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Das südliche Afrika

Alleine wenn ich die Überschrift lese, muss ich mir schon wieder die Augen reiben. Eigentlich bereise ich immer ein Land, eventuell bin ich bei der Anreise oder Abreise noch ein paar Tage in einem weiteren, aber es gibt immer ein Schwerpunktland. Bei meiner letzten Reise nach Alaska und das nordwestliche Kanada war das schon einbisschen anders, und auch damals war ich mit Kanada in einem Land, dass ich schon vorher besuchen durfte. Eigentlich ein Verstoß gegen meine eigene Regel, kein Land mehrfach zu bereisen. Es gibt einfach zu viele, die ich mir gerne noch anschauen möchte. Und jetzt geht es in das südliche Afrika. Dabei geht es auch durch Südafrika und Namibia, beides Länder von denen ich schon ein bisschen sehen durfte. Dabei gehört Namibia nach wie vor zu meinen Lieblingszielen all meiner Reisen.

Aber der Grund ist ein Anderer. Ich mag den Kontinent sehr gerne, einfach weil es dort scheinbar Zeit im überfluß gibt. Nichts muss jetzt, aber vieles geht eben, und das auch ohne sich immer stur an einen Plan oder in Stein gemeißelte Regeln halten zu müssen. Etwas was es in Europa und insbesondere in Deutschland nicht gibt. Für das tägliche Leben hat die bei uns übliche "Version" natürlich auch viele Vorteile, aber im Urlaub genieße ich es, ohne die normale Taktung des Alltag zu sein. Und auch wenn ich viele der Tiere, die man so klassisch mit Afrika verbindet, und ich meine nicht nur die Big Five, schon in verschiedenen Landschaften gesehen haben, so sind sie immer eine Reise wert. Und dann ist da immer noch Botswana offen, vielleicht eines der politischen Musterländer der Kontinents. Da wollte ich unbedingt noch hin, da die Natur hier unter anderem mit dem Okavango Delta einen Landstrich bereit hält, der einfach einzigartig ist und in der umgebenden Kalahari Wüste nahezu unmöglich erscheint, und doch gibt es ihn. Dazu kommt noch ein Besuch der Victoria Fälle, die ja auch nicht ganz unbekannt sind, der ebenso Teil dieser Reise ist. Und damit kommt mit Simbabwe gar ein viertes Land auf einer Reise hinzu. Das ist natürlich ein strammes Programm für gut drei Wochen, es bleibt also nicht viel Zeit, um Teile des Gebietes aus der "Froschperspektive" und mit der Tagesverpflegung auf dem Rücken zu sehen. Und es ist noch was anders, als auf den letzten Reisen: kein Schlafsack und kein Zelt. Was dann aber natürlich wieder ein Stück weit bedeutet, es gibt dann doch wieder eine Taktung, wann der nächste Programmpunkt auf dem Zettel steht. Also ein bisschen doch ein Anachronismus zu dem, was Afrika für mich auch ausmacht.

Kein Schlafsack, vor allem Sommerbekleidung, keine dicken Wanderschuhe ... bedeutet natürlich weniger Gewicht. Und auch wenn meine Tasche mal wieder zu den schwereren gehört, so habe ich beim Packen nicht das Problem, was wieder raus muss, sondern ich lege noch ein Fernglas und ein paar andere nicht unbedingt wichtige Utensilien dazu, und habe trotzdem noch ein paar Kilos frei. Das macht mich natürlich beim Packen fast schon nervös. Habe ich echt alles dabei? Ja hatte ich, jedenfalls fehlte nichts, was mit sollte, dafür waren Sachen dabei, die es nicht gebraucht hätte - auch wie immer. Dafür könnte ich nach meiner Rückkehr wegen einer Verstellung des ISO-Wertes in der Kamera "schreien". So sind einige Fotos nicht in der Qualität entstanden, wie ich es gekonnt hätte. Aber es hilft ja nichts, da kann man sich nur an die eigene Nase fassen. Und wie so oft, sieht man auf den eigenen Bilder manchmal auch Dinge, die da nicht drauf sind. Einfach weil man um die Entstehung, der Situation und Begebenheiten drum herum weiß. Und die sind auch alle auf diesen Bildern drauf - jedenfalls wie ich sie sehe.

1. und 2. Tag     Benoni - 03./04.09.2016

Es geht gemächlich in den Tag, da mein Zug erst kurz vor 13:00 Uhr fährt. Mit dem geht es dieses Mal nur bis Hamburg, von da geht es dann mit dem Flieger bis München weiter. Wir landen dort sehr pünktlich, nur leider hat man es am Flughafen scheinbar nicht so recht registriert. So sitzen wir noch eine gute Viertelstunde im Flieger, ohne dass die Rampe zum Aussteigen an das Flugzeug gefahren wird. Als auch das kleine Problem gelöst ist, geht es ohne weitere Komplikationen mittels Shuttle zum anderen Terminal. Dann noch ein kleiner Fußmarsch über den gefühlt halben Flughafen, was aber natürlich total übertrieben ist, und ich habe mein Abflug Gate erreicht.

Auch der Flug nach Johannesburg startet pünktlich. Auch wenn der Flug eigentlich ein Nachtflug ist, kann ich mal wieder wie üblich nicht richtig schlafen. Es ist mal wieder nur ein Dösen, oder ein kurzes Schlummern. Insgesamt komme ich kaum über 3 Stunden. Wir landen pünktlich, nach dem ersten Einreisestempel dieser Reise treffen wir auch unseren Guide. Wir ziehen noch am Flughafen 3000 Rand aus dem Automaten. Was sich zunächst viel anhört, sind gerade einmal 200 €. Den restlichen Vormittag verbringen wir eher mit „Nichts tun“. Das heißt, wir fahren noch rüber zu unserem Hotel, da mein Zimmerpartner und ich in der ersten Nacht in einem anderen Guesthouse unterkommen, geht es für uns noch mal weiter in ein anderes Guesthouse. Genau genommen befinden wir uns hier nicht einmal in Johannesburg, sondern in der Stadt Benoni. Sie einen kleinen Vorort zu nennen, wäre aufgrund der Größe von etwa 160.000 Einwohnern wohl nicht ganz richtig. Das innere Stadtgebiet von Johannesburg hat nach der Volkszählung von 2011 etwa 960000 Einwohner, mit den politisch dazugehörigen Stadteilen etwa 4,4 Millionen, die wirkliche Zahl liegt aber weit höher. Dazu gibt es um Johannesburg herum zahlreiche „kleinere“ Städte wie eben Benoni, die teilweise direkt in Johannesburg übergehen. Der Stadt Benoni wird übrigens nachgesagt, die höchste Dichte an Pferdeställen auf der Südhalbkugel zu haben. Woraus man wohl schließen darf, dass hier eher die sozial stärkeren Schichten zu Hause sind. Das deckt sich auch mit unserem Eindruck, den wir auf einem kleinen Spaziergang um das Korsman Conservancy gewinnen. Dabei handelt es sich um ein kleines Vogelschutzgebiet, dessen Herz ein See ist. Bei sehr gemächlicher Gehweise, kommt man in einer Stunde drum herum. Wir sehen verschiedene Vogelarten wie etwa Nilgänsen, Flamingos, Goliath Reiher, Heilige Ibisse und einiges mehr. Um den See herum gelegen sind dann noch zahlreiche Villen, die natürlich den für Südafrika obligatorischen hohen Zaun haben, und dazu die übliche Sicherheitstechnik wie Kameraüberwachung oder aber stromführende Drähte auf den Mauern. Wie auch in unserem Guesthouse bekommt man eine Fernbedienung, um das Tor öffnen zu können. Alternativ gibt es meistens einen Code-Taster. Ansonsten sind die meisten Anlagen so beschaffen, dass man sie nicht einsehen kann. Aufgrund der Höhenunterschiede und sichtbaren Teile wird aber schon klar, dass es sich hier nicht um sozialen Wohnungsbau handelt. Und um das Bild noch abzurunden, befindet sich in direkter Nachbarschaft zu unserem Guesthouse ein kleiner Golfplatz.

Nach der Mittagspause nehmen wir an einer Führung durch Soweto teil. Der Name ist eine Abkürzung für SOuth WEst TOwnship. Die Townships wurden zur Zeit der Apartheid-Regierung eingeführt, und dienten der Rassentrennung. So durften die bisherigen besseren Wohngebiete nur noch von Weißen bewohnt werden. Den Schwarzen, den Coloured, wie die Mischlinge genannt werden, und den „gelben“ mit meist indischer Abstammung wurden jeweils andere Gebiete zugewiesen, die Townships. Soweto war ein Township der schwarzen Bevölkerung. Heute ist Soweto eigentlich fast schon eine eigene Stadt, auch wenn es streng genommen zu Johannesburg gehört. Offiziell leben in Soweto ca. 3 Millionen Menschen, man schätzt aber, dass es durch illegale Zuwanderung inzwischen mindestens 4 Millionen sind. Schon von weitem sieht man zwei große Kühltürme eines ehemaligen Kohlekraftwerks mitten in Soweto. Das Kraftwerk wurde 1957 gebaut und um das Jahr 2000 stillgelegt. Das geschah nicht zuletzt aus politischen Gründen, immerhin handelte es sich früher zur Zeit der Apartheid um ein Township für Schwarze. Im Townships selbst gab es aber erst 1984 die ersten Hausanschlüsse ans Stromnetz. Heute kann man, wenn man denn will, Bungee Jumping von einer Plattform zwischen den beiden Türmen machen. Beide sind übrigens heute bemalt. Aktuell ziert den einen Turm die Werbung eines großen weltweit operierenden Mobilfunkkonzerns, auf älteren Bildern sieht man aber durchaus andere Werbung. Offensichtlich ist es heute eine „mietbare“ überdimensionierte Litfaßsäule. Wobei es aufgrund der Dimensionen natürlich ein wenig aufwendiger ist, die Werbung neu zu gestalten. Der andere Kühlturm ist mit Symbolen vor allem der neueren Geschichte des Landes verziert. Selbstverständlich kommt dabei auch Nelson Mandela sehr dominant vor, als der Übervater der schwarzen Bevölkerung. Nicht weit entfernt ist übrigens auch das ehemalige Haus von Nelson Mandela, dass er schon mit seiner ersten Frau bewohnt hatte. Von dieser wurde er geschieden, bevor er Winnie Mandela heiratete. Nach den Gesetzen seines Volksstammes, er gehörte den Xhosa an, hätte er auch mehrere Frauen heiraten dürfen. Wobei die erste typischerweise von den Eltern ausgesucht wurde. Jede weitere Frau hängt nach den Stammesgesetzen dann von der Zustimmung der ersten bzw. jeder weiteren Ehefrau ab. Nelson Mandela verstieß eigentlich bereits mit der Heirat seiner ersten Frau gegen diese Gesetze. Um diese von ihm selbst ausgewählte überhaupt heiraten zu können, verließ er seine Heimat. Zumal dort zuvor bereits eine andere Frau für ihn ausgesucht worden war, und auch der Brautpreis bereits entrichtet worden war. Er floh nach Johannesburg. Dort kam er unter anderem mit Walter Sisulu zusammen, der ihm eine Stelle in einer Anwaltskanzlei verschaffte. Zu dieser Zeit hatte er aber bereits ein Jurastudium an der Universität von Fort Hare abbrechen müssen. Er musste damals den Campus verlassen, weil er mit Mitstreitern für eine bessere Essensversorgung demonstriert hatte. An der Uni traf er unter anderem mit seinem späteren Weggefährten beim ANC (African National Congress) Oliver Tambo zusammen. Überhaupt ist diese Universität eine interessante Einrichtung. Sie hat unter anderem die folgenden Personen hervorgebracht: Seretse Kharma (erster Präsident von Botswana), Kenneth Kaunda (erster Präsident von Sambia), Julius Nyherere (Präsident in Tansania), Robert Mugabe (Präsident von Simbabwe), Ntsu Motkehle (Premierminister von Lesotho), besagten Oliver Tambo (Vorsitzender des ANC), Robert Sobukwe (Gründer des Pan Africanist Congress) aber auch Desmond Tutu (Erzbischof und Nobelpreisträger, sowie zahlreichen Persönlichkeiten, die verschiedene Ministerien vorstanden. Das nennt man wohl eine Kaderschmiede, zumal es zu der Zeit von Nelson Mandela nur 150 Studenten gab.

Zurück zu dem ehemaligen Haus von Nelson Mandela. Auf dieses sind mehrfach Bombenattentate verübt worden, die der damaligen weißen Regierung zugeschrieben werden. Bei diesen Attentaten wurden aber glücklicherweise weder seine Frau noch eines seiner Kinder verletzt worden. In der gleichen Straße ist übrigens kaum 200 m entfernt auch das ehemalige Haus vom Erzbischof Desmond Tutu. Damit ist es die einzige Straße auf der Welt, in der zwei Friedensnobelpreisträger gewohnt haben. Heute ist die Straße offensichtlich ein Szenetreff mit einigen gehobenen Restaurants. Dazwischen gibt es aber auch noch zahlreiche kleine vergitterte Geschäfte oder fliegende Händler, die mit den eben auch nicht wenigen Touristen ihr Geschäft zu machen versuchen. Wir gehen weiter die Straße hinauf, wo wir auf eine andere historische Stätte treffen. Hier wurde Hector Pieterson von der Polizei bei einer Schülerdemonstration getötet. Dabei war er mit seinen nicht einmal ganz 13 Jahren nur das jüngste Opfer dieses Tages, an dem allein mehr als 40 Kinder und Jugendliche von der Polizei erschossen worden sind. Ihm zu Ehren gibt es nur wenig weiter ein großes Denkmal, auf dem auch ein international sehr bekanntes Bild gezeigt wird. Auf diesem wird sein Leichnam von einem anderen jungen Schwarzen getragen, und dahinter sieht man die Schwester des Opfers laufen, die ihren Bruder schon von weitem an den Schuhen erkannt haben soll. Sie hatte ihn nur kurz vorher getroffen. Sie ging wie jeden Tag mit ihrem kleineren Bruder zur Schule. Erst kurz vor der Schule trennten sie sich, sie ging zu Highschool, er zu Primary School. Weil diese an diesem Tag ausfiel, lief der Junge zurük zur Schule seiner Schwester, die ihn aufforderte stehen zu bleiben, da sie hören wollte, was ein Studentensprecher zu sagen hatte. Dort fielen dann die Schüsse. Die Polizei hatte von den Protesten Wind bekommen, und war mit einem Großaufgebot von Polizei und Militär vor Ort. Als sich die Sicherheitskräfte und die jungen Schwarzen gegenüberstanden, kam es zur Aufforderung an die Kinder und Jugendlichen den Platz innerhalb von 5 Minuten zu räumen. Stattdessen flogen ein paar Steine, und ein losgelassener Hund der Polizei kam zu Tode. Nur Sekunden später begannen die Sicherheitskräfte zu schießen.

Der Auslöser der Proteste war die Einführung von Afrikaans in den Schulen. Es ging dabei darum, dass nur noch in Afrikaans unterrichtet werden sollte. Afrikaans war die Sprache der herrschenden weißen Bevölkerungsschicht. Dabei sprachen die meisten Schwarzen kein Wort Afrikaans, was auch für die ihrer meisten Lehrer galt. Damit war natürlich ein Unterricht unmöglich, was den regierenden Weißen sicherlich nur recht war, da sie damit die Schwarzen von jeglicher Bildung fernhalten konnten. Was in ihrem Weltbild dann gleichzeitig wieder bestätigte, dass sie selbst einer überlegenen Rasse angehörten. Afrikaans ist eine Sprache, die sich in Südafrika eigens gebildet hat. Sie ist wesentlich beeinflusst von dem holländischen der Buren, den frühen weißen Siedlern am Kap. Und selbst unter den Weißen, konnte nur der etwas werden, der Afrikaans sprach. Ebenso wurden viele Namen ins Afrikaans übertragen. Das gilt sogar für den jungen Hector Pieterson, dessen Familie ursprünglich eigentlich Pietso hieß. Bis heute ist übrigens nicht bekannt, was aus Mbuyisa Makhubo geworden ist, er war der junge Mann, der den verstorbenen Hector Pieterson auf dem Bild trug. Er verließ nach Repressalien der südafrikanischen Polizei illegal das Land, und tauchte 1978 zum letzten Mal in Nigeria auf. Er war auf der Flucht vor dem südafrikanischen Geheimdienst, von dem er annahm, dass dieser ihn töten wollte, und das nur, weil er einen Leichnam getragen hatte.

Eine andere bekannte Persönlichkeit, die nur einige Straßenzüge weiter ein Haus bewohnt, ist Winnie Mandela, die Exfrau des ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas Nelson Mandela. Sie war insgesamt 38 Jahre mit ihm verheiratet, von denen er allerdings 27 Jahre auf Robben Island im Gefängnis einsaß. Das heutige Haus von Winnie Mandela wurde übrigens mit Spendengeldern von Anhängern des ANC finanziert. Nelson Mandela hat sich stets geweigert, dieses Haus zu betreten, die genauen Beweggründe dafür liegen bis heute im Dunkeln. Unklar ist auch ihre Rolle bei der Ermordung eines Schwarzen, manche behaupten heute, sie hätte den Tod angeordnet, andere Stimmen halten sie für komplett unschuldig und den Tod für das Ergebnis von Kämpfen zwischen rivalisierenden Banden. Weder das eine noch das andere konnte jemals bewiesen werden. Unstrittig dürfte allerdings ihr Geltungsbedürfnis und Machthunger sein. Das Haus gehört in jedem Fall zu den größeren in der Gegend. Zur Zeit der Apartheid wurden die Häuser anfangs zugewiesen, das bedeutete nicht, es wäre dann deren Eigentum, sondern sie „durften“ es mieten. Die Häuser waren 48 m² groß und hatten zwei Schlafzimmer, eine Küche und ein Wohnzimmer. Später konnten diese Häuser auch von den Bewohnern gekauft werden. Nicht dazu gehörte dann allerdings das Land, auf dem sie standen. Wollte der Staat das Land anderweitig nutzen, so blieben den Bewohnern nur 48 Stunden Zeit um das Haus zu räumen. Eine Entschädigung war nicht vorgesehen. Viele Bewohner, mit einer kleinen Parzelle mit den staatlichen Häuschen drauf, vermieteten einen kleinen Teil des Grundstücks weiter, auf dem die meist illegalen Bewohner eine noch viel ärmlichere Wellblechhütte errichteten. Im Jahre 2008 wurde diese Regelung erneut geändert, und die Bewohner konnten jetzt das Haus inklusive dem Grundstück kaufen, was natürlich ein deutlich kleineres Risiko ist. Der ANC, also die erste schwarze Regierung, gewann übrigens im Jahr 1994 die ersten freien Wahlen. Und es dauerte 14 Jahre um diese sehr seltsame Regelung abzuschaffen. Stattdessen veränderte man das Konzept des Hausbaus in den Townships. Die Häuser waren nun 60 m² groß, nur jetzt leider als Doppelhaus. Und statt der vorher üblichen Außentoilette ist diese heute im Haus, was zusätzlich 3 Quadratmeter Wohnraum kostet. Man sieht an den großen Straßen zahlreiche Kabel auf der Erde mehr oder weniger stramm verlegt. Mit diesen wird illegal Strom abgezweigt. Selbst wenn man einen offiziellen Stromanschluss hat, bedeutet es noch lange nicht, dass auch welcher fließt. Für viele ist der Strom schlicht zu teuer. So berichtete unser Reiseleiter von monatlichen Stromkosten von 700 Rand und das bei einem Durchschnittlichen Einkommen von 3500 Rand. Wobei er in Kapstadt wohnt, wo fast alles deutlich teurer als im Landesdurchschnitt ist, man aber auch überdurchschnittlich verdient. Also zweigen viel Bewohner insbesondere der ärmeren Wohnviertel Strom an öffentlichen Punkten ab. Bevorzugt an Ampeln. Funktioniert einmal eine Ampel nicht, wird sie innerhalb weniger Tage repariert. Fällt eine Straßenlampe aus, ist es nicht sicher, ob diese schon im nächsten Jahr repariert sein wird.

Teil unseres Besuches in Soweto ist auch der Walter Sisulu Square. In unmittelbarer Nähe des Platzes befindet sich ein Denkmal mit neun großen Beton Steelen, die die Einheit der neun südafrikanischen Provinzen darstellen soll. Auch für die wesentlichen Forderungen der Freedom Charter gibt es direkt am Platz ebenfalls Betonsäulen. In dieser Freedom Charter fordert Nelson Mandela, als Vertreter einer Versammlung von 3000 Menschen mit schwarzen, indischen aber auch coloured Wurzeln für alle Menschen die gleichen Grundrechte, die aus heutiger Sicht eigentlich selbstverständlich sein sollten. Es waren unter anderem Dinge wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Bildungsfreiheit, Reisefreiheit, Religionsfreiheit, Recht auf Erwerb von eigenem Land, Gleichberechtigung, Demokratie oder auch das Recht auf Privatsphäre. Forderungen die der Apartheid-Regierung unannehmbar erschienen. Es kam in der Folge zu zahlreichen Übergriffen der Sicherheitsorgane. Die Rechte der unterdrückten Volksgruppen wurden noch weiter eingeschränkt. Die Vertreter der politischen Opposition wurden verfolgt, aufgrund von mindestens zweifelhaften Gerichtsurteilen inhaftiert, gefoltert oder sogar umgebracht. Die Gewalt schaukelte sich im Verlauf der Jahre immer weiter auf, und so radikalisierte sich auch die anfangs kommunistischen Strömungen innerhalb des ANC immer weiter und riefen schließlich zum bewaffneten Kampf auf. Auch Nelson Mandela hielt den gewaltfreien Protest nicht mehr für das alleinige Mittel. Er wurde im Zuge des Kampfes gegen die Apartheid mehrfach verhaftet, zeitweilig mit einem Bann Johannesburg nicht verlassen zu dürfen belegt, außerdem wurde ihm verboten an Versammlungen teilzunehmen, was später zu weiteren Verhaftungen führte. Während der ganzen Zeit arbeitete Nelson Mandela weiter für seine Ziele. Er unternahm dabei auch mehrere Auslandsreisen, die ihm eigentlich nicht gestattet waren. Er sammelte Gelder für den Widerstand, warb aber auch um politische und militärische Unterstützung. 1962 wurde er schließlich in Südafrika auf einer Autofahrt verhaftet. Wie erst viel später bekannt wurde, erfolgte der Zugriff nach einem Tipp von der CIA. Im folgenden Gerichtsverfahren war es ihm nicht erlaubt, einen Anwalt zu nehmen, da er im Vorfeld keine entlastenden Beweise vorlegen konnte. Er wurde schließlich zu fünf Jahren Haft verurteilt, drei davon für die Teilnahme an ihm verbotenen Versammlungen, und weitere zwei Jahre für das illegale Verlassen des Landes. Daraus wurden schließlich 27 Jahre, die er zum größten Teil auf Robben Island, eine Insel im Atlantik vor der südafrikanischen Küste unter unmenschlichen Bedingungen verbrachte.

Nach dem Ende unseres Soweto Besuchs geht es für uns zurück zum Hotel. Auf dem Weg machen wir noch einen kurzen Stopp in einem Supermarkt, um uns mit dem Nötigsten, was man wahrscheinlich ohnehin nicht braucht, zu versorgen. Aber natürlich auch mit Getränken für die kommenden Tage. Nach dem Abendessen werden mein Zimmerpartner und ich wieder zurück zu unserem Guesthouse gebracht. Obwohl es sich eigentlich um ein gesichertes Areal handelt, das neben den individuellen Zäunen um das eigene Grundstück eine weitere Mauer um das Areal mit entsprechendem Wachpersonal an den Zufahrtsstraßen hat, sind die Straßen um 20:30 Uhr bereits praktisch menschenleer. Zugegeben sind auch am hellen Tag nicht gerade viele Fußgänger oder Radfahrer unterwegs, aber jetzt sind auch nahezu keine Autos mehr unterwegs. Wir halten auch noch an den roten Ampeln. Wie uns unser Fahrer sagt, gibt es ein ungeschriebenes Gesetz, dass man dieses ab 22:00 Uhr aus Sicherheitsgründen besser lässt.

3.Tag     Graskop – 05.09.2016

Heute steht ein Fahrtag an. Wir fahren von Johannesburg bzw. Josi oder Joburg, wie man es hier auch nennt, nach Graskop. Eine Strecke von ca. 400 km auf meist gut ausgebauten aber immer asphaltierten Straßen. Das erste Stück geht es auf die Autobahn, bis es dann irgendwann auf Landstraßen weitergeht. Neben ein paar kurzen Zwischenstopps für menschliche Bedürfnisse steuern wir Pilgrims Rest an. Dabei handelt es sich um ein kleines Museumsdorf aus der Zeit des Goldrausches. Es gibt noch zahlreiche Gebäude aus Wellblech und Holz aus dieser Zeit. Auch wenn die Hochzeit des kleinen Ortes nur ca. sieben Jahre dauerte, so hat man doch zum Beispiel vor London bereits elektrische Straßenbeleuchtung. Diese war ein „Abfallprodukt“ eines großen Wasserkraftwerkes, welches man extra für den Untertage-Goldabbau baute. Wobei zu dem Zeitpunkt die erste Hochzeit bereits vorbei war, als die Glücksritter hier mit einfachsten Mittel kleine eigene Claims „umgruben“. Früher war Südafrika der mit Abstand größte Goldproduzent der Welt. Man verfügte zeitweise über 50 % der gesicherten Goldvorkommen. Heute sind es noch ca. 21 %. Auch die riesige Metropolregion Johannesburg ist zu Zeiten des Goldrausches in Südafrika entstanden. Sie ist eine der wenigen großen Metropolen der Welt, die weder am Meer noch an einem Fluss liegt. Dafür befinden sich heute hunderte von Kilometern Stollen unter der Stadt, in denen vor allem Gold aber, wenn auch in viel geringerem Umfang, Diamanten abgebaut worden sind. Es ist das größte zusammenhängende Tunnelsystem der Welt. Es kommt dort in jüngerer Zeit immer wieder zu Unfällen, weil dort illegal in eigentlich stillgelegten Stollen nach Gold gegraben wird. Dazu kommt noch, dass diese nicht mehr gekühlt werden, und es dort unten sehr heiß ist.

Bis heute ist Südafrika einer der großen Exporteure von Rohstoffen. Man fördert etwa 44 % der Weltproduktion an Chrom, bei Platin sind es 47 %, bei Mangan und Vanadium sind es gar 57 %. Aber selbst bei Diamanten, mit 9 % der Weltförderung, ist man alles andere als unbedeutend. Eines der großen Probleme beim Abbau der Rohstoffe stellen die miserablen Arbeitsbedingungen und extrem niedrigen Löhne dar, weshalb es immer wieder zu großen Streiks kommt. Ein nicht kleineres Problem stellt die Versorgung mit Elektrizität dar. Diese wird insbesondere beim Untertageabbau zur Kühlung der Stollen in großer Menge benötigt. Es kommt im ganzen Land immer wieder zu größeren Stromausfällen, teilweise wird sogar planmäßig für Stunden in manchen Regionen der Strom abgeschaltet. Neben einem Atomkraftwerk in der Region um Kapstadt ist Steinkohle der wesentliche Energieträger. Diese kann zum Teil im Tagebau abgebaut werden, da sich große Vorkommen nur wenige Meter unter der Erde befinden. So ist auch die Region, durch die wir heute fahren, gesäumt mit zahlreichen Kohlekraftwerken. Diese befinden sich zumeist unmittelbar an der Abbaustelle. Leider ist die südafrikanische Kohle eher minderwertig, aber eben billig im Abbau. So muss diese, bevor sie verstromt werden kann, gewaschen werden. Dabei werden die verschiedenen Qualitäten der Kohle voneinander getrennt. Übrig bleiben unter anderem große Halden mit minderwertigstem Kohlenstaub, auf denen es auch immer wieder zu Schwelbränden kommt. Diese großen Kohlenstaubberge haben wir auf unserer heutigen Fahrt auch immer wieder gesehen. Die Energieversorgung in Südafrika ist auch immer wieder ein Thema in der politischen Diskussion. Aktuell ist mal wieder ein großes neues Atomkraftwerk im Gespräch, dass auch der amtierende Präsident Jacob Zuma unterstützt. Nach einem Bericht einer Untersuchungskommission möglicherweise nicht ganz uneigennützig. Ihm werden enge Kontakte zur indisch stämmigen Familie Gupta nachgesagt. Wie zufällig kontrolliert diese den Uranabbau im Lande. Außerdem zahlreiche weitere wirtschaftliche Aktivitäten im Rohstoffsektor und vielen anderen Bereichen. Pikanterweise sind Günstlinge und Familienangehörige des Präsidenten in vielen einflussreichen Positionen bzw. Wirtschaftsunternehmen, die wieder mit der Familie Gupta in Zusammenhang stehen. Ursprünglich war er angetreten, um die Korruption im Lande zu bekämpfen. Glaubt man dem Bericht, ist eher das Gegenteil der Fall. So dürfte selbst bei der jüngsten Absetzung des Finanzministers Nhlanhla Nene die Familie Gupta eine Rolle gespielt haben. Ombudsfrau Thuli Madonsela, die dem Untersuchungsausschuss bis zu ihrer eigenen Absetzung vorsaß, forderte bei der Veröffentlichung ihres Berichts Ermittlung der Staatsanwaltschaft gegen den Präsidenten. Aber selbst die Veröffentlichung dieses Berichtes wurde vom Präsidenten Zuma und anderen mit ihm in Verbindung stehenden Kräften zu verhindern versucht, was zwar letztlich nicht gelang, aber um mehrere Jahre hinaus gezögert wurde. Madonsela hatte bei einer früheren Untersuchung bereits dafür gesorgt, dass Zuma einen erheblichen Anteil der Umbaukosten seines Privathauses, der zuvor aus der Staatskasse bezahlt worden war, zurückzahlen musste. Bei den letzten Kommunalwahlen wurde der ANC, dessen Vorsitzender Zuma ebenfalls ist, bereits deutlich abgestraft. So wächst inzwischen auch der Druck aus der eigenen Partei auf den Präsidenten, sich aus der politischen Verantwortung zurückzuziehen, und auch zur Aufklärung der Vorwürfe beizutragen.

Ein anderes großes sichtbares Thema auf unserer heutigen Fahrt ist die Landwirtschaft. Südafrika ist der drittgrößte Exporteur von Agrarprodukten in der Welt. Exportiert werden vor allem Getreide und Mais, in kleinerem Umfang aber auch Obst und seit neuerem auch nennenswert Wein aus der Kap-Region, beim Wein gewinnt man auch zunehmend Anteile am Weltmarkt. Das Gebiet, durch das wir hier heute gefahren sind, ist geprägt vom Anbau von Mais und Getreide, aufgrund der großen Dürre, die hier im Land herrscht, hat es aber in diesem Jahr eine große Missernte gegeben. So wird man in diesem Jahr möglicherweise sogar zum Nettoimporteur von Mais. Insgesamt werden etwa 14 % der Landfläche in Südafrika für Ackerbau oder Viehzucht genutzt. Zum Vergleich in Deutschland sind es etwa 33 %. Dabei setzt man hier insbesondere bei Getreide und Mais auf Masse statt Klasse. So sind auch genetisch veränderte Pflanzen hier normal. Die Felder sind riesig, und für viele Produkte ist auch die künstliche Bewässerung normal. Dabei werden Brunnen gebohrt, um die dann große Bewässerungswagen im Kreis herumgeführt werden. So erklären sich auch die grünen Kreise, die man teilweise aus dem Flugzeug sehen kann. Für die Viehzucht sind weite Teile des Landes weniger gut geeignet, da die Humusschicht nur sehr dünn ist und von den Hufen von zum Beispiel Rindern auf Dauer zertreten werden würde. Die dünne Humusschicht ist auch ein Problem für die Ackerwirtschaft, da der Boden relativ arm an Nährstoffen ist. Um dieses auszugleichen, und gleichzeitig das Geld für die künstliche Düngung zu sparen, werden hier Felder nach der Ernte üblicherweise abgebrannt. Südafrika gilt als eines der Länder mit der größten Artenvielfalt in Flora und Fauna, das gilt aber eben nicht in den Gebieten, in denen intensiv Landwirtschaft betrieben werden, dort sieht man eher Monokulturen und praktisch keine Wildtiere mehr.

Gegen 15 Uhr kommen wir an unserem Hotel in Graskop an. Nach einer kurzen Pause versuchen wir das relativ klare Wetter noch auszunutzen, und fahren zu einem der bekannten Aussichtspunkt der Gegend: Godds Window. Hier kann man vom Highveld ins Lowveld blicken. Eine Abbruchkante von rund 1000 m. Im Highveld vor allem aber im Lowveld wird intensiv Waldwirtschaft betrieben. Es handelt sich um den größten zusammenhängenden von Menschenhand geschaffenen Wald auf unserem Planeten. Man muss aber eigentlich von einer Plantage sprechen, in denen die Bäume in Reih und Glied gepflanzt werden. Das erleichtert die Bewirtschaftung während der Wachstumsphase, aber natürlich auch die rationelle maschinelle Ernte der Wälder. Ca. 50 % der Wälder bestehen aus Pinien, und etwa 40 % aus Eukalyptus, letztere enden praktisch komplett in der Papierproduktion. Es geht bei den Pflanzungen nicht um große alte Bäume, sondern um welche die möglichst schnell wachsen, und einen maximalen Ertrag erwarten lassen. So wundert es auch nicht, das auch hier Gentechnik eingesetzt wird. Sowohl die Pinien als auch die Eukalyptus sind hier eigentlich nicht heimisch. Sie wachsen hier aber besonders schnell und haben praktisch keine Fressfeinde. Die Setzlinge werden in einem Alter von ca. sechs Monaten gepflanzt. Nach zehn Jahren sind sie bereits 15-18 m hoch. Bis zu einer Höhe von ca. 10 m werden sie komplett entastet. Der Waldboden wird in den ersten Jahren mit Spritzmitteln komplett kahl gehalten, um Verluste durch konkurrierende Pflanzen praktisch auszuschließen. Nach ca. 35 Jahren werden die Bäume geschlagen. Dabei werden größere Flächen komplett per Kahlschlag gerodet, und unmittelbar danach sofort mit neuen Setzlinge bepflanzt. Insgesamt wird auf ca. 1,5 Millionen ha bzw. 3 % der Landesfläche diese Art der Waldwirtschaft betrieben. Wobei die Hauptakteure eine staatliche Gesellschaft und zwei große Privatunternehmen sind, diesen drei Unternehmen bewirtschaften etwa 80 % der Plantagenfläche.

4.Tag     Graskop – 06.09.2016

Heute beginnen wir den offiziellen Tag erst relativ spät. Die Abfahrt ist für 9:00 Uhr geplant, Frühstück gibt es ab 7:00 Uhr. Und wie es mit den Deutschen immer so ist, ab 7:30 Uhr sind praktisch schon fast alle da. Mit unseren beiden Jeeps fahren wir zu den drei Rondavels. Dabei handelt es sich um drei Felsen, die optisch an die früher hier üblichen Rundhütten erinnern. Auch unser nächster Aussichtspunkt bietet wieder einen Blick auf die drei Rondavels mit einem größeren Stausee unterhalb der Felsen. In Verlängerung des Stausees kann man auch das Lowveld erahnen. Aber auch an anderer Stelle blickt man ins Lowveld, dazwischen liegt noch der Ausgang der Blyde River Canyon. Manche sagen, es wäre der drittgrößte Canyon der Welt, was aber andere auch von anderen Canyons behaupten. Sei es drum, er ist auf jeden Fall ein großer und ein schöner noch dazu.

Unser nächster Stopp sind die Pothols, oder genauer gesagt die Brooks Lucky Pothols. Benannt nach einem Goldgräber, der von Pilgrims Rest herüberkam, um hier seinen Claim abzustecken. Er fand allerdings, anders als es der Name vermuten lässt, keins. Bekannt sind die Potholes aber wegen ihrer großen Auswaschungen am Zusammenfluss vom Blyde River und Treur River. Letzteres bedeutet etwa so viel wie trauriger Fluss. Der Name geht zurück auf die Vortrecker, welche ursprünglich Siedler aus Holland waren. Die Holländer siedelten im Jahre 1652 unter Führung von Jan van Rietbeeck im Gebiet des heutigen Kapstadt und gründeten dort im Namen der Niederländischen Ostindien Company einen Handelsposten. Er war ein wichtiger Versorgungspunkt auf dem Seeweg von Europa nach Südostasien. Von dort brachten die Holländer zahlreiche Sklaven in die Kap-Region, sodass es zeitweise mehr Sklaven als Europäer dort gab. Die Nachkommen der Sklaven werden heute als die Kap-Malaien bezeichnet, ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung ist in der Westkap-Provinz auch heute über 50%. Die Ostindien Company gerät Ende des 18 Jahrhunderts zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten, und der Einfluss der holländischen Händler nahm ab. Da Holland selbst zu dieser Zeit von Napoleon besetzt wurde, besetzten die Briten 1797 kurzerhand die Kap Region, damit  der strategisch wichtige Stützpunkt nicht den verhassten Franzosen in die Hände fiel. Im Zuge eines großen Friedensvertrags in Europa mussten sie sie aber 1802 wieder räumen und an die Holländer zurückgeben. Das hinderte sie aber nicht daran, sie 1806 neu und endgültig zu besetzen. Im Jahre 1833 schließlich beschloss das britische Parlament die Abschaffung der Sklaverei im gesamten britischen Empire, und damit auch in der Kap Region. Das entzog den holländischen Siedlern, den Buren, aber die Existenzgrundlage. Sie beschlossen in großer Zahl die Kap Region zu verlassen, und weiter ins Landesinnere zu ziehen – die Vortrecker. Einer dieser Trecks beschloss schließlich sich in dieser Region niederzulassen und sandte eine Abordnung an den hiesigen Stamm. Man wollte über den Erwerb von Land verhandeln. Es wurde ein Treffpunkt vereinbart, an dem die Vorhut, die auch die Verhandlungen führen sollte, wieder auf den Haupttreck stoßen sollte. Dieser Treffpunkt war der Treuer River, die Vorhut kam zum verbarten Zeitpunkt nicht zurück, weshalb man den Fluss den Treur River, den traurigen Fluss nannte, da man das Schlimmste annahm. Der Hauptdreck zog also weiter und wurde am nächsten Fluss von der sich verspäteten Vorhut eingeholt. Diesen Ort nannte man den Blyde River, den glücklichen Fluss.

Nach der Mittagspause haben wir noch kurze Stopps an den Berlin Falls und den Lisbon Falls gemacht. An den Lisbon Falls gibt es noch einen schönen Regenbogen im herabstürzenden Wasser. Die Wasserfälle stehen für unzählige, die es hier in der Gegend gibt. In nicht wenigen von ihnen stürzt das Wasser 30 m in die Tiefe. Auch wenn im Moment alle nur wenig Wasser führen, da die großen Regenfälle im hiesigen Frühjahr bzw. der Regenzeit schon seit Jahren ausbleiben. Das ist auch der Grund für die Dürre hier im Land, die, wie wir gestern gesehen haben, auch die Landwirtschaft zunehmend in Mitleidenschaft zieht. Wir sind relativ zeitig wieder in Graskop, um noch ein bisschen durch die Innenstadt zu schlendern. Wobei Innenstadt eigentlich schon übertrieben ist. Man sieht in den Straßen noch Embleme der Fußballweltmeisterschaft 2010. Ganz offensichtlich ein Ereignis auf das man noch heute stolz ist im Land. Und es reicht auch noch für einen kurzen Besuch im örtlichen Supermarkt um die eigenen Trinkreserven aufzufüllen. Und ich konnte natürlich auch nicht an der Eisbox vorbei. Immerhin könnte ist für die nächsten Tage die letzte Gelegenheit sein.

5. Tag         Olifants Camp – 07.09.2016

Heute geht es wieder etwas früher los als gestern. Die Abfahrt soll um 8:00 Uhr sein. Wir sind mehr als pünktlich - die Deutschen eben. Unser heutiges Ziel ist eines der Highlights dieser Tour: der Krüger Nationalpark. Der Nationalpark geht zurück auf Paul Krüger, der im Jahre 1898 ein Gebiet von ca. 2500 km² zu einer Schutzzone erklärte oder wie es damals hieß ein „Regierungs Wildgarten“. Zu der Zeit bedeutete Schutzzone nicht gleichzeitig Schutz für Flora und Fauna, sondern es ging nur darum Jagdtieren einen Schutzraum zu bieten. Zuvor hatten die in Transvaal siedelnden Buren, das jagdbare Tier reichlich dezimiert, und selbst unter den Jägern setzte sich die Einsicht durch, dass es ohne Schutzzonen bald kein jagdbares Tier mehr geben würde. Eine Schutzzone bedeutete aber nicht gleichzeitig, dass dann in diesem Gebiet gar nicht mehr gejagt wurde, sondern lediglich, dass es deutlich stärker reglementiert war. Das Gebiet war bis dahin praktisch nicht bewohnt, da es im Lowveld lag, und es deshalb dort ein hohes Malariarisiko gab. Lediglich in den Trockenzeiten fielen die Jäger in das Gebiet ein, auch Paul Krüger war eigentlich ein begeisterter Jäger, und schossen auf alles was sich ihnen zeigte. Doch bereits zwei Jahre später verloren die Buren den Kampf um Transvaal gegen die Briten. Für den künftigen Krüger Park, der zu diesem Zeitpunkt noch Sabie Game Reserve hieß, war es im Nachhinein keine Katastrophe, sondern ein Glücksfall. Denn die Briten setzten Major James Stevenson-Hamilton im Jahre 1902 als Wildwart ein. Bereits im Folgejahr baute er das Gebiet um 5000 km² aus. Er bekämpfte sehr vehement die damals noch verbreitete Wilderei in der Schutzzone. Seine weiteren Bemühungen wurden durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen. In den Folgejahren musste er so manchen Konflikt mit den Viehzüchtern, Goldsuchern und Bergwerksunternehmung austragen. Er veranstaltete Reisen von Entscheidungsträgern aus Johannesburg und Pretoria in die von ihm verwaltete Schutzzone. Im Jahre 1926 schließlich konnte er sein längst ausgearbeitetes Konzept eines Nationalparks umsetzen, das im Wesentlichen so bis heute Bestand hat. Durch die Zusammenlegung mehrerer Schutzreservate entstand der „Kruger National Park of South Africa” mit einer Gesamtfläche von 19.486 km². Er hat eine Nord-Süd Ausdehnung von ca. 350 km, in Ost-West-Richtung sind es zwischen 40 und 80 km. Bereits im Jahre 1935 zählte der neue Nationalpark 26.000 Besucher in 6000 Autos. Heute sind es in jedem Jahr weit über 1 Million Besucher, wobei die meisten aus Südafrika selbst kommen, aber auch die Zahlen der internationalen Gäste steigt kontinuierlich. Damit erzielt der Krüger Nationalpark einen Überschuß, der an andere nicht so bekannte Nationalparks zu deren Unterstützung geht. Allgemein ist es in Südafrika so, dass 15% der Kosten vom Staat getragen werden, den Rest müssen die Parks selbst erwirtschaften. Bei der Schaffung des Nationalparks kam James Stevenson-Hamilton ein Großneffe von Paul Krüger, Piet Grobler, zur Hilfe, der inzwischen Minister of Lands geworden war. Denn es mussten für die Schaffung des neuen Nationalparks Farmer umgesiedelt oder enteignet werden. Der Nationalpark selbst hat bis heute diese Größe behalten. Am westlichen Rand sind Privatgebiete zusätzlich angegliedert worden, zu denen die Zäune abgerissen worden sind. Seit 2000 gibt es nach 10 jährigen Verhandlungen eine Vereinbarung zwischen Südafrika, Mosambik und Simbabwe über die Angliederung weiterer Nationalparks in diesen Ländern. Der daraus entstandene Great Limpopo Transfrontier Park umfasst eine Fläche von ca. 35.000 km². Auch hier sind die bestehenden Zäune abgebaut worden. Die weitere Planung sieht eine weitere deutliche Ausdehnung insbesondere im Bereich von Mosambik vor, bei deren vollständige Umsetzung sich die Fläche noch einmal fast verdreifachen würde. Das Ziel ist eine freie Migration der Tiere in dem ganzen Gebiet. Für die Menschen bestehen freilich weiterhin die Grenzen wie bisher. Auf der anderen Seite stehen natürlich die Menschen, die heute in diesem Bereich leben. Für sie würde sich des Lebens von einem Tag auf den anderen radikal ändern. Sie dürften plötzlich ihre Tiere nicht mehr in alten angestammten Stammesgebieten weiden lassen, würden Haus und Hof verlieren. Unter Umständen könnte die Anzahl der Tiere als Statussymbol völlig wegfallen. Die Jagd wäre ihnen verboten. Gleichzeitig würden aber viele zusätzliche Ranger gebraucht werden, und sich neue Einnahmequellen erschließen. Bis es soweit ist, sind sicherlich noch viele Verhandlungen und auch Überzeugungsarbeit bei den Betroffenen nötig. Im heutigen Krüger Nationalpark gibt es 147 Säugetierarten, mehr als 500 Vogelarten, 114 Schlangenarten, 49 Fischarten, 34 Amphibienarten, 227 Schmetterlingsarten und 336 unterschiedliche Baumarten. Dabei ist das weitaus häufigste Säugetier das Schwarzfersen Impala mit etwa 152.000 Exemplaren, während es nur etwa 120 Geparden gibt. Da es sowohl den Besuchern als auch den Rangern strick untersagt ist, die angelegten Straßen und Wege, immerhin gibt es allein 2000km Straßen innerhalb des Krüger Nationalparks, zu verlassen, können nur etwa 3% des Parks eingesehen werden. So bleiben den Tieren ausreichend Rückzugsgebiete.

Wir erreichen gegen 10:00 Uhr das Orpen-Gate zum Krüger Nationalpark. Noch bevor wir tiefer in den Park hineinfahren, geht es, nach einer kurzen Pause für die menschlichen Bedürfnisse kaum 2km hinter dem Gate, ein kleines Stück zurück. Unser Guide hatte gehört, dass andere dort einen Leoparden gesehen hätten. Auf der Herfahrt haben wird dort nichts entdeckt, obwohl wir natürlich noch ausgeruht und in einem kleinen Wettkampf die linke gegen die rechte Seite des Fahrzeugs die Entdeckung von Tieren bekannt gegeben haben. Jetzt haben wir mehr Glück, und finden den Leoparden schon nach wenigen Minuten. „Unser Leo“ ist mehr als fotogen. Es gelingen einige wirklich sehr schöne Aufnahmen. Er liegt kaum 5 m neben der Straße mit freier Sicht unter einem kleinen Busch. Nach einigen Minuten wechselt er in aller Seelenruhe die Straßenseite, um sich dort wieder abzulegen. Wir konnten genau beobachten, wohin er gegangen ist, und doch ist der jetzt nur noch schwer auszumachen. Und das obwohl er eigentlich direkt neben der Straße im Schatten liegt. Aber genau das ist es auch, was es so schwierig macht, dieses Mitglied der Big Five vor die Linse zu bekommen. Sein Fell tarnt diese meist nachtaktive Großkatze nahezu perfekt. Die Tage verbringen Leoparden oft auf Bäumen, auf die sie mühelos mit ihren Krallen klettern können. Hier sind sie auch gegenüber ihren Fressfeinden relativ sicher. Leoparden haben am Tage eine ähnliche Sehleistung wie Menschen, auch wenn sie durch das sich stärker überlappende Sichtfeld eine bessere Tiefensicht haben, aber in der Nacht ist die Sehleistung etwa um den Faktor sechs größer. Leoparden fressen von kleinen Käfern, über Vögel, Mangusten, Pavianen bis hin zu Antilopen alles, was sie erbeuten können. Sie haben als Einzelgänger aber kaum Chancen eine Beute etwa gegen Hyänen oder Löwen zu verteidigen. Deshalb fressen sie ihre Beute meist nicht am Ort des Risses, da Geier sie dort schnell verraten, sondern schleppen sie ins Dickicht oder noch besser auf einen Baum. Leoparden können je nach Lebensraum sehr unterschiedliche Größen erreichen. Die Exemplare im Krüger Nationalpark gehören eher zu den größeren, dabei aber relativ schlanken Vertretern. Sie haben eine Kopf-Rumpflänge von ca. 150cm, der Schwanz ist noch mal ca. 90cm lang. Die Schulterhöhe beträgt ca. 70cm, wobei man sagen kann, dass die Männchen größer sind als die Weibchen. Sie haben mit 15-80km² auch ein deutlich größeres Revier, das sie gegen gleichgeschlechtliche andere Leoparden verteidigen. Die Weibchen tun dieses ebenso gegen andere Weibchen, ihr Revier ist aber mit 5-30km² deutlich kleiner. Üblicherweise versuchen sich Leoparden an ihre Beute so dicht wie möglich anzuschleichen, und dann die letzten Meter mit großen Sprüngen zu überbrücken. Ihr Lebensraum muss also eine gewisse Deckung bieten. Sie können auf kurzen Strecken eine Geschwindigkeit von bis zu 60km/h erreichen, lange Verfolgungen sind ihnen aber in dem Tempo nicht möglich. Leoparden bringen nach einer Tragezeit von 93 – 103 Tagen meist ein bis zwei Jungen zur Welt, diese haben bei der Geburt ein Gewicht von etwa 500g. Ausgewachsene Männchen können es bis auf 80kg bringen, die etwas kleineren Weibchen auf bis zu 60kg. Die Aufzucht des Nachwuchses übernimmt alleine die Mutter, nach etwa 13-18 Monaten verlassen die Jungen die Mutter, wenn sie gelernt haben, selbst Beute zu machen. Dabei zieht es die jungen Leoparden Männchen häufig in weit entfernte Reviere, während die jungen Weibchen sich nicht selten ein angrenzendes zuweilen sogar mit der Mutter überlappendes Revier suchen. Leoparden können in freier Wildbahn ein Alter von ca. 20 – 25 Jahre erreichen.

Unsere erste richtige Rast machen wir im Satara Camp. An dessen Ausgang in Richtung Norden befindet sich ein Wasserloch, an dem wir in unser Reisetagebuch gleich mal Elefanten und einen Schabrackenschakal mit aufnehmen können. In einiger Entfernung ist auch Schemenhaft eine Hyäne kurz zu sehen, aber da hoffe ich noch auf eine bessere Gelegenheit. Im Verlauf des Nachmittags bekommen wir auch noch schöne Zebra, Büffel, einen Sattelstorch, die obligatorischen Schwarzfersen Impala, Kudus, ein Steinböckchen, Buschböcke, Wasserböcke, einen Gaukler und einiges mehr geboten. Auch zwei Löwen liegen in großer Entfernung unter einem Baum, aber da halte ich es wie mit der Hyäne, die zählen noch nicht so richtig. Und die müssen nur herhalten, wenn ausgerechnet die zu den Big-Five fehlen sollten. Aber mit Leopard, Elefant und Büffel haben wir schon drei von fünf. Eine ziemlich gute Ausbeute für nicht mal einen vollen Tag im Park. Weniger schön ist der Wasserstand des Olifants-Flusses. Es ist kaum mehr als ein Rinnsal, an dem sich einige Tiere versammelt haben, um nach einem heißen Tag auf Nahrungssuche in einer sehr trockenen Umgebung wenigstens noch etwas zu trinken. So fahren wir schließlich gegen 17:30 Uhr ins Olifants Camp ein. Das wird unsere Basis für die nächsten zwei Nächte.