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7. Reisetag        Rio Negro - 08.08.2024

 

Gestern sind wir bis weit in die Dunkelheit unterwegs gewesen, und haben den Rio Negro verlassen, und sind in einen seiner Zuflüsse den Cuieirus gefahren. Die Besiedlung durch Menschen ist noch dünner, aber auch Mücken gibt es hier kaum noch. Sie bzw. ihre Eier und Larven können im Schwarzwasser aufgrund des Säuregehalts nicht überleben. Die „Viecher“ vermisst natürlich keiner, auch wenn die, mal abgesehen von unserer Fahrt mit dem Beiboot in der Dunkelheit, bisher weniger stechwütig waren, als ich im Vorfeld erwartet habe. Ich habe ein paar Stichstellen, aber in Deutschland gehöre ich auch zu den bevorzugten „Opfern“. Wir brechen am heutigen Morgen mit unserem Beiboot auf, um tiefer in das Wasserlabyrinth einzutauchen. Hier werden riesige Gebiete in/nach der Regenzeit überflutet. So stehen weite Teile der Vegetation über Monate im Wasser. Dadurch ändert sich die Landschaft im Verlauf des Jahres deutlich. Wir fahren so auf offen gebliebenen Kanälen zwischen Büschen und Bäumen hindurch. Das Wasser liegt spiegelblanken vor uns, so dass sich mit der aufgehenden Sonne spektakuläre Spiegelung auf dem Wasser ergeben. Teilweise steigt ein bisschen Nebel aus dem Wasser auf. Auf der Wasseroberfläche liegen scheinbar schwerelos feine Partikel und ein paar Blätter, es sieht fast so aus, als läge eine feine Staubschicht auf dem Wasser. Mal abgesehen von unserem kleinen Motor herrscht vollkommene Stille. Nicht einmal der Wind raschelt in den Blättern. Nach etwa 1,5 Stunden erreichen wir wieder unser Boot, wo es dann gegen 8:00 Uhr Frühstück gibt.

Gegen 9:30 unternehmen wir eine weitere Fahrt mit dem Beiboot. Dieses Mal geht es einen kleinen Fluss hinauf, wobei ich mich schon frage, wie man denn überhaupt in dieser riesigen Wasserfläche den Weg findet. Als Orientierungspunkte bleiben nur im Wasser stehende Bäume, wobei sich das ganze Bild durch die unterschiedlichen Wasserpegel im Laufe des Jahres deutlich wandelt. Selbst die Wassertiefe wandelt sich logischerweise im Verlauf des Jahres, und das Wasser neben dem Boot scheint undurchdringlich. Unser Ziel ist ein kleiner vielleicht 1,50 m hoher Wasserfall. Wobei dieser nur ein paar Wochen im Jahr überhaupt sichtbar bzw. erreichbar ist. Nach der Regenzeit steht das Wasser deutlich höher und man sieht diesen überhaupt nicht. Man kann mit dem Beiboot einfach drüber wegfahren. Und in ein zwei Wochen kann man ihn wegen Niedrigwassers überhaupt nicht mehr mit einem Boot erreichen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass zur Regenzeit logischerweise die gesamte Fläche auch entsprechend höher mit Wasser bedeckt sein muss. Auch oder gerade, weil ich hier die riesigen überfluteten Gebiete sehe, kann ich mir kaum vorstellen, was für gigantische Wassermengen dann hier stehen müssen. Zu den Höchstständen befinden sich etwa 16 % der weltweiten Süßwasserreserven im Amazonas Flusssystem. Am Ende der Trockenzeit ist es nur noch ein Bruchteil davon. Auf für uns geht es hier heute ca. 100 m von dem kleinen Wasserfall nicht weiter, da unser Beiboot aufliegt. Das Wasser ist an dieser niedrigen Stelle sehr klar, und man kann die Steine am Grund und sogar ein paar kleine Fische sehen. Doch sobald wir wieder ein bisschen stromabwärts gefahren sind, das Wasser wieder ein bisschen tiefer ist, ist es auch wieder undurchdringlich schwarz.

Zurück an unserem Boot, gibt es Gelegenheit für eine kleine Schwimmpause im Fluss, der hier aber gefühlt fast steht. Auffällig ist, dass das Wasser hier sehr viel wärmer ist, als an dem kleinen Wasserfall, dessen Quelle auch nicht sehr weit entfernt lag. Gleichzeitig sind auch hier innerhalb des Hauptstroms des Cuieirus, relativ dicht vor dem Zufluss in den Rio Negro unterhalb der Wasseroberfläche verschieden warme Strömungen wahrnehmbar. Und das obwohl sich einzelne Blätter aus der Wasseroberfläche kaum zu bewegen scheinen. Insgesamt hat das Wasser eher Badewannentemperatur.

Nach dem Mittagessen entscheide ich mich wieder für eine ausgedehnte Siesta bis zum späteren Nachmittag gegen 16:00 Uhr. Dann fahren wir mit unserem Beiboot ein kleines Stück an ein Ufer heran, um einen Spaziergang durch den Regenwald zu unternehmen. Wir sehen verschiedene Wuchsform, aber auch bestimmte Bäume, die die Indigenen früher zur Verständigung untereinander benutzten. Die oberirdisch wachsenden Wurzelausprägungen am Stamm sind hohl, und wenn man dort mit einem harten Gegenstand gegen schlägt, hallt das Geräusch Kilometer durch den Regenwald. Als Besonderheit auf unserem Weg kommen wir an einigen Stellen vorbei, auf denen überhaupt keine Humusschicht ist. Auch insgesamt ist diese im Amazonas Regenwald oft kaum mehr als 10-15 cm dünn. Sie bildet sich durch das abgestorbene organische Material, also zum Beispiel die Blätter, die aufgrund der klimatischen Bedingungen sehr schnell zersetzt werden. Das zersetzte Pflanzengut bildet dann die Grundlage dafür, dass die Pflanzen bis hin zu den Bäumen hier überhaupt wachsen können. Wobei es hier in diesem Gebiet auch nicht die großen „Urwaldriesen“ gibt. Was aber eher an den regelmäßigen Überflutungen liegt. Trotzdem sind einige Pflanzen hier schon deutlich größer als bei uns, so kommen wir an einem Baumpilz vorbei, der einen Durchmesser von deutlich über einem Meter hat. Aber warum sich hier diese kahlen Stellen gebildet haben, ist ungewiss. In dem Fall wurden sie zumindest nicht von Menschenhand geschaffen. Aber genau diese dünne Humusschicht ist auch das Problem. Ist der Kreislauf einmal unterbrochen, bildet sich kein Humus mehr, und können sich schon nach kurzer Zeit keine Pflanzen dort mehr ansiedeln. Insgesamt bin ich ein bisschen überrascht, dass der Regenwald zumindest hier noch relativ gut vom Sonnenlicht durchdrungen wird. Ich hatte eigentlich erwartet, dass es hier deutlich dunkler sein würde, zumal wir zum Ende hin deutlich auf den Sonnenuntergang zusteuern. Nach etwa 1,5 Stunden ist unser kleiner wenngleich ziemlich schweißtreibender Spaziergang durch den „Dschungel“ beendet. Wir fahren mit unserem Beiboot wieder zurück zum Schiff, das in der Zwischenzeit seinen Liegeplatz gewechselt hat, und vor einem kleinen Stückchen Strand liegt. Dort hat der Besitzer ein paar kleine Unterstände und eine Art Holzveranda an den Rand des Regenwaldes gebaut. So veranstaltet unsere Crew einen kleinen Open Air Grillabend im Regenwald. Dazu kommen auch die Nachbarn herüber, die hier draußen ein kleines Haus bewohnen. Das Ehepaar lebt mit ihren drei Hunden in dieser Abgeschiedenheit. Wie man uns sagte, war er früher bei der Polizei, und verlebt hier seinen Lebensabend. Wenn sich dann etwas in der Gegen tut, kommen sie herüber, aber „Tratschtaschen“ waren die beiden wahrlich nicht.