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Reiseland Chile

Wie man an meinen bisherigen Reisen sehen kann, mag ich Wüsten und bevorzuge offensichtlich die Südhalbkugel. Ich bin da jedesmal gleichermaßen fasziniert wie auch irritiert über das Licht dort. Natürlich scheint die Sonne überall und bringt gleißendes Licht, aber auf der Südhalbkugel ist es eben noch intensiver und noch heller. Aber das ist ja noch lange kein Grund für eine Reise nach Chile, schließlich liegt ja die Hälfte unseres Planeten auf der Südhalbkugel.

Zuerst mal wollte ich auf jeden Fall nach Südamerika, da das der letzte Kontinent ist, die Antarktis lasse ich da mal außen vor, den ich bisher noch nicht besuchen durfte/konnte. Und nach meiner ersten "großen" Reise hatte ich das Ziel, bis zu meinem nächsten runden Geburtstag auf allen Kontinenten gewesen zu sein, also 9 Jahre Zeit für eine "Weltreise". Man könnte das sicherlich auch unter meine Rubrik Träume schreiben (habe ich jetzt auch), denn nichts anderes war es zu dem Zeitpunkt. Bleibt aber immer noch die Frage: Warum Chile? Da ich mich mehr und mehr auf Reisen mit einem gewissen "Laufanteil" verlege, also auch das Wandern irgendwie seinen Raum braucht, ist natürlich Patagonien ein Muß. Dabei ist Patagonien vom Wetter eigentlich eher unsicher, wie wohl die meisten wandere ich lieber trocken bei angenehmen Temperaturen, und Padagonien ist bekannt für wechselhaftes Wetter und schnell hochziehendem Regen bis hin zu Schnee und dazu eine steife Briese mit zuweilen extremen Temperaturschwankungen.  Und trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ist Padagonien ein gewisser Mythos zu eigen. Patagonien heißt dann also Chile oder Argentienen, Chile hält im Norden noch die Atacama Wüste bereit, eine der ältesten und trockensten Wüsten der Erde. Und das noch auf einer Höhe von zum Teil über 4000m. Überhaupt hat Chile eine riesige Bandbreite an klimatischen Bedingungen zu bieten. Es ist ja auch das Land mit der größten Nord-Süd Ausdehnung. Dazu noch die Berge und Vulkane, die man erklimmen kann, auch ohne über irgendwelches bergsteigeres Wissen zu verfügen. Als "Flachlandtiroler" wäre ich da auch sofort raus. Es ist mindestens genauso wichtig zu wissen, was man nicht kann, wie zu wissen, was man kann. Dann sprechen noch unglaubliche Fotos der Natur für Chile. Schlägt man einen Reiseführer über Chile auf, fallen einem sofort Landschaftsaufnahmen auf, die irgendwie völlig unnatürlich fast surreal anmuten, ja fast wie gemahlt. Im Nachhinein kann ich sagen, das geht mir immer noch so mit einigen meiner eigenen Fotos. Obwohl ich nun da war, es mit eigenen Augen gesehen habe, kann ich bei einigen kaum glauben, das es dort wirklich so aussieht. Das ist insbesondere im Norden von Chile so. Unbeschreiblich - man muss dagewesen sein, um es auch nur halbwegs als "eventuell" real zu begreifen. Und dann noch ohne von Herscharren von Touristen "totgetreten" zu werden.

PS: Seltsame Sache, mich interessiert mein eigener Geburtstag eigentlich nicht, und doch diente einer als Zielmarke auf der Zeitachse für meine "Weltreise". Dabei ist Weltreise ja schon völlig übertrieben, schließlich geht es nur um die kleine Erde, und selbst die hält wohl schon mehr Überraschungen und Sehenswertes bereit, als ein Mensch in seinem Leben jemals fassen kann. Ich versuch´ es im Rahmen meiner Möglchkeiten trotzdem ;-) Man muss eben wissen, was man kann und was nicht - oder wie war das noch.

 

1.+2. Reisetag         07.+08.02.2011 – Santiago de Chile

Um 10.45 Uhr geht es mit der Bahn los in Richtung Frankfurt. Mein erstes Problem ließ nicht lange auf sich warten. Auf den anderen Reisen fiel mir immer auf den ersten Bahnkilometern ein, was ich irgendwie vergessen oder nicht mitgenommen hatte. Wobei das eigentlich immer Kleinigkeiten sind, die man auf dem Weg noch besorgen kann. Das eine Mal, bei dem das nicht passiert ist, verpasste ich wegen Problemen mit der Bahn meinen Flieger. Aber alles ging gut, der Zug war bis auf 6 Minuten pünktlich, und das auch nur weil mein Zug auf dem Hauptbahnhof in Frankfurt auf einen anderen verspäteten Zug gewartet hat, aber bis zum Flughafen sind es ja auch nur noch ein paar Minuten Fahrt. Am Flughafen angekommen ging es mit dem Bus-Shuttle rüber zum anderen Terminal, der mehr oder weniger menschenleer war. So war ich bereits 30 Minuten nach dem Aussteigen aus der Bahn am Gate, mein Gepäck, vom dem ich annahm, das es das bei mir übliche leichte Übergewicht hat, war aufgegeben. Wobei ich in Wirklichkeit aus Unkenntnis beim Gewicht sogar drunter war, bei LAN sind 23 statt der sonst üblichen 20kg erlaubt. 

Unser Flug nach Madrid verspätet sich um 30 Minuten, weitere 30 Minuten gehen bei der Zwischenlandung in der spanischen Hauptstadt verloren. Beides holen wir bis Santiago de Chile wieder auf. Zur Zeit der Landung ist es nach deutscher Zeit 13:45 Uhr, da wir hier eine Zeitverschiebung von 4 Stunden haben, ist es entsprechend 9.45 Uhr am Morgen.

Um 11 Uhr treffen wir am Hotel ein, bereits eine Stunde später beginnen wir unser Programm mit einer kleinen Stadtbesichtigung. Dazu fahren wir mit dem Bus in die Innenstadt rüber, hier kann man dann die meisten wichtigen Punkte zu Fuß erreichen. Beginnen wollen wir mit der La Moneda, was auf Spanisch Münze bedeutet. Wir stehen also vor der alten Münzprägeanstalt, sie ist heute der Sitz des Präsidenten. Zu beiden Seiten befinden sich große Plätze, die zum Teil von Ministerien wie etwa das der Justiz oder das der Finanzen und anderen Verwaltungsgebäuden umgeben sind. Ein Teil des Palastes sollte eigentlich für die Öffentlichkeit zugänglich sein, zurzeit – eigentlich schon seit Jahren - wird dort gebaut, wovon man aber auch nichts sieht, so kann man aber nicht hinein. Aber in Deutschland käme wohl auch niemand auf die Idee das Bundeskanzleramt für die Bürger oder gar Touristen zu öffnen, ein Alptraum für die Sicherheitsorgane. Hier in Chile wurde es aus der Geschichte nach dem Ende der Militärdiktatur unter Pinochet geboren. Und die vermeintliche Baustelle ist wohl eher der Versuch in dieser Frage zurück zu rudern.

Wir gehen links am Palast vorbei, wobei wir an einer geschichtsträchtigen Adresse bzw. Tür vorbei kommen der Calle Morande 80. Sie ist ein Nebeneingang des Palastes durch den Salvador Allende in seiner Amtszeit das Gebäude betrat und verließ. Allende war eher sozialistisch / kommunistischer Gesinnung und wurde durch den Militärputsch 1973 seines Amtes enthoben. Bis heute ist nicht geklärt ob er sich dabei selbst  das Leben in seinem Büro nahm oder von den Putschisten ermordet worden ist. Sicher ist aber das sein Leichnam eben durch diesen Eingang hinaus getragen worden ist. Nach dem Putsch wurden wegen der Kampfhandlung um den Palast Sanierungsmaßnahmen daran nötig. In dessen Verlauf wurde auch diese Tür zugemauert. Nach der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch eine gewählte Führung im Jahre 1990 wurde diese Tür wieder neu geschaffen. So wollte es auch der Zufall, dass sich ein kleines Fenster in der Tür öffnete, während wir davor standen, und wir aufgefordert wurden, weiter zu gehen. Keine zwei Minuten später hielt in der Straße ein Auto aus dem ein Regierungsangehöriger aussteigt und eben diesen Eingang benutzt.

Direkt hinter dem Platz auf der Rückseite der Moneda verläuft mit der Avenida Libertador Bernardo O‘Higgens eine der großen Durchgangsstraßen in Ost-West Richtung von Santiago. Sie ist nach dem Staatsgründer Chiles benannt, übersetzt heißt der Name soviel wie Straße des Befreiers Bernardo O’Higgens.  An der Straße gehen auch wir ein kleines Stück entlang, vorbei am Club de la Union, einst der exklusivste Club von ganz Chile. Lange Zeit hatten hier nur Clubmitglieder Zutritt, selbst Frauen waren hier lange ausgeschlossen – nicht nur als Clubmitglied sondern überhaupt die „heiligen“ Räume  betreten zu dürfen. Nach und nach wurden die Regeln gelockert, so dass auch nicht Mitglieder auf Einladung hinein durften und auch Frauen durften später Mitglied des Clubs werden.  Auch heute noch ist es in Chile wichtig zu den „richtigen“ Gemeinschaften zu gehören. Ein Weiterkommen in Politik und Wirtschaft ist nur aus einem einflussreichen Netzwerk heraus möglich. Eine gute Ausbildung, wie man sie wieder ein kleines Stück an der Straße herunter an der Universität de Chile bekommen kann, ist auch wichtig, aber alleine eben nutzlos.

Ein  kleines Stück weiter biegen wir links in eine Fußgängerzone ab. Wir befinden uns hier im Finanzdistrikt  von Santiago, hier ist auch die Börse, vor der zur Mittagszeit gerade ein paar Angestellte die Sonne genießen. Genau gegenüber steht ein Straßenhändler und bietet Kleinigkeiten für den Hunger zwischendurch an. Wir gehen weiter in Richtung Plaza de Armas. Hier ist die Fußgängerzeit voll mit Menschen, wir haben jetzt Mittagszeit an einem normalen Werktag. Man sieht seine „Erwartungen“ bestätigt. Es gibt den sonoren Herren vom Typ Großgrundbesitzer oder auch den Typ Manager mit Anzug und langen wirren Haaren. Genauso sieht man unzählige die sich als Schuhputzer betätigen. Hier gibt es auch die gemäßigte Version von „Cafés con piernas“ – Kaffee mit Beinchen. Im Prinzip wie ein Starbucks – nur ganz anders. Es gibt alle möglichen Kaffeesorten, für die man an der Kasse einen Voucher kauft. Ein kleines Stück weiter an einem Tresen kann man diesen dann bei Damen einlösen, deren Kleidung sagen wir mal ziemlich kurz und sehr figurbetont geschnitten ist. Bis auf der Dame an der Kasse dürfte hier keine der Angestellten ihr zehnjähriges Firmenjubiläum feiern – sage ich jetzt mal.

Aber wir wollen ja auch zur Plaza de Armas, der Keimzelle Santiagos. Um den großen quadratischen Platz sind bei der Gründung die wichtigsten Gebäude entstanden. Auf der einen Seite der alte Regierungspalast und die alte spanische Gerichtsbarkeit, auf der davon links gelegenen Seite eine Kathedrale und der Sitz des Erzbischofs.  Die beiden anderen Seiten sind heute von kleinen Restaurants und Geschäften belegt. Auf dem Platz selbst sind zwei große Denkmäler, eines für die Mapuche, den indianischen Ureinwohner, und für Bernardo O’Higgens auf einem Pferd. Vielleicht sogar bezeichnend das diese genau in den gegenüberliegenden Ecke angeordnet worden sind. Ansonsten sind auf der Plaza zahlreiche Maler und Zeichner, aber auch Wahrsager mit Tarot-Karten und ähnlich zuverlässigen Hilfsmittel. Man sieht schon, ich glaube nicht so recht an sowas. In einer Ecke ist auch ein großer Pavillon in dem zahlreiche vor allem ältere Männer miteinander Schach spielen. Die quadratische Form des Platzes ist typisch für die Planung der Städte der Spanier hier. So verlaufen auch die meisten anderen Straßen rechtwinklig zueinander, so fällt die Orientierung relativ leicht. Im Kern von Santiago sind die Blocks sogar alle gleich groß, für die etwa 100m sind auch 100 Hausnummern vergeben worden. So kann man auch anhand der Hausnummer die ungefähre Entfernung abschätzen. Eigentlich eine ziemlich praktische Sache, auch wenn sie schon mal zu einer Hausnummer aus der Größenordnung 2740 führen kann. Gleich noch ein paar Zahlen zu Santiago. Man schätzt,  das von den etwa 17 Millionen Chilenen 6 – 7 Millionen im Großraum von Santiago leben, also etwa 40% der Bevölkerung. Womit wohl klar ist, das Santiago das Zentrum für praktisch alles im Lande ist. Und die Einwohnerzahl wächst noch jedes Jahr um etwa 100000 Menschen. Dafür hält sich das Verkehrschaos hier eigentlich sehr in Grenzen, es geht zwar quirlig zu aber es ist eben auch nicht nur ein in Streifen angelegter riesiger Parkplatz.

Zum Mittag gehen wir in ein kleines Fisch-Restaurant. Wer mich kennt weiß, das alles aus dem Wasser nun nicht so oder überhaupt nicht so mein Fall ist, aber der hier war sehr gut und eine Portion, die auch ich nicht schaffen konnte, was schon was heißen will. Anschließend geht es noch über einen kleinen Markt ganz in der Nähe. Von hier kommt auch der Fisch der zahlreichen umliegenden Fischrestaurant, dabei liegt der Pazifik etwa 80 bis 90km entfernt. An Fisch und Meeresfrüchten ist das Angebot ziemlich reichhaltig, es gibt aber auch Fleisch, Gewürze, Obst und Gemüse,  letztere beiden in unzähligen Variationen, wovon ich nicht eben wenige noch nie gesehen habe, aber auch da bin ich alles andere als ein Experte.

Als letzte Station geht es nun doch noch mal mit dem Bus weiter zum Cerro San Cristobal, einer Erhebung von etwa 300m mit einer großen Marienstatue oben drauf. Von dem kleinen Berg hat man eigentlich einen schönen Überblick über die Stadt. Heute ist, wie man uns sagte, relativ klare Sicht, dabei versinkt die Stadt doch ein bisschen im Smog. Eines der Probleme der Stadt insbesondere im Winter, dann klart die Luft praktisch nur nach einem reinigenden Regen auf. Aber auch jetzt kann man die Stadt umgebenden Berge mehr erahnen als wirklich erkennen. Doch auch so bekommt man einen Eindruck von der riesigen Ausdehnung der Stadt. Es gibt aber auch nur in der Innenstadt  höhere Gebäude, es verflacht dann aber sehr schnell. Hier oben befindet sich auch eine kleine Kirche am Fuße der Statue, bei der die Türen immer weit geöffnet sind, in der auch praktisch den ganzen Tag Gläubige zu Gott beten. Chile ist ein ziemlich katholisches Land, wobei die Gläubigkeit gerade der Jungen in den letzten Jahren aber deutlich nachgelassen hat. Aber auch das kennt man ja auch aus dem alten Europa. Direkt neben der Kirche gibt es zahlreiche Opferkerzen und Fotos mit Fürbitten und Danksagungen für die Hilfe Gottes. Dort werden offensichtlich ziemlich viele Kerzen entzündet, denn der ganze Boden ist praktisch vom abgetropften Wachs bedeckt. Bevor wir zurück zum Hotel fahren, geht es noch auf einen Sprung bei dem Haus von Pablo Neruda hier in Santiago vorbei. Pablo Neruda war Literatur-Nobelpreisträger und ein Mann mit zahlreichen Gegensätzen, mehr dazu später noch mal, wenn wir zu seinem Haus an der Küste kommen. Dies hier war lange das geheime Liebesnest mit seiner späteren dritten Frau Mathilda.

Am heutigen Abend folgt noch ein gemeinsames Abendessen, so langsam nimmt der Tag eine Art von Mästung an. Aber morgen heißt es ja auch wieder sehr früh aufstehen. Noch ein paar Worte zu zwei Getränken, die wir heute kennengelernt haben. Das erste ist „mote con huesillo“. Hier bekommt man einen getrockneten Pfirsich mit Weizenkernen in Pfirsichsaft. Es schmeckt sehr erfrischend und sättigt wegen der Weizenkerne auch ziemlich. Es ist ein typisches Getränk der Chilenen im Sommer, und den haben wir hier ja jetzt. Das andere Getränk ist Pisco Sour, den trinkt man hier das ganze Jahr. Pisco ist ein „Traubensaft“, der dann meist mit Limettensaft, es gibt aber auch andere Geschmacksrichtungen wie etwa Mango, aufgefüllt wird. Für den übermäßigen Genuss insbesondere in der Sonne eignet sich Pisco Sour nur ziemlich eingeschränkt, da der enthaltene Pisco etwa 40% Alkohol enthält.

 

3. Reisetag     09.02.2011 – San Pedro

Nach dem wir gestern erst gegen 23 Uhr zurück im Hotel waren, geht es heut wieder zeitig los, ich würde sogar sagen sehr zeitig. Wecken ist um 2.45 Uhr, Abfahrt um 3.30 Uhr. Es geht zum Flughafen, wo wir bereits um kurz nach fünf abheben. So sind wir aber auch schon kurz nach 7 Uhr in Calama.

Die Stadt, immerhin rund 3000m über dem Meeresspiegel mitten in der Atacama Wüste gelegen, lebt eigentlich nur von einer Einnahmequelle, die etwa 15km entfernte Chuquicamata, meist nur kurz als Chuqui bezeichnet, Kupfermiene. Sie ist die größte Kupfermine der Welt, hier werden etwa 5% der Weltproduktion gefördert. Noch wird die Miene im Tagebau betrieben, das bis heute entstandene Loch ist etwa 3x5km groß und inzwischen in Terrassen-Abstufungen etwa 1km tief. Jeden Tag werden etwa 600000t Gestein im Loch abgesprengt verladen und nach oben geschafft. Davon werden etwa zwei Drittel direkt zu den ebenso gigantischen Abraumhalden befördert. Das andere Drittel kann zur Kupfergewinnung genutzt werden. Der Kupfergehalt beträgt dabei etwa 1%. Um die Menge des unnütz nach oben geschafften Abraums zu reduzieren, wird man voraussichtlich 2014 auf die Erzförderung unter Tage umstellen. Man schätzt, dass die bekannten Kupfervorkommen in dieser Miene noch etwa zwei Jahrzehnte vorhalten werden, immerhin bei einer Jahresproduktion vom 500000t reinem Kupfer. Aber in der Umgebung wurden bereits weitere Mienen eröffnet.  Überhaupt stehen Rohstoffe und hier vor allem Kupfer für etwa 50% der Ausfuhren Chiles. Noch ein paar Zahlen zu Chuquicamata, das Gestein wird auf riesigen Muldenkippern nach oben gefahren. Die beiden Liebherr Modelle fassen 360 bzw. 400t pro Fuhre, die „kleinen“ Komatsu nur 330t. Die Fahrzeuge werden mit zwei bis drei Schaufeln, der nicht minder gigantisch anmutenden Bagger beladen. Eine Tour dauert etwa 1 Stunde, davon 15 Minuten um nach unten zu fahren und 45 Minuten um langsam wieder an die Erdoberfläche zu schnaufen. Und das 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr. Unterbrochen wird die Arbeit nur bei Erdbeben oder bei Regen, dann wären die staubigen Pisten schlicht zu rutschig und die Fahrt viel zu gefährlich. Aber statistisch fällt hier auch nur alle 10 Jahre Regen. Wenn man die Muldenkipper so sieht, dann versteht man auch, warum die Jeeps alle mit 4m hohen roten Fähnchen umher fahren, sonst hätten die Fahrer dieser gigantischen Brummis schlicht keine Chance sie überhaupt zu sehen. Sie würden es wahrscheinlich nicht mal wirklich merken, wenn sie eine Pickup überrollen würden. Allein ihre Räder haben eine Achsenhöhe von geschätzt 1,80m. So ein Reifen hat dann einen Stückpreis von rund 30000$, die Laufzeit wird mit etwa 9 Monaten angegeben, und jedes Fahrzeug hat sechs davon. Da ist der Neupreis von etwa 4 Millionen $ pro Fahrzeug fast schon ein Schnäppchen. Der Verbrauch der Muldenkipper liegt übrigens bei etwa 3 Litern Diesel – pro Minute.

Direkt an der Miene liegt die verlassene Ortschaft Chuquicamata. Sie wurde 2003 zwangsgeräumt, die Umweltbelastung war schlicht zu hoch. Heute ist sie ein Freilichtmuseum, jedenfalls das was noch nicht wieder von den angrenzenden Abraumhalden verschüttet worden ist. Auf dem großen angrenzenden Friedhof, sieht man auch das Ergebnis der Belastung, viele wurden nicht mal 40 Jahre. Über dem Ganzen liegt ständig eine Staubwolke und ein etwas unangenehmer Geruch nach Ammoniak. Bei der Kupfergewinnung wird hier intensiv von Arsen und anderen nicht mindergiftigen Chemikalien Gebrauch gemacht.  Häufige Todesursachen sind hier Staublungen und Krebs. Die Menschen wurden von hier in das nahegelegene Calama umgesiedelt, wo man extra einen eigenen Stadtteil für sie aus dem Boden stampfte. Die Stadt wird mit der Miene auch durch eine vierspurige Schnellstraße verbunden, auf der die Arbeiter kostenlos mit Bussen zur Miene gebracht werden. Ein normaler Arbeiter verdient hier etwa 1800$ im Monat, was etwa das 4fache des Landesdurchschnitts ist. Dazu wohnt er umsonst in den mieneneigenen Wohnungen und kann auf ein sehr modernes Krankenhaus vertrauen, auch das für die Mienenarbeiter natürlich kostenlos. Bei Führungskräften werden auch die Schulgebühren der Kinder auf den besseren Privatschulen des Landes bezahlt. Oder auch eine gewisse Anzahl von Flügen in den Süden Chiles um Urlaub zu machen. Und doch leben die meisten hier nur relativ kurze Zeit, die trostlose Gegend, das hohe Gesundheitsrisiko und die fehlende Abwechslung wiegen die Vorteile nicht dauerhaft auf. Zumal auch das Grundwasser hier wahrscheinlich nicht unbedingt als Tafelwasser durchgehen dürfte. Bis vor einigen Jahren wurden die großen Mengen Wasser für die Gewinnung des Kupfers in der Miene zum Teil weit hergeschafft, und nachdem sie mit den Chemikalien versetzt waren, irgendwo in die Wüste geleitet. Heute werden sie zumindest zum Teil gereinigt und in der Miene wiederverwendet.

Bereits die hier lebenden Indios haben hier schon vor über 1000 Jahren Kupfer abgebaut und verarbeitet, die heutige Miene geht auf das Jahr 1915 zurück und wurde von Amerikanern gegründet, dann aber „kaufte“ Chile mehr und mehr Anteile und Präsident Allende verstaatlichte nach anderen Mienen dann auch Chuquicamata vollständig. Was auch General Pinochet nach seinem Putsch nicht rückgängig machte. Er schuf lediglich eine Verordnung die 10% der Einnahmen – nicht des Gewinns – dem Militär zusprach. Diese Verordnung gilt übrigens noch heute, und hat auch dafür gesorgt, das das chilenische Militär als recht gut ausgerüstet gilt. Die besagte Verordnung wird immer mal wieder kritisch in der Bevölkerung und den Medien des Landes hinterfragt, hat sich aber aus einem dunklen Kapitel des Landes bis heute hinüber gerettet.

Wir müssen weiter, schließlich wollen wir noch nach San Pedro. Immerhin eine Strecke von rund 100km über eine fast schnurgerade Straße durch die Atacama Wüste. Der Boden der Atacama ist von mehr oder weniger kleinen Steinchen bedeckt. Es dominieren die graue Farbtöne und hier ein da ein paar bräunliche Flecken. Aber das eigentliche Highlight heute sind die Wolken. Durch sie gibt es ein sehr schönes Spiel aus Licht und Schatten, welches mir leider nicht ansatzweise gelungen ist auf meinen Fotos festzuhalten. In dieser Umgebung ein extrem seltenes Phänomen, was sicherlich auch zu der besonderen Stimmung beigetragen hat. Eigentlich ist die Küste gar nicht wirklich weit entfernt, die dortige Humbold-Strömung ist zwar reich an Nährstoffen aber auch recht kalt. Das bisschen Regen das entsteht, geht meist als Küstennebel oder auch als Regen schon am Küstengebirge nieder. So kommt wenn überhaupt Regen eher vom Atlantik aus östlicher Richtung, also quer über den Kontinent und bleibt dann meist an den hohen Gipfeln der Anden hängen, um dort abzuregnen. So gilt die Atacama Wüste als trockenste Wüste der Erde. Auch dazu ein Vergleich, im Death Valley in den USA oder in der Sahara fallen etwa 20-25mm Regen im Jahr, in weiten Teilen der Atacama weniger als 1mm. Viele Wetterstationen haben hier überhaupt noch nie Niederschlag gemessen. Die Wüste hat eine Fläche von etwa 105000qkm, was etwa ein Zehntel der Fläche der Sahara ausmacht, oder ein knappes Drittel von Deutschland.

Kurz vor San Pedro de Atacama, wie es mit vollem Namen heißt, kommen wir durch eine ziemlich unwirklich erscheinende Mondlandschaft. Hier her kehren wir am späteren Nachmittag auch zurück, um hier eine kleine Wanderung zu machen. Im Valle de la Luna, dem Tal des Mondes, kann man in ruhigen Momenten das Knacken der Steine hören. Diese Landschaft war vor Urzeiten ein See, der durch seismische Erschütterungen nach oben gedrückt worden ist. Seit dem formen Wasser und vor allem der Wind diese Landschaft. Im Gestein sind noch heute größere Mengen Salz gebunden, die auch offen an die Oberfläche treten, dazu quarzartig aussehendes etwas härteres Gestein, das aus dem roten Sandstein ausgewaschen worden ist.

Viele Besucher von San Pedro verbringen in dieser Landschaft ein atemberaubendes Farbspiel im Sonnenuntergang, was dann aber leider auch dazu führt, das es an den wirklichen schönen Stellen eher ein Menschenauflauf wird. So wechseln wir noch mal unseren Standort an einen etwa höher gelegenen Ort, an dem wir auch ein nettes „Outdoor-Abendbrot“ machen. Kurz bevor die Sonne die Horizontlinie erreicht, schieben sich dann ein paar Wolken vor die Sonne. Aber die gleichen Wolken haben nicht nur ein paar argentinischen Andengipfeln eine kleine weiße Haube beschert und heute Nachmittag die ganz besondere Atmosphäre auf der Fahrt hier her erzeugt, sondern schaffen auch unglaubliche Farben über dem Valle de la Luna. Dazu hatten wir heute noch einen Regenbogen in der Wüste, da verzichtet man nur zu gern auf einen perfekten Sonnenuntergang.

 

4.Reisetag        10.02.2011 – San Pedro

Mal wieder Ausschlafen, heute ist der erste Tag auf unserer Reise mit einer richtigen Nacht, so geht es erst gegen 8.30 Uhr los in Richtung Tocanao. Ein Nest von einigen hundert Einwohnern in der Atacama Wüste. Auf dem Weg dorthin passieren wir eine mehr oder weniger künstliche Oase. In einer langgezogenen Senke wurden tausende von Bäumen angepflanzt, die schon aus einiger Entfernung ein grünes Band bilden. Der Grund für ihr Überleben ist ein unterirdischer Wasserlauf, eigentlich ist es wohl eher ein Streifen, der unterirdisch nicht ganz so trocken ist wie die Umgebung. Dabei hat es hier gestern erst geregnet, wovon an einer kleinen Stelle am Straßenrand noch ein kleiner Rest zu bestaunen ist. In dem grünen Streifen stehen ein paar ärmliche Behausungen, dazu eine Katze, ein stolzer Hahn unter einem Busch, ein paar Ziegen und ein kleiner Pferch, in dem die Ziegen wohl die Nacht verbringen. Das sind aber auch schon die einzigen Zeichen von menschlicher Zivilisation. Dagegen ist das Leben in Tocanao geradezu aufregend, auf einem Schulhof findet gerade ein Fußballspiel statt. Auch Tocanao ist nur entstanden, weil sich hier ein dieses mal oberirdischer Wasserlauf befindet. Man sieht auf der einen Seite der Brücke noch sehr gut welche Probleme Regen in der Wüste mit sich bringt. Es liegt allerhand Unrat und Schlamm im Flussbett. Wenn es denn schon mal regnet, kann der Boden das kostbare Nass nicht aufnehmen, und so fließt es ebenso schnell auch wieder ab wie es gefallen ist. Dabei bilden sich dann schnell gefährliche Ströme, die alles mit sich reißen, aber eben selten auch nicht mehr das Meer erreichen, da sie vorher ihre Kraft verlieren und das Wasser wieder verdunstet. Zumal die Luftfeuchtigkeit hier mehr als erträglich ist, wir haben hier etwa 35°C, die sich eher angenehm anfühlen. Dennoch sollte man sich vor der Sonne in acht nehmen, wofür meine Ohren langsam zu einem leuchtenden Beispiel werden. Auf der anderen Seite der Brücke steht noch Wasser im Flusslauf, auch insgesamt ist Tocanao ein grünes Fleckchen in einer gräulichen Unendlichkeit.

Kurz hinter dem Ort sehen wir noch die Folgen einer Straßenüberschwemmung, in einer Senke hat das abfließende Wasser eine größere Menge Sand auf die Straße gespült. Straße ist überhaupt noch ein Thema, bis Socaire auf einer Höhe von etwa 3250m fahren wir auf einer  asphaltierten Straße, danach geht es auf einer Schotterpiste weiter. Aber auch hier machen wir einen kurzen Stop und genehmigen uns einen Tee, den es so in Deutschland nicht gibt. Es kommen ein paar Kokablätter ins Wasser.  Mitreisende vergleichen ihn geschmacklich mit Brenneseltee. Mir selbst fehlt die Vergleichsmöglichkeit, daher übernehme ich es mal so. Kokablätter kann man hier in Chile frei in Mengen für den persönlichen Bedarf kaufen. Schon in Calama hat unser Reiseleiter eine kleine Tüte gekauft. Dort haben wir es mit dem Kauen der Blätter versucht. Dabei futtert man eine größere Menge Blätter in den Mund hinein und kaut fleißig darauf herum. Durch ständiges Nachfuttern von Blättern behält man den Geschmack aufrecht. Man formt dabei  im Prinzip einen etwa Tischtennisball großen „Haufen“ im Mund. Wenn die Blätter buchstäblich ausgekaut sind, spuckt man sie wieder aus. Und was soll ich sagen, mein Fall war es nicht so, es war für mich eher so als wenn man auf einem alten Teebeutel kaut. In solchen Mengen berauscht es natürlich nicht, insbesondere in Bolivien, wo die meisten Blätter herkommen, die in Chile gehandelt werden, benutzen es Arbeiter zur Leistungssteigerung, dabei unterdrücken sie eigentlich nur das Hunger- und Durstgefühl während des Tages. Außerdem verbessern die Kokablätter aufgrund ihrer verdünnenden Wirkung auf das Blut die Höhenanpassung, bei unseren zehn Blättern im Tee dürfte die Wirkung aber wohl sehr begrenzt sein. Um aber daraus Kokain produzieren zu können, bräuchte man riesige Mengen. Um ein Gramm reines Kokain zu erhalten, benötigt man neben einigen Chemikalien etwa eine Tonne Blätter. Und unsere kleine Plastiktüte mit Blättern wiegt praktisch nichts.

Noch ein paar Sätze zu dem kleinen Örtchen Socaire, er hat gerade mal 200 Einwohner aber zwei kleine Kirchen, der Grund dafür ist denkbar einfach, es gibt eine alte aus Lehm und eine neue aus Stein. Interessant ist vielleicht noch, dass der Sicherungskasten außen angebracht ist und keinerlei Klappe oder Tür als Abdeckung mehr hat. Regen ist hier eben selten. Aber auch die Türen in die Kirche sind weit geöffnet. Um den Ort herum wird auf Terrassenfelder ein bisschen Landwirtschaft betrieben, wobei kaum mehr als für die Selbstversorgung produziert werden dürfe. 

Für uns geht es also weiter auf der Schotterpiste immer höher in die Anden. Unser Ziel ist die Lagune Miscanti. Auf etwa 4000m über dem Meeresspiegel ist sie ein unglaubliches Schauspiel. Ein riesiger blauer See unter einem blauen Himmel, heute mit ein paar Sommerwolken angereichert. Dazwischen nur ein paar bräunliche Gipfel der Anden, von denen einige eine kleine Schneehaube haben. Die Farben sehen fast schon unnatürlich aus, und doch sind sie sehr real vor meinen eigenen Augen. Etwas links versetzt ragt auch der Vulkan Miscanti 5622m auf, der zur übrigen Landschaft einen kräftigen weißen, weil schneebedeckten Farbtupfer setzt. In direkter Nachbarschaft zur Lagune Miscanti liegt die deutlich kleinere Lagune Miniques, auch dazu gibt es einen gleichnamigen Vulkan, der sogar mit 5910m noch etwas höher ist als der Miscanti. Beide Lagunen sind durch einen unterirdischen Fluss verbunden, durch den die Lagune Miscanti die kleinere speist. Ihrerseits sammelt sich in ihr das Schmelzwasser der umliegenden Anden. Einen weiteren Abfluss aus den Lagunen gibt es nicht. Das Wasser selbst ist von einem intensiven blau, aber wegen des Salzgehaltes nicht als Trinkwasser zu empfehlen. Dafür können wir aber neben ein paar Flamingos unsere ersten Lamas beobachten. Genauer gesagt handelt es sich um Vicunas. Sie sind die kleinsten Lamaart, wobei Lamas allgemein zu den Kamelen gehören. Vicunas gibt es nur wild, eine Domestizierung ist nicht möglich. Sie wurden wegen ihrer Wolle aber fast ausgerottet. Da sie nur schwer zu fangen waren, erschoss man sie kurzerhand. Ihre Wolle ist extrem fein und dabei höchstens noch mit Seide zu vergleichen, aus ihr lässt sich sehr leichte und gleichzeitig sehr warme Kleidung herstellen. Entsprechend  kostbar ist die Wolle. Der Strumpfhersteller Falke hatte zeitweilig Strümpfe aus Vicunawolle im Programm, zu einem Preis jenseits der 800 Euro – immerhin pro Paar. Bereits die Inkas kannten die Wolle der Vicunas, in ihrer Kultur war es aber nur sehr hohen Adligen erlaubt, sie zu tragen.  Farblich bewegen sich Vicunas zwischen Braun- und Gelbtönen. Von einem erwachsenen Tier erhält man nur etwa 2kg Wolle. Ihr Bestand hat sich in den letzten Jahrzehnten wieder etwas erholt. Um 1950 zählte man nur noch etwa 6000 Tiere, heute schätzt man ihre Zahl auf etwa 20000, man glaubt das es mal etwa 2 Millionen waren. Ihr Verbreitungsgebiet umfasst Peru, das südöstliche Bolivien und eben den Norden von Chile. Das Jagen ist heute strengstens verboten und nur einer kleinen Gruppe der Aymara-Indianer ist es hier in Chile erlaubt, sie zu fangen, um sie zu scheren.

Wir fahren zu einem weiteren tierischen Highlight der Atacama Wüste. Am Lago Chaxa, der ein kleiner Teil des großen Salzsees Salar de Atacama ist, sind Flamingos zu bestaunen. Dabei gibt es hier drei Arten den Anden-Flamingo, den James-Flamingo und den Chile Flamingo. Den Chile-Flamingo erkennt man an den sehr roten Gelenken und fast bläulich aussehenden Beinen.  Der James-Flamingo hat rot-grau  gestreifte Beine und hat gegenüber den beiden andern einen relativ kleinen Rumpf. Der Anden-Flamingo hat gelbliche Beine. Allen gemein ist, das hier Hals und Kopf rosa ist, der Schnabel schwarz mit einem gelben Ansatz. Auch ihre Nahrungsgrundlage mit Plankton, Algen, Insektenlarven und kleinen Krebsen ist sehr ähnlich. Aufgenommen wird die Nahrung dadurch, das mit der Zunge je nach Art 5-20 mal pro Sekunde Wasser in den Schnabel befördert wird, dort werden ähnlich wie bei einigen Walarten mit feinen Barten die Nahrung ausgefiltert und das Wasser wieder raus gepreßt. Ihre Zunge galt übrigens im alten Rom als Delikatesse, die Federn weckten nie wirklich Begehrlichkeiten, da sie nach dem Rupfen ihre Farbe verlieren. Überhaupt sind Jungtiere meist sehr hell und mit zunehmendem Alter färbt sich das Federkleid rosa. Das geschieht durch die Aufnahme von Carotinoide, die mittels der Leber aus der Nahrung ausgelöst werden und in Federn und Haut eingelagert werden. Carotinode sind vereinfacht gesagt bestimmte natürliche Farbstoffe, die es in den Farben rot bis gelb gibt. Und bei Flamingos sind es eben meist rötliche, die sie aufnehmen. Flamingos sind eigentlich recht gut Schwimmer, obwohl sie meist mit ihren langen Beinen durch das Wasser warten und an flachen Stellen nach Nahrung suchen. Um zu Fliegen nehmen sie meist zwei oder drei große Schritte Anlauf, und landen ähnlich in dem sie praktisch meist auslaufen. In der Luft schlagen sie relativ gleichmäßig mit den Flügeln, Gleitphasen sind selten. So erreichen sie Geschwindigkeiten von etwa 50 bis 60 km/h.

Noch ein paar Sätze zum Salar de Atacama. Er ist mit einer Fläche von etwa 3000qkm der drittgrößte Salzsee der Welt, in ihm befinden sich etwa 40% der weltweit bekannten Lithium Reserven. Mit Lithium in Form von Akkus ist praktisch jeder von uns schon in Berührung gekommen. Der Abbau des Lithiums ist nicht völlig unumstritten. Dazu wird Wasser mit gelösten Salzen aus der Tiefe gepumpt. In großen Becken an der Oberfläche verdunstet dann das Wasser, die zurückbleibenden Salze, Bor und das Lithium kann anschließend weiterverarbeitet werden. Auch wenn man vom Beobachtungpunkt der Flamingos davon nichts sieht, so wird es doch langfristig Auswirkung bis hier geben. Denn durch den Abbau sinkt der Wasserspiegel des Lago Chaxa. Aber auch schon jetzt sieht die Umgebung unwirklich aus, auch wenn es ein natürlicher Vorgang ist. Durch den Salzgehalt, die Temperaturen und die starke Sonne ist die Erdoberfläche aufgebrochen und zerklüftet. Wobei der Sand durch die Umstände fast zu Stein „gebacken“ wird. Hier zeigt sich wie schon an der Lagune, das Chile für das europäische Auge sehr unwirkliche Landschaften zu bieten hat. Wenn man vorher Bilder davon gesehen hat, glaubte man eher daran, dass diese wohl elektronisch ein bisschen „umgearbeitet“ worden sind, und jetzt steht man hier, und kann die Wirklichkeit trotzdem nur schwer fassen.

Voll mit diesen Eindrücken geht es zurück nach San Pedro, und wieder zeichnet sich in der Wüste zaghaft ein Regenbogen ab, und heute fallen sogar auch ein paar Tropfen, so dass unser Fahrer in der Wüste die Scheibenwischer in Gang setzen muss. Der Ort San Pedro de Atacama, wie er mit vollem Namen heißt, hat eigentlich kaum mehr als 2500 Einwohner. Dazu kommen in der Reisezeit dann mindestens ebensoviele Touristen. Was viele Einheimische durchaus auch mit gemischten Gefühlen sehen. Denn die meisten Herbergen, Veranstalter der Tagestouren um San Pedro, Restaurants und kleinen Geschäften mit Andenken werden von Auswärtigen betrieben, die auch jedes Jahr mit den Touristen nach der Saison wieder verschwinden und erst pünktlich zur nächsten zurückkehren. So ist ein Teil der Ortschaft mit den Geschäften, dem „Leben“ in den Straßen und Plätzen praktisch nur in der Saison geöffnet. Die wirklichen Einheimischen wurden auf eine Seite des Ortes gedrängt. Daran ändert auch das neue etwas sterile Künstlerdorf nichts. Was noch auffällt sind die unzähligen Hunde, die in den Straßen unterwegs sind, oder vor dem eigenen Grundstück Wache halten.

 

5. Reisetag         11.02.2011 – San Pedro

Auch heute beginnen wir unseren Tag wieder weit vor der Sonne. Um 04.30 Uhr starten wir zu den etwa 100km oder anders ausgedrückt etwa 2,5 Stunden entfernten Geysiren von Tatio. Auch hier hatten wir Glück, wegen der schlechten Wegeverhältnisse konnte man sie in den letzten drei Tagen nicht erreichen. Deshalb werden sicherlich mehr Menschen dort sein, aber immerhin können wir sie überhaupt ansehen.

Die Geysire sind nur bei Sonnenaufgang aktiv, wobei sie nicht meterhohe Fontänen in den Himmel schießen lassen, sie sind da deutlich zahmer und kommen auch an den intensiveren Stellen kaum über 1,5m hinaus. Aber die Lage mit rund 4200m über dem Meeresspiegel ist dafür Rekord. Die Geysire verändern übrigens Jahr für Jahr ihr genaues Auftreten und verändern so auch das Aussehen des Tals, in dem sie sich befinden. Um sie herum sind Kreise mit kleinen Steinen gelegt, die die Sicherheitszone markieren. Denn auch wenn sie nicht so hoch ausbrechen, so ist ihr Wasser doch heiß und kann schwerste Verbrennungen hervorrufen. In den letzten Jahren kam es auch zu mehreren Todesfällen von all zu leichtsinnigen Zeitgenossen. So sind auch heute wieder einige Touristen für ihr ultimatives Foto direkt an einem der zuweilen untätigen Geysire in Position gegangen. Das Phänomen der Geysire entsteht übrigens in dem kaltes Wasser durch Spalten oder auch der Erdoberfläche sickert und dann auf heißes Gestein trifft. Dort erhitzt es sich und tritt dann an der Oberfläche wieder mit ca. 85°C aus. Bei den Tatio Geysiren spielt zusätzlich noch der Luftdruck eine Rolle, was eben dazu führt, dass sie nur von Sonnenaufgang bis etwa 8.30 / 9.00 Uhr aktiv sind. Danach tritt eigentlich nur noch Wasserdampf aus, aber auch der nimmt dann zunehmend ab. Wie auch wir haben zahlreiche andere Gruppen ihr zweites Frühstück, nach einem kleinen Lunchpaket für die Herfahrt, dabei. So findet man in kleineren „Blubberlöchern“ kleine Plastikbeutel mit Eiern oder einer Milchtüte, die hier dann rein biologisch erhitzt bzw. gekocht wird. Die Geysire sind übrigens ebenso wie die Vulkane in Chile, je nach Zählart entfallen etwa 10-15% der weltweit aktiven Vulkane auf das Land, ein Zeichen dafür, das die Anden noch ein sehr junges Gebirge sind, das noch nicht ganz „fertig“ ist, aber die Natur arbeitet daran. Mehr zu diesem Thema werde ich dann später noch mal sagen.

Heute möchte ich noch mal das Thema Lamas aufgreifen. Gestern hatte ich ja schon was zu den Vicunas geschrieben, der kleinsten Art von Lamas. Vor dem Eintreffen der Spanier gab es in den Anden auch praktisch keine größeren Säugetiere in den Anden außer den Lamas. Neben den Vicunas gehören noch die Alpacas, die Lama – gemeint ist eine Unterart mit dem gleichen Namen – und im Süden die Gunacos zu der Gattung der Lamas. Lamas und Alpacas haben wir heute auf der Rückfahrt von den Geysiren gesehen. Wobei mir die Unterscheidung relativ schwer fällt. Beide wurden als Nutztier domestiziert. So haben die von uns gesehenen Exemplare alle bunte „Trottelchen“ an den Ohren, die dienen zur Unterscheidung bzw. Anzeige des Besitzers. Lamas werden meist als Lastentiere aber auch als Lieferant von Fleisch und Milch gehalten. Ihre Wolle ist relativ grob und daher nur von minderer Qualität. Genau das ist dagegen die Stärke der Alpacas. Aber auch ihr Fleisch gilt mancherorts als Delikatesse. Wir haben sie in der Nähe eines kleinen Wasserlaufs gesehen, an dem relativ viel Grün war. Die Tiere befanden sich dabei aber nicht irgendwie auf einer eingezäunten Weide, sondern bewegten sich frei. Alpacas sind in der Statue etwas kleiner und pummeliger. Ihr etwas längeres Fell im Gegensatz zu Lamas ist gelblich-braun bis schwarz-braun. Lamas gibt es zusätzlich in schwarz und weiß. Alle Lama-Arten sind untereinander uneingeschränkt kreuzbar, daher kann heute auch nicht mehr genau gesagt werden, in welcher Reihenfolge die verschiedenen Arte entstanden sind. Allen gemein ist, das sie Fluchttiere sind. Als Verteidigungsmittel haben sie nur Tritte, kurze Bisse und die bekannteste ist wohl ihr Spucken. Carl Martin berichtete in seiner Landeskunde Chile 1923 folgendes: „Sie beißen und vor allem spucken sie abscheulich. Ehe man sich versieht, hat das alberne Tier einen eine mit einer bedeutende Ladung von lauem Wasser, Schleim und halbverdautem Futter übergossen (…)“. Diese Strategie dürfte meines Wissens einzigartig in der Welt sein. Ob sie nachhaltig erfolgreich sein kann, überlasse ich mal der eigenen Phantasie. Also ist die Flucht wohl auch nicht die blödestes Idee. Noch ein kleiner Einschub zur Ernährung der Vicunas. Sie leben ja frei hier in der Atacama Wüste. Auf dem Rückweg fahren wir über eine fast endlose Ebene, auf der man fast das Gefühl hat, sie wäre so planiert worden, in Wirklichkeit haben aber Wind und Wetter sie geschaffen. Hier und da sahen wir auf dem feinen Kieselboden schwarze runde Flecken. Dabei handelt es sich um die Toilette einer Vicunas Herde, die umfasst etwa 15 bis 20 Tiere. Entweder ist es ein Männchen mit seinem Harem oder eine Junggesellengruppe. Nur die stärksten Männchen schaffen es einen Harem zu übernehmen oder eine eigene Herde aufzubauen. Erst nach dem man uns darauf hingewiesen hat, erkennen wir am Boden kleine unscheinbare Pflänzchen, die kaum 2cm mit ihren zwei oder vier Blättern aus dem Boden vorlucken. Sie bilden aber eine der großen Nahrungsquellen der Vicunas in dieser lebensfeindlichen Umgebung. Lamas gehören zur Familie der Kamele und kommen nur in Südamerika vor. Im Gegensatz zu den anderen Kamelen fehlen ihnen die Höcker, sehr ähnlich ist aber die sehr weiche Schnauze.

Bei den Geysiren konnten wir noch Bergviscachas beobachten, sie gehören eigentlich nicht zu den Viscachas sondern zu den Chincillas. Manche bezeichnen sie auch als Hasenmaus, was sie auch schon sehr gut beschreibt. Sie hoppeln wie Hasen und haben auch etwa ihre Größe. Sie erreichen ein Gewicht von etwa 3kg und leben in Familienverbänden von 5 bis maximal 10 Tiere. Ihr Fell ist sehr dicht und weich und von einer gelblich-grauen Farbe. Das auffälligste ist vielleicht noch ihr etwas breiter ein bisschen flacher Schwanz. Die eher am Tage aktiven Bergviscachas verlassen die natürlichen Höhlen und Spalten in ihrem felsigen Lebensraum kaum weiter als 100m. Sie fressen alle Arten von Pflanzen inklusive Moose und Flechten. Sogar Neugeborene können sofort pflanzliche Nahrung aufnehmen. Nach acht Wochen werden die Jungen entwöhnt, ihnen ist aber auch nur eine Lebenszeit von selten mehr als drei Jahren beschienen.

Nach dieser längeren Exkursion durch die Tierwelt zurück zu unserem Tag. Auf der Rückfahrt kommen wir noch an einer Unfallstelle vorbei. Hier hatte sich am Morgen in der Dunkelheit ein Kleinbus auf der Fahrt zu den Geysiren überschlagen. Die Verletzten wurden mit Hubschraubern des Militärs zu einem Krankenhaus geflogen. Der erste Streifwagen ist bereits an der Unfallstelle, ein weiterer triff gerade ein, immerhin ist der Unfall schon über zwei Stunden her. Chile ist hier oben eben eine sehr einsame Gegend, in der Region Atacama leben nur 3,4 Menschen auf einem qkm. Zum Vergleich in Deutschland sind es 229 und in der Hauptstadtregion Chiles über 400. Im Landesdurchschnitt sind es 22. Bei Sonnenlicht betrachtet sieht man nun auch die Umgebung, die durch felsigen praktisch nahezu unbewachsenen Berge geprägt wird. Einzige weithin sichtbare Pflanzen sind die Kakteen. Etwas abseits der Hauptstraße gibt es dann aber doch einen grünen Streifen, die Thermalquellen von Puritama, wo wir gegen Mittag ankommen. Das Wasser plätschert treppenartig durch mehrere etwa 70cm tiefe Becken. Wir haben uns das oberste  ausgesucht, in dem das Wasser ordentliche Badewannentemperatur hat. Hier kann man sich schön im warmen Wasser entspannen. Nur auf die Sonne muss man achten, so sind wir hier immer noch auf etwa 3800m und die Sonne macht einem eben leicht einen „roten Teint“.

Nach den Thermalquellen geht es eigentlich nur noch zurück nach San Pedro, wo wir folglich schon relativ früh am Nachmittag eintreffen. So bleibt auch noch Zeit ein bisschen durch den Ort zu schlendern, bevor wir noch eine Stippvisite im Künstlerdorf machen, was eigentlich eher eine Kette von kleinen Läden ist, in denen mehr oder weniger ähnliche kleine und größere Werke örtlicher Künstler angeboten werden. Aber die Läden haben eigentlich eher den Flair einer Reihenhaussiedlung, aber noch ist der von der Ortsverwaltung gebaute Bereich noch neu, eventuell mag es noch besser werden, wenn sich die Händler ein bisschen „eingelebt“ haben. Für uns geht es von dort in ein hiesiges Restaurant. Wir bekommen einen Platz zugewiesen in einem Lokal, in dem es trotz der für hiesige Verhältnisse noch frühen  Stunde um 20.30 Uhr schon recht voll ist. Wir starten natürlich mit einem Pisco Sour, man passt sich eben an die Landessitten an. Das Essen war sehr schmackhaft, wenngleich die Chilenische Küche nur wenige eigene typische Speisen kennt. Und nach dem wir in den ersten Tagen unserer Reise doch häufig recht früh unterwegs waren, bin ich dann auch irgendwann froh im Bett zu liegen und mal wieder richtig schön zu schlafen.