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19. Reisetag         Vila do Abraao (Ilha Grande) - 20.08.2024

 

Die geplanten Zeiten sind heute wie üblich, Frühstück ab 6:30 Uhr und Abfahrt um 7:30 Uhr. Soweit der Plan. Das Einzige was fehlt, ist der Bus. Dem Reiseleiter geht der Puls ein bisschen hoch, zumal unser Fahrer der gleiche ist, der uns gestern vom Flughafen abgeholt hatte, schon da nach Ansicht des Reiseleiters sagen wir nicht die kürzeste oder schnellste Strecke gewählt hatte. Mit einer Verspätung von 40 Minuten ist er dann da. Wir verlassen Rio de Janeiro wieder, haben das Gepäck aber auf das Nötigste für die kommenden zwei Tage reduziert. Den Rest haben wir in einem Hotelzimmer deponieren können. Unser Ziel ist die Schnellfähre auf die Insel Ilha Grande. Wir sind zunächst auch ziemlich zügig unterwegs, werden dann aber insbesondere an den Steigungen der Küstenstraße doch merklich langsamer. Unser Bus hat scheinbar ein Problem mit dem Kühlwasser. Die Klimaanlage, die anfangs noch recht frisch war, wälzt inzwischen auch nur noch die warme Luft um. Aber am Ende ist das Wichtigste, wir erreichen den Anleger der Schnellfähre in Conceicao de Jacarei gerade noch rechtzeitig. Mit der Schnellfähre geht es dann in rund 25 Minuten rüber auf die Ilha Grande, was so viel wie große Insel bedeutet. Sie ist mit einer Ausdehnung von etwa 14x32km auch die größte an der Costa Verde. Sie liegt rund 150 km von Rio de Janeiro entfernt. Auf ihr leben etwa 8000 Menschen, die Hälfte davon in Vila do Abraao, wo wir auch anlegen. Vom Anleger ist es nur ein kurzer Weg zu unserer Posada, wo wir gegen 11:45 Uhr eintreffen. Auf der Insel gibt es zahlreiche Posadas, und auch kleine Läden für den täglichen Bedarf. Wir sind auch auf dem kurzen Weg vom Anleger zu unserer Herberge an einigen Veranstaltern von kleinen Exkursionen auf der Insel vorbeigekommen. Der ganz Ort und im Grund damit die Insel ist auf den Tourismus ausgerichtet. Was aktuell fehlt ist Strom. Dieser fällt wohl des Öfteren auf der ganzen Insel aus, wenn mal wieder Wartungsarbeiten durchgeführt werden müssen.

Gegen 13 Uhr brechen wir wieder auf, logischerweise zu Fuß, da die ganze Insel komplett frei von motorisierten Fahrzeugen ist, wenn man mal von ein paar Quads und Motorräder der Polizei, und ein paar Fahrzeugen der öffentlichen Verwaltung bzw. der Müllabfuhr absieht. Alles was transportiert werden muss, wird mit den mehr oder weniger kleinen Handwagen bewegt. Mit den zahlreichen Touristen und auch Handwagen geht es in den kleinen Gassen von Vila do Abraao zwar ein bisschen wuselig, aber doch ziemlich entspannt zu. Die Insel ist insbesondere unter Backpackern sehr beliebt. Das Ziel der Touristen sind die insgesamt über 100 meist kleinen Strände, die es auf der Insel gibt, abseits des Trubels auf dem Festland. Die Insel ist nahezu komplett mit dem Mata Atlantica, dem Atlantischen Regenwald, bedeckt. Rund 2/3 der Insel stehen dabei im Rahmen des Tamoios-Nationalparks unter Naturschutz.

Wir kommen auf unserer kleinen Runde zunächst an einer kleinen alten Kirche vorbei, die damals durch die Zuwendung des Kaisers Pedro II vollendet werden konnte. Er hatte sich in die Insel verliebt, und sich auch zwei Grundstücke auf der Insel gesichert. Auf einem davon wurde später ein Lazarett gebaut. Pikanterweise wurde der ehemalige Machthaber Pedro II, der die Insel so liebte, hier auch vor seiner Abschiebung nach Europa festgehalten. Aber die Ilha Grande wurde auch schon viel früher genutzt. Nach der Entdeckung von Brasilien durch die Portugiesen, exportierten diese später viel Gold vom nahe gelegen Hafen in Paraty. So versteckten sich gerne die meist europäischen Piraten zwischen ihren Raubzügen auf die Goldtransporte auf der Ilha Grande. Heute findet man um die Insel bzw. in den umliegenden Gewässern mehr als 50 Schiffswracks, die von den Schlachten zwischen Portugiesen, Piraten aber auch mit den einheimischen Tamoios-Indianern zeugen, die als menschenfressend galten. Später dann nahm die Insel einen unrühmlichen Platz in der Geschichte ein, weil hier die Sklaven aus Afrika, die für die schwere Arbeiten auf den Zuckerrohrfeldern hergebracht wurden, auf der Insel an Land gebracht und verkauft wurden. Nach dem Ende der Sklaverei in Brasilien im Jahre 1888 wurden weiter viele Arbeitskräfte gebraucht, die dann auf freiwilliger Basis aus Europa und Asien angelockt wurden. Auch die kamen häufig zunächst auf der Ilha Grande an, wo sie eine gewisse Zeit in Quarantäne mussten, da insbesondere in Europa und Asien zu der Zeit verschiedene Choleraepidemien grassierten. Erst wer als Gesund befunden wurde, durfte auf das Festland. Aus diesem Auffanglager wurde dann später das Lazarett, in das man viele Lebrakranke brachte, um sie hier zu behandeln. Dabei wurde kurzerhand die ganze Insel zu einer geschlossenen Kolonie erklärt. Außerdem begann man 1903 mit dem Bau eines berüchtigten Gefängnisses. Man betrachtete es als unmöglich von der Insel auf das etwa 25km entfernte Festland zu gelangen. Anfangs wurden hier vor allem Schwerverbrecher inhaftiert. Während der quasi Diktatur unter Getulio Vargas zwischen 1937 und 1945 und noch mehr unter der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 wurden vor allem politische Gefangene in das Gefängnis auf der Insel gesteckt, wobei das ursprüngliche im Jahre 1954 durch einen Neubau für 2000 Insassen ersetzt wurde. Es war wegen der Folterungen aber auch der übrigen Haftbedingungen berüchtigt. Im Jahre 1993 wurde das Gefängnis geschlossen und ein Jahr später gesprengt. So finden sich heute die überwucherten Ruinen des Gefängnisses und auch des längst aufgegebenen Lazaretts auf der Insel.

Auf unserem kleinen Rundgang am heutigen Nachmittag kommen wir neben den Ruinen des Lazaretts auch an einem langsam überwucherten Aquädukt vorbei, dass man früher benutze, um Frischwasser aus den Bergen zu den Anlagen an die Küste zu leiten. Dieses Süßwasser ist einer der großen Vorteile der Ilha Grande. Auf der Insel gehen immer wieder sintflutartige Regengüsse nieder, was nicht zuletzt an den Höhenlagen von knapp über 1000m am Pica da Pedra D’Agua oder auch knapp unter 1000m mit dem Pico do Papagaio liegt. Dabei liegt die Insel ein bisschen vorgelagert vor einer Bucht, und lässt die vom Atlantik hereinziehenden Wolken sich nicht selten schon hier auf der Insel abregnen, was natürlich dann auch die üppige Vegetation begünstigt. Der Hauptort Vila do Abraao liegt dabei auf der dem Atlantik abgewandten Seite in einer Bucht, und ist deshalb gut vor den Stürmen des Atlantiks geschützt, was dann dort auch sonst für einen sehr gemäßigten Wellengang sorgt. So auch an dem nicht weit vom Ort entfernten kleinen Strand, an dem unser Rundgang endet. Nach einem kleinen Badestopp geht es von da dann wieder mehr oder weniger dicht an der Küstenlinie entlang zu unserer Posada, wo ich gegen 17 Uhr eintreffe. Inzwischen gibt es auch wieder Strom. Den Abend lassen wir dann im Lua e Mar ausklingen, was man sehr empfehlen kann, auch wenn man wie ich nicht gerade ein leidenschaftlicher Fischesser ist. Es liegt direkt am Strand, und wer möchte kann auch am Strand im Kerzenschein unter einem Mandelbaum sitzen.