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    Teneriffa

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Warum Norwegen

 
Es gibt natürlich 1000 Gründe um nach Norwegen zu fahren. Und die meisten davon, wie die einzigarte Landschaft inklusive der majestätischen Fjorde kann ich auch komplett nachvollziehen. Überhaupt die Natur ist etwas Besonderes in und an Norwegen. Viele fahren auch zum Angeln nach Norwegen. Da ich noch nie geangelt habe, also sicherlich nicht mein Beweggrund. Zur Natur gehört aber auch das besondere Licht, das es im hohen Norden gibt. Und das war auch für mich der Grund nach Norwegen zu fahren. Dabei geht es mir nicht um die Mitternachtssonne, sondern eigentlich eher um das Gegenteil. Nein ich will nicht in die Finsternis, es geht mir um die Polarlichter. Polarlichter sind das Ergebnis von Sonnenstürmen in der Kombination mit dem Magnetfeld unserer Erde. Deshalb sind die im Bereich der Pole häufiger und mit abnehmender Intensität und Häufigkeit, je weiter man in Richtung des Äquators kommt, zu beobachten. Und da der Nordpol sehr viel dichter liegt als der Südpol, wo es dazu, von der Antarktis selbst abgesehen, sehr weit kein Land gibt, war die Richtung klar. Nun könnte man sich z.B. irgendwo in Finnland auf einer einsamen Hütte eine Woche einschneien lassen, und auf gutes Wetter hoffen, oder z.B. mit einem Schiff die norwegische Küste hoch schippern, und auch auf gutes Wetter hoffen. Wie man wohl unschwer ahnt, habe ich mich genau dafür entschieden. Dabei war ich noch nie über Tage auf einem Schiff, und ein klassisches Kreuzfahrschiff mit Animation und täglicher Show und gefühlten 5000 Passagieren ist nicht so meine Sache. So habe ich mich für ein Schiff der Hurtigruten entschieden, die sind deutlich kleiner, und es gibt noch Vorträge, bei denen man etwas lernen kann. Bleibt also noch die beste Reisezeit. Weil man Polarlichter nur im Dunkeln sieht, musste die Reise in das Winterhalbjahr fallen. Auch wenn das natürlich gleichzeitig bedeutet, dann nur kurze Tage, sehr kurze Tage oder gar kein Tageslicht zu haben, und dann die Natur logischerweise auch in eine Art Winterschlaf fällt. Letzteres ist dann wieder schade, da Norwegen auch da beeindruckendes zu bieten hat, aber man eben nicht alles haben. 

 

1. Reisetag          Abfahrt in Hamburg - 11.11.2022

 

Ich glaube, ich habe bin noch nie so entspannt in den Urlaub gefahren. Morgens noch entspannt eine Runde mit dem Hund, und erst mittags gegen 12:35 Uhr mit der Bahn los. Naja, der Zug hatte 10 Minuten Verspätung, weshalb ich gleich mal die nächste Verbindung mit der S-Bahn verpasst habe, und weil die dann auch wieder zwei Minuten zusätzlich verloren hat, auch gleich noch den anschließenden Bus. Aber der Reihe nach. Die Reise soll mit den Hurtigruten von Hamburg zum Nordkap und zurück führen. Ursprünglich sollte es in Hamburg-Altona auf das Schiff gehen, der Ort wurde aber nach Hamburg-Steinwerder verlegt, der Ort hat den Charme eines Industriehafens, und ist eigentlich in weiten Teilen auch einer. Nur ist der auch ein bisschen schwieriger mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, und weil offensichtlich nicht so sehr viele Leute da hinfahren wollen, ist besagte Buslinie auch am Tage nur alle ca. 30 Minuten auf der Strecke unterwegs. Die Zeiten der Einschiffung hätte für meine Kabine um 14:45 sein sollen, wegen der oben erwähnten kleineren Verspätungen bin ich aber erst gegen 14:55 an der Bushaltestelle, und von da sind es noch ca. 10 Minuten zu Fuß. Auf dem Weg dahin wünscht mir im Vorbeigehen noch ein älteres Ehepaar eine gute Reise mit Hurtigruten. Die sind offensichtlich gut informiert, welches Schiff da gerade liegt, bzw. die starten alle zwei Wochen von dort. Wobei ich persönlich jetzt auch nicht unbedingt auf die Idee gekommen wäre, dort spazieren zu gehen. Als ich am Terminal ankomme, wird mir schon fast der Koffer aus der Hand gerissen. Eigentlich dachte ich, ich würde ihn selbst zu Kabine bringen, aber nein, dass wird mir abgenommen. Die letzten offiziellen Einschiffungszeiten sind um 15:45 Uhr, aber es sind nur noch ein paar versprengte Leute vor mir. So geht die erste Kontrolle des Gesundheitsfragebogens und Impfstatus ziemlich schnell. Dann wird an der nächsten Station mein Gesundheitsfragebogen eingesammelt, meine Buchung verifiziert, und ich weiter zur Passkontrolle geschickt. Anschließend wird das Handgepäck wie auf dem Flughafen durchleuchtet. Der Sinn ergibt sich für mich nicht, denn auf dem Schiff sollte ich dann ja auch gleich mein Hauptgepäck wieder sehen, und da ist ein „normales“ Messer, Schere … kein Problem. Vielleicht sucht man ja auch Sprengstoff. Aber egal, nicht alles muss einen Sinn machen. So geht es zügig auf das Schiff, wo ich gleich mal in Empfang genommen werde. Ich bekomme das Tagesprogramm in Papierform, dazu eine rote Regenjacke, die weit genug ist, um sie über einer anderen Jacke zu tragen, und natürlich meine Chipkarte für die Kabinentür. Außerdem bekomme ich noch einen Umschlag mit ein paar Basics an Bord, und die vorgesehene Essenszeit – an die ich mich später dann aber „natürlich“ nicht halten werde. Als IT-Fuzzi ein bisschen peinlich, aber man musste mir erfolglos helfen, das WLAN auf meinem Mobiltelefon einzurichten. Hurtigruten hat eine eigene App, und sobald man auf dem Schiff im WLAN eingebucht ist, funktioniert die auch und liefert weitere Informationen. Jedenfalls in der Theorie. Wie gesagt, mein Mobiltelefon wollte sich nicht verbinden. Da ich wegen fehlender Gewichtsbeschränkung, immer zur Verfügung stehendem Strom mit einem ganzen Arsenal an Elektronik unterwegs bin, habe ich es dann mit dem Tablet versucht, das lief auf Anhieb. Auch ohne, dass es „peinliche“ Hilfestellung des IT-Teams von Hurtigruten gebraucht hätte. Also habe ich mir auch gleich noch die Sicherheitsbelehrung angehört, die obligatorisch ist, und laut Ansage des Hurtigruten Teams, das Schiff auch nicht auslaufen darf, ohne dass alle Passagiere diese gesehen haben. Unterm Strich stehe ich kurz vor 17 Uhr vor meine Kabine, die Tür steht offen, und meine Tasche steht drinnen. Gefühlt würde ich sagen, so eine Kabine ist für zwei Personen ganz schön klein, da ich alleinreisend bin, ist aber alles gut. Leider gibt es keinen Tisch, auf dem ich meinen Reisebericht schreiben könnte, aber das habe ich bei anderen Reisen auch schon halb auf einer ISO-Matte liegend in einem Zelt getan, dann wird es in einem Bett auch gehen. Beeindruckt bin ich von den Sanitären-Anlagen. Auf kaum mehr als 2 qm ist eine Dusche, Toilette und Waschtisch untergebracht, das verspricht wirklich kurze Wege. Dafür steht keine 10 Minuten später Jenn vor der Tür, nach der Hautfarbe, Haaren und Augen würde ich seine Heimat mal auf Südostasien verorten, er erklärt mir noch kurz die Schränke, die Minibar und die Sanitärabteilung, und was zu tun ist, wenn ich keinen Zimmerservice am Morgen wünsche. Und wo ich ihn wann finden kann, falls ich Probleme hätte.

Für mich ist das Abendessen für 17:30 geplant worden, wie schon oben erwähnt, kann ich mich leider nicht daran halten. Zunächst schalte ich meine Kabinenkarte über die Kreditkarte für zusätzliche Leistungen frei. Es sind auf dieser Reise zwar schon einige Ausflüge inkludiert, aber natürlich gibt es noch ein paar weitere, und auch wenn man außerhalb der Essenszeiten etwas anderes als Wasser trinken möchte, kann man das auf die Kabine schreiben lassen, so denn entweder Bargeld eingezahlt oder eine Kreditkarte hinterlegt ist. Um 18 Uhr sollen wir ablegen, und das muss ich natürlich fotografisch festhalten. Also treibe ich mich noch ein bisschen auf Deck 5 herum, dem untersten Deck, auf dem man nach draußen gelangen kann, und auch außen rund um das Schiff gehen kann. Da wir im Wirtschaftshafen sind, ist nicht nur die Hafencity mit der „Elfi“ in einiger Entfernung zu sehen, sondern auch verschiedene Container-Schiffe, die gerade be- und entladen werden. Das bietet gleich mal die Gelegenheit, mein gebraucht erworbenes lichtstärkeres Objektiv auszuprobieren. Gegenüber meinem „immerdrauf“ Reiseobjektiv natürlich ein deutlicher Unterschied. Gegen 18:30 mache ich mich dann auch auf, um ins Bordrestaurant zu kommen, oder besser sollte man wohl sagen, in eines der drei Bordrestaurants. Eines ist nur gegen Aufpreis und für die Bewohner der Suiten zugänglich, dann gibt es das Fredheim, und eben das Auen, das als Standard für die Bewohner der normalen Kabinen vorgesehen ist. Ich werde an einen Tisch von einigen weiteren Alleinreisenden gesetzt. Wobei ganz offensichtlich darauf geachtet wird, ob es sich um Alleinreisende handelt, und welche Sprache man spricht, was von den Anmeldebögen bekannt ist. Auf dieser Reise von Hamburg nach Hamburg spricht man aber natürlich auch insbesondere deutsche Kundschaft an, und so ist auch der weitaus größte Teil der Gäste aus diesem Sprachraum, und auch viele des Expedition-Teams sind deutschsprechend, ganz offensichtlich auch muttersprachlich. Wobei bei der Platzzuweisung auch noch darauf geachtet wird, dass bei allen die Gänge gleichzeitig serviert werden. Noch eine kleine Anmerkung zum WLAN, im Restaurant bucht sich auch mein Mobiltelefon ohne weiteres Zutun ein und hält danach auch die Verbindung in meiner Kabine, oder auch auf Deck 4, wo wir die Einwahldaten bekommen hatten, und es zunächst nicht ging. Seltsame Sache, das Phänomen sollte mich auch die folgenden Tage noch begleiten. Um 20:30 nehme ich dann noch an einem Vortrag teil, in dem noch mal das Schiff und die wichtigsten Einrichtungen vorgestellt werden. Und obwohl das Schiff relativ klein ist, mache ich mich danach noch mal für eine Runde über die Decks 8 bis runter zum Deck 3, auf dem auch meine Kabine liegt, auf den Weg. Wobei ich anfangs schon leichte Probleme hatte zu ermitteln, wo denn wohl vorne und wo hinten ist. Offizielle Bordsprache ist Englisch. Auch wenn wir hier aktuell noch auf der relativ ruhigen Elbe unterwegs sind, und das später auf dem offenen Meer sicherlich noch mal ganz anders werden wird, kann man die Maschine des Schiffs erahnen, aber auch die Wellen, wie sie gegen das Schiff schlagen, hören und spüren. Dabei ist die Otto Sverdrup mit seiner Gästekapazität von gerade mal rund 554 Personen relativ klein. Die Crew umfasst weitere knapp 150 Personen. Davon sind alleine 90 um das direkte Wohlergehen der Gäste bemüht. Das Expeditionsteam umfasst weitere 17 Personen, die aus ganz unterschiedlichen Wissensbereichen kommen. Da gibt es natürlich Meeresbiologen, aber auch Gelogen, Historiker und allerhand anderes. Der Rest der Crew, also etwa 40 Personen sorgen dafür, dass wir überhaupt fahren können.

2. Reisetag          Esbjerg - 12.11.2022

 

Heute legen wir schon relativ früh gegen 7 Uhr in Esbjerg in Dänemark an. Wo es nur ein kleiner Stadtbummel auf eigen Faust werden soll. Es gibt einen Bus-Shuttle vom Hafen in die Innenstadt, oder alternativ kann man laufen. Wobei es auch nur ein kurzes Stück von vielleicht 10 Minuten ist, so entscheide ich mich wie die meisten anderen auch für das Laufen. Gegen 8:45 bin ich in der „Downtown“ von Esbjerg. Was soll ich sagen, auch wenn die Stadt gut 70000 Einwohner hat. Die Stadt wurde Ausgang des 19. Jahrhundert von der damaligen Regierung zu einer Hafenstadt ausgebaut, da man seit dem deutsch-dänischen Krieg die beiden Herzogtümer Schleswig und Holstein verlor, und über keinen Leistungsfähigen Hafen mehr an der Nordsee verfügte. Trotz der relativ großen Einwohnerzahl, immerhin die siebtmeisten in Dänemark, sucht man höhere Häuser vergeblich. Es gibt im Innenstadtbereich noch ein paar ältere Gebäude, und auch einige neuere wurden mit zahlreichen Mauerverzierungen versehen. Aber zu der für einen Samstag noch relativ frühen Stunde sind kaum Menschen unterwegs, wenn man mal von den zahlreichen roten Jacken von unserem Schiff absieht. Die Geschäfte sind auch noch geschlossen, so kann man auch kaum mehr als durch die Fußgängerzone schlendern. Die meisten Geschäfte öffnen um 10 Uhr. Da wir aber um 11 Uhr bereits am Schiff sein müssen, wir wollen eine halbe Stunde später ablegen, bleibt nicht so wirklich viel Zeit. Beim Verlassen des Schiffs haben wir uns mittels der Kabinenkarte ausgecheckt, und beim Zurückkehren melden wir uns auch genauso wieder an. So kann die Crew leicht prüfen, ob denn auch alle rechtzeitig wieder an Bord sind. Wir laufen pünktlich aus, und damit ist es auch schon wieder Zeit für die nächste Mahlzeit. Zum Frühstück und Mittag gibt es ein Buffet, beim Abendessen gibt es ein drei bis vier Gänge Menü, wobei man zumindest bisher zwischen zwei Vorspeisen, zwei Suppen, drei Hauptgerichten, ein Fleischgericht, ein Fischgericht und einmal vegetarisch, und dann auch noch drei Desserts wählen kann. Die jeweiligen Portionen sind dann eher übersichtlich, aber in Summe ist es auf jeden Fall mehr als ausreichend. Während der Essenszeiten sind auch die Getränke wie Softdrinks, Bier und Wein kostenlos.

An unserem Nachmittag gibt es dann noch einige Vorträge. Der erste beschäftigt sich mit der Geschichte der Hurtigruten. Sie gehen zurück auf eine Ausschreibung des Landes Norwegen im Jahre 1892. Da der Landweg wegen fehlender Straße sehr beschwerlich und vor allem sehr langsam war, wollte man eine dauerhafte Schiffslinie entlang der Küste. Bis dahin war man nur tagsüber zumeist mit kleineren Segelschiffen entlang der Küste unterwegs. Und diese Fahrten kamen dann im Winter auch noch ganz zum Erliege. Im Jahre 1893 schließlich erhielt der Kapitän Richard With mit seiner privaten Reederei Vesteraalens Dampskibsselskab den Auftrag für den regelmäßigen Schiffsverkehr. Er fuhr mit einem Dampfschiff und vor allem traute er sich auch nachts und im dunklen Winter zu fahren, was einen erheblichen Geschwindigkeitsvorteil brachte und vor allem eine ganzjährige Verbindung. Somit wurde seine Schiffslinie zunächst staatlich subventioniert, weshalb sie überhaupt nur wirtschaftlich betrieben werden konnte. Er transportierte Waren aber auch die Post. Anfangs ging die Verbindung von Trondheim bis Hammerfest, es folgte Bergen – Hammerfest, und Hammerfest – Vadso, später dann bis hoch nach Kirkenes. Ab 1908 wurde die komplette Strecke mit Umstiegen ganzjährig 2x pro Woche befahren. Das verbesserte das Leben im Norden deutlich. Es sollte aber noch bis 1936 dauern, bis die komplette Route durchgängig befahren wurde. Während des zweiten Weltkriegs wurden die Schiffe der Hurtigruten beschlagnahmt und für Truppentransporte benutzt. In der Zeit kam es auch zu zahlreichen Haverien. So konnte die eigentliche Hurtigrute, was übrigens übersetzt schnelle Route heißt, nur rudimentär mit kleinen Schiffskuttern aufrechterhalten werden, was die Menschen im Norden weit zurück warf. Nach dem Ende des Krieges standen gerade mal noch drei von einst 14 Schiffen zur Verfügung. Bis zum Jahr 1956 schaffte man zehn neue nahezu baugleiche extra für den gedachten Zweck konstruierte Schiffe an, und ab dann konnte die Hurtigrute wieder täglich angeboten werden. Im Laufe der Jahrzehnte reduzierte der Staat seine Subventionen immer weiter, und begrenzte sie auch auf das Winterhalbjahr. Zwischenzeitlich verkehrten drei Reedereien auf der damaligen Postschiffsroute, die dann nach und nach aber fusionierten, und heute auch nicht mehr in norwegischer Hand liegt. Norwegen reduzierte die Subventionen weiter. Bei der EFTA, der Europäische Freihandelsassoziation kam es wegen der Subventionen auch zu Beschwerden, was dazu führte, dass zum Ende der 2010er einige Subventionen gar zurückgezahlt werden mussten. Trotzdem hat die Hurtigrute für Norwegen bis heute eine herausragende Bedeutung, inzwischen weniger für den Transport von Waren, das Posttransportmonopol ist bereits 1984 gefallen, aber für das Nationalempfinden der Norweger. Trotzdem musste die Reederei andere Einnahmequellen suchen. Man baute die Schiffe von reinen Transportschiffen incl. einfachem Passagieraufkommen um, um damit auch Touristen auf der ursprünglichen Route mitnehmen zu können. Später folgten dann weitere reine touristische Fahrten, wie auch der unsrigen, um darüber die Einnahmenseite zu verbessern. Heute sind die Hurtigruten in der Arktis, der Antarktis und auch nahezu um den gesamten amerikanischen Kontinent unterwegs. Teilweise wurden dafür spezielle Schiffe gebaut, um damit in den extremen Gebieten im Bereich der Pole fahren zu können. So besitzen die Roald Amundson, die zunächst mit einigen Kinderkrankheiten bei der völlig neuen Konstruktion und auch dem neuen Hybridantrieb zu kämpfen hatte, und der Fridthof Nansen, die beide die Polarklasse 6 erfüllen, also im Sommer durch einjähriges Eis mit alten Einschlüssen fahren können, ohne Schaden zu nehmen, über Alternative Antriebe. Die Fridthof Nansen wurde übrigens vorzeitig fertiggestellt, konnte dann aber wegen der Corona-Pandemie nicht eingesetzt werden. Im Januar 2022 nahm sie dann aber ihren Betrieb auf, und lief am 12.01.2022 in schwerer See zwischen den Lofoten und Fram gleich auf Grund, hatte einen Wassereinbruch, konnte aber aus eigener Kraft weiterfahren. Die Kreuzfahrt wurde dann abgebrochen. Bei beiden Schiffen sind wie bei vielen anderen auch übrigens bedeutende norwegische Polarforscher die Namensgeber. Die Reederei plant übrigens bis 2026 auch Schiffe im südlichen Afrika und auch im asiatischen pazifischen bis hinunter nach Neuseeland einzusetzen, und damit die Flotte noch mal deutlich auszubauen. Grundsätzlich ist das Konzept weniger auf eine schwimmende Stadt mit großem Unterhaltungsprogramm ausgelegt, sondern man versucht den Gästen die örtliche Natur und den Wissen-Ansatz näher zu bringen.

Damit beschäftigte sich auch der zweite Vortrag an diesem Nachmittag, der nochmal neben den inkludierten Ausflügen auf dieser Reise auch weitere mögliche optionale vorstellt, und auch welche möglicherweise kombinierbar sind, und welche eben nicht. Wobei nicht alle vermutlich überhaupt stattfinden können, da es noch am Schnee fehlt. Im Vorfeld hatte ich eigentlich angenommen, dass im Norden von Norwegen um diese Jahreszeit bereits Schnee liegt, aber das ist zumindest in diesem Jahr nicht der Fall. Möglicherweise auch das eine Folge der Klimaerwärmung. So steht eine Anfängertour auf Langlaufski um Tromsö und auch eine Hundeschlittentour sehr auf der Kippe. Insbesondere bei Letzteren geht man eigentlich relativ sicher davon aus, dass diese nicht stattfinden kann. Ansonsten müssen die optionalen Ausflüge wie eine geführter Stadtrundgang in Bergen und ein Besuch eines Gletschers bei Loen, übrigens nur noch möglich, weil eben noch kein Schnee liegt, bereits heute bis 12 Uhr gebucht sein, alle anderen um 16 Uhr des dritten Tages. Möglicherweise hat das organisatorische Gründe, möglicherweise aber auch finanzielle, da alle Reisenden, die sich neu für eine Tour der Hurtigruten entschieden haben, und an ihrem Bonusprogramm teilnehmen nach dem dritten Seetag einen kleinen Rabatt bekommen. Aber sei es drum, ich persönlich finde es unabhängig von dem finanziellen Aspekt ein bisschen schade, sich schon jetzt für alle Ausflüge der nächsten Tage verbindlich anmelden zu müssen. Neben den kostenpflichtigen optionalen gibt es aber auch an allen Tagen mit Landgang kostenlos die Möglichkeiten an Wanderungen im Umfeld der jeweiligen Häfen teilzunehmen. Dafür genügt es, sich einfach in maximal zwei Tage vor der Durchführung aushängende Listen einzutragen. Wobei dabei die Teilnehmerzahl auf eine bestimmte Personenzahl begrenzt ist. Maximal sind das 40 Personen, auf einigen Touren aber auch weniger.

Es folgt noch ein Vortrag zur wissenschaftlichen Arbeit an Bord, an der auch Gäste teilnehmen können. Die dabei gewonnen Daten werden verschiedenen Organisationen zur Verfügung gestellt, so zum Beispiel der Beobachtung von Walen, um ihre Zugrouten verfolgen zu können. Oder auch die Wolken, um damit die Vorhersage zu verbessern, da Satelliten zwar von oben auf die Wolken schauen, aber logischerweise dann keine tiefer hängenden Wolken mehr erkennen. Das Meer ist heute übrigens bei der Überfahrt von der dänischen zur norwegischen Küste ein bisschen aufgewühlter als an unserem ersten Tag auf See, an dem wir meist im Schutze der Küsten unterwegs waren, was dann heute auch prompt zu einigen Passagierausfällen beim Abendessen geführt hat. So wurde dann auch die Vorstellung des Kapitäns und des Expeditionsteams, die eigentlich noch ab 20:30 Uhr auf dem Programm stand, verschoben. Zum Glück geht es mir gut, wobei meine Kabine, wenn auch relativ weit vorne gelegen, auf dem untersten Deck 3 für Passagiere liegt. Und es damit deutlich weniger Schaukeln sollte, als in den oberen Decks. So darf man an der Stelle auch mal ein bisschen egoistisch sein, und zufrieden damit, dass es bisher nur andere erwischt hat.

3. Reisetag          Bergen - 14.11.2022

 

Heute laufen wir gegen 13 Uhr im Hafen von Bergen ein. Direkt am Hafen ist die alte Festung und dann steht man eigentlich schon in der Innenstadt. Von unserem Liegeplatz ist man in kaum 10 Minuten dort. Bergen ist bekannt und ein bisschen verschrien wegen seines Wetters. Hier regnet es gefühlt jeden Tag, was aber natürlich völlig übertrieben ist, es sind lediglich zwischen 200 und 250 Tage im Jahr. Dabei kommen durchschnittlich Regenmengen von 2250 ltr/qm zusammen. Zum Vergleich bei uns sind es in normalen Jahren rund 800. Der viele Regen hängt mit der Lage zusammen. Die Stadt ist umgeben von sieben großen Bergen, an denen die Wolken zunächst hängen bleiben, und sich dann hier ausregnen. Bergen gilt als die regenreichste Großstadt in Europa. Mit seinen rund 285.000 Einwohnern ist es die zweitgrößte Stadt des Landes, wovon übrigens in den letzten 20 Jahren rund 60.000 neu hinzugekommen sind. Da kann man wohl von einem stürmischen Wachstum sprechen. Der Hafen ist immer noch sehr wichtig für die Stadt. Bergen gilt als einzige Hansestadt Norwegens, was genau genommen aber eigentlich nicht stimmt. Die Hanse war ein Kaufmanns- und Städtebund im Mittelalter. Wobei es verschiedene untergeordnete Verbünde gab. Die heute bekanntesten Hansestädte sind in Deutschland Lübeck, Hamburg und Bremen. Auch Danzig und Riga waren bedeutende Hansestädte, aber auch Städte wie Dortmund oder Köln gehörten zeitweilig dazu. Insgesamt war der Verbund eher lose, und es gab keine festen Verträge zwischen den Städten und Kaufleuten. Die wichtigste Stadt der Hanse war Lübeck, um das Jahr 1300 herum lebten dort bereits 40.000 Einwohner, Bergen kam zur gleichen Zeit auf lediglich rund 7.000. In der Hanse verfolgte man lediglich gemeinsame Ziele, wobei der Handel das Wichtigste war, um diesen gestalten zu können, wurden aber natürlich auch politische Ziele verfolgt. So hatte die Hanse im 13. Jahrhundert zeitweise ein Monopol im Handel mit Getreide, Mehl und Malz nach Norwegen. Gleichzeitig konnten sie Steuerfreiheit und Sonderrechte in der Gerichtsbarkeit für sich durchsetzen. Erlangt haben die Kaufleute ihre Vorzugsbehandlung zur Zeit der großen Hungersnot in Europa, bei der sie selbst Könige wie hier in Norwegen quasi durch Belieferung oder eben Nicht-Belieferung durch polnisches Getreide quasi gefügig machen konnten. Im Jahre 1453 verhängte schließlich ein Gerichtsvollzieher im Namen des damaligen Königs auch für die Kaufleute der Hanse wieder Steuern, worauf die ihn ungestraft incl. dem Kloster, in das er sich geflüchtet hatte, niederbrannten. Erst 1560 wurden dann die Privilegien der Hanse in Bergen und damit auch Norwegen endgültig gebrochen. Neben den heute bekannten Hansestädten gab es auch welche, in denen es lediglich Handelskontore gab. Diese waren nicht gleichberechtigt mit den eigentlichen Hansestädten, und genau diesen Status hatte Bergen. Die Stadt ist aber ein sehr alter Handelsplatz, der bis auf das Jahr 1070 zurück geht. Schon weit früher war Norwegen, wenn auch nicht als Nation bekannt, für die Männer, die Wege nach Norden suchten, in dem sie schon tausende von Jahren vor Chr. den nach Norden zurück gehenden Eismassen der letzten Kaltzeit folgten. Zu den bekanntesten gehörten die Wikinger, die etwa ihre Siedlungen auf die Faröer, Island, Grönland bis hin nach Neufundland ausdehnten. Wobei es „die“ Wikinger eigentlich auch schon nicht gab. Sie waren Nordmänner, die aber genauso aus Dänemark oder Schweden wie auch aus dem heutigen Norwegen stammten, und sich aufmachten neue Welten zu besiedeln. Ob es zu der damaligen Zeit auch schon ein Königreich in Norwegen gab, gilt aber als umstritten. Vermutlich waren es eher mehrere die sich vor allem im Küstengebiet befanden. Wobei es sich auch nicht um zusammenhängende besiedelte Gebiete handelte. Aber diese Zeiten liegen weit vor der Entstehung von Bergen. Als gesichert gilt, dass 1164 der norwegische König Oystein Magnussen hier gekrönt wurde. Er begann dann um 1180 die ersten Festungsanlagen in Bergen zu bauen. Insbesondere im 17. Jahrhundert wurden die Festungsanlage noch mal wesentlich verstärkt, und wurde dann auch mit einer weiteren benachbarten Kasernenanlage verbunden. Für die Ertüchtigung der Wehranlage wurde ein ganzes Stadtviertel abgerissen. Im Jahre 1664 gab es auch die einzige militärische Auseinandersetzung unter Beteiligung der Festungsanlage, bei der sich nach Bergen vor englischen Kriegsschiffen flüchtende holländische Handelsschiffe in den Hafen von Bergen flüchteten. Die englische Streitmacht wurde vernichtend geschlagen. Schwer beschädigt wurde die ursprüngliche Festungsanlage dann erst im Jahre 1944, als ein mit Munition und Dynamit beladenes deutsches Frachtschiff im Hafen vom Bergen explodierte.

Die Stadt Berge verbindet übrigens mit vielen anderen norwegischen Städten das Schicksal, mehrfach weitestgehend niederbegrannt zu sein. In Norwegen wurden sehr lange die Häuser aus Holz gebaut. Da lange über offenem Feuer gekocht, oder auch mit Petroleum-Lampen beleuchtet wurde, war die Feuergefahr sehr groß. Von Bergen sind seit 1704 insgesamt vier große Brände verzeichnet, die jeweils große Teile der Stadt zerstörten. Der letzte war im Jahre 1916 und dauerte 2 Tage, welcher wieder einen großen Teil der Stadt vernichtet hat. Im Innenstadtbereich blieben fast nur Steingebäude wie eben die Festungsanlage halbwegs verschont.

Aber zurück zu unserem Tag. Gleich nach dem wir angelegt haben, wird die große Frachtluke der Otto Sverdrup geöffnet, und man beginnt drei Paletten mit Müll auszuladen, und alleine 12 Paletten mit Lebensmittel wieder einzuladen. Wir selbst verlassen gegen 13:30 das Schiff. Natürlich checken wir uns wieder aus, und gehen das kurze Stück in die Innenstadt. Zunächst durch einen kleinen Park im Bereich der Festung, und danach stehen wir auch schon im alten Hanse-Handelsviertel Bryygen, das mit seinen Holzhäusern, und den Holz-Planken vor der Tür den alten Kai imitierend, zum UNESCO Welt-Kulturerbe erklärt wurde. Der heutige Kai ist ein paar Meter verlegt worden, aber man sieht in der Nähe schon noch die großen Fischerei-Schiffe. Da heute Sonntag ist, sind die meisten Geschäfte geschlossen, und im Innenstadtbereich sieht man so dann wieder häufig die roten Jacken der Hurtigruten, die wir im Rahmen dieser Schiffsreise geschenkt bekommen haben. Ich selbst habe „meine“ rote Jacke nicht angezogen, und laufe ein bisschen durch die Stadt, und sehe mich ein bisschen um. Mir fällt auf, dass es relativ viel Kirchen auf engem Raum gibt, die aber anders als bei uns üblicherweise außerhalb der Zeiten der Gottesdienste abgeschlossen sind. Auch gibt es hier im Innenstadtbereich neben den Hauptverkehrsadern noch zahlreiche kleine Straßen, auf denen auch unter kleinen Datenüberständen noch ein paar kleine Tischchen stehen. Danach mache ich mich dann auch auf um mit der Floibahn auf den Hausberg von Bergen hoch zu fahren. Sie gilt als eine der größten Sehenswürdigkeiten von Bergen, wobei es natürlich weniger um die Seilbahn selbst geht, sondern darum, dass die den Besucher in etwa 6 Minuten auf den 320m hohen Berg Floyen bringt, von dem man einen schönen Überblick über die Stadt hat. Für die kleineren Gäste scheinen die dort frei herumlaufenden Ziegen aber fast die größere Attraktion zu sein. Und auch die Ziegen scheinen die Streicheleinheiten zu genießen, und eigentlich sollen sie den Bewuchs incl. der Büsche oben kurzhalten. Ich entschließe mich zu Fuß wieder herunter zu gehen, um mir die Beine noch ein bisschen zu vertreten. Womit es dann auch fast schon Zeit ist, zum Schiff zurück zu kehren. Man hat uns eingeschärft, dass das Schiff um 19:30 Uhr ablegen soll, und die Passagiere eine halbe Stunde früher wieder eingecheckt sein sollen. Außerdem will man ja auch keine Mahlzeit verpassen, schließlich wartet ein meist eher übersichtlich arrangierte 3-4 Gänge auf die Passagiere. Aber für die körperliche (Nicht-) Belastung ist es sicherlich besser, sich nicht jeden Abend auch noch eine übermäßige Mahlzeit einzuverleiben. Aber noch stehen wir am Anfang der Reise, da nimmt man noch alles mit. Während des Tages bekommt man auf dem Schiff immer kostenlos Kaffee oder Tee, und kann sich auch an vielen Stellen auf dem Schiff seine erhaltene Wasserflasche wieder auffüllen. Aber selbst das Wasser im eigenen kleinen Bad hat Trinkwasserqualität. Dafür nutzt die Otto Sverdrup Meerwasser, dass mittels des Umkehr-Osmose Verfahrens gewonnen wird. Dabei werden vereinfacht gesagt mittels Drucks die Wassermoleküle vom Salz getrennt. Das verbraucht zwar allerhand Energie, spart aber das Mitführen von Wasser. Das Tafelwasser zu den Mahlzeiten stammt allerdings abweichend aus dem Tetra Pak. Ansonsten ist man aber sehr darum bemüht, Müll so gut es geht zu vermeiden. So wird Marmelade, Honig oder auch Butter beim Frühstück in kleinen Porzellan- bzw. Glas-Töpfchen angeboten. Und selbst den Jogurt gibt es in kleinen Gläschen. Das es dann auch keine Plastik-Strohalme in den Cocktails in der Lounge gibt, versteht sich dann von selbst. Aber auch die Alu-Flaschen zur Wiederbefüllung, die alle Passagiere in ihren Kabinen gefunden haben, zielen in die gleiche Richtung. Und auch der Bio-Diesel für den Antrieb der Schiffsmotoren geht natürlich in die gleiche Richtung. Hier versucht Hurtigruten also nicht nur den Gästen die Natur näher zu bringen, sie tun auch etwas für deren Erhalt.

4. Reisetag          Loen - 14.11.2022

 

Am gestrigen Abend war ich noch mit ein paar gleichgesinnten auf Deck 2 unseres Schiffs. Dort sind nicht nur die Expeditionsboote, also kleine Schlauchboote mit einem ausgewachsenen Außenbordmotor, sondern auch Kajaks. Und natürlich auch die wasserdichte Bekleidung zum Kajakfahren. Wir haben also einen wasserdichten sich selbst ein bisschen aufblasenden Anzug mit entsprechenden Gummistiefeln, einen wärmenden Anzug zum Darunterziehen, und eine Schwimmweste anprobiert und ausgehändigt bekommen. Um 07:45 treffen wir uns mehr oder weniger damit angezogen am heutigen Tag wieder unten. Was natürlich voraussetzt, heute ein bisschen früher aufzustehen um das Frühstück nicht zu verpassen, gleichzeitig aber auch den etwas sperrigen Anzug und Schuhe schon mal angezogen zu haben. Über Nacht sind wir in den Nordfjord oder auch Innvikfjord gefahren und ankern inzwischen vor der Ortschaft Loen. Unten im Schiff angekommen, ziehen wir uns komplett an, noch im Schiff ist es damit ordentlich warm. Immerhin sollen wir heute wieder um zwölf Grad bekommen. Auch wenn es jetzt noch ein bisschen kühler ist. Aber wie schon in Bergen meint es der Wettergott gut mit uns, auch heute soll es trocken bleiben. Wir fahren in Doppel-Kajaks, als Besonderheit, zumindest habe ich so etwas noch nie gesehen, bin aber zugegeben auch blutiger Laie, haben die ein kleines Ruder, das vom Hintermann mit den Füßen gesteuert wird. Was soll ich sagen, ich sitze auch noch hinten im Boot. Im Vorfeld bin ich ein bisschen nachdenklich geworden, weil meine Mitfahrerin sich scheinbar schon ein bisschen Sorgen macht, dass wir bloß nicht reinfallen … wir dürfen uns nicht beide zur gleichen Seite neigen … Alles klar, und weiß ich logischerweise auch, aber zu viele unruhige Gedanken, können uns auch nass machen. Wir sitzen auf dem Trockenen schon mal kurz Probe im Kajak und auch die Pedale für die Lenkung werden an die Größe angepasst. Dann kann es auch schon losgehen. Wie fast immer, hat der Veranstalter deutlich mehr Angst um „seine Schäfchen“, als ich selbst um mich, und ich bin kein Draufgänger. So sitzen wir auch kurze Zeit später im Boot und paddeln ein bisschen vom Schiff weg, bis alle auf dem Wasser sind. Von da geht es dann mit zwei Guides über den spiegelblanken Fjord. Die Lenkung finde ich ein bisschen hakelig, mit den Paddeln hätte ich es etwas einfacher empfunden, und gefühlt sind meine Füße ein bisschen zu groß dafür, aber alles andere klappt ordentlich, und wir finden im Boot auch meist zu einem einigermaßen gleichen Takt beim Paddeln. Nach knapp 2 Stunden auf dem Wasser ist unsere kleine Runde auch schon wieder vorbei. Genauso unfallfrei wie wir ins Boot gekommen sind, kommen wir auch wieder raus. Anschließend lassen wir uns bzw. die Anzüge noch mit Frischwasser absprühen, um das Salz aus dem aufgespritzten Fjordwasser von den Anzügen abzuwaschen. Nach diesem kleinen Exkurs, ziehen wir uns auch noch um, um uns auch vom im Fjord ankernden Schiff an Land bringen zu lassen. Hier müssen die roten Jacken und natürlich eine Schwimmweste getragen werden. Die normalen Schwimmwesten hängen im Schrank in den Kabinen. Das die roten Jacken, wie man uns „verkaufen“ will, gesetzlich vorgeschrieben sind, lasse ich mal so im Raum stehen, aber ich glaube dann doch eher, sie haben wieder ein bisschen Angst um ihre Schäfchen, und wollen im Notfall leichter reagieren können, was natürlich auch alles sinnvoll ist. Direkt an der kleinen Anlegestelle von Loen ist auch die vermutlich größte Attraktion des Ortes: Die Seilbahn auf den Hoven. Der Loen Skylift soll die steilste Pendelseilbahn der Welt sein. Und ja, der bringt einen schon ziemlich steil die 1050m bis zur oberen Station hoch. Oben angekommen, gibt es entweder nur die schöne Aussicht auf den Fjord und dem Lövanet-See, oder man geht noch ein Stück weit auf einem der zahlreichen, und soweit ich es dann in der noch relativ kurzen noch zur Verfügung stehenden Zeit erkennen kann, gut ausgeschilderten Wegen um die obere Liftstation. Während unten noch Bäume und Gras vorherrschend sind, gibt es hier oben nur noch vereinzelte verkrüppelte Büsche, ein heideartiges Kraut, Moose und Flechten. Das war es dann aber auch schon. Bevor ich aber überhaupt losmarschiere, beobachte ich noch kurz drei Paragleiter, von denen zwei mit uns hoch gefahren sind. Die Strecke dauert mit der Seilbahn übrigens rund 5 Minuten, und die Bahn fährt alle etwa 30 Minuten, oder bei größerem Bedarf entsprechend öfter. Der eine der beiden Paragleiter hat in Windeseile seinen Schirm ausgepackt, die Schnüre in gefühlter Rekordgeschwindigkeit sortiert, da läuft er auch schon los, spannt den Schirm, ruckelt noch kurz an den Schnüren und dann geht es auch schon ab. In der Zeit habe ich kaum einen guten Platz zum Fotografieren gefunden, um nicht zu viele unbeteiligte Personen im Bild zu haben, da ist er auch schon verschwunden. Und auch der andere mit uns hoch gekommene junge Kerl hat bald seine Schnüre sortiert und an seinen Gurten in richtiger Reihenfolge eingehängt, und stürzt sich nach dem abfallenden Anlauf über die Kante. Die junge Frau braucht einen Moment länger, hat dafür später aber auch gefühlt den etwas längeren Flug. Der Aufwind scheint hier ziemlich mäßig zu sein, und sie ist einfach etwas kleiner und vor allem deutlich leichter, und da trägt der Schirm etwas besser. Trotzdem erscheinen mir die Flüge relativ kurz.

Ich selbst gehe von der Station noch ein paar Kilometer und auch einige Höhenmeter weiter, um mich neben dem Kajak am Vormittag noch ein bisschen an der frischen Luft und in der beeindruckenden Landschaft zu bewegen. Irgendwie muss man sich das viele Essern auch verdienen. Nach der Rückkehr zur Bergstation genieße ich noch ein bisschen die Aussicht, bevor ich mit dem Skylift wieder ins Tal fahre. Unter angekommen spare ich mir die kleine Schleife zur örtlichen Kirche, die als eine weitere Attraktion des Ortes Loen angepriesen wird. Hhhm, ein relativ kleine ältere Holzkirche auf dem Land, klang für mich jetzt nicht so spannend, ich mag der Kirche damit Unrecht tun, aber ich habe mir das geschenkt, und bin direkt wieder rüber zum Schiff gefahren. So blieb auch noch genug Zeit für das leicht verspätete Mittagessen, und ein angeregtes Gespräch in der Lounge des Schiffs mit wirklich schöner Aussicht. Gegen 15:30 sollte es dann auch wieder langsam zurück aus dem Fjord gehen. Da wir, wie vom obersten Deck 8 gut zu sehen, sogar etwas früher unseren Ankerplatz wieder verlassen und wenden, scheinen auch die anderen Passagiere nicht gerade bis zur letzten Minute an Land verbracht zu haben. Oberhalb des Ortes Loen hat es übrigens in den Jahren 1905 und 1936 zwei schwere Erdrutsche gegeben, wobei insbesondere der Letzte große Schäden und auch viele Todesopfer im Ort gefordert hat. Daran kann man schon erkennen, dass die steilen Hänge in den Fjorden schon auch Gefahren bergen, die nicht zu unterschätzen sind.