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21. Reisetag        Rio de Janeiro - 22.08.2024

 

Heute verlassen wir die Ilha Grande wieder. Wie alles auf der Insel läuft das unaufgeregt ab. Nach dem Frühstück ab 8:00 Uhr geht es zu Fuß zum Anleger von Vila do Abraaao, von wo wir wieder mit der Fähre hinüber zum Festland fahren. Geplant ist die Abfahrt für 10:00 Uhr, wobei sich die Zeiten der hier üblichen Gelassenheit ein bisschen anpassen. Mit der Speedfähre geht es in etwa 25 Minuten zurück nach Conceicao de Jacarei, wo der Bus schon auf uns wartet. Von hier geht es dann zurück nach Rio de Janeiro. Wobei wir unterwegs noch einen kurzen Zwischenstopp an der Küstenstraße machen. Von dort kann man viele Schiffe vor der Küste auf Reede liegen sehen. Hier in der Nähe ist einer der großen Verladehäfen für das Eisenerz, das zu einem nicht unerheblichen Teil aus dem nördlich von hier gelegenen Bundesstaat Minas Gerais mit endlosen Güterzügen rangeschafft werden. Minas Gerais bedeutet übrigens so viel wie „Allgemeine Minen“. Schon früh gab es in dem Gebiet die ersten Goldfunde. Heute spielt Gold nur noch eine sehr untergeordnete Rolle in dem Gebiet. Jetzt sind es Diamanten mehr noch aber Massengüter wie Phosphate, Bauxit (Aluminium), Blei, Graphit, Nickel, Zinn, Zink, Vanadium vor allem aber Eisenerz. In dem Bundesstaat liegt auch das „Eiserne Viereck“, mit einer der höchsten Konzentration von Bergwerksmienen in der Welt. Brasilien ist nach Australien der zweitgrößte Produzent von Eisenerz. Man bringt es auf eine Fördermenge von etwa 440 Millionen Tonnen im Jahr, und dabei gilt das Eisenerz als qualitativ hochwertig. Insgesamt exportiert das Land Eisenerz für etwa 20 Milliarden US-Dollar im Jahr. Für den Transport der gigantischen Mengen greift man auf Eisenbahnlinien zurück, die meist ausschließlich die Rohstoffe zu den Häfen transportieren. Auch wir kreuzen bei unserer Fahrt auf der Küstenstraßen zwei solcher Schienentrassen. Je näher man der Küste kommt, desto wahrscheinlicher sind sie zweispurig, weiter im Landesinneren sind sie oftmals nur einspurig und haben zuweilen nur kilometerlange Ausweichspuren. Die weltweit größte Eisenerzmine liegt übrigens im Norden von Brasilien im Amazonasregenwald. Sie ist wegen der dortigen Umweltverschmutzung nicht unumstritten, produziert aber alleine fast ein Viertel der Produktionsmenge von Brasilien. Hier im Süden gab es in den letzten Jahren zwei verheerende Katastrophen mit Dammbrüchen von Absetzbecken. Dabei strömten große Mengen kontaminiertes Wasser aus den Becken und verseuchte das Umfeld mit giftigem Schlamm. Beim letzten Unglück 2019 in Brumadinho mit 270 Toten flossen über 11 Millionen Kubikmeter Schlamm aus einem Becken, und wälzten Gebäude und eine Eisenbahnbrücke einfach nieder, um sich schließlich in den Rio Paraopeba zu ergießen, dessen Ökosystem damit als tot galt, und sich auch bis heute noch nicht erholt hat. Brasilien versucht seit langer Zeit die Wertschöpfungskette für die eigenen Rohstoffe im Land zu verlängern, und nicht einfach nur „billige“ Rohstoffe zu liefern. Eines dieser Projekte ist das Stahl- und Hüttenwerk von ThyssenKrupp in der Nähe von Rio de Janeiro. Für das deutsche Unternehmen war es keine Erfolgsgeschichte. Man schrieb nach der Eröffnung im Jahre 2010 mehrfach Milliardensummen der Baukosten von 8 Milliarden wegen anhaltender Verluste ab, im Jahre 2017 verkaufte man das Werk schließlich für 1,5 Milliarden. Heute macht das Werk dreistellige Millionengewinne im Jahr.

Das Stahl- und Hüttenwerk kann man übrigens von der Küstenstraße aus sehen, auf der wir eigentlich in etwa 2,5 Stunden nach Rio de Janeiro fahren wollten. Leider sind wir dann aber im täglichen Verkehrschaos stecken geblieben. Im Großraum von Rio de Janeiro leben etwa 13 Millionen Einwohner, so genau weiß das niemand. Eine Meldepflicht wie in Deutschland gibt es in Brasilien nicht. Viele der Einwohner Rios, manche schätzen etwa 1/3, leben in den sogenannten Comunidades, was so viel wie Gemeinschaft bedeutet, und die heute offizielle Bezeichnung der Favelas ist. Das Wort Favela geht auf eine Pflanze zurück, die an den Hängen wuchs, an denen die ersten Favelas entstanden. Die Häuser dort sind meist illegal errichtet, und die Straßen und kleinen Gänge und Gassen haben keine richtigen Namen und sind in keinem Stadtplan verzeichnet. Wer dort sein Haus errichtet hat, und dann mindestens zehn Jahre darin lebt, hat eine Art Bleiberecht. Er kann nicht mehr vertrieben werden, hat also ein Wohnrecht. Aber einen rechtlichen Status auf Grund und Boden hat man damit nicht, es ist also eher ein Duldungsstatus. Von offizieller Seite weiß niemand, wer dort wohnt. Die Favelas werden oft mit Armenvierteln gleichgesetzt oder auch als Slums bezeichnet, was so pauschal nicht stimmt. Es ist richtig, dass die Ärmsten dort wohnen, aber einige der Bewohner stehen auch an der Schwelle zur Mittelschicht. Das Leben in den Hochhäusern gilt allgemein als sicherer, dafür ist es aber auch sehr viel teurer. Dort ist Sicherheitspersonal, häufig Angestellte, die für die Reinigung in und um das Gebäude herum sorgen, und manchmal auch ein Empfang obligatorisch, was dann aber auch entsprechende Kosten verursacht. Gleichzeitig sagen viele Bewohner der Favelas aber auch, dass es in den Favelas keinen Diebstahl bei Einheimischen oder sexuelle Übergriffe oder ähnliches gibt, was man in den besseren Vierteln nicht unbedingt behauten kann, insbesondere was die Kleinkriminalität inklusive der Beschaffungskriminalität für den drogenkonsum angeht. In den Favelas sind die Kleinkriminelle und auch Drogenhändler meist zu Hause. Für Ordnung wird eher von den Banden als von offiziellen Sicherheitsorganen gesorgt. Sie haben auch an vielen Stellen ihre Informanten sitzen, die die Lage beobachten, und auch melden, wenn sich etwas Ungewöhnliches tut. Durch die überall gegenwärtigen Informanten ist es auch für die Polizei unmöglich, unbemerkt in die Favelas zu kommen. Und wenn sie in die Favelas kommen, sind die Drogenhändler längst gewarnt und verschwunden. In der Vergangenheit ist es auch immer wieder zu wilden Schießereien mit Toten gekommen, wenn die Polizei schwerbewaffnet in die Favelas ging. So ist es auch für die Polizei sehr gefährlich in die Favelas für irgendwelche Aktionen zu kommen. Für viele ist die Wohnsituation in den Favelas durchaus kritisch. Dort leben ganze Familien auf kaum 20qm, andere habe größere Häuser oder auch mehrere Wohnungen, die sie vermieten. Typisch ist, dass jeder freie Quadratmeter bebaut wird, oder Gebäude auch noch mal um ein oder zwei Stockwerke erhöht werden. Bauvorschriften werden nicht eingehalten, man baut wie es nach Erfahrung sinnvoll ist, und es die finanziellen Möglichkeiten zulassen. Der wieder aktuelle Präsident Lula da Silva hat in seiner ersten Amtszeit versucht, das Thema anzugehen. Er baute staatliche Hochhäuser mit Wohnungen, die er den Bewohnern der Favelas zu vergünstigten Konditionen, meist noch über 35 Jahre gestreckt, zum Kauf anbot. Dort gab es dann aber offizielle Anschlüsse für Wasser und Strom, die in den meisten Favelas meist illegal abgezweigt werden. Außerdem wohnen die Menschen in den Favelas in festen sozialen Gefügen, in den angebotenen Wohnungen dagegen eher anonym. So wollten viele Bewohner der Favelas gar nicht in die neuen Wohnungen ziehen, sondern lieber in ihrer gewohnten aus ihrer Sicht sicheren Umgebung bleiben.

Aber zurück zu unserem Tag, wir schieben uns mit den Automassen langsam weiter zu unserem ersten Ziel in Rio de Janeiro – dem Zuckerhut. Der Name Rio de Janeiro geht auf dem portugiesischen Seefahrer Gaspar de Lemos zurück, der am 01. Januar 1502 in die Bucht des heutigen Rio de Janeiro fuhr. Er glaubt zunächst in eine riesige Flussmündung hinein zu fahren, so benannte er den Ort übersetzt Fluss im Januar – Rio de Janeiro. Er lag mit seiner Annahme des Flusses allerdings komplett falsch. Es gibt zwar in der Bucht von Rio de Janeiro, der Guanabara-Bucht, noch eine Lagune, die heute direkt in der Stadt liegt, aber einen Fluss gibt es nicht. Wir erreichen schließlich gegen 14:30 Uhr den Zuckerhut, der eigentlich Pão de Açúcar heißt, was übersetzt genau genommen eigentlich Zuckerbrot heißt. Der Name rührt von den Blöcken her, zu denen man den kostbaren Rohrzucker formte, bevor man ihn im 16. und 17. Jahrhundert nach Europa verschiffte. In der Sprache der einheimischen indigenen Gruppen heißt er Pandasuka. Der Zuckerhut ist ein 396m hoher relativ steiler Berg am Rande des Guanabara Bucht mitten in Rio de Janeiro. Die erste Besteigung erfolgte durch das britische Kindermädchen Henrietta Carstairs im Jahre 1817. Es ist überliefert, dass sie dort die britische Flagge hisste, die dann aber am nächsten Tage von einem portugiesischen Soldaten wieder eingeholt wurde, der extra zu diesem Zweck auf den Berg stieg, und damit die zweite Besteigung schaffte. Heute ist das um einiges leichter. Im Jahre 1913 nahm die erste Seilbahn auf den Zuckerhut ihren Betrieb auf. Im Jahre 1972 sanierte man die Bahn grundlegend. Dabei fassen die Gondeln heute etwa 60 Personen. Die Fahrt verläuft in zwei Abschnitten. Es geht zunächst von der Talstation mit einer Pendelbahn, also ohne weitere Stützen, auf den 226m hohen Morro da Urca. Von dort geht es mit einer weiteren Pendelbahn dann auf den Zuckerhut selbst. Von oben kann man das Stadtzentrum, die Christusstatue aber auch zum Beispiel die Copacabana sehen. Der deutlich kleinere in die Bucht gebaute nationale Flughafen von Rio de Janeiro liegt direkt unterhalb des Zuckerhuts. Wegen des Felsens benötigen die Piloten, die dort starten oder landen wollen, einen besonderen Befähigungsnachweis, da sich der Zuckerhut in direkter Verlängerung der Landebahn befindet, und einen entsprechenden Anflug bzw. Start der Flugzeuge erfordert. Wer möchte, kann bei dem Juwelier auf dem Zuckerhut ein paar edle Steine erwerben. Immerhin werden im Land auch etwa 140.000 Karat im Jahr gefördert, dabei hat man auch ein paar Besonderheiten mit Blauen Diamanten oder Smaragden im Angebot, gehört in dem Umfeld aber nicht zu den Weltmarktführern.

Gegen 16 Uhr machen wir uns dann auf den Weg zu unserem schon bekannten Hotel im Stadtteil Copacabana. Mein Reisebericht ist und soll ganz sicher kein Gastro-Ratgeber werden, aber heute Abend haben wir es mit dem Sindicato do Chopp direkt an der Strandpromenade der Copacabana versucht. Dort gibt es alternativ auch eine englische Speisekarte, und um ganz sicher zu gehen, haben wir es nach der gestrigen Erfahrung mit dem Fingerzeit in der Karte versucht. Was soll ich sagen, es hat alles geklappt, und das Essen war wirklich gut. Als Dessert gab es wieder einen Caipirinha mit den originalen Limonen. Der hatte alle Wochentage, Mitreisende werden wissen was ich meine.