• Potthols in den Drakensbergen
    Südafrika

    Potthols in den Drakensbergen

  • Gipfel des Mera
    Nepal

    Gipfel des Mera

  • Totenkopfaffee
    Costa Rica

    Totenkopfaffee

  • Blick vom Teide nach Gomera
    Teneriffa

    Blick vom Teide nach Gomera

  • Leopard
    Südliches Afrika

    Leopard

Reiseland Kanada

Warum gerade Kanada? Da ist doch nichts – eben. Ich bevorzuge nicht gerade den Urlaub am Strand, wo man schon in der zweiten Woche nicht mehr genau weiß, warum man sich von dieser entsetzlich heißen Sonne das „Fell“ verbrennen lässt. Aber aus Gewohnheit doch wieder hingeht. Ich sehe mir lieber etwas an, und dabei bevorzugt die Natur. Dabei bin ich eigentlich gar kein richtiger Natur Freak. Ich lebe auf dem Land und wollte das auch nicht ändern, aber einen Garten bräuchte ich selbst eigentlich nicht. Es reicht mir, wenn ich einen Abstand zu meinem Nachbarn habe und nicht Gefahr laufe, das er mich anruft um mir zu sagen, das die Butter auf meinem Teller bald alle ist. Und da kommt Kanada gerade recht. Das zweitgrößte Land der Erde hat eine Menge Natur. Ich war eigentlich nur im „dicht“ besiedelten Süden unterwegs, aber auch hier gibt es Platz ohne Ende.

Ich selbst war in der Hauptreisezeit, im Sommer, da. Genauer gesagt vom 07.08.05 bis zum 29.08.05. Ich denke mal, das ist auch für alle die nicht Ski fahren wollen, und das soll auch sehr gut in Kanada sein, die optimale Zeit ist. Auch bei dieser Reise habe ich eine geführte Reise von Studiosus gewählt. Die Gesellschaft hat mir beim Australien-Tripp sehr gut gefallen und bringt auch eine Menge Informationen über Land und Leute, die man so in keinem Reiseführer findet. Man braucht sich während der Reise um Nichts zu kümmern, und gelangt sicher zur richtigen Zeit von A nach B. Klar, an machen Orten wäre man gerne länger geblieben, aber man kann eben nicht alles haben.

Ansonsten gilt Kanada als sehr sicheres Land, manche sagen sogar es wäre das bessere Amerika. Kulturell ist Kanada von uns nicht sehr weit entfernt, was für mich auf jeden Fall positiv ist. Ich kann nicht so sehr viel mit Ländern anfangen, bei denen mir einfach der Bezug zur Kultur fehlt und viele Ansichten einfach so völlig anders sind. Bevor hier ein falscher Zungenschlag aufkommt, ich akzeptiere sie und will auch gar nicht das alle werden wie der Westen. Ich könnte mir zum Beispiel nicht vorstellen nach Südost Asien zu fahren. Sicherlich gibt es hier Kultur und auch Natur ohne Ende, aber ich habe leider eben keinen Bezug dazu. Mag sein das es sich mal ändert, aber zur Zeit ist so etwas für mich unvorstellbar.

So jetzt aber zu meinem kleinen Bericht, benutzt bitte die Navigation am oberen Bildrand um die einzelnen Berichte zu lesen oder auch die Bilder anzusehen. Bei den Berichten ist immer der Endpunkt, oder man könnte auch sagen die Schlafstätte, genannt. Die Bilder sind den verschiedenen Gebieten zugeordnet, in denen sie entstanden sind.

 

07.08.05      1. Reisetag – Toronto

Am Morgen gibt es zuerst mal einen klassischen Fehlstart. Leider habe ich völlig verschlafen. Mein Shuttle zum Flughafen steht vor der Tür und ich liege noch im Bett. Also alles ein bisschen wie auf der Flucht. Schnell noch die letzten Sachen ins Gepäck und mit dem Frühstück in der Hand ins Auto. Da ich an einem Sonntag in den Urlaub starte, sind die Straßen am frühen Morgen noch frei, so war ich sogar noch vor dem Bording am Gate. In den Unterlagen empfahl man 2 Stunden vor dem Flug am Flughafen zu sein, gut das hatte ich eh nicht geplant, aber 2 Stunden vor dem Flug noch im Bett war doch ein bisschen hart. Aber wie in solcher Hatz angekommen, beginnt man doch sich Sorgen zu machen: Hast du eigentlich alles eingepackt oder liegt noch irgendwas im heimischen Bad. Der Klassiker überhaupt: die Zahnbürste, oder der Rasierer ??? Aber es ging auch schon an Bord. Schon fast auf der Startbahn angekommen, kam die Durchsage des Piloten, das sich der Start noch kurz verzögern würde Zitat: „Die Maschine vor uns hat ein paar Möwen zerlegt, die Startbahn muss noch kurz gesäubert werden“. Na das geht ja alles sehr gut los, nicht das ich an die Astrologie glauben würde, aber die Sterne standen wohl etwas seltsam zueinander.

Die Zubringer-Maschine kam pünktlich in Frankfurt an, und ich hatte noch einige Zeit für den großen Sprung nach Toronto, der größten Stadt Kanadas. Aber die Ungewissheit mit dem Rasierer beschäftigte schon, inzwischen war ich mir sicher, die Zahnbürste ist dabei. Also stellte sich die Frage, einen in Deutschland und damit mit deutschen Stecker kaufen oder pokern, und hoffen das ich meinen doch im Koffer habe. Ich entschied mich für´s Pokern, zumal die Schnäppchenpreise auch ohnehin nicht gerade auf dem Flughafen zu finden sind. Notfalls konnte ich ja einen in Kanada kaufen, und den dann nach Ende der Reise gepflegt in die Tonne „kloppen“.

Nach 8 Stunden Flug und einer kurzen Fahrt war ich endlich im Hotel, Zeit für eine gründliche Dusche, mal in aller Ruhe. Hier in Toronto haben wir zwar erst 16 Uhr, aber in Deutschland wäre es ja auch schon 21 Uhr. Anschließend folgt nur noch ein kleiner Sparziergang in die Downtown von Toronto. Unverkennbar ist die Innenstadt beherrscht von Banken und Versicherungen mit ihren Hochhäusern. Das alte Rathaus wirkt fast wie ein Relikt aus längst vergangener Zeit. Zumal die Downtown hier noch relativ neu ist und zu einem nicht unerheblichen Teil auf einem ehemaligen Bahngelände der Canadian National Eisenbahngesellschaft entstanden ist. Und das erst in den letzten zwei Jahrzehnten. Das neue Rathaus gleich daneben wirkt hypermodern und soll aus der Luft betrachtet wie ein Auge aussehen. Überall wird hektisch gebaut, unverkennbar boomt die Wirtschaft in Kanada, zumindestens hier in der Finanzmetropole des Landes. Doch eins gibt es hier, das war auch schon zu Zeiten der Indianer hier, von ihnen stammt übrigens auch der Name Toronto, der soviel bedeutet wie Stadt am Wasser. Und damit wären wir auch bei dem alten an Toronto: der Lake Ontario. Er gehört zu den fünf großen Seen in Nordamerika. Er ist der kleinste der fünf, hat aber immer noch etwa die 34fache Fläche des Bodensees. Er reicht hier von der Downtown aus betrachtet bis zum Horizont. Neben der für die Entwicklung Kanadas wichtigen Eisenbahn gibt es in Toronto noch den Sitz einer anderen wichtigen Firma, bei der Entwicklung des Landes. Sie heißt kurz HBC, oder in der langen Version Hudson Bay Company. Die Kanadier sagen aber auch gerne „Here before Christ“. Die Hudson Bay Company, oder kurz The Bay, wurde bereits 1670 gegründet, ist also sehr viel älter als Kanada selbst. Gegründet wurde sie von zwei Pelzjägern, die von den Franzosen keine Lizenz für den Pelzhandel im heutigen nördlichen Kanada erhielten. Frankreich wollte in den neuen Gebieten ein Agrarland aufbauen, da passte Pelzhandel nicht ins Bild. Sie wandten sich kurzerhand an London, die auch Teile des heutigen Kanadas besetzt hatten und gewannen auch gleich britische Kaufleute für ihre Idee. Von Prince Rupert erhielt man einen riesigen Landstrich, der um vieles größer war als das Mutterland England, per Erlass zugeteilt. Der Handel mit Biberpelzen, dem weichen Gold Kanadas, war so erfolgreich, das sich die Gesellschaft schnell auszubreiten begann. Noch heute ist die Hudson Bay Company einer der bedeutendsten Handelsgesellschaften in der Welt, auch wenn der Pelzhandel keine Rolle mehr spielt.

Dabei gleich noch mal eine kleine Anmerkung, wo ich schon beim Handel bin: Die Getränkeflaschen haben hier für deutsche Verhältnisse merkwürdige Größen, so gibt es Cola etwa in 0,71 L, Wasser in den Größen, 1,5L; 0,65L; 0,591L; 0,5L oder 0,35L. Aber das nur mal so am Rande zu den ersten Eindrücken. Und da gibt es noch etwas, auf den 5 kan$ steht ein kleines Sprüchlein: „The winters of my childhood were long, long seasons. We lived in three places – the school, the church and the skating ring – but our real life was on the skating ring”. Frei übersetzt bedeutet es soviel, wie in den langen Winter meiner Kindheit gab es drei Orte – die Schule, die Kirche und das Eishockeyfeld. Aber das richtige Leben fand nur beim Eishockey statt. Vielleicht ein Satz, der mehr sagt über die Winter und das Leben in Kanada als tausend Wörter.

 

08.08.05      2. Reisetag – Toronto

Der erste richtige Tag in Kanada. Heute führt uns der Weg zu einem der „must“ Sehenswürdigkeiten: Die Niagara-Fällen. Sie verbinden den Lake Erie mit dem Lake Ontario. Über diese Wasserfälle stürzen jede Sekunde 3 Millionen Liter Wasser. Dabei ist das nur noch die Hälfte der ursprünglichen Menge. In der Nacht wird die Menge noch mal halbiert. Das abgezweigte Wasser dient der Stromerzeugung und wird durch große Kraftwerke geleitet. Die Niagara-Fälle gehören zu dem gleichnamigen Fluss, der hier die Grenze zwischen den USA und Kanada darstellt. Unterhalb der Wasserfälle haben wir mit der „Maid of the Mist“ eine Bootstour direkt an die Fälle gemacht. Durch die Gischt ein durchaus feuchtes Vergnügen. Überhaupt werden je nach Windrichtung und Windstärke die Ufer und Promenaden oberhalb der Wasserfälle verschieden stark mit der Gischt bestäubt. Die Fälle sind eigentlich zwei geteilt. Es gibt die amerikanischen, sie haben aufgrund der Frostsprengungen und der sich deshalb davor befindlichen Felsen lediglich eine Höhe von ca. 32 m. Der Horseshoe, er trägt seinen Namen eben wegen seiner hufeisenartigen Form, sind etwa 60 m hoch. Der Fluss hat sich im Anschluß daran ein tiefes Bett in den Granit gegraben. Da er hier aber nur relativ schmal ist, sorgen die Wassermengen für Stromschnellen, auch ohne das dort Felsen im Wasser liegen. Diese Stromschnellen werden in die Kategorie 6 eingeordnet, was gleichzeitig ein Verbot ist, hier den Fluss etwa noch mit einem Kajak zu befahren. Etwa 4 km hinter den Wasserfällen gibt es einen großen Whirlpool. Hier wurde der Vorwärtsdrang des Flusses durch sehr harten Granit aufgehalten. So hat er hier seine Richtung ziemlich abrupt um 90° geändert. Es entstand an der Stelle ein Becken, etwas hinter dem eigentlich Abfluss, in dem das Wasser stark verwirbelt, eben wie in einem Whirlpool. Aber zurück zu den Wasserfällen. Insgesamt ist alles an ihnen vom Kommerz fest im Griff, das gilt insbesondere für die kanadische Seite, aber auch nur von hier kann man auch in den Horseshoe sehen, und der ist auch wesentlich imposanter. Auf der amerikanischen Seite ist es eher ein Wirtschaftsgebiet. Das hängt zum einem mit der schier unerschöpflichen Menge an Wasser, aber auch mit der billigen nahezu unerschöpflichen Energie durch die Wasserkraftwerke zusammen.

Ein gutes Stück weiter abwärts beginnen die großen Obst- und Weinplantagen der Provinz. Der Wein wächst hier ebenerdig und wird teilweise bewässert. Besonders bekannt sind die Eisweine der Gegend. Gerade für diese ist der strenge dauerhafte Frost im Winter bzw. schon im relativ frühen Herbst ein Vorteil. Ansonsten gibt es hier auch Pfirsiche und andere Früchte aus dem Süden. Doch genau hier täuscht man sich etwas. Denn Toronto liegt in etwa auf dem gleichen Breitengrad wie Florenz. Dabei ist das Wetter, auch trotz der riesigen Seen eher kontinental geprägt. Das bedeutet Temperaturen von 30 – 35° im Sommer, im Winter aber auch 20 – 25° Frost am Tage wohlgemerkt. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Bautätigkeiten. In den frühen bis späten Sommermonaten sind die Straßen oft eine einzige Baustelle, zum einem weil die Stadt wächst, zum Teil aber auch weil die Verkehrswege einen hohen Tribut an die Temperaturschwankungen zahlen müssen.

Die kanadische Provinz Ontario, in der wir uns hier befinden, steht mit ihren etwa 11 Millionen Einwohnern für etwa 40% der Wirtschaftsleistung Kanadas. Die Hauptstadt Toronto mit den etwa 4,5 Millionen Einwohnern beherrscht diese Provinz klar und ist gleichzeitig auch die größte Stadt Kanadas, nicht nur des englisch sprechenden Teils, aber davon später noch mal mehr. Inzwischen grenzen durch das fast ungestüme Wachstum der Stadt immer mehr Ortschaften direkt an das eigentliche Stadtgebiet, so wurde daraus eine Verkettung von insgesamt etwa 80 Ortschaften. Die Triebfeder für das Wachstum ist klar der Finanzsektor. In Toronto gibt es die zweitgrößte Warenterminbörse der Welt, und auch die fünftgrößte Finanzbörse der Welt ist hier zu Hause. Die vielen neuen Bank-Hochhäuser stehen auf dem ehemaligen Gelände der Canadian National, einer der beiden frühen Eisenbahnlinien des Landes. Früher waren hier quasi am Rande des Stadtzentrums Eisenbahnanlagen, Lagerschuppen und ähnliches. Heute wetteifern hier die neuen Wolkenkratzer der Banken und Versicherungen miteinander, einmal was die Höhe angeht, aber auch um die exklusivste Fassade. Da dürfte zur Zeit wohl die Royal Bank die Nase vorne haben, ihre Fassade mit 24 Karat Goldstaub bedampft. Die Hochhäuser waren auch der Grund für den Bau des CN-Towers, auch auf dem ehemaligen Bahngelände der Canadian National, oder kurz CN, errichtet. Es handelt sich dabei um einen Fernsehturm, der es nach den immer höher wachsenden Wolkenkratzer wieder ermöglichen sollte, eine vernünftige Funkverkehrsanbindung zu gewährleisten. Und was macht man wenn die Gebäude immer höher werden, klar man baut einen noch höheren Turm. Heraus gekommen ist dabei der weltweit höchste freistehende Turm. Er hat eine Höhe von 553,4 m. Darin enthalten ist nicht zuletzt seine 97 m hohe Antenne. Natürlich ist das im Turm enthaltene Drehrestaurant auch das höchste seiner Art in der Welt. Die Bauzeit für den Turm betrug nur 40 Monate. Bis auf die Aussichtsplattform, direkt unterhalb des Restaurants, in Höhe von 346 m, wird man mit einem Fahrstuhl in 58 Sekunden hinauf befördert. Das macht eine Geschwindigkeit von etwa 22 km/h. Bevor man aber dort hin gelangt kommt man noch durch Sicherheitsschleusen, unter anderem wird man auch mit einem Gas per Luftstrahl bedampft, der auch Plastiksprengstoff aufspüren können soll. Ob’s was hilft weiß ich nicht, ich habe eher Zweifel, denn schließlich könnten ja auch zwei Besucher zwei Komponenten, die jede für sich völlig nutzlos ist nach oben schaffen. Aber nach dem 11. September 2001 ist eben vieles anders geworden. Aber zurück zur Aussichtsplattform. Darunter befindet sich eine Ebene, in der ein paar Glasplatten eingebaut worden sind. Von hier kann man direkt nach unten sehen. Ins Blickfeld kommt da auch der benachbarte Skydom. Die größte Sporthalle des Landes ist eigentlich eine gigantische Arena. Es umfasst eine Kapazität von 60.000 Besuchern. Das ausfahrbare Dach besteht aus 4 Teilen, wobei das größte Segment 1729 t schwer ist. Es ist ca. 30.000 m² groß und hat eine Ausfahrzeit von 20 min.

Diese beiden Wahrzeichen der Stadt kann man auch gut sehen, wenn man mit der Fähre auf eine der größeren Inseln vor der Stadt im Lake Erie fährt. Hier gleich noch ein paar Fakten zu den fünf großen Seen. Insgesamt bedecken sie eine Fläche von 245000 km², also etwa der Fläche der alten Bundesrepublik von vor 1990. Dabei sind sie zum Teil über 400m tief. Das darin enthaltene Wasser würde genügen um die Fläche der USA 3,5m hoch mit Wasser zu bedecken. Sie stellen damit etwa 20 – 25% der Süßwasserreserven auf der Erde dar.

 

09.08.05      3. Reisetag - Ottawa

Heute beginnen wir den Tag mit einem kurzen Stop vor dem Parlament von Ontario. Es ist ein altes Gebäude aus Sandstein. Wobei auch hier alt wieder relativ ist. Es wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut. Da wird der Satz eines früheren Premierministers klarer: Kanada ist zwar klein an Geschichte, aber groß an Geographie. Insgesamt ist das zweitgrößte Land der Erde fast 10 Millionen km² groß, hat also alleine fast die Größe von ganz Europa. Und doch leben nur 31 Millionen Menschen hier. Dabei sind die meisten noch in einem Streifen von 200 – 300 Kilometer an der Grenz zum südlichen Nachbarn USA. Auch haben über 70% der Kanadier ihr eigenes Haus bzw. ihre eigene Wohnung. Im ländlichen Bereich geht der Wert sogar dicht an 100% heran. Dafür nehmen die Kanadier auch schon mal 2 Stunden Arbeitsweg in kauf. Der Bildungsstand gilt als einer der höchsten in der Welt. Es gibt eine Grundschulpflicht von 8 Jahren, aber über 85% der Schüler gehen anschließend noch 5 Jahre auf ein College. Dessen Besuch berechtigt dann zur Einschreibung an einer der Universitäten des Landes. Alleine an der Uni in Toronto sind zur Zeit etwa 88000 Stundenten eingeschrieben. Die Studienzeit ist dann aber sehr viel kürzer als in Deutschland. Das mag nicht zuletzt auch an den Studiengebühren liegen. Es fallen dafür bis zu 3000 – 4000 kan$ pro Semester an. Da verwundert es auch nicht, das Studenten nach ihrem Abschluss durchschnittlich etwa 30000 kan$ Schulden angehäuft haben. Aber wieder zurück zur Bevölkerung. Insgesamt leben statistisch gesehen damit 3,1 Menschen auf einem km². In den nördlichen Provinzen bzw. Territorien sind es zum Teil aber nur 0,2. Kanada hat also noch viel Platz und gehört zu den klassischen Einwanderungsländern. Jährlich kommen etwa 220000. Den Antrag dazu stellen aber etwa 500000. Als Kriterien zur Einwanderung zählen etwa Sprachkenntnisse, Bildung, Alter, finanzielle Situation und nicht zuletzt Beruf. Benötigt werden Manager, IT-Berufler, Fach Ing. und Ölförderungsfachleute. Aber auch auf dem Bau sind qualifizierte Fachleute gesucht. Wer kommen will sollte bereits einen Arbeitgeber haben, oder aber garantieren können, das man sich mindestens 5 Jahre selbst versorgen kann. So kommt es auch, das heute Menschen aus mehr als 150 Nationen in Kanada ihre neue Heimat gefunden haben. In jüngerer Vergangenheit kommen sehr viele Asiaten und vor der Übergabe von HongKong an China insbesondere sehr viele wohlhabende HongKong-Chinesen. Ziel vieler Einwanderer gerade aus dem asiatischen Bereich ist Vancouver, die Metropole im Westen von Kanada direkt am Pazifik gelegen.

Die Kriminalität in diesem multikulturellen Land ist sehr niedrig. Vor allem wenn man das Bild des Nachbarn im Süden sieht. Die USA und Kanada haben eine 6500km lange grüne Grenze. Und doch ist vieles anders. In den USA hat man versucht die vielen Nationalitäten und Religionen unter einen Deckel zu bekommen, mit dem bekannten Ergebnis. Kanada lässt allen Kulturen ihre Freiheiten um ihre Sitten und Gebräuche zu pflegen. Jedenfalls solange es nicht andere Kulturkreise irgendwie diskreditiert. Wirtschaftlich pflegen Kanada und die USA naturgemäß enge Beziehungen. Politisch gab es in jüngerer Vergangenheit immer wieder Irritationen, weil die Kanadier sich oft nicht ernst genommen fühlten. Problematisch ist auch immer wieder die Einreisepolitik mit den eher laxen Kontrollen in Kanada und den fast schon panaroiden Regelungen in den USA. Dazu kommt noch, das die Kanadier den Moslems in Kanada die Möglichkeit geschaffen haben, bestimmte Gesetzes-Verfehlungen nach der Sharia zu ahnen. Gegen dieses Gesetz regt sich aber vor allem Widerstand durch die Moslems selbst und dort insbesondere der Frauen, da diese ihre gewonnen Freiheiten im Westen nicht einbüßen wollen.

Aber ich schweife ab. Nach den letzten Eindrücken von Toronto haben wir die Strecke von etwa 450km nach Ottawa in Angriff genommen. Die Highways sind hier im Osten oft drei- oder vierspurig. Nur selten sieht man Ortschaften am Wegesrand, obwohl hier ja der dicht besiedelte Teil des Landes ist. Auf unserer Fahrt machen wir noch am St. Lorenz Strom Station und unternehmen eine einstündige Fahrt auf ihm. Wir schippern zwischen den 1001 Inseln umher, dabei sind es eigentlich 1864. Es handelt sich meist um Granitinseln in allen möglichen Größen, die der starken Strömung trotzen. Auf einigen wurden sehr ansehnliche Sommer-Residenzen gebaut. Sie verfügen oft mittels Unterwasserkabel auch über die gewohnten Anschlüsse für Strom oder Telefon. Eine der opulentesten Behausungen ist die des Gründers des Walldorf Astoria Hotels in New York, Georg Bolden. Er ließ eine der Inseln aus Granit in die Form eines Herzen bringen, dann begann er darauf ein Schloss zu errichten, das einem aus seiner Heimat in der Nähe vom deutschen Heidelberg ähnelte. Er wollte damit die Liebe zu seiner Frau bekunden, diese starb aber vor der Fertigstellung. So wurde das Gebäude bzw. die Anlage auf der Insel nie fertig gestellt und er zog niemals dort ein.

Der St. Lorenz ist der größte Fluss in Nordamerika, er hat eine Länge von 1197km, wenn man den Quellfluss vor den großen Seen dazu rechnet sind es sogar etwa 3000km. Das wäre ja noch nicht so spektakulär, aber er stellt den Abfluss der fünf großen Seen ins Meer dar. Er selbst und auch die Verbindungsflüsse zwischen den Seen haben alle eine Fahrrinne von mindestens 9 m tiefe. Um die Höhendifferenzen zwischen den verschiedenen Seen auszugleichen wurden zum Teil extra Kanäle mit Schiffshebewerken gebaut. Um z.B. die Höhe der Niagara-Fälle auszugleichen, wurden 8 solcher Schleusen gebaut. Darin ist Platz für Schiffe mit einer Länge von bis zu 250 m. So können auch Ozean-Riesen bis mitten in den nordamerikanischen Kontinent gelangen. Dieses wird auch intensiv genutzt um etwa Bodenschätze oder landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Getreide aus den Prärien oder den östlichen Rocky Mountains abzutransportieren. Aber wieder zurück zum St. Lorenz. Er hat im Bereich der 1001 Inseln eine Tiefe von bis zu 76 m und wird in der Nähe von Rockfort von einer Brücke von 14 km Länge überspannt. Auf den Inseln sind immer wieder Pfeiler errichtet worden, die die Konstruktion in der Spitze 38m über der Wasseroberfläche halten.

Nach der kleinen Bootstour ging es dann mit dem Bus weiter in Richtung Ottawa. Am Straßenrand tauchen langsam wieder landwirtschaftliche Flächen auf. Im Umland von Toronto gab es ja Wein- und Obstanbau. Hier herrschen jetzt Mais und Getreide vor. Dabei sind Felder für deutsche Verhältnisse riesig, für australische Maßstäbe aber noch klein. Es findet keine oder kaum künstliche Bewässerung statt. Versprengt in der Landschaft sind auch ein paar kleine Gruppen von Rindern zu sehen.

Am Abend kommen wir in Ottawa an, es scheint eine sehr viel ruhigere und beschaulichere Stadt als Toronto zu sein, das doch etwas hektisch war. Es gibt eine Reihe von kleinen beschaulichen und offensichtlich gemütlichen Lokalen. Aber morgen, wenn wir die Stadt erkunden, gibt es da sicherlich noch sehr viel mehr Eindrücke zu berichten.

 

10.08.05      4. Reisetag - Montreal

Unser Tag in der Hauptstadt von Kanada Ottawa beginnt mit einem kleinen Spaziergang zum dicht beim Hotel liegenden Parlament Hill, dem Zentrum der politischen Macht. Hier ist, wie man bei dem Namen ja schon vermuten konnte, das Parlament mit Ober- und Unterhaus. Auch der Premierminister hat hier seinen Amtssitz. Das offizielle Staatsoberhaupt ist wie in vielen ehemaligen Kolonien Englands immer noch die Queen aus dem fernen London. Sie wird hier vom General Gouverneur vertreten, wenn sie nicht selbst da ist, also praktisch immer. Aber politischen Einfluss hat sie hin nicht mehr, wie in vielen anderen ehemaligen englischen Besitztümern hat sie nur noch in der Repräsentation Aufgaben. Um das Parlament sind noch viele bedeutende und für die Entwicklung des Landes wichtige Premierminister mit einer Statue gewürdigt worden. Unter ihnen ist etwa Lester Pearson. Auf ihn geht die Schaffung der „Blau Helme“ der UN zurück, mit deren Hilfe er die Suez-Kriese lösen half. Dafür erhielt er den Friedensnobelpreis. Bis heute sind kanadische Soldaten, übrigens eine Berufsarmee, bei fast allen Mandaten der Blaue Helme dabei. Die Armee gilt als nicht sonderlich gut ausgestattet, aber man ist auf jeden Fall Stolz auf die Arbeit bei der Friedenssicherung in aller Welt.

Zurück zu Ottawa nicht weit vom Regierungsviertel auf der anderen Seite des Ottawa Rivers findet man einen Nachbarn, den man hier nicht vermuten würde: Notre Dam, Gut es ist nur ein Nachbau und hat dazu auch noch ein Aluminium Dach. Überhaupt ist hier Aluminium ein gerne eingesetztes Material. Viele der größten Aluminium-Hütten der Welt sind ja auch in Kanada beheimatet. Denn durch die Wasserkraft steht hier die dafür reichlich benötigte Energie schier unbegrenzt zur Verfügung. Gerade nach dem Kyoto-Protokoll hat man auch noch einen Sonderstatus herausschlagen können, da hier die regenerative Energie eingesetzt wird und man sich quasi festschrieben ließ, das man etwas gutes gegen die weltweiten Emissionen tun würde, wenn man die Alu-Hütten hier bauen würde und damit praktisch ein Guthaben bei den Emissionsrechten hat. Etwas was nur Kanada und Island fertig bekommen haben. Aber vom Parlament Hill kann man noch mehr bedeutende Gebäude bzw. Gebäude mit bedeutendem Inhalt sehen. Da ist z.B. die National Art Gallery, die Kunstwerke aus allen bedeutenden Epochen zeigt. Oder eins der führenden Musen in der Welt, das Museum of Civilisation. Es beschäftigt sich ausgiebig mit den „ersten Nationen“, wie die Indianer hier offiziell heißen. Es geht aber auch um das Eintreffen der ersten Europäer, übrigens waren das Wikinger um 1000 n. Chr., also 500 Jahre bevor Kolumbus irrtümlich nach Amerika kam. Auch die alles andere als spannungsfreie Zusammenkunft der britischen und französischen Kolonialisten werden gut dokumentiert. Und gerade diese Spannung wirkt massiv bis heute nach. Die Briten besiedelten anfangs nur den Osten, die Franzosen einen Streifen weiten im inneren von Neufundland bis hinunter ins heutige Mississippi. Als die Briten nun begannen Biberfelle nach Europa zu exportieren, die dort reißenden Absatz fanden, wurde davon natürlich immer mehr Briten angelockt. Gerade mit den besagten Biberfellen gelang es der Hudson Bay Company schnell reich und damit auch einflussreich zu werden. Die Gesellschaft sollte die Entstehung Kanadas merklich mitbestimmen. Zwangsläufig breiten sich die Briten aus und trafen auf die Franzosen. Es kam immer wieder zu kriegerischen Zusammenstößen. Beide europäischen Nationen verbündeten sich mit Indianer-Stämmen und spannten sie für ihre Zwecke ein. So wurden die Indianer schon früh zu den eigentlichen Verlierern in einem Kampf der ursächlich gar nichts mit ihnen zu tun hatte. Die Franzosen wurden mehr und mehr zurück gedrängt und sind eigentlich nur noch im Gebiet der heutigen Provinz Quebec zusammengedrängt worden. Aus dieser Zeit stammt eben das bis heute gespannte Verhältnis der anglophonen und frankophonen Kanadier. Offiziell ist Kanada heute zweisprachig, sowohl englisch als auch französisch sind Amtssprachen. In Ottawa sind auch etwa alle Straßenschilder zweisprachig, alle offiziellen Dokumente werden in Kanada in zwei Sprachen heraus gebracht. In Toronto hat man das mit der Zweisprachigkeit eigentlich im wesentlichen auf Englisch reduziert. Es waren aber immer noch klein eine französische Version zu finden.

Aber dort wo wir heute dann hinfahren ist das nicht mehr so. Es geht kurz hinüber in das nahe gelegene Montreal, der größten Stadt in der Provinz Quebec. Montreal ist eine 4 Millionen Einwohner Metropole und die größte Stadt in Quebec. Insgesamt leben in der Provinz 7,4 Millionen Menschen, flächenmäßig ist es die größte Provinz in Kanada. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist man an 2. Stelle. Als kleine Besonderheit hat Quebec die Verfassung nur unter Auflagen ratifiziert, weil man die eigenen französischen Belange nicht ausreichend gewürdigt fand. Genau genommen müsste demnach also immer noch die Verfassung des verhassten Englands gültig sein. Überhaupt ist die Verfassung von Kanada erst 1982 in Kraft getreten. Quebec hat als einzige Sprache das Französisch als Amtssprache. So sind auch alle Straßenschilder nur in französischer Sprache. Man mag es nicht auf englisch angesprochen zu werden, gut wenn es nur ein Tourist ist dann sei es so, aber einem aus dem „Rest-Kanada“, das geht gar nicht. Dabei leben gerade in den großen Städten auch nicht wenige mit anglophonen Vorfahren. Alle Firmen müssen ihre Beschriftungen in französischer Sprache vornehmen, wenn eine weitere Sprache zusätzlich gewünscht wird, muss diese in der Schriftgröße kleiner sein. Man behauptet auch ein reineres französisch zu sprechen, als die Franzosen selbst, da dieses bereits von den europäischen Nachbarn verfälscht worden ist, man sagt aber auch „le car“. Quebec hat in den beiden letzten Jahrzehnten jeweils ein Referendum zur Abspaltung von Kanada abgehalten. Beide sind gescheitert, doch das letzte nur denkbar knapp mit ein paar hunderttausend Stimmen. Gerade diese Sonderwürste schaffen aber auch bei den anderen Provinzen heftigen Unmut über Quebec. Aber wir werden es uns jetzt in den nächsten Tagen mal genauer ansehen. Der erste Eindruck von Montreal ist jedenfalls eher grau, die Straßen sind etwas reparaturbedürftig und der Verkehr läuft scheinbar nicht sonderlich durchdacht ab. Überall ist man zwar am Flicken der Straßen, dabei werden dann hier und da kleine Löcher aufgebrochen und mit Beton wieder verfüllt. Das ist auch nicht gerade eine Schönheitsoperation in einer Teerdecke. Dabei ist Montreal wie quasi alle Städte im Osten ein bisschen wie auf den Zeichenbrett entworfen mit quadratischen Blocks, die Straßen laufen oft schnurgerade von einem Ende der Stadt zum Anderen. Aber die Tür von meinem Hotelzimmer könnte kaum englischer aussehen, dunkelgrün mit einem Goldknopf zu klopfen. Dazu ein dicker weicher Teppich auf dem Flur.