkamms wieder brutal zu werden und mich zu ohrfeigen. Ein Masochist wäre bei diesem Rennen sicherlich in seinem El Dorado. Für mich als Elebnis-Genußläufer stellt sich jedoch die Sinnfrage jetzt ganz intensiv. Warum nur, warum mach ich das? Vom Über-Ich bekomme ich sofort die Antwort: „Das Ganze ist für Dich nur für eine kurze Zeit unangenehm, später wirst Du gerne daran zurückdenken, und Du wirst stolz sein, standhaft gewesen zu sein und es geschafft haben…“

Es hört jetzt wieder auf zu hageln und auch der Wind ist weniger kratzbürstig und auch die Wegeverhältnisse werden besser. Es gibt keinen Schnee mehr und ich kann jetzt gut joggen. Eine weitere Versorgungsstelle kommt, die allerdings genauso spartanisch wie die erste bestückt ist.

Es ist ein weites Hochtal und in der Ferne sehe ich Rainer und Maria. Ihnen laufe ich nach und habe dabei Glück, denn wenige Kilometer danach werde ich von schnelleren Läufern, die sich verirrt hatten, überholt.

Ich muß nun toilettieren und ich glaube, dafür mindestens 15 Minuten zu benötigen, denn durch meine gefühllosen Hände bekomme ich fast die Hose nicht runter und fast auch nicht mehr hoch. Auch ziehe ich mir jetzt noch im Zeitlupentempo meine wasserdichte Windjacke aus meinem Rucksack an, eine Tätigkeit, die mir ebenfalls endlos lange erscheint.

Noch immer werde ich von schnelleren, sich vorher verlaufenden Konkurrenten überholt. Ich habe zwar etwas von einem Zeitlimit an einer Cut-Off-Stelle gehört, wiege mich aber gefühlsmäßig in Sicherheit….

Wieder geht es über einen steilen Pass hoch und runter. Unten befindet sich ein einsames großes Anwesen mit einer Naturstraße. Die ganze Zeit hatte ich mich größtenteils an den Spuren der vor mir sich befindlichen Läufen orientiert. Jetzt auf dem festen Autoweg sind keine Spuren mehr erkennbar. Hinter einer Kurve sind Stäbe angebracht und ich sehe wieder Fußspuren, die einen steilen Berg hoch führen.Es sind allerdings nur relativ wenige. Erste Zweifel keimen auf, ich mache mich jedoch auf den Weg zum Gipfel. Nach ca. 300 m Emporsteigen macht eine junge Frau in einem Geländewagen mit lautem Hupen auf sich aufmerksam und bedeutet mir mit Handzeichen eine andere Himmelsrichtung, auf der Autostraße entlang. Gott sei Dank, die liebe Frau kam gerade noch rechtzeitig. Nun laufe ich ca. 1 km auf der Straße und gelange dann wieder auf einen Pfad, der mit einem Pfahl gekennzeichnet ist und Spuren starker Läuferfrequentierung aufweist.

Die Gegend ist relativ eben und gut zu laufen und führt nun über eine stark schwankende Holzbrücke, die über ein tief in Felsen eingeschnittenes Flussbett, gut gefüllt mit schäumenden und brodelnden Wassermassen, führt. Die Episode auf der Hängebrücke im Film von Indiana Jones und dem Tempel des Todes kommt mir in den Sinn. Nur werde ich nicht von fanatischen Sektenmitgliedern gejagt… Im Moment geht es mir wieder gut, keine großen Anhöhen sind zu überwinden, die Windjacke, die ich jetzt trage, lässt mich den Wind ertragen und ich komme gut voran. Bald erreiche ich einen Fluss mit schnell fließendem Wasser, das mir über die Knie reicht. Ein Helfer steht davor und bietet mir solche Ganzbeinstiefel an, wie sie oft Angler tragen. Die Enden der Stiefel muss man jedoch mit beiden Händen festhalten. Der freundliche Flußüberquerungshelfer hält mich am Oberkörper fest, denn ohne ihn wäre ich von der Strömung mitgerissen worden… Am anderen Ufer lagern eine ganze Menge Gepäckstücke, von Läufern, die sich hier umgezogen haben oder, wie ich meine, noch umziehen werden. Ich wechsele in Rennen nie die Kleider und habe also keine Gepäckstücke deponieren lassen. Wenig später sehe ich an der Straße ein Geländefahrzeug, indem auch mein Freund Wolfram sitzt. Eijeijei, er hat also aufgegeben.

Es ist nun vollkommen flach und ein gut zu laufender Weg zieht sich mehrere Kilometer in die Ferne, wieder einer größeren Anhöhe entgegen. Jetzt bemerke ich kurz hinter mir einen Läufer ohne Startnummer. Ich frage ihn auf englisch, ob ich nun der Letzte sei. Ja, er wäre der Besenläufer, alle hinter mir wären mittlerweile ausgestiegen….

Es kommt wieder eine schwarze Wolkenwand auf uns zu und es gibt Hagel und Sturm. Karl-Heinz Jost aus Kiel, der in seiner Jugend zur See gefahren ist, wird später behaupten, dass wir Windstärke 9 – 10 gehabt hatten. Mit voller Kraft werfe ich mich dem Wind entgegen und trotzdem komme ich nur ganz langsam voran. An einer Kurve queren wir wieder die Autostraße und dahinter befindet sich wieder ein Mini-Verpflegungsplatz, wo jetzt nur kaltes Wasser angeboten wird. Ein Sanitätsgeländewagen fährt heran, zwei Leute springen heraus und erklären mir, dass ich jetzt mit ihnen fahren kann. Verdutzt nehme ich das zur Kenntnis und erkläre ihnen, dass es mir gut ginge und ich überhaupt nicht daran denken würde, das Rennen abzubrechen. Nun muss ich hören, dass es keinen Sinn mehr machen würde, da die Cut-Off-Stelle in einer halben Stunden schließen würde und bis dahin wären es noch 7 km. Ich atme tief durch und glaube, soeben eine Ohrfeige erhalten zu haben, fange mich aber sofort wieder und erkläre sehr lautstark, dass ich weit von Deutschland angereist wäre, ein fitter und ausdauernder Ultraläufer sei, finishen will und finishen werde. Ja, ich würde am Schluss erfahrungsgemäß wieder Zeit gut machen.
Kopfschüttelnd lassen mich nun die beiden weiterlaufen. Von den widrigen Witterungsereignissen bekomme ich nun mental überhaupt nichts mehr mit. Gegenwärtig gibt es für mich nur ein Ziel, nämlich Finishen, auf Teufel komm raus…

Ich laufe schneller und habe nach wenigen 100 m den Besenläufer tatsächlich abgehängt. Nach ca. 2 Kilometern kommt wieder der besagte Jeep in meine Nähe und mir wird ein neuer Besenläufer auf die Fährte gesetzt. Und … ich kann den Kerl nicht abhängen, er klebt an mir wie eine Klette. Noch immer tobt infernalisch der Wind und schwerer, eiskalter Regen fällt. Es kümmert mich nicht. An einer Anhöhe sehe ich plötzlich einen Läufer vor mir, und sofort bemerke ich sein Schwächeln. Hurra, ich werde also gleich den Besenläufer los sein… Ich beschließe, an der Cut-Off-Stelle einen Haken zu schlagen und einfach daran vorbei zu laufen. Auf die Getränke bin ich nicht angewiesen, denn ich kann aus jedem der zahlreichen Fliessgewässer trinken.

Es geht einen Berg hinab und von weitem sehe ich eine einsame Hütte mit Geländewagen davor. Aha, das muss also der entscheidende Ort sein, und ich versuche auszuweichen. Aber ein Mann mit Funkgerät läuft mir entgegen und reißt mir ohne Worte die Startnummer vom Rucksackgürtel. Ich schreie ihn an und habe das dringende Bedürfnis, ihm einen Kinnhaken zu verpassen, doch die Vernunft kehrt augenblicklich ein. Er wurde per Funk vorgewarnt und handelte auf Anweisung.

Er klopft mir auf die Schulter und führt mich in die Hütte, wo augenblicklich nach Betreten von bekannter Stimme mein Name gerufen wird. Es sind Rainer Satzinger mit Maria. Die Hütte ist mit DNF-lern voll besetzt und wird von einem Ofen beheizt. So langsam kommen die Lebensgeister wieder zu sich, die Hände werden wieder beweglich, die kalten Beine erwärmen sich, und auch die Angst, ein Wallach geworden zu sein, verflüchtigt sich….